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Brennpunkt Onkologie: Ambulante Krebsberatung – mehr als „nur“ Beratung

Ambulante psychosoziale Krebsberatungsstellen (KBS) bieten
Krebspatient*innen und ihren Angehörigen ein niedrigschwelliges
Beratungsangebot an und unterstützen sie dabei, weitere für sich passende
Angebote zu finden. Die Sicherstellung der psychoonkologischen Versorgung
ist ein konkretes Ziel im Nationalen Krebsplan. Seit drei Jahren werden
die KBS durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gefördert. Beim
Brennpunkt Onkologie, einer politischen Diskussionsveranstaltung der
Deutschen Krebsgesellschaft, wurde die aktuelle Umsetzug der
Regelfinanzierung kritisch diskutiert und ein Blick in die Zukunft
geworfen.

Zu Ziel 9 des Nationalen Krebsplans (NKP) gehört ausdrücklich die
Sicherstellung der notwendigen psychoonkologischen Versorgung im
stationären und ambulanten Bereich. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde der
Paragraf 65e ins Sozialgesetzbuch V eingeführt und somit die Grundlage für
eine dauerhafte Finanzierung der ambulanten Krebsberatungsstellen
geschaffen. Die gesetzlichen Vorgaben sehen eine anteilige Förderung der
KBS durch die GKV und PKV von 80 Prozent vor. Die weitere Finanzierung
soll durch Länder und Kommunen sowie durch Spenden erfolgen.
„Das Ziel des Nationalen Krebsplans haben wir erreicht: Durch die
eingeführte Regelfinanzierung für ambulante Krebsberatungsstellen müssen
Krebsberatungsstellen nicht mehr um ihre Existenz bangen“, sagt Sabine
Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für
Gesundheit. „Mit der im Gesetz vorgegebenen maximalen Fördersumme können
sowohl die bestehenden Strukturen gefördert als auch ein weiterer Ausbau
ermöglicht werden. Das gilt insbesondere für Regionen, in denen bisher
noch vergleichsweise wenige Krebsberatungsstellen vorhanden sind“.
Nach drei Jahren dieser Förderumsetzung werden jedoch auch kritische
Stimmen laut – auf dem Brennpunkt Onkologie wurde das Für und Wider, der
aktuelle Stand und der Ausblick intensiv besprochen.

Mehr als „nur“ Beratung – was wird finanziert?

Die GKV förderte im Jahr 2022 bundesweit 104 Krebsberatungsstellen. „Wir
beobachten, dass die Förderung gut angenommen wird. Das Verfahren ist
inzwischen eingespielt“, so Kathleen Lehmann, Referentin im Bereich
Ambulante Versorgung im GKV-Spitzenverband. „Gleichzeitig sehen wir weiter
Herausforderungen, beispielsweise in Bezug auf die inhaltliche Abgrenzung
der KBS von anderen Versorgungsangeboten.“ Sie stellte in der
Diskussionsveranstaltung die Erfahrungswerte der Förderumsetzung aus Sicht
der Krankenkassen dar.

„Wir sind dankbar für die Förderung und begrüßen sie. Aber wir sehen auch
Bedarf, die aktuellen Fördergrundsätze anzupassen“, sagte Hanna
Bohnenkamp, geschäftsführende Leiterin der Krebsberatungsstellen der
Hessischen Krebsgesellschaft e.V. und Vorstandsmitglied der
Bundesarbeitsgemeinschaft für ambulante psychosoziale
Krebsberatungsstellen (BAK) e.V. „Unter anderem macht uns das
‚Windhundprinzip‘ Sorgen – die Fördermittel werden nach
Eingangsreihenfolge der Anträge vergeben. Das kann dazu führen, dass
bereits etablierte Beratungsstellen in der nächsten Förderperiode
plötzlich nicht mehr finanziert werden. Auch für die Vorgaben der
Wirtschaftlichkeitsprüfung sehen wir Änderungsbedarf.“ Das Angebot der KBS
für Patient*innen und Angehörige geht weit über reine Beratungsleistungen
hinaus. Aktuell werden von der GKV für die Wirtschaftlichkeitsprüfung
allerdings nur die Beratungsleistungen herangezogen. Das könnte dazu
führen, dass Angebote der KBS in Zukunft nicht beibehalten werden können.

Rechtsgrundlage der Finanzierung: Wie geht es weiter?

