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Vermischtes

Essen aktiviert Braunes Fett

Braunes Fett verbraucht Energie, daher könnte es wichtig sein zur
Prävention von Übergewicht und Diabetes. In Zusammenarbeit mit einem
internationalen Team konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der
Technischen Universität München (TUM) nachweisen, dass durchs Essen die
Thermogenese von Braunem Fett zunimmt, und nicht nur durch Kälte, wie
bisher angenommen.

Braunes Fettgewebe beim Menschen ist Gegenstand zahlreicher Studien, denn
es verfügt über die genau gegenteilige Funktion des weißen Fettgewebes,
das Energie in Form von Speicherfetten, den sogenannten Triacylglyceriden,
vorhält. Braunes Fett verbrennt nämlich die Energie der Triacylglyceride
(Thermogenese).

Allerdings ändert sich die Aktivität dieses physiologisch besonders
günstigen Fettgewebes: Sie nimmt mit dem Alter ab, genauso wie bei
Adipösen und Diabetikern. Es wird deshalb nach Möglichkeiten gesucht, die
Thermogenese durch Braunes Fett anzufeuern und zur Prävention von
Adipositas und Diabetes zu nutzen.

Das Braune Fettgewebe lässt sich trainieren

Bekannt war in diesem Zusammenhang bisher nur eine Option: Kälteinduzierte
Thermogenese. „In Studien zeigte sich, dass bei den Probanden, die täglich
Stunden in der Kältekammer verbrachten, im Laufe der Kälteanpassung nicht
nur die Heizleistung des Braunen Fetts in Kälte gesteigert wurde, sondern
sich auch die Kontrolle des Blutzuckers durch Insulin verbesserte“,
berichtet Professor Martin Klingenspor, Leiter des Lehrstuhls für
Molekulare Ernährungsmedizin des Else Kröner-Fresenius Zentrums an der TU
München.

Kohlenhydratreiche Mahlzeit so wirksam wie Kältereiz

Für die aktuelle Studie der University of Turku in Zusammenarbeit mit
internationalen Experten, darunter Professor Martin Klingenspor mit seinem
Team vom Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin der TUM,
wurde untersucht, wie sich eine kohlenhydratreiche Mahlzeit auf die
Aktivität des Braunen Fettgewebes auswirkt. „Dabei konnte zum ersten Mal
gezeigt werden, dass die Wärmebildung im Braunen Fettgewebe durch eine
Testmahlzeit genauso aktiviert wird wie durch die Kälteexposition“, fasst
der Wissenschaftler das Ergebnis zusammen.

Für die Studie wurden die gleichen Probanden zweimal untersucht: Einmal
nach einer Kälteexposition, und ein zweites Mal nach dem Verzehr einer
kohlenhydratreichen Mahlzeit. Zusätzlich gab es eine Kontrollgruppe.
Vorher und danach wurden wichtige Marker für die Thermogenese gemessen,
darunter nicht nur Glukose- und Fettsäureaufnahme, sondern auch der
Sauerstoffverbrauch im Braunen Fett. Dabei kam die indirekte Kalorimetrie
in Kombination mit der Positronen-Emissions-Tomographie und
Computertomographie (PET/CT) zum Einsatz.

„Zehn Prozent der pro Tag aufgenommenen Energie verpuffen durch die
thermogene Wirkung der Nahrung“, sagt Prof. Martin Klingenspor. Diese
postprandiale Thermogenese nach dem Essen beruht nicht nur auf obligater
Wärmebildung durch im Darm einsetzende Muskeltätigkeit, Sekretion und
Verdauungsprozesse. Es gibt offenbar auch einen fakultativen Anteil, zu
dem das Braune Fett einen Beitrag leistet.

Weiterer Gegenstand der Untersuchungen wird nun sein, herauszufinden, ob
es sich dabei einfach um Energie handelt, die „verpufft“ oder ob dieses
Phänomen eine andere Funktion hat. „Wir wissen mittlerweile, dass die
Aktivierung des Braunen Fettgewebes mit einem Sättigungsgefühl verbunden
sein könnte“, berichtet Klingenspor. Das werden nun weitere Studien
zeigen.

