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Lifestyle

Bryan Adams «So Happy It Hurts», Hallenstadion Zürich, 5.2.2022, besucht von Léonard Wüst

Bryan Adams Hallenstadion Zürich, 5. Februar 2022
Bryan Adams Hallenstadion Zürich, 5. Februar 2022

Besetzung;

Bryan Adams und Band

Bryan Adams steht für einen unverwechselbaren «feel-good» Rock’n’Roll und gilt in seinem Genre als legendäre Ikone. Bereits seit vier Jahrzenten tourt der Künstler durch die Welt und begeistert mit seinen energiegeladenen Performances, seiner mühelosen und ansteckenden Bühnenpräsenz und seinem unglaublichen Gesang das Publikum.

Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022
Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022

Nicht zuletzt wegen seinen mitreissenden Live-Shows hat sich Bryan Adams als einer der weltbesten Rocksänger etabliert. Adams hat bis heute 14 Studioalben veröffentlicht und mit Hits wie «(Everything I Do) I Do It For You», «All For Love», das er mit Sting und Rod Stewart sang, oder «Summer Of ’69» die Herzen seiner Fans im Sturm erobert.

Seine Musik hat bis heute in über 40 Ländern #1 Status erreicht. Nun kündigt der Künstler sein neues Album «So Happy It Hurts» an, das am 11. März 2022 erscheinen soll. Sein Songwriting hat dem Künstler bisher ebenfalls zahlreiche Preise und Auszeichnungen eingebracht, darunter drei Academy-Award-Nominierungen, fünf Golden-Globe-Nominierungen und einen Grammy Award.

Erwarteter Grossaufmarsch im «Wädlitempel» dem Zürcher Hallenstadion

Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022
Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022

Im, von den Einheimischen liebevoll als «Wädlitempel» bezeichneten Hallenstadion, erwartete man einen Run auf eines der ersten grossen Konzerte nach dem langen Corona bedingten Unterbruch des «normalen» Konzertbetriebes. Für nicht Insider: Der Begriff «Wädlitempel» stammt aus Zeiten, als das Hallenstadion weltberühmt war für diverse Grossveranstaltungen im Radrennsport, vor allem die legendären  Sechstagerennen, die ja für die Zürcher, die früher sehr restriktive Restaurant Sperrstunden hatten (um 23.00 Uhr war Schluss), eher Sechsnächterennen waren (erstmals 1954 und zuletzt 2014 ausgetragen), da jeweils dort Freinacht, d.h. keine Sperrstunde war. So traf sich denn «Tout Zürich» eben jeweils nach Mitternacht dort, um noch einige Cüpli (die Prominenz und die Cervelat Prominenz) oder Bierchen (das gewöhnliche Fussvolk) zu kippen und die Nacht durchzufeiern. Ja, ab und zu schaute man auch auf das Oval, wo die Pedaleure sich abwechselnd, in Zweierteams, abstrampelten um sich das ausgeschriebene Preisgeld für diesen Sprint oder jenes Omnium zu sichern. Und da diese Rick van Steenbergen, Fritz Pfenniger, Peter Post, Bruno Risi, Kurt Betschart, Patrick Sercu etc. stramme Waden vom  Rennrad treten hatten, sicherte sich  der Name «Wädlitempel» seinen Platz im Zürcher Vokabular.

Das routinierte Konzertschlachtross begeistert noch immer

Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022
Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022

Lange Schlangen vor den Eingängen, da ja die Covid Zertifikate überprüft wurden, versprachen ein volles Haus. Die Leute waren aber sehr diszipliniert, es wurde nicht gedrängelt und auch mit der Makentragpflicht im Innenbereich arrangierte man sich (wie im ÖV die einen mehr, die andern weniger).

Schlussendlich war das Konzert dann doch nicht ganz ausverkauft, wagten sich doch vor allem etwas ältere Konzertgänger, noch nicht ins Getümmel, das, da nur Sitzplätze, nicht mal eines war, zu stürzen. Es war denn auch ein jüngeres Publikum, das den kanadischen Weltenbürger, wenn auch mit 20minütiger Verspätung, mit grossem Applaus und Gejohle willkommen hiess.

Von der Energie, der Performance die den Kanadier noch immer auszeichnet, könnte sich mancher YouTube Star ein grosses Stück einverleiben und statt den heute leider gängigen Playbackauftritten mit vielen zugespielten Videotrailern, auch 100 Prozent live performen.

