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Besetzung und Programm:
Arabella Steinbacher – Violine
Daniel Dodds – Violine & Leitung
Festival Strings Lucerne
O. Respighi Antiche Danze ed arie per liuto. Suite Nr. 3 für Streichorchester
W. A. Mozart Violinkonzert Nr. 2 D-Dur KV 211
W. A. Mozart Adagio für Violine und Orchester E-Dur KV 261
W. A. Mozart Rondo für Violine und Orchester C-Dur KV 373
S. Prokofjew Symphonie classique D-Dur op. 25
Respighi Antiche Danze ed arie per liuto. Suite Nr. 3 für Streichorchester
„Alte Tänze und Weisen für Laute“) ist der Titel einer Reihe von Orchestersuiten. In dem neoklassizistischen Werk greift der Komponist auf Übertragungen von Lauten- und Gitarrentabulaturen des 16. und 17. Jahrhunderts zurück, die der italienische Musikwissenschaftler Oscar Chilesotti (1848–1916) editiert hatte, und arrangierte sie für modernes Instrumentarium. Ein relativ unspektakulärer Auftakt ins Konzert, kennt man Respighis Werke doch sonst eher etwas lebhafter, an mozartsche Virtuosität angelehnt, aber eine ideale Komposition, um «in die Gänge zu kommen».
A. Mozart Violinkonzert Nr. 2 D-Dur KV 211
Dafür gesellten sich jetzt noch vier Bläser*innen dazu, 2 Hörner und 2 Oboen. Von Wolfgang Amadeus Mozart sind fünf Violinkonzerte überliefert, die als authentisch gelten (KV 207, KV 211, KV 216, KV 218, KV 219). Bei zwei anderen (KV 268 und KV 271i) ist unsicher, ob sie aus Mozarts Feder stammen. Das “kleine” D-Dur-Violinkonzert Mozarts, , welches 1775 entstanden ist, muss sich keineswegs hinter seinem “größeren Bruder” (KV 218) verstecken. Es ist violintechnisch durchaus anspruchsvoll und ein musikalisches Meisterwerk ersten Ranges. Das Intro mit der typischen Tonabfolge ta ta tatata, das Leitmotiv, das in verschiedenen Registern immer wieder auftaucht und sich bis zum Schluss durchzieht, im Finale gar noch verstärkt wird, ist wohl den meisten Konzertgängern vertraut und entführt in die Salons des damaligen Bürgertums. Die Solovioline erhebt sich leicht, aber leuchtend über dem sie sanft tragenden Kang Teppich des Tutti Ensembles, dies ohne die damals übliche Effekthascherei «à la française». Beim Rondo als Finalsatz mit perfekten Formpropositionen, wird das Thema zwischen der Solistin und dem Orchester hin – und hergereicht, während es in variablem Tonfall und wechselndem Gestus variiert ausgespielt wird. Dass die Solistin sich auf Weltklasseniveau bewegt ist unbestritten, dass sie dies tun konnte, ist auch dem kongenialen mitspielen der sie begleitend unterstützenden Festival Strings zuzuschreiben.
A. Mozart Adagio für Violine und Orchester E-Dur KV 261
Dafür kamen anstelle der 2 Oboen nun 2 Querflöten dazu. Mozart komponierte drei Einzelsätze für Violine und Orchester (Adagio KV 261, Rondo KV 269, Rondo KV 373). Einem Brief von Vater Leopold Mozart ist zu entnehmen, dass Mozart diesen Satz für den Salzburger Geiger Antonio Brunetti 1776 nachgeliefert hatte, weil diesem der ursprüngliche Mittelsatz „zu studiert war». So kommt er dann auch weniger akademisch, vielmehr schalkhaft und im lombardischen Rhythmus daher. Arabella Steinbacher und die sie begleitenden Strings behielten daher bei der Ausführung ein Augenzwinkern bei, intonierten luftig leicht, ohne den nötigen Ernst ausser Acht zu lassen. Die Solistin bestach bei den Solopassagen mit ihrer stupenden Technik, ohne im Geringsten je angestrengt zu wirken. Sensationell das extrem feinfühlige Tremolo gegen Ende des Stückes. Dementsprechend würdigte das Publikum die Protagonisten mit reichlich Applaus
A. Mozart Rondo für Violine und Orchester C-Dur KV 373
Orchesterbesetzung: 1. und 2. Violinen, Viola, Violoncello, Bass, 2 Oboen, 2 Hörner Dieses Stück schrieb Mozart für den italienischen Geiger Antonio Brunetti. In dem Rondo in C-Dur KV 373 trifft der Hofmusiker Mozart auf den freien Künstler – musikalisch gespiegelt an der Reibung des wohlgeordneten Orchesters mit den Ausbrüchen der Solo-Violine. Dieses Werk sollte das letzte in Mozarts «Violinkarriere» bleiben, widmete er sich doch fortan nur noch dem Klavier und der Bratsche. Auch hier überzeugten die Ausführenden mit perfekter Ausführung und spürbar grossem Genuss am Zusammenspiel.
