Zum Hauptinhalt springen

Lifestyle

Theater Gurten, flöört.ch – Flirten lernen in 90 Minuten, besucht von Léonard Wüst

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) erwartet seit dem 22. Juni 2022 auf dem Berner Hausberg seine motivierten Teilnehmer*innen zum «Flöört-Seminar»!Foto: Hannes Zaugg-Graf
Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) erwartet seit dem 22. Juni 2022 auf dem Berner Hausberg seine motivierten Teilnehmer*innen zum «Flöört-Seminar»! Foto: Hannes Zaugg-Graf

Stück + Regie: Livia Anne Richard
Die Flirt-Profis: 
Unser Flirtcoach Cedric Koch – gespielt von Christoph Keller
Cedric’s Assistentin Binia – gespielt von Beatrix Castellote-Iselin
Alf, der Techniker – gespielt von Arno Jost

Die Kursteilnehmer*innen:
Cloé – gespielt von Cornelia Grünig
Ida – gespielt von Irene Müller-Flück
Kerstin – gespielt von Kathrin Schnegg
Magnus – gespielt von Marc Schiess
Manfred – gespielt von Martin Camenzind
Nayla – gespielt von Natacha Siegenthaler
Nino – gespielt von Nick Herren
Tamara – gespielt von Tiziana Schneider
Ueli – gespielt von Urs Schnegg

Bei «flöört.ch» – einem Theater im  Theater– geht es darum, dass die Kursteilnehmenden aus sich herauskommen und versuchen zu flirten. Während einige Szenen für Lacher sorgen, machen andere nachdenklich. Es werden Augenaufschläge geübt, Flöört-Versuche im Zug durchgespielt sowie Kritik am Flirt-Coach geäussert.

Beste Wetterbedingungen auf dem Gurten, dem Berner Hausberg

Der Autor vor der Gurtenbahn Bergstation
Der Autor vor der Gurtenbahn Bergstation

Für mich persönlich war der Gang auf den Gurten eine Premiere, hatte ich es doch bis anhin noch nie auf den legendären Berg, der von der Höhe her  (858 .Meter ü. Meer) eigentlich eher ein Hügel ist, geschafft.

Seit 1991 findet hier jährlich eines der grössten und traditionsreichsten Open-Air-Festivals der Schweiz statt, das Gurten Festival, seit 2002 alle zwei Jahre auch ein Freilichttheater (Theater Gurten).  Noch bis ins Jahr 2019 wurde jeweils am 1. August das Feuerwerk der Stadt Bern auf dem Gurten gezündet.  Der im Jahr 2000 errichtete Gurten Turm bietet eine Rundsicht von den Berner Alpen im Süden bis zum Jura im Norden.

 

 

 

Grandiose Aussicht vom Berner Hausberg
Grandiose Aussicht vom Berner Hausberg

Man kann die Erhebung per pedes, mit dem Velo, bzw. Mountainbike oder wie wir, bequem mit dem Gurtenbähnli erreichen. ( Eine eingleisige Standseilbahn mit einem Ausweichstück (Abtsche Weiche) in der Streckenmitte. Sie verbindet Wabern bei Bern mit dem Gurten.  Der Bau der Bahn war im Juli 1899 beendet, sie konnte jedoch nicht fahren, weil vor Ort die elektrische Energie fehlte. Am 12. September kam es schliesslich zur Aufnahme des Betriebes und bis zum Ende des Jahres wurden bereits 33’500 Personen befördert).

Oben in der Bergstation angekommen, heisst aber noch nicht Ziel, in unserem Fall, das Theatergelände, erreicht, denn dort stellte sich ein ungemein stotzig steiler Weg dem Vorhaben entgegen, für mich, aktuell mit einer verschleppten Lungenentzündung, die bei diesen hohen Temperaturen das Schnuufen erheblich erschwert, unterwegs, ein vermeintlich unüberwindliches Hindernis.

Optimale Hilfestellung durch die Veranstalter

Die Flöörtbühne ist bereit
Die Flöörtbühne ist bereit

Die scheinbar einzige Alternative wäre ein weniger steiler, dafür längerer Weg und zusätzlich einer Treppe, erschien mir auch kaum machbar in meiner suboptimalen körperlichen Verfassung. Da hatten die Veranstaltenden eine unerwartete, optimale, deshalb umso erfreulichere Variante in petto. Man könne einen Herrn von der https://broncos-security.ch/ beauftragen, mich beim Restaurant, wo wir uns vor der Aufführung verpflegten, mit einem Elektro Rollstuhl abzuholen und auf den «Top of the hill», sprich, zum Theatergelände zu bringen. Meine, mich begleitende Nichte Fleur, vereinbarte mit der netten Dame an der Abendkasse, Cornelia Grünig, die später selbst auch als Schauspielerin agieren würde, dass der Security Mann um 19.55 Uhr beim Restaurant sein würde, um mich aufzuladen.

