Mozart y Mambo Havana Lyceum Orchestra | José Antonio Méndez Padrón | Sarah Willis, KKL Luzern, 13.8. 2025, besucht von Léonard Wuest


Sarah Willis und José Antonio Méndez Padrón mit Mitgliedern des Havana Lyceum Orchestra Foto Monika Rittershaus

KKL Luzern, der Konzertsaal mit 1898 Sitzplätzen

José Antonio Méndez Padrón Dirigent
Besetzung und Programm:
Havana Lyceum Orchestra
José Antonio Méndez Padrón Dirigent
Sarah Willis Horn
Richard Egües (1923–2003)
El bodeguero, für Horn und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791)
Hornkonzert D-Dur KV 412/512
Edgar Olivero (*1985)
Rondo alla Rumba nach dem Finale aus Mozarts Hornkonzert Es-Dur KV 495
Ernesto Oliva (*1988)
Suite Danzotas
Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791)
Sinfonie B-Dur KV 319
Francisco Repilado (1907–2003)
Chan Chan, für Horn und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
María Teresa Vera (1895–1965)
Veinte Años für Horn und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
José «Joseíto» Fernández (1908–1979)
Guantanamera, für Horn, Trompete und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
Spätestens als Hornsolistin Sarah Willis uns,auf der Bühne tänzelnd, begrüsste, war allen klar, dass dies kein 08/15 Konzertabend wird.

Das aktuelle , schon fast subtropische Wetter trägt natürlich dazu bei, dass die auftretenden Künstler von der grössten Karibikinsel sich bei uns fast schon heimisch fühlen und so bester Laune sind, was sich schon beim nachmittäglichen Warm Up auf dem Inseli manifestierte.
Richard Egües (1923–2003)
El bodeguero, für Horn und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
Kubanisches Temperament trifft klassisches Horn

Die Bearbeitung von „El Bodeguero“ – ursprünglich ein kubanischer Cha-Cha-Cha des legendären Richard Egües – für Horn und Orchester durch Jorge Aragón ist ein mitreißendes Beispiel dafür, wie klassische Musik und lateinamerikanische Rhythmen nahtlos verschmelzen können. In der Interpretation des Havana Lyceum Orchestra unter der Leitung von José Antonio Méndez Padrón entsteht eine klanglich dichte und rhythmisch präzise Darbietung, die das Publikum sofort in ihren Bann zieht.
Virtuose Hornkunst von Sarah Willis

Im Zentrum steht die Hornistin Sarah Willis, deren Spiel gleichermaßen technisch brillant wie emotional mitreißend ist. Mit beeindruckender Leichtigkeit meistert sie schnelle Passagen, komplexe Rhythmen und improvisatorische Elemente, die typisch für den kubanischen Stil sind. Dabei verliert sie nie die melodische Linie aus dem Blick, sondern lässt sie mit einem warmen, klaren Ton strahlen – eine seltene Kombination aus Klassik-Präzision und lateinamerikanischem Feuer.
Ein Orchester voller Lebensfreude

Das Havana Lyceum Orchestra beweist sich erneut als Ensemble auf höchstem Niveau. Die jungen Musikerinnen und Musiker spielen mit Energie, Präzision und hörbarer Freude. Besonders die rhythmische Sektion – Schlagwerk, Streicher und Holzbläser – trägt wesentlich zur Lebendigkeit bei. Die orchestrale Bearbeitung von Aragón ist farbenreich und fein abgestimmt, ohne den kubanischen Ursprung zu verwässern.
Ein Brückenschlag zwischen Welten

Dieser Auftritt ist mehr als nur ein musikalisches Experiment – sie ist ein kultureller Dialog zwischen Europa und Kuba. Die Zusammenarbeit von Sarah Willis mit kubanischen Musikern bringt beide Welten auf Augenhöhe zusammen. „El Bodeguero“ wird so zu einem leuchtenden Beispiel dafür, wie Musik Grenzen überwindet – elegant, virtuos und voller Lebenslust.
Wolfgang Amadé Mozart Hornkonzert D-Dur KV 412/512
Mozarts Klassiker im neuen Glanz