Stabübergabe ans Orchester mittels effektvoller Zugabe
Nach frenetischem Schlussapplaus gewährte uns die deutsch-japanische Solistin als Zugabe noch Prokofjews Violin Sonata in D Major, Op. 115 als Einstimmung auf die darauffolgende Sinfonie des gleichen Komponisten, wie sie ausführte.
Prokofiev Symphonie classique D-Dur op. 25
Dieses Werk ist eine der amüsantesten Fälschungen der Musikgeschichte. Sergei Prokofjew hat die Musik Haydns bereits auf dem Konservatorium schätzen gelernt. 1916, lange bevor der Begriff “Neoklassizismus” in aller Munde war, fasste er den Entschluss, eine Sinfonie nach der Art Haydns zu komponieren. Das Ergebnis ist tatsächlich eine Sinfonie, die fast wie Haydn klingt – aber eben nur fast. Überall baut Prokofjew kleine Fußangeln ein, plötzliche harmonische Wendungen, falsche Schlüsse, irreguläre Rhythmen. Immer wenn der Hörer sich auf sicherem Terrain fühlt, wird er auf liebenswürdige Weise aufs Glatteis geführt.
Mit “moderner Musik” hat das Ganze nichts zu tun. Prokofjew gab dem Stück den Untertitel “Symphonie classique” – “in der Absicht”, wie er sagte, “die Philister zu ärgern, und außerdem in der heimlichen Hoffnung, letzten Endes zu gewinnen, wenn sich die Sinfonie als wirklich ,klassisch’ erweisen sollte.” Diese Hoffnung hat sich erfüllt: Die “Symphonie classique” ist eines der beliebtesten Werke des 20. Jahrhunderts.
Die Symphonie Nr. 1 D-Dur, die Prokofjew im Sommer in einem Landhaus bei Petrograd beendete und die als «Symphonie classique» in die Musikgeschichte einging, die sie selbst zum Thema hat. Denn Prokofjew wandte sich, inmitten der Aufbruchstimmung seiner Umwelt, der Vergangenheit zu: «Wäre Haydn heute noch am Leben, dachte ich, hätte er sicher seine Art zu komponieren beibehalten und zusätzlich einiges Neue übernommen. In dieser Weise wollte auch ich meine Symphonie schreiben.»
Höfische Tänze faszinierten Prokofjew besonders stark, und so bildete eine Gavotte, die nun an dritter Stelle der Symphonie steht, den Ausgangspunkt für seine Reise in die musikalische Vergangenheit, auf die er aber instrumentationstechnische und rhythmische Finessen aus seiner Gegenwart mitnahm.
Auf diese Weise entstand ein feinsinnig ironisierendes Spiel mit klassischen musikalischen Elementen. Im zweiten Satz etwa werden die Tanzbewegungen eines Menuetts beinahe schon überdeutlich nachgezeichnet. In der Gavotte des dritten Satzes biegt die Melodie mitunter auf Abwege ab. Die Ecksätze wirbeln mit ihrer unbändigen Energie und ihren pfiffigen Melodien (Haydn hätte wohl seine Freude daran gehabt!) den Staub der Vergangenheit auf.
Das Finale war dann noch ein furioser Ritt der Strings durch die Partitur und es erstaunt immer wieder, wie perfekt das Ensemble aufeinander abgestimmt und wie genau das Zusammenspiel funktioniert, obschon es ja nicht ein eigentliches Dirigat gibt, da Daniel Dodds ja mitspielend sitzend, bloss mit Mimik, minimer Gestik mittels Kopf und Augenkontakt führt.
Das Auditorium würdigte diese fulminante Interpretation mit langanhaltendem, stürmischem Applaus, den auch die einzelnen Sektionen noch jeweils separat erhielten, wenn sie durch Daniel Dodds ermuntert wurden, sich für ebendiesen zu erheben. Einmal mehr ein eindrückliches Konzerterlebnis, das uns das im AHV Alter ( Gründungsjahr 1956) angekommene Ensemble vor praktisch ausverkauftem Haus, geboten hat.
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: https://www.fsl.swiss/
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Besetzung und Programm:
Daniel Hope (Music Director)
Zürcher Kammerorchester
Jean Sibelius Humoresques op. 89
Carl Nielsen Little Suite op. 1, FS 6
Irving Berlin White Christmas, bearbeitet von Paul Bateman
Thad Jones A Child is born for Violin and Strings, bearbeitet von Paul Bateman
Ron Sexsmith Maybe this Christmas, bearbeitet von Paul Bateman
Bob Wells The Christmas Song, bearbeitet von Paul Bateman
Hugh Martin Have Yourself a Merry Little Christmas, bearbeitet von Paul Bateman
Traditionell Adeste Fidelis, bearbeitet von Paul Bateman
Nach einer kurzen Begrüßung durch Helene Eller, kaufmännische Geschäftsführerin und der künstlerischen Leiterin des ZKO, Lena-Catharina Schneider, starteten die 17 Musiker, ausschliesslich Streicher, davon drei Celli und zwei Kontrabässe, mit dem Andante festivo von Jean Sibelius beschwingt in den Konzertabend.
