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«Piano Summit» im KKL Luzern, Kenny Barron, Danny Grissett , Benny Green und Dado Moroni, 22. Januar 2019, besucht von Léonard Wüst

Alle vier Pianisten an den beiden Flügeln vereint Foto Boris Bürgisser
Alle vier Pianisten an den beiden Flügeln vereint Foto Boris Bürgisser

Besetzung:

Kenny Barron, Piano – Danny Grissett , Piano – Benny Green, Piano – Dado Moroni, Piano

Rezension:

Danny Grissett, der Ersatz für Cyrus Chestnut
Danny Grissett, der Ersatz für Cyrus Chestnut

Weltklassepianisten im KKL in Luzern, ob im klassischen oder jazzigen Bereich, sind ja schon eine Selbstverständlichkeit. Aber gleich vier davon in einem Konzert ist dann schon aussergewöhnlich Dass kurzfristig, aufgrund einer Erkrankung von Cyrus Chestnut, Danny Grissett für diesen einsprang, ist eher nebensächlich. Grissett ist ein zu versierter Virtuose, als dass dies auf die Qualität einen negativen Einfluss hätte haben können, zumal er früher auch schon mit „Piano Summit“ auf Tour und somit seinen Musikerkollegen schon bestens vertraut ist.

Erwartungen im Auditorium natürlich hoch, gar zu hoch?

Dado Moroni im Element
Dado Moroni im Element

Die Besetzung mit den vier virtuosen und hellhörigen Pianisten, die auf unterschiedliche Weise im Bebop verwurzelt sind, liess die Hoffnung auf ein ganz besonderes Konzert aufkeimen und das Publikum, mehrheitlich eher  gesetzteren Alters, war in aufgeräumter Stimmung und voller Vorfreude. Es war dann der „Einspringer“ Danny Grissett der sich als erster an einen der zwei Konzertflügel setzte und seine flinken Finger über die Tasten tanzen liess. Nachdem er sich mit einem Standard warmgespielt hatte, bat er den genuesischen Autodidakten  Dado Moroni auf die Bühne, an den zweiten, dort platzierten Konzertflügel. Auch der Italiener spielte sich kurz ein, bevor sie zu zweit loslegten. Dem Mann aus Genua sitzt der Schalk im Nacken, kontrastiert gegenüber dem eher ernsthaften Kalifornier am andern Flügel. Trotzdem harmonierten sie perfekt, intoniert der eine das Thema, wird es vom andern ausgeschmückt. Sie wechseln ab, stacheln sich dabei gegenseitig, ohne Worte, Gesten oder Blicke, an, werfen sich die Harmonien zu, schälen Kontraste heraus, garnieren mit ein paar Phrasen, mühe- und schwerelos huschen ihre Finger über die 176 Tasten der zwei Flügel.

Kenny Barren inszeniert Thelonious Monks «Well, You Needn’t»

Pianist Kenny Barron
Pianist Kenny Barron

Stilistisch überragend, der inzwischen 75jährige Grossmeister Kenny Barron der Monks Komposition geradezu seziert, entschlüsselt, modelliert und schlussendlich wieder zusammenfügt, so lässig gekonnt, wie er das seit 60 Jahren auf den Bühnen dieser Welt zelebriert. Nach einiger Zeit allein auf der Bühne, rief er den in Berkeley (Kalifornien) geborenen, gewitzten Benny Green auf dieselbe und sogleich legten sie los, leider auch sie nicht mit einem Renner des Be Pop, sondern mit eher ruhigen Balladen. Warum nicht zwischendurch was fetziges, einen Boogie Woogie, eine Ragtime Nummer, gar einen Klassiker wie „Take the A train“, St. Louis Blues, Caravan o.ä.?

