Eine neue Forschergruppe der Technischen Universität Ilmenau entwickelt am Thüringer Inno-vationszentrum Mobilität innovative Methoden, mit denen die Emission umweltschädlicher Partikel im Straßenverkehr vorhergesagt werden kann. Dabei berücksichtigen die Wissenschaftler die überaus komplexen Bedingungen im Straßenverkehr der Zukunft. Für die fünfköpfige Forschergruppe bewilligte das Bundesland Thüringen soeben knapp 670.000 Euro für zwei Jahre.
Ab Januar 2020 entwickelt die Forschergruppe MOSYS („Entwicklungsmethodik zur Prädiktion der Umweltbelastung durch moderne Mobilitätssysteme“) im Thüringer Innovationszentrum Mobilität (ThIMo), das an der TU Ilmenau angesiedelt ist, neuartige Methoden zur Vorausbestimmung der Umweltbelastung durch Emissionen von Rußpartikeln im Abgas von Fahrzeugen und Feinstaub an Reifen und Bremsen. Das ambitionierte Forschungsziel der fünf Wissenschaftler: Konkrete Vorhersa-gen und Bewertungen von Partikelemissionen in verschiedensten Verkehrssituationen zu treffen. Auch müssen sie berücksichtigen, dass in Zukunft zunehmend Fahrzeuge mit unterschiedlichen An-triebsarten und mit unterschiedlichem Automatisierungsgrad auf den Straßen unterwegs sein wer-den. Und auch die Fahrdynamik, also Geschwindigkeit, Beschleunigung und Verzögerung, wirkt sich direkt auf die Partikelemission der Fahrzeuge aus.
Die hochmodernen Prüfstände am Thüringer Innovationszentrum Mobilität ermöglichen es, virtuelle Modellsituationen zu entwerfen, etwa um unterschiedliche Verkehrssituationen zu simulieren: in-nerstädtisch, auf Landstraßen oder auf der Autobahn. Ebenso werden hier für die unterschiedlichen Fahrweisen verschiedener Verkehrsteilnehmer fahrdynamik- basierte Berechnungen der Partikelemis-sionen möglich sein. Dazu werden verschiedene Prüfstände und Testfahrzeuge in Echtzeit miteinan-der vernetzt – Experten nennen diese Art der Forschung und Entwicklung „X-in- the-Loop“.
Die Forschergruppe MOSYS wird eingebettet sein in die Infrastruktur des Thüringer Innovationszentrum Mobilität, das schon seit zehn Jahren die Bereiche erforscht, die für die Mobilität der Zukunft wesentlich sind: Fahrzeug- und Fahrdynamik, Emissionen an Reifen und Bremsen, Funktechnologien und X-in-the-Loop.
In dem vom BMBF geförderten Projekt »Straße der Zukunft« unterstützen die Fraunhofer-Institute IAO und IGB Kommunen dabei, ressourceneffiziente Straßen zu planen und umzusetzen. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung werden in Erlangen und Ludwigsburg modellhaft Stadtplanungsprozesse optimiert und neue Lösungen erprobt.
Viele unserer Straßen sehen nicht nur alt aus, sie sind auch nicht mehr zukunftsfähig. Der Asphalt bröckelt, die Oberfläche ist rissig, Dellen und ganze Löcher lassen sie oft wie einen Flickenteppich aussehen. Doch der Erneuerungsbedarf deutscher Straßen bezieht sich nicht nur auf die Asphaltdecke. Straße symbolisiert neben Transitfunktion und Flächenversiegelung sehr häufig die Vorherrschaft des Automobils gegenüber anderen Verkehrsteilnehmenden wie Fußgängern, Fahrradfahrern oder dem ÖPNV. Vor dem Hintergrund nachhaltiger und klimafreundlicher Stadt- und Verkehrsentwicklung ist daher jetzt der richtige Zeitpunkt, die Rolle der Straße neu zu überdenken.
Die Straße von morgen ist ressourcenschonend und energieeffizient
Bisher sind Straßen mehr oder weniger glatte graue Pisten, auf denen Fahrzeuge sich von A nach B bewegen können. Doch die Forschung sieht zukünftig sehr viel mehr Potenzial für Straßenflächen vor: »Straßen sind öffentlicher Raum und müssen viele Funktionen erfüllen, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Dazu gehören z.B. ein gesundes Leben in der Stadt oder soziale Teilhabe« meint Felix Stroh, der das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt »Straße der Zukunft« am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO bearbeitet. Im Projekt erforscht er gemeinsam mit den Partnern vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, so können Straßen beispielsweise nach Starkregenereignissen Oberflächenwasser sammeln und speichern, Energie erzeugen, Innovationsfläche zur Erprobung neuer Mobilitäts- und Logistiklösungen bieten oder eine Sensorinfrastruktur zur Optimierung von Verkehrsflüssen und zur Messung von Umweltdaten beherbergen.