Der Autor mit Nichte Fleur Fuchs bestens platziert vor der Theaterbühne
Der Autor mit Nichte Fleur Fuchs bestens platziert vor der Theaterbühne

Pünktlich um die vereinbarte Zeit konnte ich dann auf dem komfortablen Gefährt Platz nehmen und Dank Geschick des «Fahrzeuglenkers» und Elektroipower gings zumindest für mich, mühe- aber nicht atemlos den Steilhang hinauf. Wo ich, samt Rollstuhl beim gebuchten Platz «parkiert» wurde, nicht ohne Beteuerung des netten Chauffeurs, mich nach dem Spiel auch sicher wieder den Hang hinunter zur Bahnstation zu bringen, dies, wohlbemerkt, alles völlig kostenlos.

Erleichtert das Theater ums Flirttheater geniessen

Ueli (Urs Schnegg, vorne links) ist gegen seinen Willen im Flirtkurs: Er will nur noch nach Hause. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Ueli (Urs Schnegg, vorne links) ist gegen seinen Willen im Flirtkurs: Er will nur noch nach Hause. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Schon kurz, nach unserer Ankunft begrüsste der sichtlich motivierte Flirtcoach Cedric, von Christoph Keller perfekt verkörpert, das Publikum auf der vollbesetzten Tribüne und erläuterte die vermeintlich optimalen Grundregeln für einen erfolgreichen Flöört. Dafür benötige er aber willige Proband*innen um dies auch visuell und akustisch an den Mann, bzw. die Frau zu bringen.

Konservative Basisregeln

Tamara (Tiziana Schneider) und Magnus (Marc Schiess) üben das Kussmündchen. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Tamara (Tiziana Schneider) und Magnus (Marc Schiess) üben das Kussmündchen. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Denn das Seminar gestaltet sich zu Anfang recht konservativ. Oder um es mit den Worten eines Kursteilnehmers zu sagen: «48 Stutz für dä heteronormativ Guguus, aso ächt!» Der Wechsel zwischen den Rollen der Geschlechter, Witz und Ernsthaftigkeit sorgen dafür, dass das 90-minütige Stück wie im Flug vergeht.

Draufgänger Magnus (Marc Schiess, l.) ist gemäss Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) noch weit entfernt vom perfekten Flöört. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Draufgänger Magnus (Marc Schiess, l.) ist gemäss Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) noch weit entfernt vom perfekten Flöört. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Auf der Plattform flöört.ch haben sich Menschen jeden Alters für einen Kurs im Flirten angemeldet. Nicht nur Singles, sondern auch Paare. Vielleicht auch nur der eine Teil des Paares, ohne Einwilligung des anderen. Von Flirt-Coach Cedric Koch kriegen sie etwas Theorie und dann viel Praxis: In verschiedenen Übungen sollen die Flirt-Willigen lernen, aufeinander zuzugehen, die richtige Körpersprache und den rechten Ton zu finden. Gar nicht so einfach, zumal wir Schweizer*innen bezüglich Flirt-Talent nicht gerade zur Weltspitze zählen.

Geschlechterbilder, Witz und Ernsthaftigkeit

Die Akteur*innen blühen in ihren Rollen auf, setzen die meist sehr amüsanten Dialoge perfekt um und können  dabei manchmal selbst ein Lachen kaum unterdrücken.

Mache Zuschauer*in erkennt sich selbst wieder in der Person, die sich auf dem rotleuchtenden, herzförmigen «Präsentierteller» auf der Bühne abmüht, möglichst originell und vor allem erfolgreich zu karisieren.

Der Obergockel Magnus (machomässige Interpretation durch Marc Spiess), meint, er sei der Womanizer schlechthin, scheitert aber immer wieder mit seiner überheblichen, vermeintlich coolen Anmache.

Cloé (Cornelia Grünig) und Nino (Nick Herren) zeigen den Kursteilnehmenden wie ein perfekter Flöört geht. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Cloé (Cornelia Grünig) und Nino (Nick Herren) zeigen den Kursteilnehmenden wie ein perfekter Flöört geht. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Selbst der arg «ehegebeutelte» Pantoffelheld, von seiner Frau Kerstin zum Flöörttermin mitgeschleifte Ueli, (stoisch verkörpert von Urs Schnegg), wurde nicht zum Partycrasher». Er litt und wand  sich mit Würde, aber auch einer  gewissen ausweichlerischen Eleganz durch das ihm widerstrebende Seminar. Er bringt die spröde, trockene Komik aufs Tapet.

So wird denn, auf verschiedenste Arten, unter unterschiedlichen Konstellationen, in wechselnden Besetzungen  der ultimative, erfolgversprechende »Flöört» gesucht, den es, logischerweise, gar nicht geben kann, zu unterschiedlich die Charaktere, die geschlechtlichen Vorlieben, das Alter, die Prioritäten usw. Ein Gschichtli wie im richtigen Leben also, das aber die meisten ohne ständig präsenten, besserwisserischen Flirtberater meistern müssen.