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Aufruf: BMEL fördert Innovationen für eine zukunftsorientierte Agrar- und Ernährungswirtschaft

Innovationen sind gefragt: Das Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL) ruft Wissenschaft und Wirtschaft auf,
Forschungsprojekte zu aktuellen Themen in der Pflanzen- und Tierproduktion
sowie  Sicherheit von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen einzureichen.

Als einer der größten Erzeuger in der Landwirtschaft innerhalb der EU
steht die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft vor erheblichen
Herausforderungen. Damit insbesondere kleine und mittlere Betriebe unter
der steigenden Erderwärmung, Automatisierung und Nachfrage nach sicheren
Lebensmittel wettbewerbsfähig bleiben, sind Innovationen entlang der
Wertschöpfungskette in der Land- und Ernährungswirtschaft zwingend
notwendig. Das BMEL ruft daher auf, Ideen einzureichen.

Die aktuelle Initiative verfolgt unter anderem das Ziel, leistungsfähige
Weizensorten zu züchten, den Tierschutz zu verbessern, mikrobielle
Kontaminationen bei der Fleischverarbeitung zu reduzieren, Allergien zu
vermeiden und die Digitalisierung im Gartenbau. Konkret geht es um die
folgenden fünf Projektideen über die Förderung von Innovationen

•       zur Züchtung leistungsfähiger Weizensorten im Zeichen des
Klimawandels,
•       zur Verbesserung des Tierschutzes beim Transport und bei der
Schlachtung landwirtschaftlicher Nutztiere,
•       zur Minimierung der Übertragung von mikrobiellen Kontaminationen
bei der Fleischgewinnung und der Fleischverarbeitung,
•       zur Vermeidung von Allergien und Unverträglichkeiten durch
Lebensmittel, Bedarfsgegenstände und kosmetische Mittel und
•       für den Gartenbau 4.0, unter Begleitung durch ein Vernetzungs- und
Transfervorhaben.

Projektskizzen können bei der Innovationsförderung im Projektträger der
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (ptble) eingereicht werden.
Hierbei sind stets die in den Bekanntmachungen festgelegten
Einreichungsfristen zu berücksichtigen.

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Open Science: Innovative Ideen für gute wissenschaftliche Praxis auf dem 51. Kongress der DGPs

Die Psychologie ist - wie viele andere Wissenschaftszweige auch - in den
letzten Jahren durch eine Replikationskrise gegangen: eine große Zahl
scheinbar etablierter Befunde ließ sich nicht bestätigen. Der 51. Kongress
der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, der vom 15. bis 20. September
2018 in Frankfurt am Main stattfinden wird, widmet sich diesem Thema mit
verschiedenen Veranstaltungen im Rahmen des Hot Topics "Open Science".

Vertreterinnen und Vertreter der wissenschaftlichen Psychologie haben sich
dem Problem der Replikationskrise in den vergangenen Jahren aktiv
gestellt. „Mittlerweile kann man durchaus sagen, dass die Psychologie -
auch in der Außenbetrachtung durch andere wissenschaftliche Disziplinen -
ein Vorreiter ist, was die Fortschritte in Forschungstransparenz und
Reproduzierbarkeit betrifft“,  sagt Privatdozent Dr. Felix Schönbrodt von
der LMU München, der das Hot Topic „Open Science“ auf dem 51. Kongress der
DGPs betreut. „Es wurden viele innovative Impulse entwickelt, die die
Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der Forschung erhöhen.“

Positive Ergebnisse werden häufiger publiziert als negative

Ein Problem, das aktuell viel diskutiert wird, ist der sogenannte
Publikationsbias: Positive Ergebnisse werden viel häufiger publiziert als
negative oder Nullergebnisse. Konkret heißt das: Die Studien, wo ein
Medikament beispielsweise eine positive Wirkung gezeigt hat, werden
publiziert. Diejenigen, wo das Medikament nicht gewirkt hat (oder sogar
negative Folgen hatte), werden zum großen Teil unterschlagen. Schaut man
in die Literatur, sieht man jedoch nur noch die positiven Ergebnisse und
bekommt so ein vollkommen verzerrtes Bild. „Eine Präregistrierung von
Studien – einer der Kernpunkte der Reformbewegung – hilft dabei, die
negativen Ergebnisse sichtbar zu machen und so zu einer realistischen und
unverzerrten Einschätzung der Wirksamkeit von Medikamenten oder zum
Beispiel auch psychotherapeutischen Interventionen zu kommen“, sagt Felix
Schönbrodt. „Diese unverzerrten Ergebnisse sind natürlich hoch relevant,
sobald solche Interventionen in der Praxis eingesetzt werden“