Eine rechtliche Einschätzung der derzeitigen Förderpraxis gab Prof. Dr.
Peter Wigge, Partner der Anwaltskanzlei Rechtsanwälte Wigge und Fachanwalt
für Medizinrecht: „Die Regelförderung der Krebsberatungsstellen befindet
sich im Spannungsfeld der vom Gesetzgeber intendierten
einrichtungsbezogenen Unterstützung und der rechtlich definierten Aufgaben
der Gesetzlichen Krankenversicherung.“ Bei der Umsetzung der gesetzlichen
Vorgaben seien insbesondere die Empfehlungen der Arbeitsgruppe KBS des
Nationalen Krebsplans zu berücksichtigen.

Nach Ansicht des BMG sei die Finanzierung der ambulanten
Krebsberatungsstellen fürs Erste gesichert. Während die GKV einen
Überblick zum aktuellen Stand der Förderumsetzung gab, machten
Vertreter*innen der KBS deutlich, dass für sie weiterhin Herausforderungen
durch die aktuelle Förderpraxis bestehen. Inwiefern sich zukünftig
Änderungen an den Rahmenbedingungen der Förderung ergeben, bleibt daher
offen.

Die Deutsche Krebsgesellschaft
Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation
des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte
wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum.
Die rund 8.100 Einzelmitglieder in 25 Arbeitsgemeinschaften, die 16
Landeskrebsgesellschaften und 35 Fördermitglieder sind in der Erforschung
und Behandlung von Krebserkrankungen tätig. Die DKG engagiert sich für
eine Krebsversorgung auf Basis von evidenzbasierter Medizin,
Interdisziplinarität und konsequenten Qualitätsstandards, ist
Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und Partnerin der „Nationalen
Dekade gegen Krebs“. https://krebsgesellschaft.de

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Medikamente im Alter: Videoanalyse zeigt Anwendungsfehler

Je älter Menschen werden, desto mehr Medikamente müssen sie in der Regel
einnehmen – möglichst vorschriftsgemäß nach Verordnung und
Packungsbeilage. Das funktioniert leider nicht immer so gut, wie es
sollte: Tabletten werden mit dem Obstmesser in ungleiche Hälften zerteilt
und Tropfen ohne Lesebrille auf den Löffel gezählt. Solche
Anwendungsfehler betreffen auch Patient:innen, die geistig fit sind, ohne
fremde Hilfe im eigenen Haushalt leben und selbstständig ihren Hausarzt
oder ihre Hausärztin aufsuchen.

„Wenn Medikamente nicht korrekt eingenommen werden, können die
Therapieziele oft nicht erreicht werden“, erklärt Dr. Janine Gronewold,
Wissenschaftlerin am UDE-Lehrstuhl für vaskuläre Neurologie. Meist fällt
es den Betroffenen nicht auf, wenn sie ihre Medikamente falsch einnehmen.
Zwischen ihrer Selbsteinschätzung und ihren tatsächlichen Fähigkeiten
klafft häufig eine große Lücke, die auch die behandelnden Ärzt:innen nur
selten bemerken.
In ihrer ABLYMED-Studie* untersuchen Wissenschaftler:innen der
Medizinischen Fakultäten der Universität Duisburg-Essen (UDE) und der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), wie es um diese Medikamenten-
Selbstmanagement-Fähigkeiten bestellt ist und ob man diese unabhängig und
objektiv durch medizinisches Personal bewerten lassen kann. 67 über
70-Jährige, die regelmäßig mehr als fünf Medikamente einnehmen, nahmen
während eines stationären Aufenthalts am Universitätsklinikum Düsseldorf
an dieser Studie teil. Sie sind dabei gefilmt worden, wie sie verschiedene
Medikamente anwenden. Dabei kam ein neuartiges Bewertungsschema zum
Einsatz.

„Zur Beurteilung haben sich bis zu 19 Personen die Videoaufzeichnungen
angesehen und die Selbstmedikationsfähigkeiten der Senior:innen
eingeschätzt“, erklärt Anneke Lügering, Doktorandin am Institut für
Allgemeinmedizin an der HHU und Erstautorin der kürzlich veröffentlichten
Studie. Tatsächlich konnten nach einer kurzen Schulung bereits
Medizinstudierende aus den klinischen Semestern das Bewertungsschema
sicher anwenden und die Selbstmedikationsfähigkeiten damit objektiv und
zuverlässig einschätzen. „Wenn Fehler in der Medikamentenanwendung
unerkannt bleiben, kann das gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge
haben“, sagen die Autor:innen der Studie.

