Zum Hauptinhalt springen

Lifestyle

Patent Ochsner MTV Unplugged Tour, KKL Luzern, 8.3.2022, besucht von Léonard Wüst

Gespanntes Publikum vor dem Konzertauftakt
Gespanntes Publikum vor dem Konzertauftakt

Besetzung: Patent Ochsener mit Sänger Büne Huber
Am 12. und 13. Oktober 2021 wurde im Casino Bern Geschichte geschrieben
An diesen zwei Abenden fanden die MTV Unplugged Aufnahmesessions von Patent Ochsner in der würdigen Kulisse des schönsten Berner Konzertsaals statt. Ein Ritterschlag für Patent Ochsner, sind sie doch die erste Schweizer Band überhaupt in dieser weltweit legendären Konzertserie.

Büne Huber bringt live viel Gefühl in seine Lieder. Foto Rob Lewis
Büne Huber bringt live viel Gefühl in seine Lieder. Foto Rob Lewis

Dass die “Nöie Schue”, sprich das unplugged Abenteuer auf MTV nicht drücken, sondern haargenau passen, war schon mit dem ersten Song, ebendiesem Schuesong unmittelbar klar. Der Frontmann, der natürlich unmerklich später als die andern patentierten Ochsner die Bühne betrat, war sofort voll da, präsent wie eh und je.

 Heidi Happy
Heidi Happy

Lange aber sang er nicht solo, schon  der «Honigmelonemond» wurde im Duett mit Heidi Happy intoniert, somit war mit Priska Zemp aus Dagmersellen, so deren bürgerlicher Name, neben den Berner Urgesteinen, auch etwas «Einheimisches Blut» auf die Bühne. Unterstützt wurden die beiden von ihren gutaufgelegten Mitmusiker*innen, von denen sich ungefähr ein Dutzend auf der Bühne befand. Es folgte ein kurzer Speech, Begrüssung und kurze AnekdoteN und schon gings weiter im Programm.

Überraschend nicht umgetextete Version der «Ludmilla»

Christian Brantschen Keyboards
Christian Brantschen Keyboards

Beim dritten Song «Ludmilla» erwarteten wohl viele eine, auf die aktuellen Geschehnisse im Osten bezogene umgetextete Version, dem war aber nicht so, dafür wurde ein geniales Sopransaxsolo eingefügt. So enterte dann  mit “Juanita la Luna” Tijuana Sound die Bühne, veredelt mit einem Trompetensolo à la Herb Alpert und Huber passte seine Bewegungen dem mittelamerikanischen Sound an, soweit dies seine, nicht grad filigrane Figur eben zuliess, bevor er uns mit «Novämber» vom draussen eben scheuch aufkeimenden Frühling, in den Spätherbst entführte. Ohne Unterbruch und zügig führte uns der Bandleader über die «Fischer» aufs «Bälpmoos», wohl einer der Songs schlechthin, die das Projekt Patent Ochsner schweizweit bekannt und gross machte und den nicht nur Bärner Giele, sondern auch die andern Deutschschweizer Goofen und Erwachsenen kennen. Ob aber «Bälpmoos» schon zum nun folgenden «Trybguet» zählt, ist kaum anzunehmen.

Bühne frei für ein, von Pippo Pollina mitkomponiertes Canzone

 Daniela Sarda  mit Büne Huber
Daniela Sarda mit Büne Huber

Dazu bat Büne nun Daniela Sarda an den Bühnenrand um ihr das Feld für das von ihm und Pippo Pollina komponiert und getextete «Bruscolo di terra» zu überlassen, wobei er beim Refrain jeweils die Zweitstimme gab. Im grossen, weissen Konzertsaal des KKL Luzern herrschte bald fast schon eine Stimmung wie auf dem legendären «Gurten», der «Open Air Heimat» der Frauen und Mannen um Büne Huber. Diese begaben sich nun musikalisch auf den «Balkon» was natürlich “Durscht u Hunger” gab. Zum Stillen dieser Bedürfnisse war wieder Heidi Happy gefragt, die im Duett mit Büne Huber glänzte, wie über diesen Link zu hören ist:

https://youtu.be/sOoofJUWk30?t=62

Mit «Broken soul» gings weiter und wahrscheinlich war die nun intonierte “W. Nuss vo Bümpliz” an dieser gebrochenen Seele schuld. Dieser Patent Ochsner Klassiker schraubte denn auch die Stimmung im Saal nochmals höher, als sie eh schon war.