Wie das Oberflächenwasser auf Straßen effizient genutzt werden kann, untersucht das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB mit seiner langjährigen Erfahrung im Bereich des Wassermanagements. Der Blick richtet sich dabei vor allem auf die Entwicklung von Konzepten für die Speicherung von Regenwasser und für den Hochwasserschutz. Dabei spielt nicht nur der Transport beziehungsweise die Speicherung des Wassers eine Rolle, sondern auch die Aufbereitung von verschmutztem Wasser. Ein Fokus liegt dabei auf der Frage, wie sich Oberflächenabfluss von Straßen nutzen lässt – etwa zur Bewässerung von Grünanlagen oder zum Spülen von Kanälen. In Zukunft setzt das Team um Dr. Marius Mohr, dem Wasser-Experten am IGB, verstärkt auf die Digitalisierung: »Mithilfe von neuen Sensoren und intelligenter Informationstechnologie können wir das Monitoring der Quantität und Qualität von Wasser deutlich verbessern – das wiederum eröffnet uns neue Möglichkeiten und Potenziale, um die Ressource Wasser effizienter und somit auch nachhaltiger zu nutzen.«
Ziel des Projektkonsortiums aus Wissenschaft, Wirtschaft und Stadtverwaltung ist es, »Musterstraßen« zu entwerfen, die Kommunen nicht nur aufzeigen, welche Technologien für welche Herausforderungen eingesetzt werden können, sondern auch zu erforschen, wie Straßenplanung und nachhaltige Stadtentwicklung zusammen denken lassen. Im ersten Schritt ermittelt das Projektteam Zukunftsszenarien und Bedarfe zukünftiger Nutzer sowie Anforderungen an den Straßenraum aus unterschiedlichen Perspektiven wie Mobilität, Ökologie, Ökonomie, Soziales, Technologie, Infrastruktur und Governance. Im Zentrum der Forschung stehen neben den Modellgebieten zweier Extremszenarios: ein grünes, ökologisch geprägtes Nachhaltigkeitsszenario gegenüber einem digital vernetzten und transit- dominierten Straßenraum im Jahr 2030. Um diesem Zeithorizont gerecht zu werden, ist es wichtig, die Fragen bei der Planung ihrer Straßen zu stellen. Um die Erkenntnisse aus der Szenarioentwicklung in konkrete Maßnahmen für den Straßenraum zu übersetzen und zu implementieren, entwickelt Praxispartner Drees & Sommer einen Katalog aus Maßnahmen und Umsetzungsstrategien.
Musterstraßen im Reallabor: Ludwigsburg und Erlangen als Vorreiter für nachhaltige Straßenflächen
Mit im Boot sind die beiden Partnerstädte Ludwigsburg und Erlangen. Sie dienen als so genannte Reallabore, denn nur im »Echtbetrieb« wird sich herausstellen, welche Herausforderungen sich ergeben, wie die Bürgerinnen und Bürger für das Thema sensibilisiert und mitgenommen werden können und an welchen Stellen Planung und Umsetzung auseinanderklaffen. Auf Basis der so entstehenden Musterstraßen soll dann ein Gesamtkonzept der nachhaltigen Stadt entstehen, das andere Kommunen übernehmen können. Diese Blaupause gibt den verschiedenen Beteiligten für Stadtentwicklungsprojekte konkrete Empfehlungen und Werkzeuge an die Hand. Diese helfen nicht nur dabei, den spezifischen Bedarfen in den Städten zu begegnen, sondern v.a. auch politische Überzeugungsarbeit leisten zu können und praktische Handlungshilfen für die Steuerung und Umsetzung nachhaltiger Straßenflächen zu geben.
Das Fraunhofer IAO koordiniert das Verbundprojekt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führen regelmäßig Kreativ- Workshops durch, um die Expertise aller Projektpartner zu bündeln und an der richtigen Stelle einzubringen.
