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Das Chamber Orchestra of Europe (COE) plant neben dem Sitz in London eine Stiftung in Deutschland

Chamber Orchestra of Europe Foto Julia Wesely
Chamber Orchestra of Europe Foto Julia Wesely

Das Chamber Orchestra of Europe (COE) wurde im Mai 1981 in London von beinahe 50 Europäischen MusikerInnen aus 15 verschiedenen Ländern gegründet. Die ehemaligen Mitglieder des European Community Youth Orchestra (heute: EUYO) legten den Grundstein für das COE, um auch nach dem Ausscheiden aus dem renommierten internationalen Jugendorchester auf höchstem Niveau weiterhin zusammenzuarbeiten. In den vergangenen 38 Jahren hat das COE seinen Ruf als Ensemble von herausragender musikalischer Qualität durch die enge Zusammenarbeit mit den führenden Dirigenten und Solisten unserer Zeit stetig untermauern können. Eine besonders enge künstlerische Beziehung verband das Orchester zu Claudio Abbado und Nikolaus Harnoncourt, mit denen zahlreiche preisgekrönte CD-Veröffentlichungen entstanden sind. Heute arbeitet das COE eng mit Bernard Haitink, Yannick Nézet-Séguin und Sir András Schiff zusammen – alle drei zählen zu den Ehrenmitgliedern des Orchesters.

 

Aufgrund der anhaltenden Ungewissheiten, die durch die Brexit-Verhandlungen verursacht wurden, plant das Chamber Orchestra of Europe, eine unabhängige Stiftung in Deutschland zu gründen. Diese soll es dem Ensemble ermöglichen, in Deutschland und anderswo in der Europäischen Union auch in POST-Brexit-Zeiten effizient arbeiten zu können. Die Stiftung des COE wird eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung der bereits bestehenden und überaus wichtigen künstlerischen Partnerschaften des Orchesters in Deutschland haben. Allen voran steht dabei die besondere Verbindung mit der Kronberg Academy, in deren neuem Casals Forum das COE eine Residenz für seine Arbeitsphasen und Konzertvorbereitungen finden soll. Aber auch die langjährigen Beziehungen mit der Stiftung Berliner Philharmoniker, dem Festspielhaus in Baden-Baden und selbstverständlich auch mit der Alten Oper in Frankfurt und der Kölner Philharmonie würden künftig zusätzlich durch die Stiftung auf dem Kontinent gepflegt.

 

Kommende Konzerte des COE in Deutschland und Italien

Das nächste Konzert des COE in Deutschland findet im Rahmen des Kronberg Academy Festivals statt. Einen Tag nach dem Richtfest des Casals Forum wird András Schiff in Kronberg (Hessen) am 30. September zum 100. Mal mit dem Ensemble auf der Bühne stehen. Die Solisten sind Junge MusikerInnen der Kronberg Academy. Auf dem Programm stehen neben Beethovens Violinromanzen Nr. 1 und Nr. 2 Haydns Overtüre „L’isola disabitata“ und das Cellokonzert in C-Dur, außerdem Mozarts Sinfonia Concertante in Es-Dur KV 364.

Eine Woche später, vom 6. bis 8. Oktober, geht Schiff mit dem COE auf Tour von dem Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin (6. Oktober) über Mailands Conservatorio bis nach Verona ins Teatro Filarmonico. Haydn und Mendelssohn sind hier die Schwerpunkte: Unter anderem spielt das Orchester Haydns Sinfonie in G-Dur Nr. 88 und Mendelssohns 4. Sinfonie A-Dur „Italienische“.

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Fado as its best Carminho, Kaufleuten Zürich, 2. Oktober 2019, besucht von Léonard Wüst

Carminho performs at Music Club in Elmwood Hall, during the 2013 Ulster Bank Belfast Festival at Queen’s. Photo/Paul McErlane www.belfastfestival.com.
Carminho performs at Music Club in Elmwood Hall, during the 2013 Ulster Bank Belfast Festival at Queen’s. Photo/Paul McErlane www.belfastfestival.com.