Die Ergebnisse der Forschenden sollen zum einen Ärzt:innen ermutigen, mit
ihren älteren Patient:innen häufiger über die richtige Anwendung von
verordneten Medikamenten zu sprechen und ihnen mögliche Fehlerquellen
aufzuzeigen. Auch bei der Verschreibung sollte das Thema berücksichtigt
werden. „Im Idealfall könnte beispielsweise ein niedriger dosiertes
Präparat verordnet werden, das dann nicht umständlich am heimischen
Küchentisch halbiert werden muss“, so Gronewold. Zum anderen wünschen sich
die Forschenden, dass mit ihrem neuen Bewertungsschema die Entwicklung von
Patient:innen-Schulungen unterstützt wird.  „Wer ein Gespür für
potentielle Fehlerquellen bekommt, kann sie leichter vermeiden“, erklärt
Lügering. „Und wenn die verordneten Medikamente sorgfältig dosiert und
korrekt angewendet werden, ermöglicht das vielen Senior:innen ein
sichereres Altwerden und eine längere Selbstständigkeit.“

Derzeit wertet das Forschungsteam der ABLYMED-Studie auch eine Befragung
aus, in der die Patient:innen über ihre selbst wahrgenommenen Probleme in
der Medikamentenanwendung berichten. Außerdem wird analysiert, inwieweit
die subjektive Einschätzung mit den tatsächlichen Fähigkeiten im Video
übereinstimmt und welche Faktoren die Medikamenten-Selbstmanagement-
Fähigkeiten beeinflussen.

*ABLYMED steht für: ability to self-administer medication in non-demented
in-hospital patients

Originalpublikation:
Frontiers | Developing a novel tool to assess the ability to self-
administer medication – A systematic evaluation of patients’ video
recordings in the ABLYMED study
(frontiersin.org)https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35641903/

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Multidisziplinäre Qualitätsinitiative am HDZ NRW

Thema Herz-Kreislauf-Überwachung: 24 Spezialisten aus sieben Ländern
treffen sich erstmals zu einem besonderen Workshop im Herz- und
Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen.

Patienten noch besser als bisher im OP-Saal zu überwachen, individuellen
Risiken so früh wie möglich zu begegnen und so einen optimalen
Genesungsverlauf sicherzustellen – das sind die formulierten Ziele des
zweitägigen europäischen Experten-Workshops, den das Institut für
Anästhesiologie und Schmerztherapie am HDZ NRW gemeinsam mit dem
Medizintechnik-Unternehmen Edwards Lifesciences als Pilotveranstaltung am
9. und 10. März im HDZ NRW veranstaltete.

Im Mittelpunkt dieses ersten in einer Reihe von weiteren vorgesehenen
Meetings internationaler Herzanästhesisten, Herzchirurgen, Kardiologen und
Intensivmediziner stand die sogenannte hämodynamische Herz-
Kreislaufüberwachung mittels neuester, KI-basierter Medizintechnik. Diese
steht im Herz- und Diabeteszentrum NRW und weiteren Spezialeinrichtungen
bei Hochrisikopatienten zur Verfügung und löst Alarm aus, sobald vor,
während oder nach einer Operation die angezeigten individuellen Variablen
wie Blutdruck, Herzfunktion, die Pumpleistung des Herzens und die
Gewebedurchblutung des Gehirns Anlass geben. Darüber hinaus gibt das
System Entscheidungshilfen bezüglich der Ursache und deren Behandlung.