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) und seine Assistentin Binia (Beatrix Castellote) zeigen den Kursteilnehmer*innen wie flirten richtig geht.Foto: Hannes Zaugg-Graf
Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) und seine Assistentin Binia (Beatrix Castellote) zeigen den Kursteilnehmer*innen wie flirten richtig geht.Foto: Hannes Zaugg-Graf

Als sich im Laufe des Spiels herausstellt, dass ja Chloé lieber mit Frauen statt Männern, Mani lieber mit jüngeren Damen, denn mit solchen seinem Alter entsprechenden, flöörten möchten, dass Nino noch immer nicht sicher ist, welchem Geschlecht er sich zuordnen soll und sich schlussendlich der Flirtcoach auch noch als asexuell entpuppt, sind fast alle gängigen Clichées, wenn auch auf sehr amüsante, unterhaltende Art bedient und Mani stellt ernüchtert fest. «Ein asexueller Flirtcoach kommt mir in etwa so vor, wie ein wasserscheuer Schwimmlehrer.»

Ein höchst unterhaltendes, amüsantes Open Air Theater mit ausgezeichneten Ausführenden auf und hinter der Bühne, das wir bei optimalem Wetter geniessen durften und für welches die Protagonist*innen auch die verdiente Anerkennung in Form eoines stürmischen langanhaltenden Schlussapplauses erhielten.

Hatten wir es früher einfacher, oder mein ich das nur durch die „Nostalgiebrille“?

War früher das Flöörten einfacher oder einfach nur natürlicher, spontaner, analog und nicht digital. Noch ein Bier mehr und man getraute sich, die hübsche, nette Dame am andern Tisch, trotz deren Begleitung, um einen Tanz zu bitten, mit der gebotenen, auch angebrachten Höflichkeit, die, so in meiner Erinnerung, damals noch üblich war.

Flöörten fing mit den Augen an; also Du kamst in ein Lokal, ließest den Blick herumschweifen und mit etwas Glück wurde dieser von einer der anwesenden, natürlich attraktiven Damen etwas länger als üblich erwidert, also war der erste Schritt auf den ersten Blick schon mal geschafft, ob und wenn was sich dann jeweils daraus ergab, verrat ich, da nicht Flirtcoach, keinesfalls an dieser Stelle.

Flöörtseminare auf dem Gurten gibt’s noch  bis Ende August.

Kurzer Trailer der Produktion:

media.nau.ch/videos/0bk8EpXjP6zRNxLQqnq2NdeMB9roag7yOD3ZJKW5/video.mp4?ngsw-bypass=true

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Fleur Fuchs und Hannes Zaugg-Graf  https://www.theatergurten.ch/

Homepages der andern Kolumnisten:   https://noemiefelber.ch/

www.gabrielabucher.ch  www.herberthuber.ch  www.maxthuerig.ch

Die Protagonistinnen freuen sich über den langen Schlussapplaus Foto Fleur Fuchs

Flirten lernen in 90 Minuten

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) ist ausser sich – die Annäherungsversuche zwischen Ida (Irene Müller) und Mani (Martin Camenzind) kommen nicht ins Rollen. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) ist ausser sich, dass Nayla (Natacha Siegenthaler) stets abgelenkt ist. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Abendstimmung auf dem Gurten Foto Fleur Fuchs

  • Aufrufe: 113

Gehören ins Zürcher Geschnetzelte tatsächlich Nierli? Das beantwortet Herbert Huber

Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti
Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti

Was wird da oft in Beizen mit diesem klassischen Gericht aufgetischt. Verschieden grosse und kleine Fleischstücke in einer mehr oder weniger anmächeligen Sauce. Dabei heisst es doch «feinblättrig» geschnitten!

Und wenn man Rezepte liest, gehört das Zürcher Geschnetzelte zu den absoluten Klassikern, ist schnell zubereitet und schmeckt besonders gut. Aber auch die Lozärner haben Ihr Geschnetzeltes an Rahmsauce und die Nidwaldner ebenfalls.

Urschweizer Rezept für Gschnätzlets

Am Anfang ist das rohe Geschnetzelte
Am Anfang ist das rohe Geschnetzelte

Hier das Rezept aus der Urschweiz: 600 g Kalbfleisch feinblättrig geschnetzelt.1 EL Mehl.1 kl. Zwiebel fein gehackt. 4 cl Kräuterschnaps. 1 dl Weisswein. 150 g Apfelstückli. 150 g Champignons. 1 dl Bratensauce. 1.5 dl Rahm. 50 g Baumnüsse. Salz und Pfeffer.

Geschnetzeltes nach Züricher Art
Geschnetzeltes nach Züricher Art

Das feinblättrig geschnetzelte Kalbsfleisch mit Salz und Pfeffer würzen und mit etwas Mehl stäuben. Das Geschnetzelte in heissem Öl in einer Pfanne anbraten. Zwiebel grob hacken, dazugeben und leicht andünsten. Mit Weisswein und dem Kräuterschnaps ablöschen. Bratensauce dazugeben und bei schwacher Hitze etwa 40 Minuten köcheln lassen. Pilze und Apfelstücke grob schneiden. Pilze in der Butter andünsten und mit Salz und Pfeffer etwas würzen. Apfelstücke dazugeben und ebenfalls andünsten. Im Anschluss zum köchelnden Kalbfleisch geben, mischen und kurz aufkochen. Mit Zitronensaft und Sahne verfeinern und abschmecken. Anrichten und mit den Walnusskernen garnieren. Dazu eine goldbraune Röschti! Oder Nüdeli von der VILMAS Pasta in Grosswangen!