Wolfgang Amadé Mozarts Hornkonzert D-Dur KV 412/514 zählt zu den Höhepunkten des Hornrepertoires. In der Aufführung mit dem Havana Lyceum Orchestra unter Dirigent José Antonio Méndez Padrón, entfaltet das Werk eine besondere Frische und Leichtigkeit. Schon im eröffnenden Allegro überzeugt die Darbietung durch tänzerische Eleganz, spritzige Artikulation und ein transparentes, feines Zusammenspiel zwischen Orchester und Solistin.
Sarah Willis: Klangvolle Leichtigkeit

Sarah Willis, international gefeierte Hornistin und Mitglied der Berliner Philharmoniker, bringt eine beeindruckende Mischung aus technischer Souveränität und charmanter Musikalität ein. Ihre Tongebung ist rund und tragfähig, dabei immer flexibel und gesanglich. Besonders in den lyrischen Passagen zeigt sie ein feines Gespür für Mozarts Humor und feine Ironie – nie übertrieben, sondern geschmackvoll und stilsicher interpretiert.
Ein lebendiges Orchestererlebnis

Das Havana Lyceum Orchestra überrascht mit einem schlanken, wendigen Mozart-Klang. Die jungen Musikerinnen und Musiker agieren mit Spielfreude und Präzision. Méndez Padrón führt das Ensemble mit leichter Hand, lässt viel Raum für musikalische Entfaltung und sorgt dennoch für klare Strukturen. Die Balance zwischen Soloinstrument und Orchester ist hervorragend abgestimmt – ein echter Dialog auf Augenhöhe.
Mozart mit karibischer Wärme
Diese Interpretation des D-Dur-Konzerts ist keine radikale Neuerfindung, aber sie bringt neue Wärme und Lebendigkeit in ein oft gespieltes Werk. Der natürliche Charme des kubanischen Orchesters, gepaart mit Sarah Willis‘ klarem Ton und ihrer musikalischen Tiefe, macht diese Interpretation zu einem besonderen Hörgenuss – frisch, authentisch und ganz im Sinne des Salzburger Überfliegers Mozart.
Edgar Olivero Rondo alla Rumba nach dem Finale aus Mozarts Hornkonzert Es-Dur KV 495
Mozart im karibischen Tanzgewand

Mit dem „Rondo alla Rumba“ verwandelt der kubanische Komponist Edgar Olivero das Finale aus Mozarts Hornkonzert Es-Dur KV 495 in ein spritziges, rhythmisch pulsierendes Klangabenteuer. Die vertraute Rondo-Thematik bleibt erhalten, wird jedoch von afro-kubanischen Rhythmen durchzogen, die dem Klassiker eine völlig neue Dynamik verleihen. Oliveros gelingt es, Mozarts melodischen Witz mit der Lebensfreude der Rumba-Tradition kunstvoll zu verschmelzen.
Ein Ensemble voller Energie

Das Havana Lyceum Orchestra unter seinem Dirigenten bringt diese originelle Bearbeitung mit großem Feingefühl und hörbarer Spielfreude auf die Bühne. Die rhythmische Präzision der Perkussion, die tänzerische Leichtigkeit der Streicher und die geschmeidige Balance zwischen klassischer Form und kubanischer Improvisationslust verleihen dem Stück eine mitreißende Frische. Méndez Padrón schafft dabei mühelos den Spagat zwischen stilistischer Treue und kreativer Freiheit.
Ein musikalisches Augenzwinkern
„Rondo alla Rumba“ ist keine bloße Parodie, sondern ein klangvoller Dialog zwischen Epochen und Kulturen. Mit augenzwinkerndem Respekt vor Mozart und viel kubanischem Herzblut entsteht ein Stück Musik, das gleichermaßen unterhält, überrascht und verbindet. Ein origineller Abschluss, der Tradition tanzen lässt.
Ernesto Oliva Suite Danzotas
Rhythmische Farbenpracht aus Kuba