Weitere Partner der beteiligten Fraunhofer-Institute sind die Drees & Sommer Infra Consult und Entwicklungsmanagement GmbH, die Stadt Ludwigsburg und die Stadt Erlangen mit der Siemens Real Estate AG. Das Projekt ist im April 2019 gestartet und läuft bis März 2022.
von links nach rechts: Anurag Ranjan, Michael J. Black, Andreas Geiger and Joel Janai MPI für Intelligente Systeme / W. Scheible
Ein Forscherteam aus Tübingen zeigt, dass auf tiefen neuronalen Netzen basierende optische Flussalgorithmen – eine wahrscheinliche Komponente zukünftiger autonomer Fahrzeuge – anfällig für Hackerangriffe sind. Die Experten für Maschinelles Sehen und Lernen warnen die Automobilindustrie, dass ein einfaches Farbmuster ausreichen könnte, die Autopiloten in selbstfahrenden Fahrzeugen zu verwirren.
Tübingen – Ein Farbmuster auf einem T-Shirt, als Heckscheibenaufkleber oder als Emblem auf einer Einkaufstüte könnte für selbstfahrende Autos ein Problem darstellen – ein kleines Muster, das so viele Störsignale auslöst, dass es zum Sicherheitsrisiko wird. „Wir haben drei, vielleicht vier Stunden gebraucht, um das Muster zu erstellen – das ging ganz schnell,“ sagt Anurag Ranjan, Doktorand in der Abteilung für Perzeptive Systeme am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS) in Tübingen. Er ist der Erstautor der Publikation „Attacking Optical Flow“, ein gemeinsames Forschungsprojekt der Abteilung für Perzeptive Systeme und der Forschungsgruppe für Autonomes Maschinelles Sehen am MPI-IS und der Universität Tübingen. Die Publikation ist auf arXiv verfügbar und wird bei der führenden internationalen Konferenz im Bereich Maschinelles Sehen präsentiert, der International Conference on Computer Vision ICCV, die am 27. Oktober in Seoul beginnt.
Die Gefahr, dass aktuell auf dem Markt verfügbare Serienfahrzeuge betroffen sind, ist gering. Dennoch informierten die Forscher vorsichtshalber einige Automobilhersteller, die derzeit selbstfahrende Modelle entwickeln. Sie setzten sie von dem Risiko in Kenntnis, damit sie bei Bedarf zeitnah reagieren können.
In ihrer Forschungsarbeit prüften Anurag Ranjan und seine Kollegen Joel Janai, Andreas Geiger und Michael J. Black die Robustheit einer Reihe verschiedener Algorithmen zur Bestimmung des sogenannten optischen Flusses. Derartige Systeme werden in selbstfahrenden Autos, in der Robotik, Medizin, bei Videospielen und in der Navigation verwendet, um nur einige wenige Einsatzbereiche zu nennen. Der optische Fluss beschreibt die Bewegung in einer Szene, die von den Bordkameras erfasst wird. Jüngste Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens haben zu schnelleren und besseren Verfahren beim Berechnen von Bewegung geführt. Die Forschung der Tübinger Wissenschaftler zeigt jedoch, dass derartige Verfahren anfällig sind, wenn Störsignale im Spiel sind: zum Beispiel ein einfaches, buntes Muster, das in die Szene platziert wird. Selbst wenn sich das Muster nicht bewegt, kann es dazu führen, dass tiefe neuronale Netze, wie sie heute in großem Maße zur Flussberechnung eingesetzt werden, falsch rechnen: das Netzwerk kalkuliert plötzlich, dass sich große Teile der Szene in die falsche Richtung bewegen.
Mehrmals haben Forscher*innen in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass selbst winzige Muster neuronale Netze verwirren können. Zum Beispiel wurden dadurch Objekte wie Stoppschilder falsch klassifiziert. Die neue Tübinger Forschungsarbeit zeigt erstmals, dass auch Algorithmen zur Bestimmung der Bewegung von Objekten anfällig für derartige Angriffe sind. Bei der Verwendung in sicherheitskritischen Anwendungen wie in autonomen Fahrzeugen müssen diese Systeme jedoch hinsichtlich derartiger Angriffe „robust“ bzw. zuverlässig und sicher sein.
Selbst ein kleiner Fleck erzeugt große Wirkung
Ranjan und seine Kollegen arbeiten seit März vergangenen Jahres an dem Projekt „attacking optical flow“. Im Zuge ihrer Forschungsarbeit waren sie überrascht, dass selbst ein kleiner Fleck großes Chaos auslösen kann. Es reicht eine Größe von weniger als 1 % des Gesamtbilds aus, um das System anzugreifen. Die kleinste Störung verursachte, dass das System schwere Fehler bei seinen Berechnungen machte, die die Hälfte des Bildbereichs betrafen (siehe Abbildung rechts). Je größer der Fleck, desto verheerender die Auswirkungen. „Dies ist bedenkliche, da das Flow-System in vielen Fällen die Bewegung der Objekten in der gesamten Szene gelöscht hat,“ erklärt Ranjan und weist auf ein Video hin, in dem das angegriffene System zu sehen ist. Man kann sich leicht vorstellen, welchen Schaden ein lahmgelegter Autopilot eines selbstfahrenden Autos bei hoher Geschwindigkeit verursachen kann.