Die Zürcher schnätzeln so

Zürcher Geschnetzeltes
Zürcher Geschnetzeltes

Zurück nach Zürich. Zum ersten Mal soll das auf Schweizerdeutsch genannte «Züri-Gschnätzlets» 1947 in einem Kochbuch erwähnt worden sein. Heute gilt es als ein typisches Gericht der Zürcher Regionalküche. Zur Zubereitung schneidet man Kalbfleisch und gegebenenfalls Kalbsnieren «quer» zur Faser in kleine dünne Scheiben. Brät sie in heissem Bratfett oder Erdnussöl (etappenweise) mit fein gehackten Zwiebeln kurz an, nimmt alles aus der Pfanne und hält so das Ganze im Ofen bei ca. 80° warm. Der Bratensatz wird mit 1dl Weisswein, 2,5 dl Rahm und ca. 1dl Kalbsfond abgelöscht. Die Sauce wird einreduziert. Abgeschmeckt wird sie mit etwas Zitronensaft, Salz und Pfeffer. Dann wird das Fleisch wieder in die heisse, aber nicht mehr kochende Sauce gegeben und erwärmt. Und nun frische, in Scheiben geschnittene und in Butter gedünstete Champignons mit dem Fleisch vermischen.

Es gibt Kochkollegen, die behaupten, ins «Züri» Geschnetzelte gehöre kein Rahm. Und auch die Nieren könne man getrost weglassen. Nicht für mich. Auch beim Kochen ist es so, dass manchmal verschiedene Wege nach Rom führen.

Diese Zubereitung ist also die «à la minute» – oder die schnelle Methode. Und dazu braucht es unbedingt gelagertes Fleisch. Lassen Sie sich vom Metzger beraten. Ganz edel kann man das Geschnetzelte auch mit Filet vom Kalb zubereiten. Dabei etwas grössere dünne Scheiben schneiden und immer nur drei Scheiben auf einmal in der Pfanne kurz anbraten. Und diese sodann in die Sauce legen.

Mama Josephines Hausgschnätzlets

Zürcher Geschnetzeltes mit kleiner Salatbeilage
Zürcher Geschnetzeltes mit kleiner Salatbeilage

Rezept von Josephine: Man kann aber auch ein Geschnetzeltes mit wenig gelagertem Fleisch kochen, so wie es meine Mutter Josephine tat. Vom Metzger das Fleisch von der Schulter von Hand feinblättrig schneiden lassen. Mein Hausmetzger sagte mir, dass die Scheibenschneidmaschine nur noch für grössere Quantitäten eingesetzt werde. Dann wird auch hier das Fleisch etappenweise (damit es kein Wasser zieht) heiss angebraten. In der Pfanne leicht mit Mehl bestäuben, mit etwas Weisswein ablöschen. Mit braunem Kalbsfond bedecken und sanft köcheln lassen. Die Kochzeit beträgt ca. 45 Minuten. Zuletzt etwas Rahm dazugeben und ebenso einen Spritzer Zitronensaft.

Züricher Geschnetzeltes mit Kalbslungenbraten zubereitet
Züricher Geschnetzeltes mit Kalbslungenbraten zubereitet

Manchmal gab meine Mutter Josephine noch ein paar Champignons dazu. Oder sie parfümierte das Geschnetzelte mit Curry oder – was ich besonders liebte – mit edelsüssem Paprika. Dabei röstete sie Curry und Paprika immer mit. Dazu gab es hausgemachte Knöpfli, natürlich eine goldbraune Rösti oder breite Nudeln. Übrigens muss Geschnetzeltes nicht immer mit Kalbfleisch sein. Auch mit Poulet, Rind- oder Schweinefleisch schmeckt es wunderbar. Oder mit Lammfleisch und selbst gemachten Linsenhacktätschli als Beilage. Im Nachbarland, also im grossen Kanton,  sagt man denen Frikadellen.