Die „Suite Danzotas“ des jungen kubanischen Komponisten Ernesto Oliva ist eine Hommage an die traditionellen Tanzformen seiner Heimat – voller Energie, Eleganz und stilistischer Vielfalt. In mehreren Sätzen verarbeitet Oliva Elemente der Danzón, Son und Rumba zu einer eigenständigen Klangsprache. Seine Musik bleibt tief in der kubanischen Folklore verwurzelt und wird gleichzeitig orchestral so raffiniert ausgearbeitet, dass sie eine moderne, fast sinfonische Kraft entfaltet.
Ein Orchester im Tanzrausch
Das Havana Lyceum Orchestra, dirigiert von José Antonio Méndez Padrón, bringt diese Suite mit beeindruckender Vitalität auf die Bühne. Die Streicher agieren federnd und präzise, die Bläser setzen klangfarbliche Akzente, und die Percussion treibt das Geschehen mit unermüdlichem Puls voran. Méndez Padrón gelingt es, die Struktur der Sätze klar herauszuarbeiten, ohne den tänzerischen Fluss zu bremsen. Besonders eindrucksvoll ist das Zusammenspiel der verschiedenen rhythmischen Ebenen – lebendig und punktgenau.
Tradition trifft Innovation
Mit der „Suite Danzotas“ gelingt Ernesto Oliva ein künstlerischer Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das Werk ist farbenfroh, mitreißend und dabei tief kubanisch. Eine musikalische Entdeckung, die das Können des Orchesters und die kreative Kraft der jungen kubanischen Komponistenszene eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Wolfgang Amadé Mozart Sinfonie B-Dur KV 319
Mozart mit frischem Atem
In der Aufführung von Mozarts Sinfonie B-Dur KV 319 zeigt das Havana Lyceum Orchestra unter der Leitung von José Antonio Méndez Padrón eindrucksvoll, wie lebendig und zeitlos klassische Musik klingen kann. Die Interpretation wirkt durchweg klar strukturiert, dabei nie akademisch – vielmehr frisch, voller Spielfreude und mit einem feinen Gespür für Mozarts elegante Ironie. Bereits im ersten Satz wird deutlich: Hier wird nicht nur sauber musiziert, sondern erzählt.
Transparenz und Lebendigkeit

Das Orchester beeindruckt mit einem transparenten, leichten Klang, bei dem jede Stimme ihren Platz findet. Die Streicher zeichnen die melodischen Linien geschmeidig nach, während die Holzbläser mit farbenreichen Einsätzen glänzen. Méndez Padrón versteht es, die Balance zwischen Struktur und Ausdruck zu halten – Tempi sind zügig, aber nie überhastet, die Dynamik ist sorgfältig abgestuft und fein nuanciert.
Ein jugendlicher Mozart
Diese Interpretation hebt die jugendliche Energie und Leichtigkeit der B-Dur-Sinfonie besonders hervor. Es ist ein Mozart ohne Pathos, aber mit Persönlichkeit, klanglicher Tiefe und tänzerischer Eleganz. Die Interpretation des Havana Lyceum Orchestra beweist eindrucksvoll, wie jung und aufregend Mozart auch heute noch klingen kann – wenn man ihm mit Neugier und musikalischer Offenheit begegnet.
Francisco Repilado Chan Chan, für Horn und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
Kubanische Melancholie neu interpretiert
Mit der Bearbeitung von „Chan Chan“ – dem ikonischen Stück des Komponisten Francisco Repilado (alias Compay Segundo) – für Horn und Orchester wagt Jorge Aragón einen spannenden Brückenschlag zwischen Tradition und Klassik. Das Havana Lyceum Orchestra unter José Antonio Méndez Padrón verleiht dem berühmten Song eine neue orchestrale Tiefe, ohne seinen charakteristischen, melancholisch-schwebenden Charme zu verlieren. Die typisch kubanische Leichtigkeit bleibt erhalten, wird aber durch die Orchesterfarben noch intensiviert.
Sarah Willis: Horn mit Herz und Seele
Im Zentrum steht Sarah Willis, deren Hornspiel sich wunderbar in das kubanische Klangbild einfügt. Ihr warmer, lyrischer Ton unterstreicht die Melancholie von „Chan Chan“ und hebt zugleich die melodischen Feinheiten hervor. Ihre Phrasierung wirkt gesanglich, fast wie ein vokaler Erzählfluss – einfühlsam, aber nie sentimental. Besonders berührend ist der Dialog zwischen Horn und Orchester, der wie ein stilles Gespräch zwischen Kulturen wirkt.
Zwischen Nostalgie und Eleganz
Diese Version von „Chan Chan“ ist keine bloße Adaption, sondern eine emotionale Neuinterpretation, die sowohl kubanische Wurzeln als auch klassische Raffinesse in sich trägt. Das Zusammenspiel von Willis, dem Orchester und der raffinierten Bearbeitung ergibt eine bewegende Hommage – zart, ehrlich und musikalisch außergewöhnlich.
María Teresa Vera Veinte Años für Horn und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
Zeitlose Sehnsucht in neuer Klangfarbe