Sibelius von seiner eher unbekannteren Seite
Zu den besten Werken von Jean Sibelius zählen seine Kompositionen von 1917, die Humoresken. Dieses fabelhafte und bezaubernde Konzert wurde zur Veröffentlichung in zwei Gruppen unterteilt, Opus 87 und Opus 89, und zeigt seine erhabenen Fähigkeiten mit der Violine. In diesem Werk lernt man den, sonst eher unterkühlt wirkenden finnischen Komponisten, von seiner humorvollen Seite her kennen, Und das ist genau die Art, die die versierten Zürcher Orchestermusiker mögen und kongenial umzusetzen wissen. Besonders Daniel Hope, dem der Schalk dauernd irgendwie im Nacken sitzt, blüht jeweils auf und zieht seine Mitmusiker mit in eine fantastische Spielfreude, eine Freude, die unweigerlich auch das Auditorium erfasst, das diese Interpretation mit stürmischem, langanhaltendem Applaus zu würdigen weiss.
Carl Nielsen Little Suite op. 1, FS 6
Die Suite für Streichorchester komponierte Nielsen bereits mit 22 Jahren und studierte noch Komposition bei Orla Rosenhoff , seiner ehemaligen Lehrerin am Konservatorium . Es wurde am 8. September 1888 in der Tivoli-Halle in Kopenhagen uraufgeführt, wo das Tivoli-Orchester von Balduin Dahl , einem anerkannten Förderer junger Talente, dirigiert wurde . Es war ein großer Erfolg. Nielsen, der im Orchester spielte, wurde mehrmals zurückgerufen und der Mittelsatz als Zugabe gespielt. Die Pressestimmen waren gemischt, aber Avisen war sehr positiv: “Der junge Mann hat offensichtlich sehr viel auf seinem musikalischen Kopf, was er sagen will, und was er uns am Samstag erzählt hat, wurde in schöner, prägnanter Form, bescheiden und ansprechend präsentiert, mit exzellenter Stimmführung und einem ansprechende Klangfülle, die ein ausgezeichnetes Auge für das Saitenmaterial offenbart.” Das Werk war ein wichtiger Meilenstein in Nielsens Karriere, denn es war nicht nur sein erster richtiger Erfolg, sondern auch das erste seiner selbst dirigierten Stücke, als es einen Monat später in Odense gespielt wurde .Der eher kurze elegische Kopfsatz der Suite erinnert an die skandinavische Romantik, wie sie Grieg und Svendsen zum Ausdruck bringen . Das Intermezzo, ein Walzer, lässt die Liebe des Komponisten zum Dreifachtakt erahnen und enthält gelegentliche flache Septimen-Vorschläge, die später für Nielsens Musik so charakteristisch werden sollten. Das vergleichsweise ausladende Finale beginnt feierlich mit dem Elegie Thema, bricht aber bald in eine bewegte Sonatenform aus, in der Nielsen das Eröffnungsthema wieder einführt.
In der zweiten Gruppe verwendete er eine wesentlich kleinere Orchesterbegleitung zur Violine, behielt jedoch die Subtilität von Tiefe und Textur bei. Obwohl alle Teile dieses Werks traditionelle Elemente enthalten, erinnert Humoreske Nr. 4 am meisten an die Vergangenheit und erinnert an die Feinheit der musikalischen Miniaturen der Mitte des 19. Jahrhunderts. Virtuos und herausfordernd hat der Solist die Möglichkeit, sich einer traditioneller Exhibitionistischen Darstellung hinzugeben. Das Zürcher Renommierorchester hatte, bei dem eher selten aufgeführten Werk, die Möglichkeit, seine ausgeprägte Vielseitigkeit zur Geltung zu bringen, geleitet von ihrem souveränen musikalischen Leiter Daniel Hope.
Kurt Atterberg, Suite für Violine, Viola und Streichorchester
Atterberg, aufgrund seiner offensichtlichen Sympathie zum Naziregime nicht überall wohlgelitten, war er aber zu seiner Zeit sehr erfolgreich. Auch seine Rehabilitation durch die Alliierten bei der «Entnazifizierung» änderte nichts daran, dass der Makel des Opportunisten an ihm hängen blieb.
Anspruchsvoller, eindrücklicher Dialog zwischen Violine und Viola
Nach einem unscheinbar- unspektakulären Auftakt im tutti entwickelte sich ein wundervoller Dialog zwischen Daniel Hope, Violine und dem Solobratschisten des ZKO, Ryszard Groblewski, auf dem, von den anderen Streichern ausgelegten Klangteppich.
Dem Auditorium gefiel dieses, um 1917 komponierte, heute relativ unbekannte Werk, und dessen Interpretation durch die Protagonisten. Dementsprechend langanhaltend fiel der Applaus aus.
Dann richtete Daniel Hope ein paar launige Worte an das Auditorium, listete auf, welche Konzerte das ZKO in den kommenden Wochen geben wird und fügte noch einige Anekdoten über die Entstehung der nun zu spielenden bekannten Weihnachtslieder an.