Ändu, der geniale Geräusche Imitator mit Bonjour Hellville

Wenn einer Instrumente geräuschgenau imitieren kann, dann Ändu, Andreas Schaerer, der mit seiner Beatbox-Technik das Publikum in den Bann zog.

Ein Amuse d’oreille über diesen Link:

https://youtu.be/QkdfFCHAGws?t=9

Schärer löste z.B. mit seiner Imitation nahtlos den Posaunisten ab, der eben ein Solo zum Besten gegeben hatte, kein Unterschied hörbar, schlicht sensationell.

Weitere Highlights waren an diesem Abend  die wunderbare Stimme von Daniela Sarda bei “Bruscolo di Terra” und der Gesang von Ricky aus Madagaskar bei “Guet & Gärn”, sowie die immer perfekten Chöre, alles unterstützt von den stilsicheren Mitmusikern.

Sophie Hunger
Sophie Hunger

Es folgte «Liebeslied» bevor man ins «Scharlachrot» eintauchte und bei Sophie Hungers «Hotelsong» landete. Büne Huber wünschte dann noch singend «Guet Nacht Elisabeth». Mit dem «Gummiboum» war dann schon fast «Ausklaar» und die patenten Künstler bleiben «Für immer uf Di» und als schöne Erinnerung in unseren Herzen, vor allem auch, weil sie schlussendlich, nach dem nicht enden wollenden Schlussapplaus, noch eine Zugabe gewährten.

Text: Léonard Wüst www.leonardwuest.ch

Fotos: http://www.abc-production.ch/index,   und Léonard Wüst

Homepages der andern Kolumnisten: www.gabrielabucher.ch    https://noemiefelber.ch/     www.herberthuber.ch   www.maxthuerig.ch

Die Protagonistinnen beim Schlussapplaus
Die Protagonistinnen beim Schlussapplaus
  • Aufrufe: 95

Von Innereien und ihren äusseren Werten philosophiert Herbert Huber

Innereien im Überblick Großer Genuss – maximale Wertschätzung
Innereien im Überblick Großer Genuss – maximale Wertschätzung

Innereien. Eigentlich kein schöner Name für diese Delikatessen. Da wäre also alles was ausserhalb der Innereien liegt sogenannte «Äussereien». Der Kalbskopf zu Beispiel. Spass beiseite und zum Ernst der Sache.

Innereien, noch roh

Meine Generation hat noch gelernt vom Tier «Alles» zu essen. Erst mit dem Aufkommen des Wohlstandes unserer Gesellschaft wurden die Edelstücke eines Tieres bevorzugt. Und wenn ich junge Menschen höre, finden diese oft Kutteln, Leber, Nierli und Co. schlicht «gruusig». Nun aber wird mit dem Begriff «from nose to tail» vom Schnörrli zum Schwänzli also, der Konsument wieder animiert, schon aus ethischen Gründen wieder alles vom Tier zu essen. Und auch Gastgeber lassen sich von dieser kulinarischen Wiedergeburt begeistern. So zum Beispiel der Luzerner Helvetia Gastgeber, seit Jahrzehnten das Galliker in Luzern und auch im Wirtshaus Eichhof. Am 26. März wird im «Restaurant Baulüüt» im Campus Sursee ein Wine&Dine mit “Nose to tail” vom Wasserbüffelkalb zelebriert.