Ein mögliches Zürcher Geschnetzeltes Rezept

www.youtube.com/watch?v=P3V2zTCbIA4&t=5s

Text www.herberthuber.ch

Fotos: www.pixelio.de

Homepages der andern Kolumnisten:   www.noemiefelber.ch

www.gabrielabucher.ch    www.leonardwuest.ch www.maxthuerig.ch

Zürcher Geschnetzeltes mit kleiner Salatbeilage

Züricher Geschnetzeltes mit Spätzle

Züricher Geschnetzeltes mit Seitan

Geschnetzeltes nach Züricher Art

  • Aufrufe: 175

Theater Basel, Der Barbier von Sevilla besucht von Léonard Wüst

Barbiere OperAvenir Foto Ingo Höhn
Barbiere OperAvenir Foto Ingo Höhn

Inszenierung und Besetzung

Musikalische Leitung – Hélio Vida
Inszenierung – Nikolaus Habjan
Bühne – Jakob Brossmann
Bühnenbildmitarbeit – Marlene Lübke-Ahrens
Kostüme – Denise Heschl
Kostümmitarbeit – Jorina Stecher
Lichdesign – Vassilios Chassapakis
Puppencoach – Manuela Linshalm
Chorleitung – Michael Clark
Dramaturgie – Meret Kündig, Roman Reeger
Graf Almaviva – Ronan Caillet*
Bartolo – Diego Savini
Rosina – Nataliia Kukhar*
Figaro – Kyu Choi*
Basilio – Jasin Rammal-Rykała*
Berta – Inna Fedorii*
Fiorello / Offizier – Vinicius Costa da Silva**
Puppenspiel – Stephan Eberhard
* Mitglied des Opernstudios OperAvenir
** Student der Musik-Akademie Basel
Chor des Theater Basel
Statisterie des Theater Basel
Studierende der Musik-Akademie Basel

Grundsätzliches zur Inszenierung OperAvenir spielt Rossini-Oper als Figurentheater

Szenenfoto  Der Barbier von Sevilla von Ingo Hoehn
Szenenfoto Der Barbier von Sevilla von Ingo Hoehn

Figaro ist nicht nur der beste Barbier der Stadt, sondern auch Spielmacher, Intrigenspinner und Tausendsassa. Mit kalkuliertem Chaos und vielerlei Maskerade schafft er es, Rosina aus den Händen ihres Vormunds Bartolo zu befreien und sie mit dem schönen Grafen Almaviva zusammenzubringen. In der Inszenierung von Regisseur und Figurenspieler Nikolaus Habjan treten kunstvolle Klappmaulpuppen ins Rampenlicht. Die Figuren entwickeln eine tiefe menschliche Psyche und werden zu ebenbürtigen Spielpartner* innen der Sänger*innen. Die Produktion feiert das 15-jährige Bestehen des Opernstudios Oper Avenir.

Seit über 200 Jahren ein Bestseller

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn
Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Die Geschichte wird schon seit 204 Jahren auf vielen Bühnen weltweit musikalisch erzählt, vermag aber, trotz Durchfall bei der Uraufführung am 20. Februar 1816  im Teatro Argentina in Rom, immer wieder zu fesseln, so auch aktuell am Basler Theater. Die eigentliche Handlung von Gioachino Rossinis Opern-Evergreen «Il Barbiere di Siviglia» ist schnell skizziert: «Ein verliebter Alter will morgen sein Mündel heiraten; ein junger Liebender mit mehr Geschick kommt ihm zuvor», fasste der französische Komödiendichter Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, der mit seinem gleichnamigen Stück die Vorlage geliefert hatte, das Geschehen zusammen.

Die Basler Umsetzung dieses Klassikers

Das begleitende Kammerorchester Foto Ingo Hoehn
Das begleitende Kammerorchester Foto Ingo Hoehn

Unter der musikalischen Leitung von Hélio Vida ist das 15-köpfige Instrumentalensemble der Basler Musikhochschule auf der linken Bühnenhälfte positioniert was nicht nur das Klang-, sondern auch noch das Bühnenbild veredelt. Und das Orchester beginnt sogleich schwungvoll mit der, mit etwas über sieben Minuten, relativ langen Ouvertüre. Nach der fulminanten Ouvertüre erscheint zuerst Graf Almaviva zu zweit, d.h. in der Person von Ronan Caillet und dessen lebensgrosser Marionette, die , wie die anderen Marionetten auch, mal vom Sänger/Schauspieler alleine, mal mit Unterstützung von einer, mal von zwei Personen, gehandhabt werden, Almaviva singt, in Anwesenheit Fiorellos eine Cavatina unter dem Balkon von Rosina, die er sehr entfernt kennt und heimlich anbetet. Auf der rechten Seite der Bühne steht eine grosse drehbare, verschlossene Mehrfach-  Wendeltreppe, sinnbildlich für das Haus von Doktor Bartolo und dient auch als eine Art Bühne, wo sich vieles abspielt. Darin, wohlbehütet von ihrem Vormund Bartolo, sitzt dessen MündelRosina  im sprichwörtlichen goldenen Käfig.

Geniale, schier unglaubliche Einbindung der Marionetten ins Spiel

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn
Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Wie dann im Verlaufe des Geschehens diese Sänger*innen Marionetten agieren ist verblüffend. Wie nah deren Mimik derjenigen der menschlichen Akteur*innen sind, ist schon erstaunlich, da wird jedes Tremolo, jede Koloratur genau wiedergegeben, dies mit einer Präzision und Synchronität, die man, wenn noch nie gesehen, für unmöglich halten würde.

Beibehalten wird die Werktreue

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn
Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Dies alles ändert natürlich nichts an der ursprünglichen, von Rossini und dessen Librettisten Cesare Sterbini vorgegebenen Handlung um das Drama der Rosine in der unerbittlichen Obhut, wenn nicht gar Gefangenschaft, ihres Oheims und Vormundes Doktor Bartolo. Die Story wird einfach auf eine noch nie gesehene Art und Weise erzählt.