Höhepunkt des Konzertes Blue Monk, interpretiert zu viert an zwei Flügeln

Benny Green JAZZBALTICA 2010 Foto Rolf Kissling
Benny Green JAZZBALTICA 2010 Foto Rolf Kissling

Vier grossartige Jazzpianisten, zwei perfekt gestimmte Flügel und eine wunderbare Saalakustik: Eigentlich perfekte Voraussetzungen für ein  Spektakel der Extraklasse. Jeder für sich absolute Weltklasse, aber der Ausflug in die Comedy Szene passt irgendwie nicht zu diesen grossartigen Musikern, mussten zwangsläufig missglücken. Die Versuche von Benny Green als Grimassen schneidender „Stand up comedian“ wirkten hilflos und sollten wohl das Publikum dazu animieren, etwas euphorischer mitzugehen. Ausgerechnet Benny Green, an sich ja wirklich ein witzig, pfiffiger Interpret, musste den Part des Clowns übernehmen. Gut besannen sich die Protagonisten dann doch wieder anders und griffen in die Tasten, spielten sich die Bälle (in Form von Noten und Harmonien) gekonnt zu. Dado Moroni hängte da schon mal den italienischen Macho raus, während Kenny Barron stoisch den unerschütterlichen Grandseigneur gab, Danny Grissett mit verblüffenden Einwürfen überraschte und Benny Green den ihm aufoktroyierten Tölpel leider nicht mehr ganz wegbrachte. Der Applaus des Auditoriums fiel trotzdem sehr stürmisch aus und beorderte die vier Künstler auf die Bühne zurück, um eine Zugabe zu gewähren. Diese fiel dann, mit «Rhythm-A-Ning», ebenfalls von Thelonious Monk, etwas zügiger, verspielter aus. Trotzdem: Sollten Sie den „Piano summit“ verpasst haben, haben Sie nicht wirklich etwas verpasst!

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:

www.allblues.ch

www.jazzluzern.ch

kennybarron.com/

http://www.dannygrissett.com/

bennygreenmusic.com

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Die Sprache der Magyaren – Ein Jahr im Zeichen Béla Bartóks von Anna Rybinski

MusikWerk 2019
MusikWerk 2019

MusikWerk Luzern, der Treffpunkt für die Klassische Moderne feiert ein kleines Jubiläum: Es ist die fünfte Saison, in der die künstlerischen Leiter Beni Santora, Lisa Schatzman und Adrian Meyer jeweils einen bedeutenden Komponisten des 20.  Jahrhunderts  in den Mittelpunkt ihrer Konzertreihe  stellen.

Béla Bartók 1927 Foto Kertész
Béla Bartók 1927 Foto Kertész

Viele Kompositionen der Grössten wie Stravinsky, Schönberg, Bartók und  Ravel sind nach wie vor selten auf Konzertprogrammen zu finden. MusikWerk widmet sich diesen rätselhaften und komplexen Werken und stellt sie in dramaturgisch abgestimmten Konstellationen zu- und gegeneinander. An fünf Abenden  werden die Lebensstationen, das Umfeld  und der historische Hintergrund  eines Komponisten nachgezeichnet, mit kammermusikalischen Raritäten,  Bildern, Videos und  Informationen in den Begleittexten. Die Konzertreihe  hat ein eigenes Netzwerk aus hervorragenden Musikern  aufgebaut, das Ensemble Metropolis.

 

Die bisherigen Konzertthemen waren:

2015 «Der Fall Schönberg »

2016  «Die Reisen des Herrn Martinů »

2017  «Dandy aus Ustilug,  Igor Stravinsky»

2018  «Die Schweizer in Paris».

Das letzte Jahr war  den Schweizer Komponisten gewidmet, die  dem deutschen Einfluss entfliehen wollten und ihre geistige Heimat in der französischen  Avantgarde  gefunden hatten:  Arthur Honegger, Conrad Beck und Frank Martin.