Genussvolle Innereien Schmausereien

Innereien – so gesund sind Leber, Niere & Co

Zweifelsohne gehöre ich zu den Geniessern von Innereien, ganz besonders, wenn es sich um die Leber handelt. Der Liebe zur Leber allerdings nicht gerade förderlich war der Lebertran des Fisches, den man uns Kindern löffelweise verabreichte. Angeblich der Gesundheit zuliebe. Nicht einmal das zur Belohnung für das tapfere Hinunterschlucken versprochene Täfeli Schokolade vermochte mich zu bekehren. Mit zunehmendem Alter und definitiv in der Kochlehre ging ich dann aber mit der Leber und sonstigen Innereien doch noch eine recht intensive Beziehung ein.

Innereien müssen mega frisch sein. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass diese unmittelbar nach dem Schlachttag angeboten werden sollten. Die alte Regel, dass Innereien Anfang der Woche auf dem Menüplan stehen sollten, weil meistens am Montag oder Dienstag geschlachtet wird, gilt heute noch. Am besten den Metzger des Vertrauens danach fragen.

Innereien

Innereien müssen zudem absolut frisch verarbeitet werden, meine Zeitlimite ist innerhalb von vier Tagen. Vor dem Schneiden in Tranchen, Würfelchen oder feinblättrige Scheibchen empfehle ich, die Leber von den Häutchen zu befreien. Auf keinen Fall friere ich die Innereien ein. Das bekommt diesen nämlich gar nicht gut – vor allem die Leber wird dann beim Zubereiten breiig statt schön bissig. Sind Innereien gesund? Ja und nein. Leber zum Beispiel ist blutbildend (meine Schwiegermutter ass, als sie zu wenig Blut hatte «rohe» Leber. Der Genuss von Innereien kann aber auch des Eiweisses wegen zu Gicht Anfällen führen. Also massvoll geniessen.

Klassiker für Kalbsleber

Innereien auf dem Markt von Pere Garau hier eine Rindszunge

Hier einige Klassiker für  die Zubereitung von Kalbsleber: Fein geschnetzelt und kurz in heisser Butter angebraten (Farbe nehmen lassen), etwas ganz fein gehackte Zwiebel und Kräuter darunter, vor allem Salbei. Salzen generell immer nachher.

Kalbsleber Berliner Art: in Tranchen geschnitten, kurz sautiert und mit gebratenen Apfelscheiben serviert. Oder Fegato alla Veneziana: Ebenfalls in Tranchen geschnitten, kurz braten. Fein geschnittene, rote Zwiebeln in Butter dünsten, mit Rotwein, Fleischfond und wenig Balsamico ablöschen. Leicht einreduzieren und mit der Leber servieren. Übrigens: Kalbsleber darf immer noch etwas rosa sein.

Und hier mein Rezept (welches ich einem Koch im Elsass abkupferte) und mit welchem wir unsere Gäste begeistern: das Ragoût d’abats. Zutaten für vier Personen: 200 g leicht blanchierte, geschnetzelte Kalbsmilken (macht der Metzger). 200 g geschnetzelte, von Fett befreite Kalbsnierli. 300 g geschnetzelte Kalbs­leber. Eine ganz fein gehackte, mittelgrosse Zwiebel. Zwei mittelgrosse Salbeiblätter, fein geschnitten. 4 EL Erdnussöl. 60 g Butter. Salz und Pfeffer.

Eingeweide von Tieren.

Zubereitung: 2 EL Erdnussöl in einer Bratpfanne (Teflon) sehr gut erhitzen. Milken kurz anbraten und aus der Pfanne in ein Haarsieb geben – das Öl in die Teflonpfanne abtropfen lassen. Milken auf ein vorgewärmtes Plättli legen. Leberli und Nierli im restlichen Öl ebenfalls kurz anbraten. Alles zu den Milken geben. Teflonpfanne mit Haushaltspapier reinigen und wieder auf den Herd zurück. Butter nussbraun erhitzen. Milken, Leberli und Nierli dazu, kurz schwenken, salzen und pfeffern. Salbei beigeben und auf einer vorgewärmten Platte (oder auf Tellern) anrichten. Bon appetit!