„Unsere enormen Erfahrungswerte mit dieser sehr frühen
Risikostratifizierung, in der Narkoseführung sowie der Kreislauf- und
Volumentherapie am HDZ NRW bei ganz unterschiedlichen Patientengruppen
möchten wir auf dieser Veranstaltung vorstellen und mit anderen
Spezialisten diskutieren, um daraus zukunftsweisende Behandlungsstandards
in Anlehnung an modernste Operationsverfahren der Chirurgie mit und ohne
Einsatz der Herz-Lungenmaschine, kathetergeführte Interventionen oder
Prozeduren im Rahmen der Herzinsuffizienztherapie abzuleiten“, betonte
Institutsdirektorin Prof. Dr. Vera von Dossow zur Eröffnung der
Hörsaalveranstaltung, bei der sie sich für das große Interesse und die
Unterstützung aller Beteiligten bedankte. „Von dem hier initiierten und
zukünftig fortgesetzten Wissenstransfer werden unsere Patientinnen und
Patienten profitieren, die sich nach einer Herzoperation erholen.“ Ein
entsprechend etabliertes klinisches Qualitätsmanagement in diesem Bereich
bedeute nachweislich kürzere Krankenhausaufenthaltsdauern, niedrigere
Komplikationsraten und weniger Kosten. „Das belegen die als ERACS-
Richtlinien* in der Herzchirurgie bekannten Behandlungsstrategien, die in
den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen haben.“

*Enhanced Recovery After Cardiac Surgery

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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, mit 35.000 Patientinnen und Patienten
pro Jahr, davon 14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und
modernsten Zentren seiner Art in Europa. Unter einem Dach arbeiten fünf
Universitätskliniken und drei Universitäts-Institute seit über 30 Jahren
interdisziplinär zusammen. Das HDZ NRW ist Universitätsklinik der Ruhr-
Universität Bochum. Die Einrichtung ist bekannt als größtes
Herztransplantationszentrum in Deutschland.

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Uniklinikum Dresden setzt Strahlentherapie gegen Herzrhythmusstörungen ein

Ein Team der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden hat erstmals einen
Patienten mit schweren Herzrhythmusstörungen mittels Strahlentherapie
behandelt. Bei dem 72-Jährigen, der an einer strukturellen Herzerkrankung
– der sogenannten nicht-ischämischen Kardiomyopathie – leidet, konnte
mithilfe der Photonen die für die Störungen kritischen Areale im Herzen
lahmgelegt werden.

„Innerhalb von wenigen Tagen haben wir den Fokus für die
Herzrhythmusstörung in Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem
Herzzentrum an unserem hochmodernen Linearbeschleuniger bestrahlt“,
berichtet Prof. Esther Troost. Seitdem hat sich der Zustand des Patienten
insoweit stabilisiert, dass er keine lebensgefährlichen
Kammerrhythmusstörungen mehr hat. Nun hoffen die Medizinerinnen und
Mediziner, dass sich die in der Literatur beschriebenen positiven
Auswirkungen der experimentellen Behandlungsmethode auch bei ihm dauerhaft
einstellen. Weltweit haben bislang nur um die 300 Patientinnen und
Patienten eine solche Therapie erhalten, hier in Dresden war es die erste
Bestrahlung ihrer Art.

Mit Strahlen gegen Herzrhythmusstörungen – dieses innovative Verfahren hat
ein Team aus der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und
Radioonkologie am Uniklinikum Dresden jetzt erstmalig angewendet. Der
Patient leidet seit Langem an einer strukturellen Herzerkrankung, der
sogenannten nicht-ischämischen Kardiomyopathie. Diese ist von einer
ausgeprägten Herzschwäche begleitet, was zu lebensgefährlichen
Kammerrhythmusstörungen führen kann. „Sein implantierter Defibrillator
löste deshalb mehrfach aus, um das Herz wieder in Takt zu bringen – bei
teilweise vollem Bewusstsein. Das ist ein mitunter sehr traumatisches
Ereignis für die Betroffenen“, sagt Dr. Micaela Ebert, Oberärztin der
Klinik Innere Medizin und Kardiologie im Herzzentrum Dresden der
Universitätsklinik. Eine medikamentöse Behandlung der Störungen konnte ihm
ebenso wenig helfen, wie die Verödung der für die Störungen
verantwortlichen Bereiche im Herzmuskel per Katheterbehandlung. „Das
Zielgebiet der Störung liegt bei dem Patienten sehr tief in der muskulären
Wand der Herzbasis, also dort, wo die Herzkammer häufig am dicksten ist.
Mit konventionellen Therapien konnten wir hier nicht helfen“, sagt Prof.
Sergio Richter, Sektionsleiter der Rhythmologie im Herzzentrum.