Im Mittelpunkt der neuen Saison steht der grösste ungarische Komponist: Béla Bartók

Bartók auf Sammelreise  in Ungarn  Bartok Archivum
Bartók auf Sammelreise in Ungarn Bartok Archivum

Er entwickelte nach den Jugendjahren einen unverwechselbaren radikalen Stil, dessen Wurzeln trotzdem in der einfachen Volksmusik zu suchen sind. Diese Wurzeln waren mannigfaltig; er sammelte und zeichnete  ungarische, rumänische, serbische, arabische, slowakische, ruthenische, ukrainische und türkische Motive auf. Sein Tonfall hingegen blieb bis zum Lebensende der Tonfall der ungarischen Sprache: das ist der finno-ugrische Zweig innerhalb der uralischen Sprachfamilie. Der ungarische Duktus – das Charakteristikum beim Schreiben und beim Sprechen dieser kleinen Ethnie – wurde in seinen Werken musikalisch verewigt.

Bartók beginnt seine Karriere als Konzertpianist, Komponist und Hochschulprofessor. Bald hat er jedoch seine wichtigste Berufung gefunden: das Sammeln und Analysieren von Bauernmusik. Er  bereist die Länder  der Habsburger Monarchie vor dem 1. Weltkrieg, später sammelt er Lieder auch in Anatolien, Ägypten und Norwegen. Das Konzertleben und der Unterricht werden von ihm eher als Broterwerb empfunden, während Volksmusik und Komponieren zu einem untrennbaren Ganzen zusammenwachsen.

Diese Zeilen sind quasi das Glaubensbekenntnis von ihm:

 „Meine eigentliche Idee, der ich mir – seitdem ich mich als Komponist gefunden habe – vollkommen bewusst bin, ist die Verbrüderung der Völker, eine Verbrüderung trotz allem Krieg und Hader. Dieser Idee versuche ich – soweit es meine Kräfte gestatten – in meiner Musik zu dienen; deshalb entziehe ich mich keinem Einfluss, mag er auch slowakischer, rumänischer, arabischer oder sonst irgendeiner Quelle entstammen. Nur muss die Quelle rein, frisch und gesund sein!“

                                                                                         Béla Bartók 1931

Die Konzerte

Bartók in Anatolien MTA Bartók Archivum
Bartók in Anatolien MTA Bartók Archivum

Sie finden 2019 wiederum im Zentrum MaiHof statt, das ideale akustische Voraussetzungen für das Repertoire von MusikWerk Luzern bietet. Erfreulicherweise ist auch die  Jugend vertreten: In Juni mit der Luzerner Kantorei, in Oktober mit der Klavierfachschaft der Musikschule Luzern.

9. Februar 19.30: Um das Jahr 1905

Bartók unterwegs nach Amerika
Bartók unterwegs nach Amerika

Der junge Bartók ist  stark  inspiriert von den Impressionisten  Debussy und Ravel.  In Ungarn ist selbstverständlich Franz Liszt der grosse Doyen und die Zigeunermusik  ist allgegenwertig. Diese Einflüsse auf den Komponisten waren prägend: auf dem Programm stehen Werke von Liszt, Debussy,  und dem jungen Bartók.  Und ein Schuss feurige Zigeunermusik!

30. März 19.30: Der Wendepunkt

Wie eine Offenbarung muss die erste Berührung mit der echten Volksmusik auf Bartók gewirkt haben.  Mit der weltberühmten Volksmusikgruppe MUZSIKÁS wird das Konzert ein besonderes  Hörerlebnis bieten: Kein Ensemble hat sich in Ungarn die authentische Volksmusik mehr zu Eigen gemacht als diese vier Musiker. Wir können nachvollziehen, wie Bartók vor mehr als hundert Jahren den Klängen der Bauern gelauscht hatte.

Auf dem Programm stehen ausserdem Werke von Béla Bartók und Zoltán Kodály.

22. Juni 19.30: Natur, Folklore und Avantgarde

Sie verschmelzen bei Bartóks moderner Tonsprache  zu einer einzigartigen Synthese. Selbst in seinen komplexesten Werken schafft es Bartók, Elemente der Volksmusik mit ausgeklügelter Kontrapunktik zu kombinieren.

Auf dem Programm stehen Werke von Béla Bartók und Zoltán Kodály.

Die Luzerner Kantorei wird  die einzigartigen Volkslieder-Bearbeitungen für Kinderchöre der beiden Komponisten singen.