Besetzung:

Carminho, vocals – Flávio Cardoso, guitar – Pedro Geraldes, pedal steel guitar – Luis Guerreiro, Portuguese guitar – Tiago Maia, bass

Rezension:

Carminho, auch äusserlich gereift
Carminho, auch äusserlich gereift

Fast auf den Tag genau fünf Jahre waren es her, seit meiner letzten Begegnung mit Maria do Carmo an gleicher Stätte. Der Interviewtermin war von ihrem neuen Manager auf knapp zehn Minuten limitiert worden, Fotos waren, im Gegensatz von vor 5 Jahren leider nicht gestattet. Fragen nach Carminhos Privatleben tabu. So blieb leider nicht mehr viel Fleisch am Knochen. Meine Begeisterung darüber hielt sich natürlich in Grenzen, konnten wir doch letztes Mal einfach drauflosplaudern, über ihre Karriere, gemeinsame Bekannte usw., kenne ich sie doch schon bald 20 Jahre. Dass auch ja alles so wie vom Manager gewünscht ablief, wurde vom, nicht von unserer Seite weichenden, Road Manager Hugo Coelho akribisch überwacht. Immerhin erfuhr ich, dass Carminho das Projekt mit  den Jobims nicht weiterverfolge und sich im Moment ganz auf Fado konzentriere, da sie jetzt auch fast alle Lieder (Texte und Musik) selber komponiere, so auch auf ihrem neuesten Album „Maria“.

Zum zwischenzeitlichen Experiment Jobim

Portuguese Guitars Symbolbild
Portuguese Guitars Symbolbild

Mit dem Album „Carminho Canta Tom Jobim“ nahm sich der portugiesische Star Carminho im Jahre 2016 einem der bekanntesten Komponisten der lateinamerikanischen Welt an: Antonio Carlos Jobim, auch Tom Jobim genannt, der am 25.1.2017 seinen 90. Geburtstag gefeiert hätte.  Es war sogar die Familie von Tom Jobim selbst, die anregte, dass Carminho tief in das Repertoire Jobims eintauchen sollte, das voller Klassiker wie The Girl From Ipanema, Wave, Meditation oder Sabiá steckt. Begleitet im Studio wurde sie von Banda Nova, Jobims letzter Live- und Studioband. Gemeinsam mit Jobims Sohn Paulo und seinem Enkel Daniel sowie dem gefeierten Cellisten Jaques Morelenbaum, der bereits an Carminhos letztem Album beteiligt war, sowie dem Drummer Paulo Braga, widmete sie ihr  Album der unsterblichen brasilianischen Ikone.

Zurück zu den Wurzeln, dem traditionellen, authentischen Fado

Pedal Steel Guitar, Symbolbild
Pedal Steel Guitar, Symbolbild

Das Kapitel „Carminho Canta Tom Jobim“ von 2016 ist also, für den Moment zumindest, ad acta gelegt. Dass Carminho weiter reift, sich noch immer hohe Ziele setzt und ihren Weg konsequent weitergeht, war mir sofort bewusst, als ich sie, noch keine 18 Jahre alt, im April 2002 zum ersten Mal, an einer von mir, zusammen mit Luis Felipe Penedo (Gründer und Präsident der „Academia da guitarra portuguesa e do Fado“ und des Fado Museums in der Alfama von Lissabon), organisierten Serenade der portugiesischen Gitarre und des Fado singen hörte. Sie hatte schon damals alles, ausser der Lebenserfahrung, was eine grosse Fadista auszeichnet. Als Tochter einer bekannten Fadosängerin, die zusammen mit ihrem Mann ein kleines Restaurant in der Alfama besass und betrieb, wurde sie in die faszinierende Welt des Fado hineingeboren und eiferte schon früh ihrer Mutter nach und sang selbstverständlich auch schon bald vor den Gästen. Trotzdem beendete sie ihr Studium (Werbung und Marketing), wandte sich danach aber ganz dem Fado zu. Sie galt nun, als Tochter der in Fado-Kreisen bekannten Sängerin Teresa Siqueira, als die neue Hoffnung des Fado. Dass sie diesen Vorschusslorbeeren mehr als gerecht wurde und weiterhin wird, beweist sie seitdem immer wieder aufs Neue, bleibt nicht stehen beim schon Erreichten, strebt nach immer Höherem, noch Perfekterem. Deshalb, unter anderem, komponiert sie jetzt auch fast alles selber und schreibt auch, für schon existierende Melodien, neue, eigene Texte dazu.