Hot Topic: Anreizsysteme, Präregistrierung, Lehrkonzepte

Das Hot Topic „Open Science“ zeigt in verschiedenen Facetten auf, wie die
Zukunft der wissenschaftlichen Psychologie aussehen könnte. Vom 17. bis
20. September 2018 kommen internationale Vertreterinnen und Vertreter der
Open Science Bewegung in Frankfurt zusammen und diskutieren innovative
Konzepte für eine gute wissenschaftliche Praxis. „Die Frage ist
mittlerweile nicht mehr, ob wir uns als Fach reformieren wollen und einen
Fokus auf replizierbare und belastbare Forschung setzen wollen - die
aktuelle Diskussion beschäftigt sich damit, wie wir das am besten
erreichen“ erklärt Felix Schönbrodt. Das betrifft zum Beispiel
Anreizsysteme und wie wissenschaftliche Leistungen bewertet werden, die
Art wie publiziert wird, aber auch, was Lehrende der nächsten Generation
an Forscherinnen und Forschern vermitteln wollen.

Podiumsdiskussion mit internationalen Fachgesellschaften

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion setzen sich am Dienstag, dem 18.09.2018,
internationale Vertreterinnen und Vertreter psychologischer
Fachgesellschaften damit auseinander, wie gemeinsame Open Science-
Standards formuliert werden können. Neben der DGPs werden auch die
American Psychological Association (APA), die British Psychological
Association (BPS), die Österreichische Gesellschaft für Psychologie und
die European Federation of Psychological Associations (EFPA) auf dem
Podium vertreten sein.

Der DGPs-Kongress in Frankfurt

„Wir freuen uns, dass wir mit unserem diesjährigen Fachkongress an einen
Ort zurückkehren, der für die lange Tradition unserer Gesellschaft steht“,
sagt Conny Antoni, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.
„Gegründet im Jahr 1904, fand bereits im Jahr 1908 eine Tagung in
Frankfurt am Main statt.“ Erstmalig laden zwei Veranstalter im Namen der
Goethe Universität Frankfurt und des Deutschen Instituts für
Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) zum 51. Kongress der DGPs
nach Frankfurt ein. Über 2.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
präsentieren und diskutieren vom 15. bis 20. September 2018 aktuelle
Forschung und fachpolitische Themen. Alle weiteren Informationen zum
Kongress, dem Programm und den Rahmenveranstaltungen finden Sie auf der
Kongress-Homepage: www.dgpskongress.de

Aktuelle Information: Presseakkreditierung jetzt möglich!

Wir laden Sie herzlich ein, am 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für
Psychologie vom 15.-20. September an der Goethe Universität Frankfurt
teilzunehmen und in Wort und Bild zu berichten! Konditionen für die
Presseakkreditierung und weitere Informationen finden Sie unter:
https://www.dgpskongress.de/frontend/index.php?page_id=1089

Für Presseauskünfte stehen Ihnen der Präsident der DGPs, Prof. Dr. Conny
Herbert Antoni, und die Kongresspräsidenten, Prof. Dr. Holger Horz und
Prof. Dr. Johannes Hartig, zur Verfügung.

