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Deutscher Verkehrssicherheitsrat sicher.mobil.leben - Verkehrssicherheitsaktion hat „Brummis im Blick“

Bundesweit kontrolliert die Polizei übermorgen, am Donnerstag, den 12. September 2019, die Sicherheit von Lkw und Fahrtauglichkeit der Fahrer. Das Motto der Verkehrssicherheitsaktion sicher.mobil.leben. lautet „Brummis im Blick". Denn die Folgen von Unfällen unter Beteiligung von Lkw sind häufig besonders dramatisch. 2018 ereigneten sich 28.631 solcher Unfälle. Dabei wurden rund 39.500 Personen verletzt, etwa 7.300 schwer und 762 Menschen wurden getötet.

Kontrollen sind wichtig für die Verkehrssicherheit
Das Risiko bei einem Lkw-Unfall getötet zu werden, ist für alle übrigen Verkehrsteilnehmer fast viermal so hoch als für die Fahrer von Lkw. „Aufgrund der dramatischen Unfallfolgen ist es immens wichtig, Unfälle unter Beteiligung von Lkw zu verhindern. Der Kontrolltag der Polizei zeigt Sicherheitsprobleme auf und macht deutlich, wo die Prävention ansetzen muss“, sagt
Prof. Dr. Walter Eichendorf, Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR).

DVR ist Partner von sicher.mobil.leben
Der DVR ist, neben der Deutschen Hochschule der Polizei, dem Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und den Zollbehörden ein Partner der diesjährigen Aktion.

Um unfallfrei ans Ziel zu kommen, hat der DVR sieben Empfehlungen für Lkw-Fahrer, Speditionen und Logistiker:

1. Ausreichend schlafen und Pausen machen! Jeder Mensch hat seinen eigenen Biorhythmus. Speditionen und Logistiker sollten das berücksichtigen und Fahrern individuelle Pausen im Rahmen der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten ermöglichen.

2. Bremsen und Reifen okay? Sichere Straßen durch sichere Fahrzeuge! Bei technischen Unterwegskontrollen stellten die Polizeien der Länder und das BAG in den vergangenen zwei Jahren bei rund jedem fünften Lkw technische Mängel fest. Um diese zu vermeiden, sind Fahrer dazu verpflichtet, das Fahrzeug vor der Abfahrt auf technische Mängel zu überprüfen und diese beheben zu lassen.

3. Nicht zu viel laden und richtig sichern! Ist ein Lkw überladen, verlängert sich u.a. der Bremsweg - eine Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer. Zudem muss die Ladung vor der Fahrt richtig gesichert  werden und sollte auch während des Transports, z.B. bei Pausen, überprüft werden. Fällt Ladung auf die Fahrbahn kann das zu dramatischen Unfällen führen. Schulungen, wie man Ladung richtig sichert, sind hilfreich für die Verantwortlichen in Betrieben und die Fahrer.

4. Lkw freiwillig mit Abbiegeassistenten nachrüsten! Um die Anzahl von Abbiegeunfällen zu reduzieren, fordert der DVR Speditionen, Bund, Länder und Kommunen auf, ihre Flotten mit Abbiegeassistenten nachzurüsten. Langfristig sollten die Systeme auch eine Notbremsung einleiten können. Von der Industrie fordert der DVR, mit Hochdruck solche Systeme zu entwickeln. 

5. Notbremsassistent eingeschaltet lassen! Fährt ein Lkw auf ein Fahrzeug auf, sind die Folgen häufig dramatisch. Notbremsassistenten können helfen, diese Unfälle zu vermeiden. Voraussetzung dafür ist, dass sie nicht abgeschaltet werden.

6. Einsteigen, anschnallen, sicher ankommen! Sich im Lkw anzuschnallen ist nicht für alle selbstverständlich. 2018 lag die Gurtanlegequote bei Lkw-Fahrern, laut der Bundesanstalt für Straßenwesen, im Schnitt bei 87 Prozent. Dabei fährt man angeschnallt sicherer. Bei einem Unfall kann der Gurt Leben retten.