Adams hat schon zwei Covid Infektionen durchgemacht

Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022
Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022

Der überzeugte, aber nicht sektiererische Veganer, hat  einen schon fast unglaublichen Drive drauf und ist, trotz seinen 62 Jahren,  immer noch in bester körperlicher Verfassung. Umso bemerkenswerter, hatte Bryan Adams sich doch bereits zwei Mal mit Corona nfiziert und das innerhalb kürzester Zeit.

Schon beim ersten Song «Kick ass» hörbar, die Arrangements sind rockiger geworden, er will offensichtlich vom Softrocker Weichspüler Image weg, sich etwas anders positionieren, die Gitarrenriffs knapper, härter und, ja, halt auch etwas lauter, was vor allem den jüngeren Fans sehr zusagte, die sehr rasch aufstanden und mitrockten, gute Stimmung also von Beginn weg.

Zukünftiger Konkurrent der etablierten Hardrock Bands?

Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022
Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022

Wenn er so weiter macht, wird er im Rentenalter vielleicht noch zum Hardrocker und zum direkten Konkurrenten  von «Metallica», »Iron Maiden», «Black Sabbath* usw. Adams und seine Mitmusiker performten ohne Pausen zwischen den einzelnen Songs und bereits der vierte «Shine a light» war wieder ein richtiger Kracher, bevor nach vier weiteren mit «Woman» die erste seiner Balladen kam, worauf er mit «You belong to me» wieder Vollgas gab, immer unterstützt von seinen hervorragenden Mitmusikern von denen der Leadgitarrist grossartige Improvisationen darreichte.

 

 

 

Trotz allem bleiben seine Balladen die Highlights der Performance

Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022
Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022

«Everything I do» entzückt die Fans und wenn er dann «Please forgive me» hinhaucht, ist die ganze Damenwelt hin und weg. Zwischendurch aber platziert er geschickt die knallig arrangierten schnellen Nummern, scherzt auch mal mit dem Publikum, vom «Good evening Zürich» bis «You are the best audience ever» usw. wie sich das eben gehört.

 

 

 

 

 

 

Das Publikum geht begeistert mit

Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022
Konzertimpression Konzert Bryan Adams Hallenstadion Zürich 5.2.2022

Das Auditorium geht begeistert mit, meist stehend und tanzend, mit dem Handy fotografierend und gar mitsingend. Wie immer bei Bryan Adams, der nette Nachbar von nebenan, ein «feel good», Friede Freude Eierkuchen Konzert, gradlinig, ohne Ecken und Kanten für jeden etwas, wenn auch etwas rockiger als gewohnt, aber nicht so, dass es seine ewigen Fans abschrecken würde.

Der kanadische Musiker, der sich inzwischen auch weltweite Anerkennung  als Photograph geniesst, unterhält das «Konzert ausgehungerte» Publikum aufs Beste, auch mit den kurzen Anekdoten, die er ab und zu einstreut. Bryan Adams, wie man ihn kennt und liebt gewährte noch zwei Zugaben, umjubelt vom begeisterten Publikum, das dann, sichtlich zufrieden, den «Wädlitempel» verliess und sich auf den Heimweg begab.

Kleiner Trailer der Konzertes:

www.youtube.com/watch?v=m3Psc5GyKBE

www.youtube.com/watch?v=0so9Meza7q0

Text: Léonard Wüst www.leonardwuest.ch

Fotos:

https://www.bryanadams.com/

http://www.abc-production.ch/index,   und Léonard Wüst

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Geschichten rund ums Pastetli erzählt Herbert Huber

Ich liebe Pastetli heiss. Aber nur dann, wenn diese auch heiss serviert werden. Vor allem in einer Wirtschaft sollte die Regel gelten: Der Gast wartet auf das Pastetli und nicht umgekehrt.

Der Gast wartet auf das Pastetli und nicht umgekehrt. Will heissen: Pastetli müssen zwingend à la minute angerichtet und im Eiltempo an den Tisch gebracht werden. Egal, was drin ist. Das Gehäuse muss noch knusprig sein – auf keinen Fall pampig. Pastetli kann man gut vorbereiteten.

Vol-au-vent.