Wenn Sie an konkreten Themen interessiert sind, vermitteln wir Ihnen gerne
auch schon vorab Interviewtermine mit unseren internationalen Expertinnen
und Experten. Zwecks Terminabsprachen für Interviews wenden Sie sich bitte
an die

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Neue Luftqualitätsmessungen der Deutschen Umwelthilfe: 116 Städte und Gemeinden überschreiten NO2-Grenzwert

Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht Ergebnisse ihrer zweiten bundesweiten Citizen Science Messaktion „Decke auf, wo Atmen krank macht“— Konzentration des Dieselabgasgifts Stickstoffdioxid (NO2) in Atemhöhe von Kindern besonders hoch — Messaktionen von Umweltverbänden und Rundfunkanstalten zeigen NO2-Grenzwertüberschreitungen in 41 bisher nicht amtlich untersuchten Städten und Gemeinden – Aktuelle DUH-Messaktion deckt NO2-Grenzwertüberschreitungen in Starnberg, Fürth, Trostberg, Garbsen, Laufen, Obersulm, Erlangen und Frechen auf
 
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat an 461 Messstellen in 233 Städten und Kommunen zum zweiten Mal die Belastung der Atemluft mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) gemessen. Mittels Passivsammlern wurde vom 1. Juni 2018 bis zum 1. Juli 2018 mit Unterstützung zahlreicher Bürger die durchschnittliche Konzentration von NO2 in der Umgebungsluft ermittelt. Der Grenzwert für NO2 liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) im Jahresmittel. An 53 verkehrsnahen Messstellen wurden Werte von 40 µg/m3 oder mehr gemessen. Acht dieser Städte und Gemeinden gelten offiziell als unbelastet – da dort keine amtlichen verkehrsnahen offiziellen Messstationen existieren. Diese Städte und Gemeinden sind somit vom „Sofortprogramm Saubere Luft“ der Bundesregierung ausgeschlossen.

Bei den Sommermessungen der DUH wurden die höchsten NO2-Werte an Straßen in Bonn (77,2 µg/m3), Stuttgart (67,1 µg/m3), Kiel (59,7 µg/m3), Düsseldorf (59,2 µg /m3) und Hamburg (62,3 µg/m3) gemessen. In diesen Städten klagt die DUH bereits auf Diesel-Fahrverbote und die Durchsetzung der sauberen Luft, in Hamburg klagt der BUND. 

Alarmierend hohe NO2-Werte oberhalb des gesetzlichen Grenzwertes wurden auch in Städten ermittelt, in denen bislang keine amtlichen und somit für die Bundesregierung relevanten Messungen durchgeführt werden. Dazu zählen: Starnberg (54,6 µg/m3), Fürth (50,7 µg/m3) Trostberg (50,3 µg/m3), Garbsen (48,0 µg/m3), Laufen (42,4 µg/m3), Obersulm (42,0 µg/m3), Erlangen (40,6 µg/m3) und Frechen (40,4 µg/m3). Werte knapp unterhalb des Grenzwertes, aber eindeutig gesundheitlich problematisch, wurden gemessen in Wolfratshausen (39,7 µg/m3), Füssen (39,4 µg/m3), und Kirchseeon (37,5 µg/m3). All diese Städte ohne offizielle Messstationen sind von den Fördermitteln der Bundesregierung im Rahmen des „Sofortprogramms Saubere Luft“ ausgeschlossen.

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Wir haben in Deutschland ein flächendeckendes Problem mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in unserer Atemluft. Unsere Citizen Science Messungen haben die Anzahl der Städte mit Grenzwertüberschreitungen auf 116 anwachsen lassen. Doch die Bundesregierung will nur den 65 Städten helfen, die eine amtliche Grenzwertüberschreitung ausweisen. Es müssen schnellstmöglich Maßnahmen für die ‚Saubere Luft‘ an den belastetsten Orten ergriffen werden. Die Bundesregierung muss ihre Hilfe auf alle Städte und Gemeinden ausdehnen, die unter gesundheitlich bedenklichen NO2-Werten leiden, und nicht nur die wenigen Dutzend Städte mit amtlichen Messpunkten finanziell unterstützen.“

Nicht nur alte und gesundheitlich vorbelastete Menschen, sondern auch Kinder sind durch die giftigen Abgase besonders gefährdet. Daher hat die DUH bei der zweiten Messreihe an ausgewählten Orten untersucht, wie die Konzentration des Schadstoffes auf Kinderhöhe von einem Meter ist und hat dies mit Messungen an gleicher Stelle in Höhe von zwei Metern verglichen.