 

 

 

 

 

Körperliche Parforceleistung der Akteur*innen

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn
Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Schon allein das normale agieren und singen auf einer Bühne ist,eine oft unterschätzte, körperliche und mentale Höchstleistung, umso mehr beeindruckt, wie die Sänger*innen dabei noch die Marionetten meisterhaft bedienen und ihnen eigenständige Charakterzüge verleihen. Die Partien sind fast ausschliesslich mit den jungen talentierten Sänger*innen des Opernstudios OperAvenir besetzt, die mehr als nur bestehen neben den «gestandenen» Ensemblemitgliedern.

Rossini war seiner Zeit ja weit voraus, hatte er doch damals schon beim Herrenchor eine Frauenquote eingeführt. Bei Rossini sind es auch besonders immer diese grossartigen Duette, Terzette, Quartette, Quintette und Sextette, mit denen die Akteur*innen begeistern können, davon gar hervorstechend das grossartige Quintett ob der Konfusion, des heillosen Durcheinanders vor Bartolos Haus nach dem definitiven zweiten, auch erfolgreichen Entführungsversuch.

Das Kammerorchester agiert auf Augen- bzw. Ohrenhöhe der Sänger*innen

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn
Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Beim ersten Annäherungsversuch tarnte sich der Graf als angetrunkener Soldat, bleibt aber erfolglos. Als er sich beim zweiten Mal als Musiklehrer einschleicht, klappte die Verführung beim Gesangsunterricht und Rosinas Flucht kann vorbereitet und ausgeführt werden. Die Interpret*innen überzeugten durch  Ihre schauspielerischen und sängerischen Leistungen. Ohne die kongeniale Umsetzung von Rossinis Musik durch das Kammerorchester ging das gar nicht,  es ist also das formidable Tutti was dieses Gesamtkunstwerk ermöglicht.

Das Auditorium, das schon mit Szenenapplaus nicht gegeizt hatte, applaudierte so lang und heftig, was schlussendlich in eine hochverdiente stehende Ovation mündete.

Fazit

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn
Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Mit dieser genialen Inszenierung könnten die Basler problemlos auf Welttournee gehen und würden, da bin ich mir sicher, weltweit die Säle bis auf den letzten Platz füllen.

Der Ensemblesprecher gab dann noch ein kurzes Statement über die aktuelle Situation in der Ukraine statt, verbunden mit der Bitte um einen Beitrag für ein Basler Projekt zur finanziellen Unterstützung von Betroffenen des Kriegsgeschehens. Man mache dies umso lieber, da auch zwei Akteurinnen des Abends, Nataliia Kukhar als Rosina und Inna Fedorii als Berta aus der Ukraine stammen.

 

Kurzer Trailer der Produktion:

http://www.youtube.com/watch?v=0P3DFRy8XMc

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Ingo Hoehn  https://www.theater-basel.ch/de/

Homepages der andern Kolumnisten: www.noemiefelber.ch maxthuerig.ch

www.gabrielabucher.ch www.herberthuber.ch

Homepages der andern Kolumnisten: www.noemiefelber.ch maxthuerig.ch

 

Barbiere Schlussapplaus

Barbiere Schlussapplaus

 

 

 

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

Der Barbier von Sevilla Szenenfoto Ingo Höhn

 

  • Aufrufe: 144

“Tina – Das Tina Turner Musical”, Hamburger Operettentheater, 17.5.2022, besucht von Léonard Wüst

TINA – Das Tina Turner Musical
TINA – Das Tina Turner Musical
Tina lebt erst bei ihrer Großmutter
Tina lebt erst bei ihrer Großmutter

Ein Leben, dem nicht einmal ein Musical etwas anhaben kann: Gut möglich, dass dieser Abend der größte Triumph ihres Lebens ist. Rio de Janeiro, 16. Januar 1988, gleich wird Tina Turner im Estádio do Maracanã vor 188.000 Menschen auftreten, man kann die Massen schon jubeln hören. Es ist der Gipfel ihrer Karriere; von dem Moment, in dem sie diesen Gipfel erklimmen wird, trennen sie nur noch eine kleine Meditation – und ungefähr zwei Stunden Musical auf der Bühne des Hamburger Operettenhauses, wo die Stätte des Triumphs jetzt nachgebaut ist.

Im Club Manhatten trifft Anna Mae auf den acht Jahre älteren Ike Turner
Im Club Manhatten trifft Anna Mae auf den acht Jahre älteren Ike Turner

Denn natürlich gibt es keinen besseren Einstieg für eine Bühnenshow über das Leben von Tina Turner als diesen Moment kurz vor dem größtmöglichen Triumph. Weil dann der Triumph selbst das Finale sein kann. Irgendwie logisch, dass sich die Euphorie der Zuschauer aus dem Estádio de Maracanã wie von selbst auf das Musicalpublikum im prall gefüllten Hamburger Operettenhaus überträgt und so von Beginn an eine tolle Stimmung herrscht.