Dann kam der Übergang in die Vorweihnachtszeit
Irving Berlins White Christmas werde man nicht, wie im Programmheft gelistet am Anfang, sondern erst gegen Schluss spielen bemerkte Hope noch, bevor die Weihnachtshits in Angriff genommen wurden.
Thad Jones A Child is born
A Child Is Born ist ein Jazz-Instrumentalstück von 1969, das später auch mit Gesang aufgenommen wurde. Nach den Urheberrechtsangaben wurde es von dem Jazz-Trompeter Thad Jones geschrieben; der Text wurde später von Alec Wilder hinzugefügt.[Das Stück ist zum Jazzstandard geworden und wurde von vielen Musikern gespielt. Das Werk , im Original, ist 32 Takte lang und im Drei-Viertel-Takt verfasst, wurde in B-Dur aufgenommen und hat eine langsame Einleitung auf dem Klavier, die über eine Minute dauert. Die Bigband-Version von A Child is Born von 1970 wurde in der Haltung einer Kammermusiknummer aufgeführt, wobei die ersten acht Takte ausschließlich am Klavier gespielt werden, bevor Bass und Schlagzeug hinzukommen. Dann stellte Jones auf dem Flügelhorn die Melodie abermals vor, bevor das gesamte Orchester mitwirkte, und spielte die Melodie noch einmal, um das Stück zum Abschluss zu bringen. In seinem Buch A Short History of Jazz bezeichnet Bob Yurochko das Stück als „schöne Ballade des Mainstream-Jazz“.
Bob Wells und Mel Tormé The Christmas Song
Einer der bekanntesten und erfolgreichsten amerikanischen Weihnachtsschlager ist das Lied “The Christmas Song”. Mit gerade mal 20 Jahren gehört Mel Tormé 1945 schon zu den angesagten Showgrößen Amerikas. Er ist nicht nur als Sänger und Schauspieler erfolgreich, sondern auch als Songschreiber.
Idee bringt Altersversorgung
An einem brütend-heißen Juli-Tag im Jahr 1945 will er ein neues Lied komponieren. Wie so oft mit seinem Kumpel Bob Wells. Der scheint aber nicht zu Hause zu sein, zumindest antwortet niemand auf Mel Tormés Klopfen. Er schaut um die Ecke und geht schließlich ins Haus, um nach dem Rechten zu sehen. Auf dem Klavier findet er einen Notizblock, auf dem folgende Zeilen mit Bleistift geschrieben wurden: “Kastanien werden über dem Feuer geröstet. Väterchen Frost zwickt in deine Nase. Weihnachtslieder werden von einem Chor gesungen. Und die Leute sehen aus wie Eskimos.”
In diesem Augenblick kommt Bob Wells um die Ecke – nur mit Tennis-Shorts und einem T-Shirt bekleidet. Mel hält den Notizblock hoch und fragt ihn, was das für ein Gedicht sei. Bob antwortet, dass er sich wegen der Hitze den Kopf abkühlen wolle und deswegen ein paar Zeilen über Weihnachten geschrieben habe. Da hat Mel eine Idee. Er setzt sich an das Klavier und hat sofort eine markante Melodie im Kopf. In seiner Autobiografie wird sich Mel Tormé später an den Moment erinnern, in dem der damals 20-Jährige seine Altersversorgung klarmacht.
Nat “King” Cole singt “The Christmas Song”
“So unglaublich das klingen mag, aber wir brauchten nur 45 Minuten, um ‘The Christmas Song’ fertig zu schreiben. Wir boten das Lied daraufhin Nat ‘King’ Cole an, der sich sofort in den ‘Christmas Song’ verliebte. Zwar dauerte es noch ein ganzes Jahr, bis Nat es auf endlich auf Platte brachte. Aber dann bescherte uns das Lied einen wahren Geldsegen!”
Denn nicht nur Nat “King” Cole nimmt “The Christmas Song” auf. Auch andere große Stars wie Frank Sinatra, Bob Dylan, Ella Fitzgerald, Connie Francis und Andy Williams bis hin zu Celine Dion und Michael Bublé singen das Lied und machen es zu einem der erfolgreichsten amerikanischen Weihnachtsschlager.
Hugh Martin Have Yourself a Merry Little Christmas
Seit Jahrzehnten verbreitet “Have Yourself a Merry Little Christmas” Weihnachtsstimmung. Dabei war der Song ursprünglich mehr als deprimierend. Bis Judy Garland einschritt. Eine Kitschversion spielte auch Coldplay ein. Oh nein, diese Zeilen wollte Judy Garland auf keinen Fall singen. “Mach dir eine schöne nette Weihnacht, es könnte deine letzte sein. Nächstes Jahr können wir alle Vergangenheit sein”, heißt es zu Beginn des Weihnachtsklassikers “Have Yourself a Merry Little Christmas” aus dem Jahr 1943. Auf Garlands Wunsch änderten die Songerfinder Hugh Martin und Ralph Blane die deprimierenden Stellen – immerhin tobte gerade der Zweite Weltkrieg. Sie verliehen dem Lied mehr weihnachtlichen Frohsinn: “Lass dein Herz leicht sein. Nächstes Jahr sind alle unsere Sorgen vergessen.” In dieser Form sang Garland den Song schließlich im Musicalfilm “Meet Me in St. Louis”. Und machte ihn berühmt. 1957 coverte Frank Sinatra das Lied und meldete vorher ebenfalls Änderungsbedarf an. Diesmal textete Hugh Martin das Ende um. Ursprünglich hieß es dort: “Bis dahin müssen wir irgendwie sehen, wie wir zurechtkommen.” Die neue Fassung lautet: “Hänge einen strahlenden Stern an den höchsten Ast.” Diese neue Kitschversion fand so großen Anklang, dass sie 2001 auch die Pop-Rocker von Coldplay einspielten.