Text www.herberthuber.ch

Fotos: www.pixelio.de

Homepages der andern Kolumnisten:   www.noemiefelber.ch

www.gabrielabucher.ch    www.leonardwuest.ch www.maxthuerig.ch

Wie gesund sind Innereien?
Wie gesund sind Innereien?
  • Aufrufe: 93

DIE WELT VON MORICE LIPSI (1898 – 1986) ein Essay von Anna Rybinski

Le grand Granit 1962, blauer Granit (Bretagne)Neulich hatte ich Gelegenheit, den Nachlass des Bildhauers Morice Lipsi zu besichtigen. Die Spiritualität, die aus seinen Werken strömt, hat mich erschüttert. Er wählte  oft Materialien, die Kraft ausstrahlen: Marmor, Granit und Lavastein. Sie   wirken jedoch nicht schwer, vermitteln kein niederdrückendes, sondern ein erhebendes Gefühl.   Zerbrechlichkeit  mit schwerer Materie? Ja,  auch das ist möglich.  Morice Lipsi  – gemäss seinem Leitspruch –  hat das Licht in seinen Skulpturen eingefangen. Ein bleibendes Erlebnis.

 

Die Kunsthistorikerin Meret Kaufmann hat gemeinsam mit dem Künstler Thomas Julier ein schönes Büchlein  über das Leben und Oeuvre  des Künstlers zusammengestellt,  mit ihrer Erlaubnis zitiere ich ihr Schreiben.

Lebenslauf

Morice Lipsi wurde 1898 als Izraël Moszec (Moryce) Lipszyc in Pabianice bei Lodz, Polen, geboren. Im Jahr 1912 zog er nach Paris, wo er nach dem ersten Weltkrieg Anerkennung für eine Reihe von Einzelausstellungen und Arbeiten im öffentlichen Raum erhielt. Während Lipsis Werk in dieser ersten Phase vorrangig figurativ war, nahm es nach dem zweiten Weltkrieg eine Wende hin zur Abstraktion. Den Höhepunkt seines Schaffens markieren die 1950er bis 1970er Jahre. In dieser Zeit fanden seine monumentalen, direkt in Stein gehauenen Skulpturen weltweit in Galerien, Museen und im öffentlichen Raum Anklang. Im Laufe seiner schaffensreichen Karriere richtete sich Lipsi ein Zuhause mit Atelier in Chevilly-Larue ein, südlich von Paris, sowie in Küsnacht-Goldbach bei Zürich, wo er schliesslich 1986 verstarb. Nicht weit davon, in Hinwil bei Zürich, beherbergt die Sammlung LIPSI heute seinen künstlerischen Nachlass.

Meret Kaufmann

 

Lipsi au travail 1963

» La pierre est là pour sculpter la lumière «

Die Aussage Morice Lipsis (*1898 in Pabianice, Polen) wider­spricht auf den ersten Blick den massiven Steinblöcken, denen der Künstler Gestalt verlieh. Doch scheinen die soliden Elemente aus Granit, Marmor, Kalk- oder Lavastein, die Lipsi als » maître de la taille directe « mit Hammer und Meissel bearbeitete, der Schwerkraft zu trotzen: Lipsis Skulpturen sind Balanceakte, in denen Gegensätze zeitweilig aufgehoben sind – abstrakte dynamische Kompositionen, die im Tanz zwischen fester und flüchtiger Materie, Licht und Schatten, Werk und Umwelt aufleben.