7. Kein Alkohol hinterm Steuer! 244 Menschen starben 2018 bei Alkoholunfällen im Straßenverkehr, 4.634 wurden schwer verletzt. Um das Fahren unter Alkoholeinfluss möglichst zu unterbinden, setzt sich der DVR für den präventiven Einbau von Alkohol-Interlock-Systemen ein.

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Bremsscheiben effektiv schützen durch neues Fraunhofer- Beschichtungsverfahren

Beschichtung einer Bremsscheibe mit EHLA.  © Fraunhofer ILT, Aachen / Volker Lannert.
Beschichtung einer Bremsscheibe mit EHLA. © Fraunhofer ILT, Aachen / Volker Lannert.

Zu den am stärksten beanspruchten Teilen eines Autos gehören Bremsscheiben
– diese erzeugen durch den hohen Verschleiß eine immense Umweltbelastung
durch Feinstaub. Ein neues Beschichtungsverfahren des Fraunhofer-Instituts
für Lasertechnik ILT und der RWTH Aachen University reduziert diese
Nachteile signifikant. Mit dem Extremen Hochgeschwindigkeits-
Laserauftragschweißen (EHLA) können erstmals schnell und wirtschaftlich
Verschleiß- und Korrosionsschutzschichten auf Bremsscheiben aufgebracht
werden.

Herkömmliche Bremsscheiben bestehen aus Gusseisen mit eingelagertem
Graphit, das sich durch eine gute Temperaturleitfähigkeit und ein gutes
Wärmespeichervermögen bei gleichzeitig geringem Preis auszeichnet. In Kauf
genommen wird dabei aber eine starke Korrosionsneigung und hoher
Materialverschleiß im Betrieb, der zu beträchtlichen Feinstaubemissionen
führt. Übliche Beschichtungsprozesse – etwa galvanotechnische Verfahren
oder thermisches Spritzen – können die Bremsscheiben bislang nicht
effektiv schützen. Denn sie ermöglichen keine stoffschlüssige Verbindung
der Schutzschichten mit dem Gusseisen und sind material- und
kostenintensiv.

Wirtschaftliche und technische Vorteile

Ein neues Verfahren kann nun aber diese Nachteile vermeiden: das Extreme
Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA) – entwickelt vom
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen gemeinsam mit dem
Lehrstuhl Digital Additive Production DAP der RWTH Aachen University.

»Das EHLA-Verfahren eignet sich besonders für die Automobilindustrie – z.
B. für die Beschichtung von Bremsscheiben, die bisher wegen der großen
Belastungen und hohen Anforderungen an Wirtschaftlichkeit sowie
Umweltfreundlichkeit nur schwierig beschichtet werden konnten. Durch EHLA
lassen sich erstmalig gut haftende Schichten auf Bremsscheiben auftragen,
die fest mit dem Grundstoff verbunden, im Gegensatz zu den mit
herkömmlichen Verfahren erzeugten Schichten, nicht abplatzen können«, so
Thomas Schopphoven, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Teamleiter
»Produktivität und Systemtechnik« in der Gruppe Laserauftragschweißen am
Fraunhofer ILT.

Klassische Verfahren am Limit

Während die Schichten herkömmlicher Verfahren Poren und Risse aufweisen,
sind die mit dem EHLA-Verfahren erzeugten Schichten dicht und schützen das
Bauteil wesentlich effizienter und langfristiger. Dies erhöht die
Lebensdauer und verhindert frühzeitige Ausfälle durch Oberflächenschäden
der Reibflächen. Da mit dem Verfahren eine große Materialpalette
verarbeitet werden kann, wird eine anwendungsangepasste Beschichtung mit
umweltfreundlichen Materialien möglich.

