Jährliche Stromkostenrechnung führt zu mehr Verbrauch – Sofortzahlungen helfen
Der Strom-, Wasser- oder Gasverbrauch wird in Deutschland in aller Regel
nur einmal im Jahr abgerechnet. Eine aktuelle Studie des ZEW Mannheims
zeigt, dass diese Art der Abrechnung zu mehr Verbrauch führt. Die
sofortige Zahlung der Kosten bietet hingegen Anreize, den Verbrauch zu
senken.
Im aktuellen Abrechnungssystem bei Strom, Wasser oder Gas genießen
Konsument/innen die Vorzüge des Stromverbrauchs sofort. Jedoch kann es bis
zu einem Jahr dauern, bis sich dieser Verbrauch im Portemonnaie bemerkbar
macht. Die Ergebnisse des Verhaltensexperimentes einer ZEW-
Wissenschaftlerin legen nun nahe, über eine Umstellung des bestehenden
Abrechnungssystems nachzudenken.
Müssen Menschen für ihren Stromkonsum sofort zahlen, reduzieren sie ihren
Verbrauch signifikant um 14 Prozent im Vergleich zu einer späteren
Zahlung. Auch verschwenderischer Verbrauch war in dem
verhaltensökonomischen Experiment um 13 Prozent seltener zu beobachten,
wenn Probanden sofort zahlen mussten. „Bei Abrechnung am Jahresende
gelingt es einigen Verbrauchern seltener, die Kosten bei ihrer jetzigen
Konsumentscheidung zu berücksichtigen. In der Verhaltensökonomie wird dies
als ‚Gegenwartsfokus‘ bezeichnet“, erklärt Madeline Werthschulte,
Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich Umwelt- und Ressourcenökonomik,
Umweltmanagement und Autorin der Studie. „Eine sofortige Zahlung hilft,
dieses Problem zu umgehen, denn hier fallen Verbrauch und Zahlung zeitlich
zusammen.“
Konsequenzen ergeben sich nicht nur für die Umweltpolitik
Bei einer Sofort-Abrechnung sparen nicht nur die Verbraucher/innen. Die
Gesellschaft profitiert insgesamt. Sinken doch mit geringerem
Stromverbrauch auch Umweltkosten wie beispielsweise CO2-Emissionen. Gerade
in Zusammenhang mit Umweltsteuern könnte die bisherige Politik einen
blinden Fleck bei der Abrechnungsstruktur aufweisen, denn diese wird nicht
berücksichtigt. „Fallen die Zeitpunkte von Stromverbrauch und
Rechnungsstellung auseinander, kann sich die Wirkung eines CO2-Preises
oder anderer Umweltsteuern verringern, weil Verbraucher/innen diese Kosten
weniger stark in ihre Entscheidung einbeziehen“, sagt Werthschulte.
Auch jenseits des Umweltkontexts lassen sich die Erkenntnisse der Studie
anwenden. So stellen Kreditkartenrechnungen oder der Rechnungskauf in
Online-Shops und bei Versandhändlern ebenfalls eine nachgelagerte Form der
Abrechnung dar. Im Gegensatz zur Sofort-Zahlung, die meist auch angeboten
wird, können Verbraucher/innen das Produkt sofort bestellen. Fällig wird
die Rechnung allerdings erst in 14 Tagen oder noch später.
- Aufrufe: 6