Pastetli schön präsentiert
Pastetli schön präsentiert

Nicht zu verwechseln ist das Pastetli mit der Pastete, die mit einem Mürbeteig gemacht und mit einer „Farce“ gefüllt wird. Der französische Name des Pastetlis ist Vol-au-vent. Die Legende besagt, der französische Koch Marie-Antoine Carême habe einmal eine Pastete statt mit Pastetenteig mit Blätterteig zubereitet. Als sein Gehilfe nach der Pastete im Ofen sah, sei er erschrocken und habe gerufen: «Maître, il vole au vent» («Meister, sie fliegt in die Luft»), denn aus dem flachen Teig war eine turmartige Form entstanden. Das Pastetli war geboren.

Heute kann man Pastetli-Gehäuse bequem beim Hausbäcker kaufen, wobei es da qualitative Unterschiede geben kann. Mal abzuwechseln, kann sich lohnen. Wichtiger als das Haus ist aber in den allermeisten Fällen das Innenleben, die hausgemachte Füllung.

Chügeli und Fritschi – Letzteres das Urgericht der Lozärner Fasnächtler

Brätchügeli-Pastetli mit Erbsli und Rüebli
Brätchügeli-Pastetli mit Erbsli und Rüebli
Fritschipastetli
Fritschipastetli

Diskutierte man einst mit der Grande Dame der Schweizer Gastronomie, mit Marianne Kaltenbach, zog das eine nahezu endlose Unterhaltung nach sich. Vor allem dann, wenn es um die originale Luzerner Fritschi-Pastete ging. Marianne Kaltenbach kam ins Feuer der Begeisterung, wenn jemand wusste, dass diese mit einer braunen Sauce, mit Champignons, Kalbsbärtchügeli, Kalbsragout und Weinbeeren gefüllt und die Sauce mit etwas Madeira parfümiert wird. Mit diesem Wissen konnte man bei Madame gehörig punkten. Und gedeckt müssen diese Pasteten serviert werden, keinesfalls offen. Als wir einmal in einer Luzerner Wirtschaft als Lozärner Fritschi-Pastetli ein hundskommunes Chügelipastetli vorgesetzt bekamen, zudem noch an einer weissen Sauce serviert, war Marianne trotz ansprechender Qualität des Servierten stocksauer. Zu Recht, wie ich finde. Ein Fritschi-Pasteli ist nun mal kein Chügelipastetli.

Zur Vorspeise

Apéro Pastetli
Apéro Pastetli

 

 

Als Vorspeise wurden sie auch „Bouchées“ genannt, weil sie etwas kleiner waren – oder zum Hauptgang und eben etwas grösser als Vol-au-vents serviert wurden. Pastetli gab es als Festessen, an Sonntagen im Menü, an den Geburtstagen der Grosseltern und an Leidessen. Der Grund ist einfach: Pastell sind für eine Küche wunderbar, weil alles vorbereitet werden kann. Apropos Form: So serviere ich Pastetli mal rund, viereckig, sogar herz -oder sternförmig. Der Bäcker macht’s auf Vorbestellung.

Grundrezept für die Sauce: 60 gr. Butter. 4 EL Mehl. 1 dl Weisswein. 4dl. Fleischbouillon, Milch oder Gemüse Fond. 1dl Rahm. Salz und Pfeffer. Die Sauce sollte nie zu dünn sein, sonst saugt der Teig diese schnell auf und wird matschig. Zu dünn? Mit etwas Mehl Butter (beurre manié) oder Maizena nachbinden.

Ideen für die Füllung.

Pastetli mit Pilzfüllung
Pastetli mit Pilzfüllung

Für Vegetarier mit Gemüse oder Pilzfüllung. Oder gar mit einem würzigen Ratatouille.

Exotisch: Mit Poulet- und Gemüsewürfelchen an Currysauce.  Für Krustentierliebhaber: Mit Krevetten, mit Muscheln oder mit einem würzigen Fischragoût.  Edel: Mit Kalbfleisch, Milken, Champignons. Auch mit einem Pouletbrüstchen Ragoût mundet’s wunderbar. Oder einfach mit Brätchügeli.

Weitere Tipps: Die berühmten Teigdeckeli, die vor dem Aufwärmen der Pastetli rausgeschnitten wurden, nicht vergessen! Immer etwas Sauce separat servieren. Kreativ sind auch ein paar frittierte Randenscheiben oder im Ofen getrocknete Tomatenscheiben als Farbtupfer.

