Internationale Konferenz des BVL und der EU-Kommission zum Onlinehandel
mit Lebensmitteln
Online-Anbieter von Lebensmitteln versprechen den Verbrauchern ein
unkompliziertes Shoppingerlebnis. Aber wie kann gewährleistet werden, dass
der Einkauf im Internet genauso sicher ist wie beim Laden um die Ecke? Mit
dieser Frage beschäftigten sich vom 24. bis 26. Juni 2019 die rund 250
Teilnehmer der internationalen Fachkonferenz „eCommerce of Food“ in
Berlin, veranstaltet gemeinsam vom Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) und der Europäischen Kommission.
Der Onlinehandel mit Lebensmitteln ist ein Wachstumsmarkt. Das bietet
Chancen für die Verbraucher, wie eine schier grenzenlose Auswahl und
Einkaufsmöglichkeiten rund um die Uhr, wirft aber auch gleichzeitig eine
Reihe von neuen Fragen auf – zum Beispiel zur Rolle der großen Online-
Marktplätze, die als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer auftreten.
Welche Verantwortung trägt der Betreiber einer solchen Plattform, wenn es
um die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften geht?
Zu wenig, findet Bundesernährungsministerin Julia Klöckner. In ihrem
Grußwort zur Eröffnung der Konferenz forderte sie: „Künftig sollen auch
Plattformbetreiber aktiv dazu beitragen, dass gesundheitsgefährdende
Produkte nicht bei den Käuferinnen und Käufern landen.“ Hierfür soll eine
entsprechende Gesetzesgrundlage geschaffen werden.
Mehr Schutz dank neuer Verordnung
Die nationale Gesetzgebung soll die am 14. Dezember 2019 in Kraft tretende
neue EU Kontrollverordnung ergänzen. Eines der Ziele der Verordnung ist
ein verbesserter Verbraucherschutz beim Einkauf über das Internet. „Auch
beim Onlinehandel mit Lebensmitteln muss Sicherheit, Echtheit und
Transparenz gewährleistet sein“, sagte der EU-Kommissar für
Lebensmittelsicherheit Vytenis Andriukaitis. „Die neue EU-
Kontrollverordnung stellt dies sicher. Dank ihr können die
Überwachungsbehörden künftig die Rechte der Verbraucher noch besser
durchsetzen.“
Für Petr Cejka von der tschechischen Lebensmittelkontrollbehörde bringt
die Kontrollverordnung vor allem Vorteile für die Überwachungsbehörden. So
könnten diese zukünftig als anonyme Käufer im Internet Lebensmittel
bestellen und diese als Proben untersuchen lassen. Ebenso erhielten die
Kontrolleure die Möglichkeit, bei gravierenden Verstößen gegen das
Lebensmittelrecht Webauftritte ganz oder teilweise sperren zu lassen.
Geronimo Branescu von der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft unterstrich
in diesem Zusammenhang das große Interesse der EU-Mitgliedstaaten,
gemeinsam an der Fortentwicklung und Umsetzung der Instrumente aus der
Kontrollverordnung zu arbeiten.
Ein guter Ansatz sei die Kontrollverordnung, fand auch Matthias
Wolfschmidt von der Verbraucherorganisation foodwatch, sie sei aber noch
nicht ausreichend. Er forderte eine weitere Stärkung der Verbraucherrechte
ebenso wie mehr Transparenz – insbesondere bei der Veröffentlichung von
Kontrollergebnissen.
Globaler Handel – globale Herausforderungen
Zusätzlich zum rechtlichen Rahmen erfordere der globale Handel eine
globale Vernetzung der Überwachungsbehörden, wie BVL-Präsident Dr. Helmut
Tschiersky betonte. Während innerhalb der EU bereits hervorragende
Informationssysteme existierten, sieht er außerhalb Europas Nachholbedarf:
„Beim Onlinehandel müssen wir den Informationsaustausch und die
Zusammenarbeit mit Drittstaaten weiter verbessern, um
Lebensmittelsicherheit auch weltweit zu fördern.“ In diesem Zusammenhang
betonte Andreas Keller von der US-amerikanischen Lebensmittel- und
Arzneimittelbehörde FDA seine Bereitschaft zur grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit.
Dass insbesondere beim Handel mit vermeintlichen Nahrungsergänzungsmitteln
aus Drittstaaten Handlungsbedarf besteht, darüber waren sich alle
Teilnehmer der Konferenz einig. So änderten dort ansässige Händler oft
kurzfristig den Namen ihrer Firma oder ihres Produkts, so dass es für die
europäischen Überwachungsbehörden oft schwer sei, ihrer habhaft zu werden.
Ein Problem, dem sich auch die global agierenden Online-Marktplätze
stellen müssen. Wolfgang Weber von eBay etwa sieht die Lösung nur in einem
weltweiten Vorgehen. Wird in einem Land ein bestimmtes Problem mit einem
Produkt entdeckt, z. B. die illegale Verwendung des Stoffes Sibutramin in
einem Schlankheitsmittels, so sperre eBay das Produkt nicht nur in diesem
Land, sondern proaktiv weltweit.
Christian Wiegand von Amazon betrachtet darüber hinaus die Rückmeldungen
der Käufer als wichtiges Instrument. Amazon betreibe hier ein intensives
Monitoring, damit man bei einer Häufung von negativen Kommentaren
einschreiten und gegebenenfalls bestimmte Angebote sperren könne.
Die Spur des Geldes
Online kaufen heißt in der Regel auch online bezahlen. Dies biete auch
Chancen für die Überwachungsbehörden, wie Jean-Jérôme Jung vom
französischen Wirtschafts- und Finanzministerium fand. Getreu dem Motto
„Follow the money“ könne man dem Geld bis zu seinem neuen Besitzer folgen,
wenn die klassische Rückverfolgbarkeit von Waren an ihre Grenzen stößt.
Dies erfordere allerdings eine enge Zusammenarbeit mit den
Serviceanbietern für Onlinezahlungen, den so genannten Payment Service
Providern (PSP).
In der Praxis erweise sich dies jedoch oft als schwieriges Unterfangen,
wie mehrere Konferenzteilnehmer bestätigten. Dennis Raschke von der
Kontrollstelle G@ZIELT plädierte daher für eine Anpassung der gesetzlichen
Grundlage. Die bisherige europäische E Commerce-Richtlinie sei schon fast
20 Jahre alt, so Raschke, und gelte nur für Onlineplattformen. Payment
Service Provider müssten künftig auch zur Kooperation mit den
Überwachungsbehörden verpflichtet werden können.
Ein Blick in die Zukunft
Das Smartphone verändert die Welt – auch den Onlinehandel mit
Lebensmitteln. Laut Claudia Studtmann von Facebook nutzen bereits heute 79
% der 18- bis 34-Jährigen ihr Smartphone, um in den sozialen Medien neue
Lebensmittel und Rezepte zu entdecken. Dies biete auch Chancen für Start-
up-Unternehmen, die mit einem relativen kleinen Budget eine Vielzahl von
Nutzern erreichen könnten.
Doch wird der Onlinehandel irgendwann den stationären Handel komplett
ablösen? Tobias Pohl von Google verneinte dies während der Konferenz.
Seiner Meinung nach wird es auch in zehn Jahren noch Supermärkte geben.
Und die Menschen werden ihr Smartphone nutzen, um den besten Laden um die
Ecke zu finden.
Weiterführende Informationen
• Konferenz „eCommerce of Food“:
https://www.bvl.bund.de/eComme