Deux masques 1945, Gips
 
Tectonique I 1955, Lava

Um die Wechselwirkung zwischen Licht und Schatten einzufangen, arbeitete Lipsi bevorzugt unter freiem Himmel. Seine Werke fanden bald Eingang in das Museé d’Art Moderne de la Ville de Paris (1957, 1962 und 1964), die Kunsthalle Bern (1945) und die Hallen der documenta II (1959), Kassel. Hier zeigte der Künstler seine Arbeiten neben KollegInnen wie Hans Arp, Constantin Brâncuçi, Ossip Zadkine, Sonia Delaunay oder Henri Laurens. Hinzu kamen Ausstellungen in Galerien in Paris, Zürich, Frankfurt, New York und Tokyo, wo Lipsi als Vertreter der europäischen Avantgarde und Abstrakten Moderne Anerkennung fand.

Als Teilnehmer und später auch Initiator von Skulptur­symposien und weiteren Projekten im öffentlichen Raum wirkte Lipsi über ein eng gefasstes Kunstfeld hinaus. So wurden 1963 der Lavasteinbruch und Strand von Manazuru nahe Atami in Japan zu Lipsis Arbeitsplatz im Freien für die Skulptur Océanique I (Pacifique) aus Vulkangestein. Ebenfalls aus Lava – das der Künstler mit Vorliebe erforschte – schuf er Kabbalistique, la grande extension (1966); eine Skulptur als Auseinandersetzung mit Lipsis jüdischer Herkunft, die erst 1987, ein Jahr nach seinem Tod, nach Tel Aviv in Israel gelangte. Zwischen Berg, Fluss und Strasse ragt am Eingang zur französischen Stadt Grenoble seit 1967 die »olympische Säule«, Ouverture dans l’espace, in den Himmel und heisst Reisende willkommen. Dauerhaft im öffentlichen Raum installiert, halten Lipsis monumentale Skulpturen dem Wandel der Zeit stand, während ihre Gestalt sich je nach Wetter und Blickwinkel verändert.

Le dialogue 1961, Lava

Das Spiel mit Licht und rhythmischer Bewegung prägt das Schaffen des Bildhauers durchweg. In Lipsis Frühwerk finden sich zahlreiche musizierende oder badende Figuren, oft aus Elfenbein, Gips oder Holz gearbeitet. Kennzeichnend ist zudem Lipsis frühe Kunst des Flachreliefs: An der Grenze zwischen dem Zwei- und Dreidimensionalen zeigt sich in diesen Reliefs die Sensibilität des Künstlers für unterschiedliche Materialien im Austausch mit dem Atmosphärischen. Diese Werke aus der ersten Schaffensphase Lipsis von den 1910ern bis 1940ern sind grösstenteils figurativ und in Paris entstanden. Hier hatte Lipsi an der École des Beaux-Arts studiert und in der umtriebigen Künstlerkolonie »La Ruche« in Montparnasse gelebt (im »Bienenstock« tummelten sich unter anderem Marc Chagall, Jacques Lipchitz, Amedeo Modigliani, Chaim Soutine und Ossip Zadkine), bevor er sich in Chevilly-Larue südlich der Hauptstadt niederliess.

Sur pivot II 1970, weisser Marmor (Carrara)

Skizzenblock und Bildhauerwerkzeug begleiteten Lipsi auch, als er während des Zweiten Weltkriegs von Chevilly-Larue nach Südfrankreich und weiter in die Schweiz fliehen musste. In der Schweiz fand er durch seine Gattin, die Malerin Hildegard Weber-Lipsi, ein Exil und zugleich eines der Sujets, das einen Wendepunkt in seinem Werk zwischen Figuration und Abstraktion markiert: die Weinbergschnecke, die Spirale, die einen endlos sich ausweitenden Raum – über die Skulptur hinaus – eröffnet. Tierische und pflanzliche Wesen gehen fortan fliessend in mineralisch-abstrakte Formen über; in einer Serie von Masken von 1945 verschränken sich menschlich-organische und musikalisch-künstlerische Formen, Vorder- und Rückseiten, Innen- und Aussenraum.