Die Innovation basiert auf einem bekannten Verfahren, dem
Laserauftragschweißen, das sich als Reparaturverfahren z. B. für
Turbinenschaufeln bewährt hat. Gegenüber diesem bietet EHLA allerdings
entscheidende Vorteile.

Neue Prozessführung für extreme Geschwindigkeiten senkt Wärmeeintrag

Beim EHLA-Verfahren werden die Pulverpartikel des Beschichtungswerkstoffes
direkt im Laserstrahl aufgeschmolzen und nicht erst im Schmelzbad auf der
Oberfläche des Bauteils. Da so flüssige Materialtropfen statt feste
Pulverpartikel in das Schmelzbad gelangen, kann die Prozessgeschwindigkeit
von bisher 0,5 bis 2 Metern pro Minute beim herkömmlichen
Laserauftragschweißen um mehrere Größenordnungen auf bis zu 500 Meter pro
Minute gesteigert werden.

Die große Prozessgeschwindigkeit führt dazu, dass die Wärmeeinwirkung auf
das zu beschichtende Material deutlich sinkt. Statt wie beim herkömmlichen
Laserauftragschweißen bis in den Millimeterbereich wird durch EHLA das
Material nur im Mikrometerbereich thermisch beeinflusst. So werden
vollkommen neue Materialkombinationen möglich: z. B. die Beschichtungen
von Aluminium- oder Gusseisenlegierungen – wie nun bei den Bremsscheiben.

Anders als bei herkömmlichen Auftragschweißverfahren wird mit EHLA
vermieden, dass sich der Kohlenstoff aus der Bremsscheibe in der Schmelze
löst, wodurch sonst spröde Phasen, Poren, Bindefehler und Risse in der
Beschichtung bzw. der Anbindungszone entstehen. Damit können Bremsscheiben
aus Grauguss erstmalig effektiv mit stoffschlüssig angebundenen Schichten
geschützt werden.

Ressourceneffizient und prozesssicher mit hoher Qualität

Normalerweise können mit Auftragschweißverfahren nur dicke Schichten ab
einem halben Millimeter hergestellt werden, wodurch viel Material
eingesetzt werden muss und die Nachbearbeitung sehr aufwändig ist. Das
EHLA-Verfahren ermöglicht es nun, sehr dünne Schichten mit Dicken von 25
bis 250 Mikrometern aufzutragen. Die Schicht wird reiner und glatter – die
Rauheit konnte auf etwa ein Zehntel bisheriger Werte reduziert werden.
Außerdem werden beim neuen EHLA-Verfahren rund 90 Prozent des Materials
genutzt. Dadurch ist das Verfahren extrem ressourcenschonend und
wirtschaftlicher. Die Voraussetzungen für den serienmäßigen, industriellen
Einsatz sind damit gegeben.

Und dieser steht kurz bevor. Erste erfolgreiche Untersuchungen beweisen,
dass das EHLA-Verfahren mittlerweile die reproduzierbare Herstellung
beschichteter Bremsscheiben auf der Basis konventioneller Grauguss-
Scheiben mit unterschiedlichen Materialkombinationen ermöglicht. Eine
serientaugliche Anlagentechnik mit angepasster Endbearbeitung durch
Schleifen wird gerade in Aachen durch die Firma HPL Technologies
aufgebaut.

Mehrfach ausgezeichnete Innovation

Übrigens überzeugten die Vorteile des Verfahrens gleich drei Jurys
renommierter Innovationspreise: Bereits mit dem Joseph-von-Fraunhofer-
Preis 2017 ausgezeichnet, erhielt EHLA den Berthold Leibinger
Innovationspreis 2018 und wurde im gleichen Jahr als umweltfreundliche
Laser-Alternative zur Chrom(VI)-Beschichtung mit dem 2. Preis des Stahl-
Innovationspreises in der Kategorie »Stahl in Forschung und Entwicklung«
ausgezeichnet.