Irving Berlin, einer der berühmtesten Songschreiber des amerikanischen Showbiz, verkündete im August 1940, er haben “den besten Song, der je geschrieben wurde” komponiert. Auch wenn Berlin hier vielleicht etwas übertreibt, eines steht fest: Mit über 500 Adaptionen in Dutzenden von Sprachen, mit über 30 Millionen verkauften Singles allein in der Version von Bing Crosby ist “White Christmas” das erfolgreichste Weihnachtslied aller Zeiten und einer der weltweit bekanntesten Songs überhaupt.
War Irving Berlin gar nicht der Komponist des Mega Hits?
So bekannt der Song “White Christmas”, so unbekannt sein Schöpfer, stellt Rezensent Helmut Mauro fest, “das Unterhaltungsgenie” Irving Berlin nämlich. Jody Rosen verwebe dessen Biografie und Erfolgsgeschichte hier nun “klug und unterhaltsam” mit der amerikanischen Zeitgeschichte zu “einem spannenden Sachbuch”, in dem man zudem “eine Menge” über die Musikindustrie erfahre. Und über das Selbstbewusstsein von Berlin. Dieser sagte, wie man erfährt, über seinen erfolgreichsten Song nämlich: “Es ist nicht nur das beste Lied das ich je geschrieben habe, sondern das überhaupt jemals geschrieben wurde.” Und tatsächlich ist es, wie man weiter erfährt, bis heute immerhin – das meistverkaufte Musikstück.
Zum Abschluss noch Adeste fideles, ein Weihnachtslied, dessen Cantio seit der Mitte des 18. Jahrhunderts überliefert ist.
All diese bekannten Melodien, dargeboten vom souveränen Ensemble erfreuten das Publikum im vollbesetzten grossen Tonhalle Saal und wurden mit dementsprechendem Applaus verdankt.
Daniel Hope gratulierte dann noch Nicola Mosca, Violoncello (Stimmführung), der sein Jubiläum von 20 Jahren Mitglied des ZKO feiern könne und animierte die Zuhörer, bei der nun folgenden Zugabe «O Tannenbaum» kräftig mitzusingen, was denn auch von etlichen getan wurde. Ein schönes, stimmungsvolles Konzert in gediegenem Ambiente der altehrwürdigen, frischrenovierten Zürcher Tonhalle.
Text: www.leonardwuest.ch
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Für einmal erklettern wir die Sprossen der Hühnerleiter. Vom Kleinsten bis hinauf zum entmannten Chef der Familie. Hinauf zu den „Truten“, die auch zur Familie gehören. Erzähle Ihre Geschichten und wie man mit dem Federvieh umgeht. Eigentlich habe ich eine sehr intensive Beziehung zur gackernden Familie. Wenn sich in den 50ger Jahren sonntags mein Vater in den Nadelstreifenanzug stürzte, die Krawatte umband, meine Mutter das eleganteste „Jüpli“ anzog und klein Herbertli anstelle der „Knickerbocker“ die eleganteren Röhrlihosen anziehen durfte, war bei Hubers auswärts essen angesagt. Gehörig luxuriös damals.
So ging es ins „Orsini“, wo die „Nonna Mercier“ die hervorragendsten Güggeli, nach Familienrezept im Ölbad, herrlich knusprig buk. Mit Safran Risotto dazu, weissen Tischtüchern und äusserst kinderliebender Atmosphäre mit viel Italianità.
Viele Jahre später um 1980, erlebten die Orsini Güggeli (die kleinsten der Hierarchie) eine Wiedergeburt. Nach Originalrezept im Restaurant Taverne im Motel Rex in Stans zubereitet als mein Freund Norbert Schmidiger (langjähriger Sekretär des Schweizer Kochverbandes) dort Küchenchef war. Das Rezept im Originalton im Kasten.
Im Schangnau wurde gehörig gehühnert.