Text www.herberthuber.ch

Fotos: www.pixelio.de

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Mahler Chamber Orchestra, Mitsuko Uchida, Mark Steinberg, Casino Bern, 29.1.22., besucht von Léonard Wüst

Mahler Chamber Orchestra
Mahler Chamber Orchestra

Besetzung und Programm:
Mahler Chamber Orchestra
Mitsuko Uchida Solistin am Piano
Mark Steinberg Konzertmeister

W. AMADEUS MOZART – KONZERT FÜR KLAVIER UND ORCHESTER NR. 23 A-DUR KV 488
HENRY PURCELL
Fantasia Z. 740, a4, a-Moll
Fantasia Z. 736, a4, B-Dur
Fantasia Z. 738, a4, c-Moll
Fantasia Z. 745, a5, F-Dur (Fantazia upon One Note)
WOLFGANG A. MOZART – KONZERT FÜR KLAVIER UND ORCHESTER NR. 24 C-MOLL KV 491

Poetik des Zusammenspiels
Wo Mitsuko Uchida, geboren 1948 bei Tokio, ist, da ist Poesie – ob sie nun Mozart spielt oder andere Komponisten. Handverlesen sind auch ihre musikalischen Partner: so wie an diesem Abend das Mahler Chamber Orchestra, eines der besten Kammerensembles der Welt, gegründet vor 25 Jahren von Claudio Abbado. 1969 gewann Uchida den Beethoven-Wettbewerb in Wien, nahm weitere Stunden bei Wilhelm Kempf, schaffte es dann 1970 beim Chopin-Wettbewerb in Warschau auf den 2.Platz. 1972 ließ sie sich in London nieder, gewann 1976 den Klavierwettbewerb in Leeds, worauf ihre Weltkarriere begann.

WOLFGANG AMADEUS MOZART – KONZERT FÜR KLAVIER UND ORCHESTER NR. 23 A-DUR KV 488

Mitsuko Uchida Solistin am Klavier
Mitsuko Uchida Solistin am Klavier

Die Solistin, ungewohnt, mit dem Rücken zum Publikum am Konzertflügel sitzend, damit sie ihre Mitmusiker*innen im Blick hat und damit so nebenbei auch das Dirigat ausüben kann.  Auch hier dauert das Orchester Intro, wie bei Mozart  üblich, 2 1/4 Minuten, bevor die Solistin ins Geschehen eingreift.,

Das A-Dur-Konzert KV 488 gilt als unproblematisch und hör-
erfreundlich: «ein unaufhörliches Schwelgen in edelstem Wohllaut, ein
verschwenderisches Verströmen blühender Melodik», wie ein gängiger
Konzertführer behauptete. Das ist zwar nicht falsch, blendet aber die Vor-
aussetzungen, unter denen Mozart arbeitete, komplett aus. Denn genau
dieses «Verströmen blühender Melodik» stellte innerhalb der Gattung
bereits einen Sonderfall dar. Wer ausser Mozart hätte im Wien der
1780er Jahre die Chuzpe besessen, ganz auf die Karte Kantabilität zu
setzen? Natürlich durfte sein A-Dur-Konzert voll «blühender Melodik»
sein; es musste aber auch pianistischen Effekt machen, denn das gehörte
zu den Erwartungen der zahlenden Gäste. Insofern ist bereits der Beginn
von KV 488 eine Zumutung: ein offenbar vokal erfundenes Thema, das
von den Streichern vorgestellt wird, dann von den Bläsern alleine, und das
sich scheinbar überhaupt nicht zu klavieristisch-virtuoser Verarbeitung
eignet. Dass es dennoch funktioniert, lässt sich nur mit Mozarts kompo-
sitorischer Souveränität erklären, die er sich im Laufe der Jahre ange-
eignet hatte.

Quirlige Solistin führt engagiert durch die Partitur

Auch die Gattung Klavierkonzert hält einen Ort bereit, an dem das Aus-
singen möglich ist: den langsamen Satz. Hier aber wartet Mozart mit
einer neuen Überraschung auf. Die Solistin entführt in eine tieftraurige,
schmerzliche Adagio-Welt in der ungewöhnlichen Tonart fis-Moll. Auch
das Orchester wird von diesem melancholischem Gesang in Bann ge-
schlagen; vom konventionellen Dialog zwischen dem Einen und den
Vielen, vom spielerischen Umkreisen der musikalischen Gedanken ist
dieser Satz denkbar weit entfernt. Ganz am Ende noch ein wahrhaft ge-
spenstischer Effekt: eine lang gezogene, einstimmig-nackte Melodielinie
des Klaviers über pochendem Orchestergrund.
Erst mit dem fröhlichen Finale erfüllt Mozart wieder die gängigen Hör –
erwartungen — wenn man davon absieht, wie er das Orchester einbe-
zieht. Im Grossen (dunkler Gesamtklang) wie
im Kleinen (halsbrecherische Läufe des Fagotts) entfernt sich das Ensemble von der Funktion «neutraler» Begleitung, von der sich die Solistin des Abends effektvoll abheben könnte. Wie so oft bei Mozart liegt die Sprengkraft seiner Musik in den Details verborgen; zündend aber ist sie allemal und kommt im fulminanten Finale besonders zum Ausdruck. Dem pflichtete das Auditorium mit langanhaltendem, stürmischem Applaus bei und beorderte so die Solistin noch einige Male auf die Bühne zurück. Ein durchaus optimistischer, anregender Auftakt in den Konzertabend im frisch renovierten grossen Konzertsaal.