Die Bearbeitung von „Veinte Años“ – dem berühmten boleroartigen Lied von María Teresa Vera für Horn und Orchester – durch Jorge Aragón eröffnet dem Klassiker eine neue emotionale Dimension. In der Version mit dem Havana Lyceum Orchestra, dirigiert von José Antonio Méndez Padrón, bekommt das nostalgische Lied einen sinfonischen Rahmen, der die Tiefe und Schönheit der Melodie eindrucksvoll verstärkt, ohne deren Intimität zu verlieren.
Sarah Willis: Gesang auf dem Horn
Sarah Willis gestaltet die Solostimme mit großer Wärme und klanglicher Sensibilität. Ihr Horn klingt beinahe wie eine menschliche Stimme – weich, ausdrucksstark und voller Melancholie. Die Melodie von „Veinte Años“, geprägt von Abschied und Erinnerung, gewinnt in ihrem Spiel an Intensität und Ausdruck. Besonders eindrucksvoll ist ihre Fähigkeit, sich mit dem Orchester zu verweben und doch als Erzählstimme klar hervorzutreten.
Ein musikalischer Blick zurück
Diese Interpretation ist mehr als nur ein klassisches Arrangement – sie ist ein gefühlvoller Rückblick, getragen von Würde und Zärtlichkeit. Das Zusammenspiel aus traditioneller kubanischer Musik und klassischer Klangsprache macht „Veinte Años“ zu einem emotionalen Höhepunkt. Ein stiller, berührender Moment im Programm – voller Respekt für Herkunft und Gefühl.
José «Joseíto» Fernández „Guantanamera“ für Horn, Trompete und Orchester bearbeitet von Jorge Aragón
Ein kubanisches Symbol neu belebt
„Guantanamera“, eines der bekanntesten Lieder Kubas, erhält in der Bearbeitung von Jorge Aragón für Horn, Trompete und Orchester eine neue, sinfonische Gestalt. Die Melodie von José „Joseíto“ Fernández bleibt als kulturelles Erbe spürbar präsent, wird aber durch die orchestrale Fassung und die farbige Instrumentierung auf ein neues Niveau gehoben. Das Havana Lyceum Orchestra unter José Antonio Méndez Padrón bringt dabei nicht nur Präzision, sondern auch Herzblut und nationalen Stolz zum Ausdruck.
Ein Duo mit Charakter
Die Soloparts für Horn und Trompete sind klug aufeinander abgestimmt: Das Horn, weich und gesanglich, steht im Kontrast zur strahlenden, leicht melancholischen Trompete. Beide Instrumente treten in einen musikalischen Dialog, der die Vielschichtigkeit des Liedes unterstreicht – zwischen Volkstümlichkeit und Poesie, Melancholie und Hoffnung, aber auch durchaus mit groovendem, jazzigen Einschlag. Das Zusammenspiel ist feinsinnig und ausdrucksstark, ohne Effekthascherei. Ein absolutes Konzerthighlight.
Tradition mit neuem Klanggewand
Diese Version von „Guantanamera“ ist kein bloßes Zitat, sondern eine eigenständige musikalische Erzählung, die Respekt vor der Tradition zeigt und gleichzeitig Raum für künstlerische Freiheit lässt. Die Mischung aus klassischer Struktur und kubanischer Seele macht dieses Stück zu einem emotionalen wie musikalisch reizvollen Höhepunkt im Konzertprogramm.bei dem Hornsolistin Sarah Willis das Publikum animierte mitzusingen, was aber, wahrscheinlich zum akustischen Glück, nur leidlich gelang.
Ungewöhnliche Zugabe
Nach dem stürmischen, nicht enden wollenden Schlussapplaus verwöhnten uns die Ausführenden noch mit einer außergewöhnlichen Zugabe. Da legten die Hornistin Sarah Willis und Dirigent José Antonio Méndez Padrón, getragen von karibischen Rhythmen der übrigen Orchesterangehörigen, noch eine kesse Sohle in Form einer Salsa aufs Parkett, bejubelt vom Auditorium. Die ausführenden verließen schlussendlich umjubelt weiterspielend den Konzertsaal über die Zuschauerreihen ins Foyer, wo sie uns noch weiter mit feuriger Musik unterhielten.
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: Priska Ketterer, Peter Fischli und Patrick Hürlimann www.lucernefestival.ch
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