So vergingen die Jahre. Bis eines Tages ein Name in der „Hühnergastroszene“ auftauchte. D’s Hadorn Rösi mit ihrer Wirtschaft zum Wald im Schangnau. Wo selbst Bundesräte hinpilgerten, respektive mit dem Helikopter flogen. Ob auf Staatskosten sei heute dahingestellt. So wurden Rösi’s Poulets „Hierarchie Stufe zwei“, im Ofen gebraten. Und diese waren mehr als nur eine Reise wert. Denn das ganze „drumherum“ zum Beispiel. Wie vor dem Hühnerzeremoniell von der Chefin mit träfen bärndeutschen Wortfetzen gespickt, der „Esslatz“ den Gästen umgebunden wurde. Dann kam eine Schüssel Salat. Dann wurde nicht „gejufelt“, sondern gütigst gewartet, bis die Hühner innen gar und aussen herrlich knusprig waren. Los ging’s erst auf Rösi’s Kommando : „jetzt cheuter gnaage u schmatze u eifach d’Finger abschläcke, s Zeiche dass es guet esch“ kommentierte Rösi. Denn Besteck gab es keines, dafür Fingerbowlen. So wurde Hadorn Rösi zur Schangnauer Hühner Legende. Und musste einmal, so erzählte man sich, notfallmässig ins Spital geflogen werden. Weil ihr beim Verzehr ihrer eigenen Hühner ein Knöchlein im Halse stecken geblieben war.
Die Poularde pochée
An meiner Kochlehrabschlussprüfung, war meine Aufgabe eine „poularde pochée“ der grösseren Stufe drei, zu zubereiten. Süferli wurde die Poularde in einem Geflügelfond gekocht. Etwa ¾ Std. Dann aus dem Fond genommen und von der Haut befreit. Rüüdig heiss war dieses Schälprozedere. Dann korrekt zerlegt (Brust und Schenkel) diese an die Wärme gestellt. In der Zwischenzeit eine liebevollst abgeschmeckte „sauce suprême“ (nach Kochbuchlehrbuch Pauli) aus dem Geflügelfond hergestellt. So geht’s:
Aus dem kräftigenGeflügelfond wird zuerst eine „Veloute de vollaile“ (weisse Sauce) mit einem Roux (Mehlschwitze) zubereitet. Achtung wegen Knollengefahr heissen Roux immer mit kaltem Fond oder umgekehrt ablöschen. Am Schluss wird die „velouté“ durch Zugabe einer „Liason oder Legierung“ (Rahm und Eigelb vermischt) zur sämigen „sauce suprême“. Diese darf man am Schluss auf keinen Fall mehr aufkochen weil sie wegen der Eier gerinnen würde. Ausprobieren und sich über den Erfolg freuen lohnt sich mehr als nur. Mir hat es die Note 1,2 eingebracht.
Der entmannte Güggel
Eine ganz besondere Bekanntschaft schloss ich vor Jahren mit dem „entmannten“ Güggel, dem Kapaun. Noch heute gibt es dieses Essvergnügen im Restaurant Blasenberg, oberhalb Zug. www.blasenberg.ch und auf dem Schrofenhof in Kreuzlingen ist Kapaun auf Vorbestellung erhältlich. Vor allem für Weihnachten eine herrliche Alternative. www.schrofen.ch –
Vom Truthahn und den Truthennen.
Und wie ist es mit den Truthennen und dem Truthahn? Diese sind hierzulande eindeutig weniger bekannt und begehrt. Ausser für die hier lebenden Engländer und Amerikaner. Bei ihnen kommt dieses Federvieh einem kulinarischen „Kultobjekt“ gleich. Sehr aufwändig bei der Zubereitung ist das schon, und für ein „Ding“ von 8 kg braucht es den entsprechenden Ofen und die zuverlässige Rezeptur. Und viel Geduld! Bei uns ist Truthahnfleisch als „günstig“ Schnitzel sehr belieb. Für Piccata oder paniert. Oder mit Pilzrahmsauce.
Tips beim Einkauf von „ganzem“ Geflügel
Grundsätzlich empfehle ich das Gefiedervieh „pfannenfertig“ zu kaufen. Ich bevorzuge die Marke Optigall von Migros oder „Naturaplan“ von Coop. Schweizer Hühner liegen mir besonders am Herzen. Im Internet gibt es auch immer mehr Anbieter „direkt“ vom Bauernhof. Gefrorene Poulets empfehle ich nicht (schlechter sind sie nicht) aber den kleinen Unterschied merkt man schon. Die Knöchelchen sind beim frischen Poulet heller – beim Gefrorenen eher dunkel. Versuchen sie auch einmal ein frisches „Pouletleberli“ zu erhalten, kurz in Butter sautiert, als Vorspeise mit etwas Salat, schmeckt herrlich. Oder auf dem Beilage Risotto angerichtet. Poulets vor der Zubereitung abwaschen? Ich tu es, aber dann gut abtrocknen – innen und aussen. Beim „Ganz braten“ lege ich immer einen Rosmarinzweig ins Poulet Innere. Würzen nur mit Salz und „weissem“ Pfeffer. Oder eben à la Orsini.
Die Poulet Hierarchie des hellen Mastgeflügels
Quelle: Lehrbuch der Küche Pauli
1 Hühnchen in der Schweiz als Mistchratzerli, in Frankreich als Coquelet bekannt. Zwischen 400 und 700 g schwer. Pfannenfertig
2 Masthähnchen – Poulet / Poulet reine. Hähne und Hennen werden oft als Griller bezeichnet. Zwischen 800 g und 1,3 kg.
3 Masthuhn / Poularde. Besonders gemästete Hennen. Bekannteste Sorte ist die Bresse Poularde. Feinknochig und sehr fleischig. Das besondere Merkmal sind die blauen Füsse (pates bleues). Die mit Mais gefütterten gehören ebenfalls in diese Kategorie. Deren Fleisch ist logischerweise eher gelblich.