Fraunhofer auf der IAA 2019

Details zum EHLA-Verfahren und weiteren aktuellen Themen aus Forschung und
Entwicklung erfahren Interessenten vom 10. bis zum 13. September auf dem
Fraunhofer-Gemeinschaftsstand C12 in Halle 4.1 auf der Internationalen
Automobil-Ausstellung 2019 in Frankfurt.

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Statement: Elektroautos gehen auch bei Rekordhitze nicht in Flammen auf

Prof. Dr.-Ing. Boris Schilder  Foto: Alexander Husenberth/Frankfurt UAS
Prof. Dr.-Ing. Boris Schilder Foto: Alexander Husenberth/Frankfurt UAS

Sicherheit auch bei hohen Außentemperaturen: Prof. Dr.-Ing. Schilder von
der Frankfurt UAS nimmt Stellung zu aktuellen Medienberichten und verweist
auf Thermomanagement-Systeme für Batteriezellen

Über brennende Elektroautos berichten Medien immer wieder. Angesichts des
heißen Sommers steht die Frage im Raum, ob E-Autos bei diesen
Rekordtemperaturen in Flammen aufgehen könnten. Dies ist Anlass für Prof.
Dr.-Ing. Boris Schilder, Professor für Thermodynamik und Strömungslehre an
der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), mit einigen
Fakten das vermeintlich heiße Thema etwas abzukühlen.

„Lithium-Ionen-Batteriezellen, die Standard sind bei aktuellen
Elektroautos, sollten in einem Temperaturfenster von ca. 15 bis 35 Grad
betrieben und gelagert werden. Bei niedrigeren Temperaturen sinkt die
Leistung, und der elektrische Widerstand der Batterie steigt an. Dadurch
verringert sich die Reichweite des Elektroautos. Bei Temperaturen oberhalb
von 35 Grad reduziert sich dagegen die Lebensdauer von Batterien.
Thermomanagement-Systeme, die kühlen und häufig auch heizen können, sorgen
in Elektroautos dafür, dass die Batterietemperatur im oben genannten
Temperaturfenster gehalten wird“, erläutert der Wissenschaftler, der
selbst solche Thermomanagement-Systeme für die Autoindustrie entwickelt
hat. „Sicherheitskritisch werden erst Batterietemperaturen im Bereich ab
ca. 130 Grad. Bei diesen Temperaturen können Kurzschlüsse und/oder
chemische Reaktionen auftreten und Brände ausgelöst werden.“

Elektroautos geraten laut Schilder trotz sehr hoher Außentemperaturen
nicht in Brand. Die Gründe dafür sind:
1. Das Thermomanagement-System sorgt dafür, dass die Batterietemperatur im
oben genannten Bereich bleibt. Bei einigen Herstellern arbeitet das System
auch bei geparkten Fahrzeugen, hauptsächlich, um die Lebensdauer der
Batterie zu verlängern.
2. Selbst wenn kein Thermomanagement-System die Batterie kühlt, weil
entweder keines vorhanden ist oder es versagt, sorgt eine
Temperaturüberwachung dafür, dass die sich im Betrieb befindende Batterie
abgeschaltet wird und zwar lange, bevor sicherheitskritische Temperaturen
erreicht werden.
3. Ist das E-Auto geparkt, befindet sich die Batterie nicht im Betrieb und
generiert auch keine Abwärme. Selbst bei sehr hohen Außentemperaturen,
Sonneneinstrahlung und ohne aktives Thermomanagement werden innerhalb der
Batterie keine sicherheitskritischen Temperaturen von mehr als 130 Grad
erreicht.