Vor besonders sensiblen Standorten wie Kindertagesstätten wurden zum Teil erschreckend hohe Werte ermittelt: So ergaben Messungen auf einem Meter Höhe an einer Vorschule in der Berliner Torstraße eine Konzentration von 57,4 µg/m3, an einer Kindertagesstätte am Berliner Mehringdamm sogar von 60,9 µg/m3. In der Pragstraße in Stuttgart, unmittelbar am Tierpark, wurde ein Wert von 67,8 µg/m3 ermittelt.

An zahlreichen Messstellen konnte der geltende Grenzwert in zwei Metern Höhe zwar eingehalten werden, in einem Meter Höhe wurden jedoch Werte von 40 µg/m3 und mehr ermittelt. Unmittelbar vor einer Schule am Kieler Ostring Ecke Stoschstraße wurde ein Wert von 35,5 µg/m3 ermittelt; die Schulkinder waren jedoch in einem Meter Höhe Konzentrationen von 41,4 µg/m3 ausgesetzt. An einem Kindergarten an der Stammheimer Straße in Stuttgart wurden in zwei Metern Höhe 37,8 µg/m3 gemessen, auf Kinderhöhe aber 40,8 µg/m3. Auch auf der Hamburger Holstenstraße – einer Ausweichstrecke der Straßenabschnitte mit Diesel-Durchfahrtverbot – konnte der Grenzwert in zwei Metern Höhe zwar eingehalten werden, in einem Meter Höhe wurde der Grenzwert jedoch mit 48,5 µg/m3 deutlich überschritten.

Aktuelle Studien verschiedener Behörden und von der Industrie unabhängiger Institute zeigen, dass bedenkliche Gesundheitsschäden bereits ab einer Belastung von 20 µg NO2/m3 auftreten. Besonders für ältere Menschen, Schwangere und vor allem für Kinder ist diese Belastung gesundheitsgefährdend.

„In Ruhe atmen Erwachsene zwischen 15 und 20 Mal pro Minute. Kinder – je nachdem wie alt sie sind, je kleiner, desto höher ist die Atemfrequenz – atmen in Ruhe bis zu 40 Mal. Gleichzeitig sitzen Kinder natürlich deutlich seltener so still wie Erwachsene. Stattdessen sind sie aktiv und laufen viel, sodass Kinder auch im Alltag eine höhere Atemarbeit aufweisen. Eine Schadstoffbelastung in der Luft, zum Beispiel durch Stickstoffdioxid, wirkt dementsprechend bei Kindern intensiver als bei Erwachsenen“, erklärt Thomas Lob-Corzilius, Lungenfacharzt für Kinder und Jugendliche. „Gleichzeitig sind Kindernasen viel näher an einem Autoauspuff und damit an der Emissionsquelle. Der Verdacht liegt nahe, dass dort höhere Schadstoffbelastungen existieren. Generell können die Auswirkungen, die entstehen, wenn Kinder eine mit Stickstoffdioxid angereicherte Luft regelmäßig einatmen, auch dauerhaft sein. Eine aktuelle Meta-Analyse belegt: Das Asthmarisiko für Kinder steigt um 48 Prozent, schon bei Werten über 30 µg/m3, wobei der europäische Grenzwert bei 40 µg/m3 liegt.“ Lob-Corzilius fordert deshalb weitere Messungen auf ‚Kindernasen-Höhe‘.

Jürgen Resch: „Wir fordern nicht nur dringend die Einhaltung des seit 2010 verbindlich geltenden Grenzwertes von 40 µg/m3, sondern auch eine schnellstmögliche Absenkung auf 20 µg/m3. Selbst die Schweiz hat mit 30 µg/m3 bereits seit 1986 einen strengeren Luftqualitätswert als die EU.“

Zusammen mit dem NABU hat die DUH auch die NO2-Belastung an Häfen und Schiffsanlegern gemessen. An dem beliebten Hamburger Ausflugsziel St. Pauli-Landungsbrücken wurde unmittelbar am Schiffsanleger ein Stickstoffdioxid-Gehalt von 98,5 µg/m3 ermittelt. Weiter oben, auf der Promenade, lag der Stickstoffdioxid-Gehalt der Luft immer noch bei 54,5 µg/m3. Die Vielzahl der hier anlegenden Hafenfähren und Barkassen, aber auch vorbeifahrende Kreuzfahrtschiffe und Frachtschiffe emittieren unglaubliche Mengen an giftigem Stickstoffdioxid.