1,3 – 1,8 kg
4 Kapaun/ Masthahn. Ist als kastrierter Hahn das Gegenstück zur Poularde.
2 – 3 kg schwer
5 Suppenhuhn / Poulet. Ausgewachsenes Huhn meistens nach der ersten Legeperiode geschlachtet. Wird zur Herstellung von Hühnersuppe verwendet und für Terrinen, Galantinen, Ballotinen und Co.
1,2 – 1,8 kg.
6 Junger Truthahn oder Truthenne. Die Sehnen der Schenkel müssen vor der Zubereitung herausgezogen werden. Grössere Tiere werden „roh“ zerlegt und weiter verarbeitet. Brust, Schnitzel, Voressen, Rollbraten
Die Stammheimat ist Nordamerika. Hauptlieferländer sind Frankreich und Ungarn.
Drei Gewichtsstufen: 2 – 3 kg. 3- 6 kg. 5 – 12 kg.
Und nun Schmidiger’s Rezept im Originalton: „Die Orsini Güggeli wurden1980 auf die Karte des „Restaurant Taverne“ im Motel Rex gesetzt. Madame Mercier, die ehemalige Patronin des Restaurant Orsini in Luzern, (Hertensteinstrasse) , zeigte uns die Zubereitung dieser in Luzern einmaligen „Sonntagsspezialität“
In einer großen Kupferbraisiere (ein Bräter mit höherer Wandung) wurden Backfett und Erdnussöl gegeben, so dass eine ca 10-12 cm hohes Fritüre Bad zur Verfügung stand.
Dieses wurde mit Gas beheizt, so konnte auch die Temperaturregelung fein abgestimmt werden. Dann wurden mehre Rosmarinzweige beigefügt, sowie zwei bis drei rohe und halbierte Kartoffeln, um damit sichtbar die Temperatur im Griff zuhaben.
Die frischen Güggeli ca 350 – 450 gr schwer, welche wir pro Woche zweimal frisch geliefert bekamen, wurden dann „à l’americaine“ aufgeschnitten. Das heisst das Rückgrat herausgeschnitten, den feinen Brustknochen herausgedrückt und dann das Güggeli flachgedrückt.
Diese Güggeli wurden mit Senf ordentlich eingeschmiert und abgedeckt kühl gelagert. Mariniert also.
Auf Bestellung wurde pro Person ein ganzes Güggeli in der beschrieben Fritüre während rund 15 Minuten knusprig gebacken, gut abgetropft, halbiert und angerichtet. Dazu gab’s einen Risotto zafferano.
Dieses Rezept ist mit einer „neuzeitlichen“ Friteuse nachkochbar.
Und zwar etappenweise die Mistchratzerli ca. 10 – 15 Min backen und bei 80° im Ofen auf dem Kuchen Blech abstehen lassen.
Oder direkt im Ofen braten und dabei stets arrosieren. Rosmarinzweige auf das Blech legen. Mistchratzerli rausnehmen – halbieren – anrichten und mit Risotto servieren.
Und nun wie immer: Bon Appetit et large soif
Text www.herberthuber.ch
Fotos: www.pixelio.de
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DISTRIBUTION
Direction musicale David Reiland
Mise en scène Lotte de Beer
Décors Marousha Levy
Costumes Jorine van Beek
Lumières Alex Brok
Vidéos Finn Ross
Direction des chœurs Alan Woodbridge
Leïla Kristina Mkhitaryan
Nadir Frédéric Antoun
Zurga Audun Iversen
Nourabad Michael Mofidian
Chœur du Grand Théâtre de Genève
Orchestre de la Suisse Romande
«Les pêcheurs de perles», die Perlenfischer von Georges Bizet, die wenigsten kennen diese Oper. Sie wird nicht oft aufgeführt, in Genf zum Beispiel zum letzten Mal 1950! Obs an der Geschichte liegt, die praktisch nur auf Zufällen basiert und sehr konstruiert daherkommt? Die beiden Librettisten Eugène Cormon und Michel Carré sollen damals gesagt haben, wenn sie gewusst hätten, wie viel Talent Bizet habe, hätten sie ihm diese abstruse Geschichte nicht vorgelegt.