An dieser Stelle haben die Expertinnen und Experten aus dem Herzzentrum
Rat in der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie gesucht. Denn
schon seit längerem wird an Möglichkeiten geforscht, Strahlentherapie
neben der Tumorbehandlung auch zur Therapie anderer Erkrankungen
einzusetzen. Die Hochschulmedizin Dresden ist unter anderem eins von
sieben Studienzentren in Deutschland, die sich an der RAVENTA Studie
beteiligen. Gemeinsam wollen sie die Durchführbarkeit und Sicherheit einer
Hochpräzisionsbestrahlung (die sogenannte stereotaktische
Strahlentherapie) für Patientinnen und Patienten mit anhaltenden und
austherapierten Herzrhythmusstörungen im Bereich der Herzkammern
(ventrikuläre Tachykardien) untersuchen. Weltweit wurde diese Methode erst
bei 300 Menschen angewandt. In der Studie sollen Behandlungsergebnisse von
20 Patientinnen und Patienten berücksichtigt und ausgewertet werden. In
Dresden wurde nun der erste Patient im Rahmen dieser Studie behandelt.

Bisher wird diese Form von Herzrhythmusstörungen entweder mit
Medikamenten, einem eingesetzten Herzschrittmacher mit der Fähigkeit zur
Schockabgabe oder der Verödung der betroffenen Herzmuskelareale über
spezielle Katheter behandelt. Dennoch kommt es bei bis zu 50 Prozent der
Betroffenen auch danach noch zu wiederholten Rhythmusstörungen. „Im
vorliegenden Fall war die Behandlung der Herzrhythmusstörungen mit
Bestrahlung die letztmögliche Therapieoption“, sagt Prof. Esther Troost.
Ziel des experimentellen Verfahrens ist ähnlich wie bei einer
Katheterablation, die Stellen im Herzen „lahmzulegen“, von der die
fehlerhaften Erregungssignale ausgehen, die zu den potentiell tödlichen
Kammerrhythmusstörungen führen. Während der vorherigen Katheterablation
wurde von den Rhythmologinnen und Rhythmologen eine hochauflösende
3-D-Darstellung der Herzkammer (Mapping) erzeugt, um diese Stelle genau zu
lokalisieren und zu markieren. Diese Daten wurden in das anschließend
durchgeführte 4-D-Planungs-CT integriert. Auf dieser Grundlage konnten die
Strahlentherapeutinnen und -therapeuten Prof. Esther Troost, Dr. Annika
Lattermann und Dr. Fabian Lohaus – ähnlich wie bei der Bestrahlungsplanung
von zum Beispiel bösartigen Tumoren – ihre strahlentherapeutische Planung
und letztlich die Therapie durchführen. „Dabei galt es vor allem, das
umliegende sehr sensible Gewebe wie Herz, Herzmuskel oder die Herzklappen
nicht zu beschädigen. Das ist uns gelungen. In der regelmäßigen Nachsorge
begleiten wir den Patienten weiterhin und wünschen alles Gute für die
weitere Genesung“, sagt die behandelnde Ärztin Dr. Annika Lattermann.

„Wissenschaft und Patientenversorgung gehen an der Hochschulmedizin
Dresden Hand in Hand. Der vorliegende Fall verdeutlicht dies erneut
hervorragend. Nicht nur, dass wir mit innovativer, moderner Therapie dem
Patienten helfen konnten. Wir leisten damit auch einen großen Anteil für
die Forschung. Die RAVENTA Studie hilft dabei, die Methode in der
Patientenversorgung zu etablieren“, sagt Prof. Esther Troost, Dekanin der
Medizinischen Fakultät an der TU Dresden.

„Das Beispiel zeigt: Die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen
Medizinerinnen und Medizinern aus dem Universitätsklinikum und der Klinik
für Innere Medizin und Kardiologie des Herzzentrums Dresden des
Universitätsklinikums funktioniert und ist im Sinne der Patientinnen und
Patienten erfolgreich“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer
Vorstand am Universitätsklinikum. „Enge Absprachen, kurze Wege und eine
räumliche Nähe auf dem Campus in der Johannstadt bedingen dieses
Erfolgsmodell.“

„Insbesondere bei einem hochkomplex erkrankten Patienten zeigt sich der
Mehrwert der interdisziplinären Versorgung an einer Exzellenzuniversität.
Diese neue Behandlungsmethode, die wir im Team anbieten können, müssen wir
Hilfesuchenden durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit bewusstmachen“,
sagt Prof. Axel Linke, Ärztlicher Direktor des Herzzentrums Dresden

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