Grundsätzliches zu Konzertmeister Mark Steinberg

Konzertmeister Mark Steinberg
Konzertmeister Mark Steinberg

Der amerikanische Geiger Mark Steinberg machte im Jahr 2001 von sich reden, als er zusammen mit der Starpianistin Mitsuko Uchida sämtliche Violinsonaten Mozarts aufführte — und zwar einmal auf modernen, einmal auf historischen Instrumenten. Kammermusik steht auch sonst im Zentrum von Steinbergs Wirken: Er ist Gründungsmitglied des Brentano String Quartetts, in dem sich 1992 Absolvent*innen der renommierten New Yorker Juilliard School zusammenfanden.

 

 

 

 

 

HENRY PURCELL
Fantasia Z. 740, a4, a-Moll
Fantasia Z. 736, a4, B-Dur
Fantasia Z. 738, a4, c-Moll
Fantasia Z. 745, a5, F-Dur (Fantazia upon One Note)

Konzertmeister Mark Steinberg
Konzertmeister Mark Steinberg

Barockmusik hat immer so etwas ernsthaft – feierlich, fast liturgisches an sich und ruft ein unbestimmtes Ehrfurchtgefühl hervor. Henry Purcell (1659 – 1695) galt schon  zu seinen Lebzeiten als der bedeutendste englische Komponist und wurde daher mit dem Ehrentitel Orpheus britannicus gewürdigt. Sein Anthem für die Trauerfeier der Königin Maria II. von England wurde in einer elektronischen Fassung von Wendy Carlos zur Titelmusik von Stanley Kubricks Film Uhrwerk Orange (A Clockwork Orange). Purcells Musik ist ungemein vielschichtig: manchmal klingt sie so einfach wie ein Volkslied, meistens aber überwiegt das ernsthafte, widerspiegeln die Kompositionen den Puritanismus der damaligen Zeit. Die Musiker*innen, jetzt wieder ohne die Bläsersektion spielen die vier kurzen Stücke stehend ( Ausnahme die Cellist*innen und die Kontrabass*istinnen). Etwas Gewöhnung bedürftig, zumindest für die Mehrheit des Publikums waren diese Töne schon, entsprechend auch die Reaktion eher zurückhaltend, vor allem nach dem vorangegangenen  quirligen, optimistischen Mozart Klavierkonzert. So begab man sich dann eher etwas still und nachdenklich in die kurze Pause.

WOLFGANG AMADEUS MOZART – KONZERT FÜR KLAVIER UND ORCHESTER NR. 24 C-MOLL KV 491

Mitsuko Uchida Solistin am Klavier
Mitsuko Uchida Solistin am Klavier

Moll-Kompositionen in Mozarts Werk sind so selten, dass sie die Autoren, Musiker und Hörer unheimlich anziehen wie ein Unglück die Schaulustigen. Es ist, als dürfe man, verwirrt von der kühlen Artistik seines Stils, endlich einmal dem Hervorbrechen tragischen, persönlichen Erlebens beiwohnen. Doch können wir dieses Moll-Konzert wirklich als emotionales Zeugnis hören, als “Ausbruch”, wenn wir bedenken, dass Mozart zeitgleich am überaus Dur-lastigen “Figaro” schrieb (das Moll von Barbarinas Nadel-Arie ist ganz Parodie)? Die These vom dämonischen Moll-Gegengewicht überzeugt nicht. Als wäre das nicht problematisch genug, steht KV 491 ausgerechnet in c-Moll, jener Tonart, die Beethoven mit heftigem Pathos prägte. Doch Mozarts c-Moll-Werke erfüllen nicht, was wir seit Beethoven von c-Moll erwarten. Und da sind wir dann beim verhängnisvollen Motiv “Fast schon Beethoven” angelangt. Dennoch, dem Zwang, hier dämonische Gewalten zu hören, lässt sich kaum entgehen. weicht der pathetischen Anmutung fast spröde aus.