Freundschaft auf harter Probe
Eine sehr kurze Zusammenfassung: An einem Strand in Ceylon treffen der Perlenfischer Zurga und der Jäger Nadir nach langen Jahren wieder aufeinander. Sie waren enge Freunde und einst in dieselbe Frau verliebt, in die Priesterin Leïla. Sie schworen sich aber, dieser Liebe zu entsagen, um ihre Freundschaft nicht zu gefährden. Eben diese Leïla erscheint nun, verschleiert, auf einem Boot. Sie soll mit ihrem Beten und ihrem Gesang die See beruhigen, damit die Perlenfischer gefahrlos hinausfahren können. Sie muss schwören, über die Zeit des Gebets verschleiert zu bleiben. Nadir erkennt Leïla an ihrer Stimme, als sie betet, sie treffen sich nachts im Tempel, der Gemeindeälteste Nourabad entdeckt sie bei ihrem Liebesspiel. Die beiden Treulosen sollen hingerichtet werden. Vor der Hinrichtung überreicht Leïla Nourabad eine Kette, um sie vor den Flammen zu retten. Die Halskette ist das Geschenk eines jungen Flüchtlings, dem sie vor vielen Jahren das Leben gerettet hatte. Zurga erkennt seine Kette und bereut seinen Hass. Er legt im Dorf Feuer und während die Perlenfischer den Brand löschen, löst er die Fesseln der Verurteilten und lässt sie fliehen. Er bezahlt anschliessend mit seinem Leben dafür.
Vote and stay connected
Um die Unwahrscheinlichkeit der Geschichte zu legitimieren, erklärt die junge holländische Regisseurin Lotte de Beer sie zur Reality-Show à la «Dschungel Camp» oder «Paradise Island». Und da läuft nun so einiges ab auf der Bühne, bereits bevor die Oper richtig beginnt. Heile Welt an Ceylons Sandstrand mit Eingeborenen rund um einen Topf auf einem Gasbrenner – mit Benzinfass daneben, erster Hinweis auf die folgende Katastrophe? Erscheint eine TV Crew, die sich diesen Ort für ihr Sendung ausgesucht hat. Sie kauft den Eingeborenen den Strand ab, reisst die Hütte ab, platziert ein paar Palmen, die Show kann beginnen. Es wird herumkommandiert, aufgestellt, kommentiert, fotografiert und alles gefilmt, während Zurga, Nadir, Nourabad und Leïla ihre Arien singen. Mikrofone werden ihnen vors Gesicht gehalten, Kameras zielen direkt auf sie. Im Hintergrund eine riesige Blase, darin die Fernsehzimmer der Menschen (der Chor), die sich das Ganze zu Gemüte führen. Und obwohl alles, was spontan zu passieren scheint, bereits vorgegeben ist, hindert das die TV- Zuschauer*innen nicht, für oder gegen Zurga, für oder gegen die Todesstrafe ihre «Votes» abzugeben. Diese erscheinen dann auf einer riesigen Leinwand, genauso wie der Hinweise «stay connected» vor der Pause oder das «connection lost» am Ende der Aufführung. In der Pause nach dem zweiten Akt bekommt man per Video eine Umfrage auf Genfs Strassen zu sehen mit Fragen wie «schauen Sie die Show? Wie finden sie sie» und «Sollen die beiden sterben?». Die Antworten sind teilweise haarsträubend.
Wunderbare Stimmen
Das ist sehr realitätsnah, amüsant, manchmal verwirrend, manchmal irritierend, aber auch faszinierend, unterhaltsam, skurril. E lenkt aber auch ab von der Musik. Im zweiten Teil gibt es dann Momente, wo die herumwuselnde TV Crew entweder zu schlafen scheint oder weggeschickt worden ist und Nadir und Leïla ihr Liebesduett allein singen oder Leïla Zurga um Gnade bittet für Nadir. Da kann man zurücklehnen und geniessen, da ist man einziger Zuschauer vom Saal her, keine Einmischung mehr, Oper halt. Und da kommen die Stimmen wirklich auch zur Geltung; der unglaublich sonore, kräftige und sichere Bariton von Audun Iversen als Zurga, der anfänglich noch etwas schwache, aber immer sicherer werdende Tenor von Frédéric Antoun als Nadir, der schöne Bass von Michael Mofidian als Nourabad – herrlich, wie er den nervigen, überdrehten und kameraverliebten TV-Moderator gibt. Und wunderbar die Sopranistin Kristina Mkhitaryan als Leïla. Auch stimmlich mutiert sie von der jungen Frau mit Yogamatte auf Selbstfindungstrip zur verzweifelten Geliebten, die um Gnade für ihren Liebhaber bittet.
Das Orchester de la Suisse Romande begleitet schmelzend, sanft, beschwingt, nie überbordend. Wunderschöne Bläsersolis (ein Oboensolo mit Gänsehaut-Qualität), weiche Harfenklänge, schwelgende Streicher, eine solide, überzeugende Interpretation dieser wundervollen Melodien! Wie Dirigent David Reiland sagt: Zu dieser Musik könnte man ein Küchenrezept singen, es wäre extravagant. Der Chor, der nur aus dem Off, also aus den TV-Zimmern singen kann, hat keine leichte Aufgabe, meistert diese aber bewundernswert.
Die Perlenfischer, TV Show, Oper, Theater, Musical, Operette? Eine Mischung aus allem, musikalisch hochstehend mit emotionsgeladenen Arien, dem Genfer Premierenpublikum hats gefallen, es spendete viel warmen Applaus.
Um sich eine Meinung dazu zu bilden, am besten hingehen, sich darauf einlassen aber vor allem, die herrliche Musik geniessen
Text: www.gabrielabucher.ch
Fotos: Szenenfotos von Magali Dougados www.gtg.ch
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