Start der Ike and Tina Turner Revue
Start der Ike and Tina Turner Revue

Was es über ein Leben aussagt, dass es sich so gut als Musicalstoff eignet, ist eine ganz eigene Frage. Die Antwort lautet: nicht allzu viel Erfreuliches. Denn es braucht dazu besonders hohe Höhen und tiefe Tiefen, die einen wie die anderen nur bedingt vorhersehbar. Aber es ist, wie es ist. «Tina, das Musical». Mit allen Tiefen und allen Triumphen, es gab schließlich von beidem reichlich. Bei der Umsetzung werden die Clichées reichlich strapaziert, oft zu ausgereizt und überstrapaziert, was aber das Auditorium nicht weiter stört. Zu sehr fesselt das Spiel, die Choreografien und der Gesang der Darsteller*imnnen.

Als «prima inter pares» ist da Aisata Blackman. Sie ist es, die Tina Turner so überzeugend singt und spielt, dass man sich fragt, warum Love nicht längst selbst berühmt ist. Sie spielt alle Kollegen an die Wand, was gar nicht so sehr ins Gewicht fällt, da der Abend sowieso ganz und gar um sie herum gebaut ist.

Die Geschichte handelt davon, wie Tina vom R’n’B-Star Ike Turner entdeckt, geheiratet und misshandelt wird, so lange, bis sie in ein eigenes Leben und eine eigene Karriere entkommt.

What’s Love Got to Do With It?

Nach der Trennung von Ike startet Tina 1984 mit dem Album Private Dance als Solokünstlerin neu durch und erklimmt die Billboard Charts
Nach der Trennung von Ike startet Tina 1984 mit dem Album Private Dance als Solokünstlerin neu durch und erklimmt die Billboard Charts

Erzählt wird diese Geschichte in Schlaglichtern. Tina, wie sie noch gar nicht Tina Turner heißt, sondern Anna Mae Bullock, geboren in Nutbush, Tennessee, wo sie im Gottesdienst so laut singt, dass ihre Mutter ihr danach mit einer Tracht Prügel droht. Tina, wie sie im Nachtclub in St. Louis zu Ike Turner auf die Bühne kommt und ihn so beeindruckt, dass er mit seiner pinken Limousine am nächsten Tag beim Haus ihrer Mutter vorfährt und diese bittet, Tina mit ihm auf Tournee gehen zu lassen, für 25 Dollar pro Abend. Tina, wie sie im Studio kurzerhand für den ausgefallenen Leadsänger Art Lassiter einspringt und von ihrem Mann den Künstlernamen Tina Turner bekommt. Tina, wie sie sich aus den Fängen ihres Mannes befreit und mit 36 Cent in der Tasche in ihr neues Leben aufbricht. Tina, wie sie im Studio von Capitol Records die Stirn in Falten legt über das Demo von «What’s Love Got to Do With It», was, das soll Rock’n’Roll sein? Mal liegen nur Sekunden zwischen den Ereignissen, mal eine ganze Kindheit, neun Monate einer Schwangerschaft oder zehn Jahre Ehehölle mit Ike.

Einige wichtige Ereignisse in Tinas Leben bleiben ausgespart

Szenenfoto des Musicals
Szenenfoto des Musicals

Dass in etwas über zwei Stunden Spielzeit nicht alle Details eines ganzen Lebens hineinpassen ist verständlich, trotzdem wüsste man schon gerne, warum die Tochter eines baptistischen Priesters auf einmal Buddhistin ist, oder wie der kostspielige Gerichtsstreit mit ihrem Ex-Mann um die Namensrechte an Tina Turner beigelegt wurde.

Der Plot erzählt zwei Geschichten auf einmal: das Leben einer Sängerin mit dunkler Hautfarbe, die sich mit Songs aus der Feder von schwarzen Künstlern bei weißen Produzenten durchsetzen muss, um sich anschließend mit deren Songs wieder bei den schwarzen Fans zu behaupten, bevor sie schließlich, wie man so schön sagt, die Welt erobert.

Eine starke Frau stilisiert sich zur Ikone

 

Szenenfoto des Musicals
Szenenfoto des Musicals

Es ist die Geschichte einer Frau, die sich ihr ganzes Leben lang gegen Männer behaupten muss, die sie misshandeln, bevormunden und beiseite schieben.

Es ist auch eine Geschichte über eine starke Frau und sich stark wähnende männliche Schwächlinge, im Mantel einer Geschichte über Rassismus, erzählt anhand des Lebens einer der größten lebenden Popstars – präziser kann man einen Musicalstoff nicht umsetzen.

Szenenfoto des Musicals
Szenenfoto des Musicals

Jede Szene findet vor einer sehr liebevoll gestalteten Stellwand statt. Irgendwann verliert man den Überblick darüber, wie viele Hausfassaden, Küchenzeilen, Stage Doors, Tonstudiokabinen, PanAm-Abflugschalter es sind, die von links auf die Bühne geschoben werden, jede einzelne viel feiner geschnitzt als die Dialoge, die vor ihnen aufgeführt werden. Aber das macht nichts, die Botschaft kommt auch so über die Rampe: Glaub’ an dich, hör’ auf die richtigen Leute – und lern’, die richtigen von den falschen zu unterscheiden. Diese Botschaft ist aber beinahe das einzige bisschen Kitsch.