Der unübliche Griff zur Gitarre

Carminho
Carminho

Der Kaufleutensaal war voll besetzt, darunter auch sehr viele in der Schweiz lebende Portugiesen, die die Gelegenheit nutzten, ihre weltweit gefeierte Landsfrau live zu erleben. Fast Ritusgemäss betraten, in faktischer Dunkelheit, zuerst die vier Instrumentalisten die Bühne, zupften ein paar Töne auf ihren Saiteninstrumenten, bevor Carminho, ganz in schwarz gekleidet, sich zu ihnen gesellte und ein paar Worte auf Deutsch ans Publikum richtete und auch ihre Landsleute mit ein paar Worte auf Portugiesisch beglückte, natürlich heftigst applaudiert. Sie beginnt mit „A Tecedeira“ einer feinfühligen Ballade ab ihrem neuen Album „Maria“ gefolgt vom  fröhlicheren „O Começo (Fado Bizarro)“. So folgt ein Fado nah dem andern, immer schön abwechselnd, mal etwas romantisches, dann wieder ein optimistischeres. Dann griff sich Carminho eine Gitarre, um sich für das äusserst gefühlvolle „Estrela“ gleich selbst mit zu begleiten. Für mich ein Novum, benutzt sie doch sonst Gitarre und auch das Klavier, ausschliesslich zum Komponieren.

Es hatte auch Platz für ein paar kurze „Guitarradas“

Bei der folgenden Interpretation von „Pop Fado“ erhielt Luis Guerreiro mit seiner portugiesischen Gitarre Gelegenheit, ein paar kurze „Guitarradas“ einzuflechten, die vom sachkundigen Publikum mit Zwischenapplaus belohnt wurden und auch die andern Musiker gaben kurze Kostproben ihres Könnens zum Besten. Weiter gings Schlag auf Schlag, ein Fado nach dem andern, die meisten ab ihrem neuesten Album.

So wie Carminho das macht, versteht jedermann, was „Fado“ bedeutet

FADO 2002 im Orgelsaal, Hotel Hirschen in Sursee, mit Carminho, dritte von rechts
FADO 2002 im Orgelsaal, Hotel Hirschen in Sursee, mit Carminho, dritte von rechts

Carminho versteht es, wie keine andere, mit sentimentalen Liedern zu Tränen rühren, auch wenn man kein Wort versteht. Denn der Fado ist Melancholie, die überall verstanden wird. Auch bei Carminho lässt sich die Saudade erahnen – dieses Gefühl einer existenziellen Sehnsucht, für das es weder im Deutschen noch im Englischen eine richtige verbale Entsprechung gibt. Es ist dieser „O gosto de ser triste“ (der Genuss, traurig zu sein) den die Lusitaner, wie kein anderes Seefahrervolk so verinnerlicht haben. Die Vorfreude, aber eben auch vermischt mit dem Trauer des Abschieds, beim Aufbruch, neue Welten zu entdecken.

Die Künstlerin macht den „Saudade“ auch Nichtportugiesen verständlich

Sie beherrscht die Kunst, Trauer und Schmerz einzufangen und auszudrücken – auf der Suche nach dem Fado neuer Prägung, der sinnlich-samtenen Bluesmusik Portugals, die 2011 zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Die Essenz des Fados ist für sie „ein urbaner Aufschrei der Leute, die sich plagen und abrackern, um zu überleben, und kaum Zeit haben, Tränen zu vergießen“. Natürlich gibt es auch fröhlichere Fados, aber irgendwie wird man das Gefühl nicht los, die Portugiesen fühlen sich erst in den richtig schmerzhaft traurigen am wohlsten.  Ein Grund, warum Stücke wie „Lágrimas Do Céu“ so intensiv sind und Carminho jede Facette der trauernden Seele nach außen kehrt. Das Auditorium war begeistert und klatschte die Protagonisten noch zu zwei Zugaben und mein Frust über das unbefriedigende Interview war auch schon fast verflogen.

https://www.youtube.com/watch?v=eDlzwlVAmhc&feature=youtu.be

Exklusivinterview mit Carminho im Oktober 2014: http://innerschweizonline.ch/wordpress/carminho-interview-im-kaufleuten-zuerich-4-oktober-2014/

Text: www.leonardwuest.ch

Videotrailer: https://www.youtube.com/watch?v=iMUB0FGZ4fs#t=18

Veranstalter und Fotos: www.allblues.ch

Facebookseite von Carminho: https://www.facebook.com/CarminhoMusic

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Landestheater Innsbruck, Première Don Giovanni, 29. September 2019, besucht von Gabriela Bucher – Liechti

Ensemble Foto Rupert Larl
Ensemble Foto Rupert Larl

Produktion und Besetzung:

    • Musikalische Leitung Lukas Beikircher Regie Kurt Josef Schildknecht
    • Bühne Heinz Hauser Kostüme Gera Graf Choreografie Kathrin Eder Dramaturgie Susanne Bieler
    • Don Giovanni Alec Avedissian Il commendatore Andreas Mattersberger, Johannes Maria Wimmer Andreas Mattersberger (13.09, 19.09, 21.09, 25.09, 29.09)Johannes Maria Wimmer (03.10, 20.10, 03.11) Don Ottavio Jon Jurgens Donna Anna Jessica Muirhead, Susanne Langbein Jessica Muirhead (13.09, 19.09, 21.09, 25.09)Susanne Langbein (29.09, 03.10, 20.10, 03.11) Donna Elvira Amira Elmadfa Leporello Johannes Maria Wimmer, Andreas Mattersberger Johannes Maria Wimmer (13.09, 19.09, 21.09, 25.09, 29.09)Andreas Mattersberger (03.10, 20.10, 03.11) Masetto Unnsteinn Árnason Zerlina Camilla Lehmeier Sophie Mitterhuber (19.09, 21.09) Tiroler Symphonieorchester Innsbruck Chor des Tiroler Landestheaters
      Statisterie des Tiroler Landestheater

 

Rezension:

Alec Avedissian als Don Giovanni und Chor Foto Rupert Larl
Alec Avedissian als Don Giovanni und Chor Foto Rupert Larl

Das Tiroler Landestheater nimmt nach dem fulminanten Saisonfinale im Juni 2019 das «dramma giocoso» Don Giovanni nochmals auf. Gleich vorneweg: Das Plateau des «Don Giovanni» am Tiroler Landestheater begeistert. Ein unglaublich homogenes Ensemble beschert dem Publikum einen herrlichen Hörgenuss. Alec Avedissian verkörpert perfekt den getriebenen Don Giovanni, immer wieder auf neue Errungenschaften aus, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick, immer wieder mit dem «odore di femmina» in der Nase. Dazu verteilt er auch immer wieder dieselben weissen Lilien an seine Frauen. Lilien übrigens, welche bei der Eingangsszene während der Ouvertüre aus Geisterhand an weisse Geisterfiguren im Friedhof verteilt wurden, wohl eher als Anspielung auf den Tod denn auf Unschuld.

Johannes Maria Wimmer als Komtur mit  Alec Avedissian als Don Giovanni Foto Rupert Larl
Johannes Maria Wimmer als Komtur mit Alec Avedissian als Don Giovanni Foto Rupert Larl

Susanne Langbein überzeugt als edle, trauernde Donna Anna, Jon Jurgens als Don Ottavio mit einem wohltuend klaren Tenor ohne den übertriebenen Schmelz, der ab und an bei dieser Rolle zu hören ist. Géraldine Chauvet gibt die rachsüchtige und trotzdem immer wieder Don Giovanni verfallende Donna Elvira. Auch Camilla Lehmeier und Unnsteinn Árnason sind eine perfekte Besetzung für Zerlina und Masetto. Schade um den vollen Bass des Komturs Johannes Maria Wimmer, der sich so früh verabschieden muss. Einer sticht aber heraus durch sein darstellerisches Können: Andreas Mattersberger ist ein umwerfend guter Leporello, man spürt seine Spielfreude und wie er die Arie «Madamina» interpretiert ist einzigartig. Er schafft es, gewisse Passagen sprechend zu singen, oder singend zu sprechen, eigentlich sollten die Frauen reihenweise ihm verfallen!

Verstrickungen in leuchtendem Rot

Unnsteinn Arnason als Masetto mit Camilla Lehmeier als Zerlina Foto Rupert Larl
Unnsteinn Arnason als Masetto mit Camilla Lehmeier als Zerlina Foto Rupert Larl

Regisseur Kurt Josef Schildknecht setzt das Geschehen mehrheitlich im Friedhof an. Auf der Bühne, fast durchgehend in Schwarzgrau gehalten (Bühnenbild Heinz Hauser), stehen anfänglich Grabsteine. Dann steigen sie auf und ziehen rote Gummiseile hinter sich her, welche als Säulen stehen bleiben. Je nach Stimmung werden diese mehr oder weniger beleuchtet (Licht Ralph Kopp) stehen mal gerade, mal in Schräglage. Sie sind Sinnbild für die Verstrickungen Don Giovannis und schlussendlich verfängt und erstickt er auch darin. Auf der rechten und linken Seite der Bühne hängt je eine Bahn aus durchsichtigem Gewebe, auf welche je nach Szene Frauenköpfe, Kreuze, Fenster projiziert werden. Das erzeugt sehr starke Bilder und fasziniert, lässt aber nicht sehr viel Spielraum und verdammt Sängerinnen und Sänger dazu, mehrheitlich zwischen diesen beiden Bahnen vorne am Bühnenrand zu singen. Das hat etwas Statisches und man wünschte sich ab und zu etwas mehr Interaktion zwischen den Figuren.