Mozart fordert bei seinen Klavierkonzerten viel Geduld von den Solist*innen

So lässt Mozart die Solistin auch hier fast 2 1/2 Minuten warten, bis sie sich ins Spiel einbringen darf, aber dann interpretiert Mitsuko Uchida mit einer gelassenen Transparenz, einer weisen Unaufgeregtheit. Am bestechendsten ist das breite Tempo, mit dem die japanische Solistin  das Variations-Finale, oft als Geschwindmarsch überhetzt, in fast kammermusikalische Innerlichkeit zurückgeführt hat. Sie hat genau begriffen, dass man bei Mozart nicht bis auf den Grund dringt, wenn man nur auf die erregende Dramatik vertraut.

Mozarts Hang zu dramatischen Gesten

Solistin und Orchester scheuen die wuchtige, theatralische Geste nicht, aber sie hören das Stück nicht als erschütterndes Ausnahme-Ereignis, sondern als klangerforschende Aufgabe. Man genießt den üppigen Bläsersatz – Flöten, Oboen, Fagott und Klarinetten – in keinem Konzert hat Mozart das sonst aufgeboten. Und Mitsuko Uchida  steht dem prächtigen Orchester mit herrlichem pianistischen Farbspektrum nicht nach. Gradliniger «Marsch» der Protagonist*innen durch die Partitur, die Nuancen ausreizend, die Ausrufezeichen präzis setzend, mit einer Spielfreude, die auch den Zuhörern so richtig einfährt und die besinnliche Pausenstimmung hinwegfegt.

Für diese Demonstration dürfen die Musikerinnen denn auch begeisterten Beifall ernten der nicht nachlässt, bis sich Uchida doch noch zu einer kurzen Zugabe überreden, besser überklatschen lässt.

Mitsuko Uchida ist eine lebendige Geschichtenerzählerin an den Tasten

Lauscht man der Pianistin bei ihrer Interpretation der beiden Klavierkonzerte, so ist es, als würde man gebannt einer Geschichte folgen, bewegend, eindringlich und dicht erzählt von der souveränen Meisterin an den Tasten. Ein weiteres Migros – Kulturprozent – Classics Konzert das zu begeistern wusste.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/  

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Festkonzert mit Oliver Schnyder – in memoriam Alexander Schaichet, Tonhalle Zürich, 25.1.22, besucht von Léonard Wüst

Das ZKO im grossen Saal der Tonhalle Zürich
Das ZKO im grossen Saal der Tonhalle Zürich

Besetzung und Programm:

Oliver Schnyder (Klavier)
Zürcher Kammerorchester
Willi Zimmermann (Violine & Leitung)

Willy Burkhard Toccata für Streichorchester op. 55
Johann Sebastian Bach Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll BWV 1052
Dmitri Schostakowitsch Zwei Stücke für Streicher op. 11
Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 26 D-Dur KV 537 «Krönungskonzert»

Martin Vollenwyder
Martin Vollenwyder, Präsident Tonhallegesellschaft

Begrüsst wurde das zahlreich erschienene Publikum  von Martin Vollenwyder, Präsident des Verwaltungsrats der Tonhalle Gesellschaft AG mit einigen Informationen über den gebürtigen Ukrainer Alexander Schaichet, Gründer des ZKO, dem dieses Konzert gewidmet war und  von Kathrin Martelli, Präsidentin des Vereins ZKO mit Dankesworten für die Unterstützung des ZKO, die besonders in diesen schweren Zeiten äusserst wertvoll gewesen sei.

Willy Burkhard Toccata für Streichorchester op. 55

Kathrin Martelli Präsidentin des Vereins ZKO
Kathrin Martelli Präsidentin des Vereins ZKO

Die Aufführung der Toccata für Streichorchester op. 55 schliesslich unterstreicht den
grossen Stellenwert, den Schaichet der Schweizer Musik seiner Gegenwart zuwies.
Ein bedeutsames Zeichen dafür ist, dass Willy Burkhard, einer der zentralen Kom-
ponisten der Schweiz des 20. Jahrhunderts, seine Toccata Alexander Schaichet und
dem Kammorchester Zürich widmete, die es 1939 auch zur Uraufführung brachten.