„Elektrofahrzeuge sind relativ sicher, und ich halte einen Brand bei einem
Fahrzeug mit konventionellem Antrieb mit Verbrennungsmotor für
wahrscheinlicher. Aufgrund der Neuheit der Technologie stehen
Elektrofahrzeuge jedoch stärker im Fokus der Berichterstattung, und
einzelne Unfälle fallen daher stärker auf“, nimmt Schilder an. „In der
Regel werden diese Brände jedoch durch Unfälle, fehlerhafte
Batteriezellen, Elektronik- oder Software-Fehler verursacht und nicht
durch hohe Außentemperaturen.“

Auch wenn durch hohe Umgebungstemperaturen die Sicherheit nicht
beeinträchtigt wird, reduzieren sie die Batterielebensdauer und die
Reichweite des Elektroautos. Der Energieverbrauch des Thermomanagement-
Systems und insbesondere der Klimaanlage kann die Reichweite des
Elektroautos bei Umgebungstemperaturen von 40 Grad gegenüber moderaten
Temperaturen von 20 Grad im Extremfall um bis zu ca. 50 Prozent
reduzieren. Leistungslimitierungen aufgrund hoher Umgebungstemperaturen
sind dagegen nicht die Regel, können aber bei Elektroautos auftreten, die
über ein unzureichendes Thermomanagement-System verfügen.

Zur Person:
Prof. Dr.-Ing. Boris Schilder ist Professor für Thermodynamik und
Strömungslehre an der Frankfurt University of Applied Sciences. Einer
seiner Arbeitsschwerpunkte ist das Thermomanagement von Fahrzeugen,
Batterien, Brennstoffzellen und Elektronik. Vor seinem Ruf an die
Frankfurt UAS war Schilder beim Autohersteller Opel u.a. für die
Entwicklung von Thermomanagement-Systemen für Batterien von Elektroautos
zuständig.

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Promille-Höchstgrenze für Medikamente im Straßenverkehr?

Fahrtüchtigkeit: Für Krebspatienten, die Medikamente einnehmen, ein wichtiges Thema.V.„ Bild: Pixabay-2732934_1920“
Fahrtüchtigkeit: Für Krebspatienten, die Medikamente einnehmen, ein wichtiges Thema.V.„ Bild: Pixabay-2732934_1920“

Wenn Medikamente im Spiel sind, kann das Autofahren heikel werden - auch für Krebspatienten. Was ist erlaubt, worauf ist zu achten und was sind mögliche Alternativen? Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums gibt Auskunft. Autofahren bedeutet auch für Krebspatienten Unabhängigkeit und Mobilität. Für Fahrten zum Arzt, ins Krankenhaus oder zur Arbeit sind sie oft auf ihren fahrbaren Untersatz angewiesen. Heikel kann das werden, wenn Medikamente im Spiel sind. Denn rund ein Fünftel aller zugelassenen Arzneimittel können nach den Angaben ihrer Hersteller die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums erläutert die Rechtslage: Was ist erlaubt, worauf ist zu achten und welche Alternativen bieten sich an?

„Gibt es einen festgelegten Medikamentengrenzwert, der über meine Fahrtüchtigkeit entscheidet?“ So die Frage einer Patientin an den Krebsinformationsdienst. Ihr Arzt hatte ihr vom Autofahren abgeraten, da sie wegen ihrer Krebserkrankung ambulant Zytostatika zur Hemmung der Zellteilung erhält. Die Medikamente sind dafür bekannt, Übelkeit und Schwindel zu verursachen sowie die Reaktionsfähigkeit zu beeinflussen. Ähnliche Nebenwirkungen haben monoklonale Antikörper, die bei bestimmten Formen von Brustkrebs und Magenkrebs verordnet werden. Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes am Deutschen Krebsforschungszentrum zu der Frage: „Etwas Vergleichbares wie die Promillegrenze beim Alkohol gibt es für Medikamente nicht. Viele Arzneimittel zeigen starke individuelle Wirkunterschiede, so dass die Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit nur geschätzt werden kann. Daher empfehlen wir, auf den Rat des Arztes zu hören – zum eigenen Schutz und dem der anderen Verkehrsteilnehmer.“ 