Wie einzelne selbstfahrende Autos funktionieren ist ein wohl-gehütetes Geheimnis der jeweiligen Hersteller. Daher können Computer Vision Grundlagenforscher nur mutmaßen. „Unsere Arbeit soll die Hersteller von selbstfahrender Technologie wachrütteln, sie vor der potenziellen Bedrohung warnen. Wenn sie davon wissen, können sie ihre Systeme so trainieren, dass sie gegenüber derartigen Angriffen robust sind,“ sagt Michael J. Black, Direktor der Abteilung für Perzeptive Systeme am Max- Planck-Institut für Intelligente Systeme.
Möglicherweise ebenso wichtig wie der Hackerangriff selbst ist, dass es den Entwicklerteams der Automobilindustrie zeigt, wie man unter Verwendung einer sogenannten „zero flow“-Prüfung bessere optische Flussalgorithmen entwickeln kann. „Wenn wir dem System zwei identische Bilder zeigen und es keinerlei Bewegung zwischen den beiden gibt, sollte sich der optische Flussalgorithmus farblich überhaupt nicht verändern. Dies ist jedoch oft nicht der Fall, selbst ohne einen Angriff. Schon da fangen also die Probleme an. Hier müssen wir ansetzen, um zu beheben, was das Netz falsch macht“, erläutert Ranjan. Er und sein Team hoffen, dass ihre Forschungsarbeit dazu beiträgt, das Bewusstsein für die Problematik zu stärken, und dass Automobilhersteller derartige Angriffe ernst nehmen und ihre Systeme entsprechend anpassen, um sie weniger störanfällig zu machen.
Anlässlich der laufenden Verkehrsministerkonferenz in Frankfurt am Main fordert der Deutsche Verkehrssicherheitsrat die Verkehrsminister der Länder auf, sich deutschlandweit für mehr polizeiliche Fahrradstaffeln zur Verkehrsüberwachung in großen Städten einzusetzen. Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer des DVR: „ Wir begrüßen sehr, dass die Länderverkehrsminister sich Gedanken um bessere Regeln für Nutzer von E-Scootern machen. Erforderlich ist aber auch eine bessere Verkehrsüberwachung.“ Das sei notwendig, damit sich insbesondere E-Scooter-Fahrer an die Verkehrsregeln hielten und sich und die anderen Straßenverkehrsteilnehmer weniger gefährdeten. Um das zu erreichen sei ein Schulterschluss der Verkehrsminister mit den Innenministern der Länder unerlässlich.
Unfälle durch E-Scooter sind zu hoch Alkoholfahrten, fahren zu zweit oder gar zu dritt auf dem E-Scooter oder fahren auf dem Gehweg sind die häufigsten Regelverstöße, die die Polizei bei Nutzern von E-Scootern bisher festgestellt hat. „Mit diesem Verhalten gefährden die Nutzer sich selbst und auch andere. Die bisher bekannten Unfall- und Verletztenzahlen sind perspektivisch zu hoch. Hier muss die Politik tätig werden“, sagt Kellner.
Mehr Verkehrskontrollen durch die Polizei Neben der Aufklärungsarbeit sei es absolut erforderlich, die Kontrollen durch die Polizei zu erhöhen. „Wir brauchen deutschlandweit in jeder großen Stadt mindestens eine polizeiliche Fahrradstaffel“, so der Hauptgeschäftsführer. Gerade weil die Roller noch relativ neu seien, sei es jetzt sehr wichtig, dass die Regeln begriffen würden. Es dürfe nicht so weit kommen, dass Menschen erst durch Unfälle und damit verbundenes Leid klug würden.
Als Vorbild nannte er die Fahrradstaffel der Polizei Berlin, die bereits seit Juli 2014 im Einsatz ist. Seitdem wurden über 70.000 Ordnungswidrigkeiten geahndet, die Zahl der Fahrradunfälle mit Getöteten und Schwerverletzten ist gesunken. In Hamburg sei schon seit längerer Zeit eine Fahrradstaffel im Einsatz.