 

Zum Orchester an sich: Das "Kammerorchester Zürich" (1920-1943) wurde von Alexander Schaichet gegründet , und später, zum von Edmond de Stoutz 1946 gegründeten "Zürcher Kammerorchester".

Information von Herrn Louis de Stoutz, Sohn des Orchestergründers Edmond de Stoutz:
 

Zwischen 1943 und 1946 existierte kein Kammerorchester ähnlichen Namens in Zürich. Ende 1946 begann mein Vater mit einigen Studienkollegen in der Freizeit zu musizieren. Als von Freunden Interesse für Engagements aufkam gab sich dieses Ensemble zunächst den Namen "Hausorchester Vereinigung Zürich". Für das erste Konzert im Ausland, am 21. Mai 1951 in Mailand, traten sie unter dem Namen "Orchestra da Camera di Zurigo" auf und überlegten sich dann, den schrecklichen alten Namen durch "Zürcher Kammerorchester" zu ersetzen. Bevor sie dies taten versicherte sich Edmond de Stoutz persönlich bei Herrn Schaichet, dass dieser nichts gegen den zwar unterschiedlichen, doch ähnlichen Namen hatte. Schaichet gab ihm sofort sein Einverständnis.

 

 

 

Alexander Schaichet 1962
Alexander Schaichet 1962

Perfekter Einstieg in den Konzertabend mit den Sätzen Präludium, Aria und Finale aus dem Werk des Schweizer Komponisten. Die Musiker, alle, ausser den Cellist*innen stehend, interpretierten die Sätze beschwingt leicht und mit sichtlicher Spielfreude, den das Publikum mit langanhaltendem Applaus honorierte.

Johann Sebastian Bach Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll BWV 1052

Der Konzertflügel wird an den richtigen Platz gerollt, der Klavierhocker davor postiert und schon betritt der ganz in schwarz gekleidete Solist Oliver Schnyder die Bühne, empfangen von einem warmen Willkommensapplaus.

  • Ursprünglich als Cembalokonzert komponiert. Wenn das neue Instrument nicht einfach ein großes Cembalo mit 16-Fuß-Register gewesen war, könnte es sich um ein Lauten- oder Gambenclavier oder ein großes Pantalon in Flügelform gehandelt haben. Das Hammerklavier war bis in die 1740er Jahre noch nicht weit genug entwickelt, um Bachs Ansprüche zu befriedigen, und wurde auch 15 Jahre später allgemein nur als Solo- und Kammermusikinstrument angesehen. Das dreisätzige Werk ist wie folgt geschrieben:
  • Allegro ¢ d-Moll
  • Adagio 3/4 g-Moll
  • Allegro 3/4 d-Moll
Festkonzert in memoriam Alexander Schaichet
Festkonzert in memoriam Alexander Schaichet

Den Kopfsatz verwendete Bach 1726 in der Kantate BWV 146 als Vorspiel, den zweiten Satz für den Eingangschor „Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen“, indem er vier Singstimmen in den Konzertsatz hineinkomponierte. Das tänzerische Finale diente ihm zwei Jahre später als Sinfonia zur Kantate BWV 188 „Ich habe meine Zuversicht“. Die reichen Verzierungen der Solostimme im Mittelsatz verdecken ein wenig die Tatsache, dass sie und die Linie der ersten Violine einander imitieren. Der Schweizer Starpianist vergrub sich in die sehr verschachtelte, fugenähnliche Partitur, interpretierte diese aber nie verbissen ernst, aber mit der nötigen Ernsthaftigkeit. Das Orchester, geleitet von Konzertmeister Willy Zimmermann bewegte sich jederzeit auf Augen – bzw. Notenhöhe mit dem Solisten und begleitete diesen kongenial.

Geballte Energie verbunden mit Werktreue

Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal
Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal

Ein Ausbund an Energie wird hier inszeniert. Das d-Moll Klavierkonzert wird zum atemlos-düsteren Krimi, in dem einem das Manisch-Bohrende der Tonrepetitionen erstmals so richtig bewusst wird. Die vielbeschworene Partitur Treue und “Korrektheiten” der historischen Aufführungspraxis werden zur selbstverständlichen Nebensache – angesichts solcher Spielfreude, die auch rabiate Zugriffe nicht scheut. Für das wunderschön gespielte Bachstück ernteten die Musiker langanhaltenden Beifall Bevor man sich in die Foyers in die Pause begab.