Rechtslage 

Laut Straßenverkehrsordnung ist das Autofahren unter Einnahme von Medikamenten erlaubt, wenn die Medikamente notwendig sind und vom Arzt verordnet wurden. Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, die Fahrtauglichkeit des Patienten zu beurteilen und ihn entsprechend in Kenntnis zu setzen. Für ein Fahrverbot hat der Arzt juristisch keine Handhabe. Ist ihm jedoch bekannt, dass ein Patient trotz Fahruntauglichkeit Auto fährt, so kann er dies der zuständigen Führerscheinstelle melden – er ist dazu aber nicht verpflichtet. Vielmehr liegt die Entscheidung in seinem ärztlichen Ermessen. Ärztliche Schweigepflicht einerseits und Verkehrssicherheit andererseits sind abzuwägen. Konkret heißt das meistens: Der Arzt spricht eine Warnung aus und lässt sich diese schriftlich bestätigen. Für alles Weitere ist der Patient dann selbst verantwortlich. Nicht nur Medikamente und ihre Nebenwirkungen sind für Krebspatienten triftige Gründe, das Auto stehen zu lassen. Ein Schwächeanfall, Übelkeit oder ein instabiler Kreislauf können im Straßenverkehr zu gefährlichen Situationen führen. Grundsätzlich gilt: Unabhängig von der Empfehlung des Arztes, jeder Patient ist vor dem Tritt aufs Gaspedal verpflichtet, seine physische und psychische Fahrtauglichkeit selbstkritisch einzuschätzen.

Und im Falle eines Unfalls?

Kommt es unter Medikamenteneinnahme zum Unfall, übernimmt die KFZ-Haftplicht-Versicherung nicht unbedingt den entstandenen Schaden. Der Versicherungsschutz kann insbesondere dann entfallen, wenn der Patient vom Arzt explizit auf seine Fahruntüchtigkeit hingewiesen wurde. Außerdem kann es zu strafrechtlichen Konsequenzen kommen: Eine Geld- oder Freiheitsstrafe wegen fahrlässigen Eingriffs in den Straßenverkehr und, bei Personenschaden, wegen Körperverletzung. Carmen Flecks, Juristin beim Krebsinformationsdienst bestätigt: „Die Verantwortung für das Fahren und seine Folgen liegen allein beim Patienten. Dessen sollte sich jeder bewusst sein.“ Übrigens: Bei vorliegender Fahruntüchtigkeit vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen, ist keine Lösung. Die meisten Bestimmungen gelten auch für alle anderen Transportmittel, angefangen vom Fahrrad über das Motorrad und den Roller bis hin zum Traktor. 

Alternativen zum Selbstfahren 

Wer Bedenken hat, sollte auf Nummer sicher gehen: Er kann Freunde und Verwandte um Hilfe bitten oder nutzt öffentliche Verkehrsmittel. Geht es um Fahrten zur Behandlung oder zur Reha, tragen gesetzliche und private Krankenkassen die Kosten, vorausgesetzt, es liegt eine ärztliche Verordnung vor. Je nach Situation erstatten sie Ausgaben für öffentliche Verkehrsmittel, Taxi oder Krankenfahrdienste. Allerdings müssen Patienten mit einer Eigenbeteiligung rechnen. Die Höhe dieser Zuzahlung und Möglichkeiten, sich davon befreien zu lassen, können bei der jeweiligen Krankenkasse erfragt werden. 

Der Krebsinformationsdienst bietet zum Thema „Autofahren bei Krebs“ ein Informationsblatt an. Es kann über den folgenden Link heruntergeladen werden: https://www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/iblatt/iblatt-auto-fahren-bei-krebs.pdf?m=1526316952 Der Dienst ist seit über 30 Jahren der Ansprechpartner für alle Fragen zu Krebs. Jeder kann sich mit seinen Fragen telefonisch und kostenlos täglich von 08:00 bis 20:00 Uhr unter 0800-420 30 40 sowie per E-Mail unter krebsinformationsdienst@dkfz.de an ihn wenden. Das Gute: Die Ärztinnen und Ärzte des Dienstes informieren wissenschaftlich fundiert, neutral und unabhängig. 

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