Dass die Messmethode nachvollziehbare Werte ermittelt, zeigt der Vergleich mit den Daten aus offiziellen Monitoring-Stationen aus dem gleichen Zeitraum. Die DUH hatte neben allen sechs offiziellen, verkehrsnahen Messcontainern in Berlin sowie an einem Messcontainer in Kiel Passivsammler installiert. Die Abweichungen zu den offiziellen, stundengenauen Werten liegen im Vergleichszeitraum im Schnitt bei lediglich 5,2 Prozent.

Die Ergebnisse dieser Citizen Science Untersuchungen, eine Übersicht über alle öffentlich zugänglichen amtlichen Messungen sowie Messungen des Verkehrsclub Deutschland (VCD), der Rundfunkanstalten rbb, SWR und WDR sowie des Vereins Green City aus München können auf einer interaktiven Karte auf https://www.duh.de/abgasalarm eingesehen werden. Neben den 75 Städten, bei denen offizielle Messungen Grenzwertüberschreitungen belegen, zeigt diese Zusammenstellung Messwerte oberhalb der 40 µg/m3 in 41 weiteren Städten auf. Insgesamt ergibt das 116 Städte. Die Luftqualität dieser Städte wird nicht durch die zuständigen Behörden überwacht und konnte nur durch Messungen engagierter Anwohner und die wichtige Arbeit von Vereinen und Rundfunkanstalten aufgedeckt werden.

Hintergrund:

Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 27. Februar 2018 zur Rechtmäßigkeit von Diesel-Fahrverboten wurden in Hamburg nach Klage des BUND streckenbezogene Fahrverbote für Diesel umgesetzt, ebenso sind erste Diesel-Fahrverbote in Stuttgart in Planung. In den laufenden Gerichtsverfahren der DUH in derzeit insgesamt 28 Städten mit deutlichen Grenzwertüberschreitungen rechnet der Umwelt- und Verbraucherschutzverband mit weiteren gerichtlichen Entscheidungen, die zu Fahrverboten für Diesel schlechter als Abgasstufe Euro 5 noch in diesem Jahr getroffen werden. Zuletzt hatte die EU-Kommission im Laufe des Vertragsverletzungsverfahrens die Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof wegen anhaltender Überschreitung de NO2-Jahresmittelwertes verklagt.

Von der Bundesregierung fordert die DUH die Ausdehnung des „Sofortprogramms für Saubere Luft“ auf alle Städte und Gemeinden mit gesundheitlich bedenklichen Werten, d.h. oberhalb von 20 µg/m3. Aus Sicht der DUH kann es nicht sein, dass die Bundesregierung nur den Städten und Gemeinden hilft, die eine amtliche verkehrsnahe Messstation haben. Um die notwendigen Diesel-Fahrverbote auf möglichst wenige Fahrzeuge zu beschränken, muss die Bundesregierung sicherstellen, dass schnell eine wirksame Hardware-Nachrüstung aller Diesel der Abgasnorm Euro 5+6 auf Kosten der jeweiligen Hersteller im Rahmen eines amtlichen Rückrufs erfolgt.

In ihrem jährlichen Bericht über die Luftqualität in Europa und die daraus resultierenden Gesundheitsschäden hatte die Europäische Umweltagentur EEA im Herbst 2017 die gesundheitlichen Folgen der NO2-Verschmutzung mit jährlich 12.860 vorzeitigen Todesfälle allein in Deutschland beziffert. Auch das Umweltbundesamt hat mit seiner am 8. März 2018 veröffentlichten Studie zu den Gesundheitsfolgen der NO2-Belastung unserer Atemluft davor gewarnt, dass schon bei Konzentrationen deutlich unterhalb des Grenzwertes jährlich über 800.000 Atemwegs-, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes sowie 6.000 vorzeitige Todesfälle zu verzeichnen sind.

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