Opulente Roben und Hüte

Alec Avedissian als Don Giovanni und Camilla Lehmeier als Zerlina Foto Rupert Larl
Alec Avedissian als Don Giovanni und Camilla Lehmeier als Zerlina Foto Rupert Larl
Alec Avedissian als Don Giovanni und Chor Foto Rupert Larl
Alec Avedissian als Don Giovanni und Chor Foto Rupert Larl

Die Kostüme (Gera Graf) sind gewollt keiner Epoche zugeordnet, sinnbildlich für die Zeitlosigkeit des Don Juan-Stoffes, wie Regisseur Kurt Josef Schildknecht im Programmheft erklärt. Mehrheitlich wird Schwarz getragen, elegante Gehröcke und hohe Lederstiefel für Don Giovanni, ab und an tragen die Damen ausladende Hüte, bei der Ballszene kommen opulente farbige Roben ins Spiel. Nur Zerlina trägt ein buntes Kleid und erinnert mit ihrem roten Blumenkopfschmuck irgendwie an Frida Kahlo.

Alec Avedissian als Don Giovanni mit  Susanne Langbein als Donna Anna Foto Rupert Larl
Alec Avedissian als Don Giovanni mit Susanne Langbein als Donna Anna Foto Rupert Larl

Während das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter Lukas Beikircher in den ersten Momenten die Sänger noch etwas zudeckt, findet es schnell die richtige Balance. Wohltuend auch die Begleitung der Rezitative durch das Hammerklavier an Stelle des Cembalos.

Weitere Aufführungen 20. Oktober und 3. November 2019

KleineFotodiashow von Rupert Larl  Landestheater Innsbruck:

http://fotogalerien.wordpress.com/2019/09/25/landestheater-innsbruck-premiere-don-giovanni-29-september-2019-besucht-von-gabriela-bucher-liechti/

Text: www.gabrielabucher.ch  Fotos: https://www.landestheater.at/

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Luzerner Theater, Première Tanz 31: CARMEN.maquia, 26. September 2019, besucht von Gabriela Bucher - Liechti

Szenenfoto von Gregory Batardon
Szenenfoto von Gregory Batardon

Produktionsteam und Besetzung:

Choreographie: Gustavo Ramírez Sansano Musikalische Leitung: Clemens Heil / William Kelley (06.10. / 08.11. / 10.11. / 16.11. / 20.11. / 31.12. / 25.01. / 02.02.) Bühne: Luis Crespo Kostüme: Bregje van Balen Licht: David Hedinger-Wohnlich Dramaturgie: Sarah Brusis

Aurélie Robichon (Carmen) (26.09.) Lisa Gareis (Carmen) Zach Enquist (Don José) (26.09.) Tom van de Ven (Don José) Andrea Thompson (Micaëla) (26.09.) Sandra Salietti (Micaëla) Giovanni Insaudo (Escamillo) (26.09.) Zach Enquist (Escamillo) Tom van de Ven (Wachmann) (26.09.) Giovanni Insaudo (Wachmann) Sandra Salietti (Tabakfabrikarbeiterin) Andrea Thompson (Tabakfabrikarbeiterin) Maria Eduarda Pereira Santos (Tabakfabrikarbeiterin) (26.09.) Phoebe Jewitt (Tabakfabrikarbeiterin) (26.09.) Igli Mezini (Zigeuner) (26.09.) Flavio Quisisana (Zigeuner) (26.09.) Gonçales Torres dos Reis (Zigeuner) (26.09.) Luzerner Sinfonieorchester Solo-Violine: Lisa Schatzman / Sergey Ostrovsky

Rezension:

Szenenfoto von Gregory Batardon
Szenenfoto von Gregory Batardon

Das Ensemble von Tanz Luzerner Theater hat einmal mehr eine neue Seite von sich gezeigt in «Tanz 31:Carmen.maquia». Das Ballett «Carmen.maquia» hat ausser der Geschichte wenig mit üblichen Carmen-Inszenierungen zu tun. Ungewöhnlich bereits, dass sich Instrumente einstimmen im Orchestergraben. Ungewöhnlich auch, dass Bizets Carmen hier zwar vom Luzerner Sinfonieorchester unter Clemens Heil live gespielt wird, aber ohne Gesang auskommt. Gustavo Ramírez Sansanos Neufassung seines 2012 uraufgeführten Balletts basiert musikalisch auf Bizets «Carmen Suites No. 1 und 2», sowie Kompositionen von Pablo de Sarasate und Andreas Nicolai Tarkmann. Und ungewöhnlich auch, dass dem Bühnenbild, inspiriert von Picasso, und den Kostümen jegliche Farbe fehlt; kein leidenschaftliches Rot, keine rauschenden Röcke, wie man es von Carmen erwartet, alles ist in schwarz-weiss gehalten. Aber die Bilder dieser ungewöhnlichen Carmen beeindrucken, begeistern und bleiben haften.

Leidenschaft auf Distanz

Szenenfoto von Gregory Batardon
Szenenfoto von Gregory Batardon

Der Vorhang hebt sich auf eine düstere Szene, Don José (Zach Enquist), steht allein auf der Bühne, windet und verbiegt sich, verwirft die Arme, schlägt sich mit den Fäusten in den Bauch, wie wenn er sich zu befreien suchte, ausbrechen wollte aus was auch immer ihn gefangen hält. Zach Enquist gibt einen überzeugenden Don José, leidenschaftlich, kämpferisch und doch verletzlich, verloren und vor allem chancenlos gegenüber der unglaublich starken Carmen. Aurélie Robichon ist diese Carmen und sie zieht alle Register ihres tänzerischen und schauspielerischen Könnens. Verführerisch, stolz, eigenwillig schiebt sie sich immer mehr in den Vordergrund des Geschehens. Sie spielt mit den Männern, zieht sie in ihren Bann, um sie wieder fallen zu lassen. In ihren Begegnungen mit ihnen bleibt sie aber trotz allem auf Distanz, lässt sie nie ganz an sich heran. Die Pas de deux erinnern denn teilweise auch mehr an Kämpfe als an innige Umarmungen und Verschmelzungen und ab und zu stehen die Körper in seltsamen Winkeln zueinander. Da ist zwar Leidenschaft, aber selten Hingabe, auch nicht zum Stierkämpfer Escamillo (Giovanni Insaudo), zu diesem auftrumpfenden Macho mit seinen leicht lächerlichen Posen.

Perfekte Harmonie

Szenenfoto von Gregory Batardon
Szenenfoto von Gregory Batardon

Sansanos Tanzsprache basiert auf grossen Gesten, ist oft temporeich, manchmal eckig, manchmal fast marionettenhaft, mit Anlehnungen an Flamenco. Bewegungen und Musik fliessen wunderbar ineinander, Arme zeichnen Flötentöne in die Luft, Geigensolis beschreiben sich biegende Körper, eine perfekte Harmonie. Trotz des drohenden Unheils, welches latent spürbar ist, gibt es durchaus amüsante Szenen, z.B. wenn die Tabakfabrikarbeiterinnen mit den Männern schäkern oder ihre Zickenkriege austragen. Das erinnert mal an Hühner und Hähne, mal an Puppen mit kaputten Gliedern.

Szenenfoto von Gregory Batardon
Szenenfoto von Gregory Batardon

Herrlich auch wie die beiden Wachmänner (Tom van den Ven und Carlos Kerr Jr.) sich in einer Art Schaulaufen gegenseitig auszustechen versuchen. Don Josés Ziehschwester Micaëla (Andrea Thompson) jedoch ist durch und durch zarte, scheue junge Frau, mit so vorsichtigen Bewegungen, dass sie fast zu gleiten scheint und ihre Unterwürfigkeit damit unterstreicht. Ergänzt und bereichert wird die Atmosphäre durch die wunderbaren Kostüme (Bregje van Balen). Die fliessend-fliegenden Röcke in schwarz-weiss umschmeicheln und begleiten jede Bewegung der Tänzerinnen.

Szenenfoto von Gregory Batardon
Szenenfoto von Gregory Batardon

Ein eindrücklicher Abend mit wunderbarer Musik, viel Leidenschaft aber auch einer latenten Traurigkeit. Das Premierenpublikum war – wie könnte es anders sein – hingerissen und honorierte die Truppe mit Standing Ovations.

Text: www.gabrielabucher.ch  Fotos: luzernertheater.ch

Fotos: Gregory Batardon  Luzerner Theater

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