Lipsis ebenso spielerische wie scharfsinnige Formgebung zieht sich durch sein Werk bis zur letzten Zeichnung vor seinem Tod, La Valse, 1986. Im selben Jahr starb der Künstler in Küsnacht- Goldbach bei Zürich, wo er mit Hildegard Weber-Lipsi und den drei Töchtern eine zweite Heimat gefunden hatte. In Hinwil, Kanton Zürich, beherbergt die Sammlung LIPSI heute Modelle, Studien, Zeichnungen und Skulpturen aus dem Nachlass des Künstlers. Es ist die Verflüssigung von Grenzen zwischen Alltag, Natur und Kunst, zwischen Figuration und Abstraktion, lebender und nicht-lebender Materie, durch die Morice Lipsis Oeuvre heute grosse Resonanz erzeugt.

Meret Kaufmann

Die Fotos sind von Gabrielle Beck-Lipsi zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen: www.sammlung

  • Aufrufe: 133

Luzerner Theater, Zur schönen Aussicht Ödön von Horváth, besucht von Max Thürig

Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Sven Gey_Thomas Douglas_Carina Thurner_Ruediger Hauffe_Martin Carnevali_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz
Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Sven Gey_Thomas Douglas_Carina Thurner_Ruediger Hauffe_Martin Carnevali_Foto Ingo HoehnEine Produktion der Compagnie Affenherz

Produktionsteam
Martin Schulze
Bühne und Kostüme: Ulrich Leitner

Komposition und Musik: Dirk Raulf
Licht: Marc Hostettler
Dramaturgie: Dominik Busch
Besetzung
Carina Thurner (Christine)
Tini Prüfert (Ada)
Rüdiger Hauffe (Karl)
Martin Carnevali (Strasser)
Christian Baus (Müller)
Thomas Douglas (Emmanuel)
Sven Gey (Max)

Wer möchte das nicht? Eine schöne Aussicht ist inspirierend, motivierend, beruhigend, fordernd oder auch einfach «nur schön»! Der Ausspruch: «Schöne Aussichten» kann aber auch negativ beladen sein, fällt er doch manchmal auch zusammen mit einer ungewissen Zukunftsvorstellung, mit Angst auf das Kommende…

Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Martin Carnevali_Carina Thurner_Foto Ingo Hoehn
Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Martin Carnevali_Carina Thurner_Foto Ingo Hoehn

Ich verspürte natürlich keine Angst, als ich mich nach stürmischem Wetter und einsetzendem Regen in die Theater Box begab, sondern war gespannt was mich hier erwarten würde. Für mich war die Nähe zu den Protagonisten anfänglich gewöhnungsbedürftig, fehlte mir doch die Übersicht über das schlichte Bühnenbild, welches mich mit diesen verschiebbaren Pflanzen an eine Dschungelkulisse erinnerte. Dschungel? Kann man sich dort nicht auch gut verirren, lauern dort nicht Gefahren, die unsere Existenz bedrohen?
Oder ist unser Leben manchmal auch mit einem dichten Dschungel vergleichbar, in dem wir Menschen unsere Position suchen, um unser Überleben kämpfen und wieder versuchen herauszukommen? Eine kleine Vorahnung auf Horvats Komödie?

Gescheiterte Individuen

Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Sven Gey_Foto Ingo Hoehn
Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Sven Gey_Foto Ingo Hoehn

Im heruntergekommenen Hotel «Zur schönen Aussicht) bilden Strasser (Martin Carnevali), früher Schauspieler und Offizier, heute Hoteldirektor; Max (Sven Gey) einst Kunstmaler, nun im Dienst als Kellner und Karl (Rüdiger Hauffe), ein ehemaliger Plantagenbesitzer, der es nun als Chauffeur versucht, eine Schicksalsgemeinschaft. Durch die zum Teil dubiose Vergangenheit und ihre gescheiterten Lebensentwürfe versuchen sie nun zu retten, was noch zu retten ist. Einziger Hotelgast ist die Baronin Ada von Stetten (Tini Prüfert). Sie führt sich auf wie eine Domina und züchtig und benutzt die drei ganz nach ihren Wünschen und Vorstellungen.