 

 

 

 

 

 

 

 

Dmitri Schostakowitsch Zwei Stücke für Streicher op. 11

Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal
Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal

Während das erste Stück, das «Präludium» noch grosse Bezüge zu Bach aufweist, weist das anschliessende «Scherzo» schon auf Schostakowitschs, damals noch Student, kommende wilde Art, später in die berühmte Doppelbödigkeit führenden Weg hin. Im vergleich zu späteren Werken nicht düster, geheimnisvoll, sondern schon fast locker heiter, so auch interpretiert vom hervorragenden Orchester und belohnt mit entsprechendem Applaus.

Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 26 D-Dur KV 537

Oliver Schnyder Solist am Piano Foto Marco Borggreve
Oliver Schnyder Solist am Piano Foto Marco Borggreve

Das 26. Klavierkonzert trägt den allgemein verwendeten Beinamen Krönungskonzert, da es zur Kaiserkrönung Leopolds II. 1790 in Frankfurt entstand. Dort wurde es am 15. Oktober zusammen mit dem 19. Klavierkonzert KV 459 in einem Festkonzert gespielt.

Das Intro des Orchesters, inzwischen durch Bläser und Schlagwerk erweitert, mit der Streuung des Themas dauert über zweieinhalb Minuten, bevor der Solist am Piano zum ersten Mal in die Tasten greifen kann.

 

 

 

 

Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal
Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal

Der Kopfsatz beginnt eher verhalten in piano, bevor feierliche Trompetenklänge das Orchestertutti einläuten. Ein zweites ebenfalls zunächst piano vorgetragenes Thema wirkt verschmitzt und zieht einen längeren Nachsatz mit sich, welcher jedoch kaum als eigenständiges drittes Thema zu bewerten ist. Die folgende Soloexposition beginnt mit dem solo vorgetragenen ersten Thema und erweitert anschließend das zweite Thema erheblich. Die folgende Durchführung geht zunächst motivisch vor, endet jedoch nahezu improvisatorisch. Die musikalische Gestaltung ist nicht von gewohnter Qualität, sondern beschränkt sich oftmals auf Tonleiterläufe. Einzig der Beginn der Durchführung besteht durch eine Wendung nach Moll aus dramatischen Elementen. Die Reprise verläuft im Wesentlichen regelgerecht und führt relativ unvermittelt zur Solokadenz. Der Satz endet anschließend mit einem ungewöhnlich kurzenSchlussritornell mit einigen festlichen Akkorden.

 

 

 

 

Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal
Tonhalle Zürich grosser Konzertsaal

Im Finalsatz in Form eines, von Mozart oft verwendeten grossen Rondos, stellt das Soloklavier ein einfaches, vergnügtes Thema vor, welches vom Orchester mit Paukenakzentuierungen aufgenommen wird. Das erste Couplet wendet sich kurzzeitig nach a-Moll und besteht vor allem aus Tonleiterläufen des Solisten. Anstelle eines zweiten Couplets fügt Mozart eine kleine Durchführung ein, wie er das bereits in einigen Konzerten getan hatte, und verquickt somit Rondo Form und Sonatensatzform. Diese Durchführung verwendet hauptsächlich das Komplementärthema und moduliert von h-Moll über B-Dur nach G-Dur. Es folgt die Wiederholung des ersten Couplets, welche mittels eines Eingangs des Soloklaviers zur Wiederkehr des Refrain Themas überleitet. Eine feierliche Coda beendet das Rondo.

Schnyder moduliert nuancenreich setzt perlende Läufe, abgestreift die Bach`sche Ernsthaftigkeit des ersten Konzertteils, gewichen Mozart `scher Unbekümmertheit und Lebensfreude. Pure Spiellust erzeugt diese optimistische Komposition bei den Protagonisten, die sich perfekt ergänzen, der quirlige Tastenvirtuose, unterstützt vom Orchester, lässt seiner Spielfreude freien Lauf, setzt markante akustische Duftnoten und glänzt ebenso mit seiner ausgereiften Technik wie mit seinem ausgeprägten Einfühlungsvermögen.

Das Auditorium verdankte diesen Hörgenuss mit stürmischem, langanhaltendem Applaus und liess nicht locker, bis Schnyder noch eine kurze Zugabe gewährte. Ein Konzert, das dem Widmungsempfänger Alexander Schaichet sicher ebenso viel Freude bereitet hätte wie dem zufriedenen Auditorium im prachtvollen  grossen Tonhalle Saal.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:    www.zko.ch

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