“Wir wollen keine neuen Helden”

Denn «Tina» ist kein Effekt haschendes Musical. Es gibt fast keine aufwendig choreografierten Massenszenen, auch keine naturalistischen Breitwandbühnenbilder, stattdessen: ein paar ausgesuchte Requisiten. Ein paar Projektionen auf die Bühnenrückwand. Und eine virtuos verwendete Dreh- und Klappbühne, die vor allem mit der Fantasie der Zuschauer spielt. Und das ist nicht nur optisch, sondern auch dramaturgisch die richtige Entscheidung, es geht hier ja um das Leben einer realen Person. Es ist ein Abend, der unterhält und anrührt, ohne in Musicalkitsch zu versinken. Eine gut erzählte Geschichte, die so nah es irgend geht an der Wirklichkeit bleibt

Völlig daneben sind die deutsch übersetzten Songtexte.

Jede Besucher*in dieses Musicals kennt doch die Songtexte auswendig, könnte sie gar mitsingen, weshalb diese übersetze Liedzeilen nicht nur überflüssig, sondern völlig fehl am Platz sind.

Beispiele:

“Lass uns zwei eins sein / mit Glück und Leid / für alle Zeit”

Oder:

“Oh komm endlich her /gib mir alles und noch mehr”

Oder:

“Was ist schon dabei / nimm mein Herz und lass es frei”

Oder, zur Melodie von Private Dancer:

“Ich werde’ weitertanzen, ich tanze mein Leben, so hart mich das Schicksal auch schlägt,

ich werde weitertanzen, und dir alles geben, so lang diese Scheibe sich dreht”.

1988 Tina spielt vor 188.000 Fans im Maracanã Stadion in Rio de Janeiro Es ist das Konzert mit dem größten Publikum, das im 20. Jahrhundert aufgezeichnet wurde
1988 Tina spielt vor 188.000 Fans im Maracanã Stadion in Rio de Janeiro Es ist das Konzert mit dem größten Publikum, das im 20. Jahrhundert aufgezeichnet wurde

Das ist die einzige echte Schwäche, die der Abend hat: dass er sich eben doch nicht auf die Kraft und den Charakter der Songs von Tina Turner verlässt, sondern daneben auch sehr gern noch Musical sein will, mit ein paar extra-gefühligen Zeilen und Melodien, die neben den Tina-Turner-Riesenhits nicht gerade gut aussehen.

Sicher gibt es gute Argumente dafür, «We don’t need another hero» zu übersetzen mit “Wir wollen keine neuen Helden”, allen voran die Verständlichkeit. Aber in einem Saal, der gefüllt ist mit Leuten, die mit dem Inhalt und dem Sound der Originalsongtexte seit Jahrzehnten vertraut sind und vereinzelt jede Zeile auswendig mitsingen könnten, ließe sich das Verständlichkeitsproblem vielleicht auch mit einer guten Übertitelungsanlage lösen.

So macht dieser kleine Schönheitsfehler nur die realen  Kräfteverhältnisse deutlich: Es sind die Songs und die Überlebensgröße von Tina Turner, die dem Abend zum Erfolg verhelfen und nicht etwa umgekehrt dem Musical über Tina Turner zu Unsterblichkeit. Das hat sie allein geschafft. Und genau das ist die Geschichte, die der Abend erzählt.

Am Ende erklimmt Aisata Blackman im Tina-Turner-Kostüm dann natürlich, wie anfangs versprochen, den Gipfel ihrer Karriere, tritt vor das Publikum und singt – zum Glück dann doch auf Englisch – *Simply the Best». Zu den Banddarstellern auf der Bühne gesellt sich die echte Band, und der Abend mündet nahtlos in das eine, große, ultimative Tina-Turner-Konzert, das jede einzelne der bis dahin vergangenen Minuten versprochen hat. Und die Rechnung geht auf. Die Euphorie kann einst in Rio de Janeiro auch nicht größer gewesen sein. Und bei aller Wucht und Lebensfreude vergisst man sofort, dass es sich ja doch nur um eine Cover-Band handelt, steht auf, tanzt mit, während man begeistert applaudiert. .

Kurze Trailer des Stücks

www.youtube.com/watch?v=N5BdeG7SVug

www.youtube.com/watch?v=x_kY4L4e3GI&list=PLpCgWvZI5zSSaqvzbYJMT4_QsN6Bo-3TH

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Manuel Harlan und Angela Henzi

Homepages der andern Kolumnisten:  www.noemiefelber.ch  maxthuerig.ch

www.gabrielabucher.ch  www.herberthuber.ch

Kristina Love spielt die Rockröhre Tina Turner beeindruckend Foto Manuel Harlan

Aisata Blackman spielt die Rockröhre Tina Turner beeindruckend Foto Manuel Harlan

Die Tänzerinnen Sängerinnen und Band in voller Aktion

Nach der Trennung von Ike startet Tina 1984 mit dem Album Private Dance als Solokünstlerin neu durch und erklimmt die Billboard Charts

  • Aufrufe: 103