Als dieser vermeintliche «Burgfrieden» durch die ankommenden Besucher Müller (Christian Baus), ein Getränkevertreter und Baron Emanuel von Stetten,(Thomas Douglas) Ada’s Bruder, gestört wird, beginnen sich die Abgründe menschlichen Denkens und Handelns zu öffnen. Jeder ist sich nun selbst der Nächste und versucht aus allem Möglichen und Unmöglichen Profit zu schlagen. In ihrer Aussichtslosigkeit und eigenen Gefangenschaft versuchen sie nicht ihr Leben schön zu reden, sondern es schön zu trinken – ein fatales Unterfangen, das letztlich Ansporn für weitere seelische Grausamkeiten ist…

Christine… und jetzt?

Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Martin Carnevali_Tini Pruefert_Foto Ingo Hoehn
Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Martin Carnevali_Tini Pruefert_Foto Ingo Hoehn

So langsam fühle ich mich in den anfänglich skizzierten undurchsichtigen Dschungel versetzt; erst recht als Christine (Carina Thurner) als Strassers Ex-Geliebte auf die Bühne tritt und ihm eröffnet, dass das Zusammensein vor einem Jahr nicht folgenlos geblieben ist…
Um sich einer Vaterschaft zu entziehen, ist ihm jedes Mittel recht, jede Lüge gefällig, jedes Be- und Ausnützen anderer Menschen willkommen. Reichlich fliessender Alkohol beflügelt die Gedanken der Runde. Mir erscheinen sie bei der Ausheckung ihres perfiden Planes mit dem sie Christines Leben zerstören wollen, wie pickende Hühner, die nur durch das Unterbrechen des Gockels kurz aufschauen um dann gleich wieder in den Intrigenmodus zurück zu fallen!

Realitätsfremd?

Zur-schoenen-Aussicht-Szenenfoto-von  Ingo-Hoehn-
Zur-schoenen-Aussicht-Szenenfoto-von Ingo-Hoehn-

Um der eigenen Gefangenschaft zu entrinnen und so vielleicht ein besseres Leben zu gewinnen, ist allen jedes Mittel recht! Dies wird mir in der Schlussszene deutlichst vor Augen geführt und ich beginne meinen «Dschungelfokus» zu lockern. Parallelen zu unserem Leben machen sich auf. Was Horvat da vor rund 100 Jahren geschrieben hat, braucht den Bezug zur heutigen Zeit nicht zu scheuen. Vereinsamung, fehlende soziale Einbindung, Egoismus, Neid und Eifersucht sind auch heute noch Triebfedern menschlicher Verirrungen!

 

Beeindruckt durch die schauspielerische Leistung unter der Regie von Martin Schulze mache ich mich etwas nachdenklich auf den Heimweg und freue mich auf schönere (Lebens-) Aussichten.

Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Hoehn Luzerner Theater:

fotodiashows.wordpress.com/2022/02/10/zur-schonen-aussicht-szenenfoto-von-ingo-hoehn/

Text: Max Thürig   https://maxthuerig.ch/           https://www.wildwaldwalk.ch/

Fotos: www.luzernertheater.ch  Ingo Hoehn

Homepages der andern Kolumnisten:  www.noemiefelber.ch

www.gabrielabucher.ch  www.herberthuber.ch

www.leonardwuest.ch

Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Martin Carnevali_Tini Pruefert_Ruediger Hauffe_Sven Gey_Foto Ingo Hoehn
Zur schoenen Aussicht_Luzerner Theater_Martin Carnevali_Tini Pruefert_Ruediger Hauffe_Sven Gey_Foto Ingo Hoehn

 

  • Aufrufe: 136