26 . Oktober 19.30:  Freundschaften

Ernst von Dohnányi  als Pianist und Komponist  galt als eines der grossen Wunderkinder des Jahrhunderts. Bartók hingegen war noch Gymnasiast in Pressburg, als sie sich kennenlernten. Später setzt sich Dohnányi für seine Werke ein. Die Freundschaft zu Kodály war ganz anders geartet: Sie beide verband die Liebe und Leidenschaft zur Volksmusik, die sie  zu Tausenden sammelten und katalogisierten.

Werke von diesen drei Komponisten stehen auf dem Programm.

 

Künstlerische Leitung  von MusikWerk Luzern
Künstlerische Leitung von MusikWerk Luzern

In einem Vorkonzert um 18.30  ist die Musikschule Luzern zu Gast:  Wir hören Klavierstücke, die Bartók und Kodály für die Jugend komponierten.

13. Dezember 19.30: Kontraste

Drei Meisterwerke von Bartók schliessen die Konzertreihe ab; sie sind von sehr unterschiedlichem Charakter und doch unmissverständlich  von derselben Hand geschaffen.

Die Sonate für 2 Klaviere und Schlagzeug

Kontraste für Violine, Klarinette und Klavier

Streichquartett Nr.5

Text und Fotos : annarybinski.ch/

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Stadttheater Sursee, Der Graf von Luxemburg Operette in drei Akten von Franz Lehár, Première am 12. Januar 2019, besucht von Gabriela Bucher – Liechti

Applaus und die Standing Ovation an der Premiere Foto Roberto Conciatori
Applaus und die Standing Ovation an der Premiere Foto Roberto Conciatori

Besetzung und Produktion:

Künstlerische Leitung: Isabelle Ruf – Weber

Regie : Björn B. Bugiel

Hauptrollen

Christoph Waltle, René, Graf von Luxemburg

Andrea Hofstetter,Angèle Didier

Niklaus Loosli, Armand Brissard
Olivia Allemann, Juliette Vermont
Jens Olaf Müller,Fürst Basil Basilowitsch
Raya Sarontino, Gräfin Stasa Kokozowa
Damian Ahcin, Sergei Mentschikoff
Alois Suter, Pawel von Pawlowitsch
Andreas Fitz
sowie Chor, Ballett und Orchester
des Stadttheaters Sursee

 

Rezension:

Ein fürstlicher Graf von Luxemburg

Isabelle Ruf-Weber, Produktionsleitung und musikalische Gesamtverantwortung
Isabelle Ruf-Weber, Produktionsleitung und musikalische Gesamtverantwortung

Angesichts dieser absolut hochstehenden Inszenierung der Operette «Der Graf von Luxemburg» in Sursee sei ein kurzer Rückblick erlaubt: Wenn man früher, ganz früher, die Operette besuchte, war das, weil man die Hälfte der Mitwirkenden kannte, auf der Bühne und im Orchestergraben. Meist wusste man zum Voraus, welche Rolle mit wem besetzt werden würde. Die Kulissen bestanden aus gemalten Landschaften, da gabs Wirtshaus-Imitationen, hie und da ein Brunnen mit künstlichen Blumen. Schauspielerisch und gesanglich waren nicht immer alle auf demselben Niveau, aber alle waren mit viel Herzblut dabei. Die Surseer Operette lebte von ihrem regionalen Bezug, das war gemütlich, vertraut, amüsant aber bereits damals staunte man, was mit den zur Verfügung stehenden Mitteln geboten wurde. Nicht dass man dem nachtrauern sollte oder tut, keinesfalls, der Vergleich drängte sich aber am Premierenabend letzten Samstag auf, denn laut Aussagen von Daniel Gloor, des Präsidenten der Musik- und Theatergesellschaft Sursee, stand einer der anwesenden Premieren-Besucher vor 42 Jahren in eben dieser Operette selber auf der Bühne.

Die Surseer Operette war schon immer Garant für gute Unterhaltung, was aber dieses Jahr geboten wird, ist wohl in jeder Hinsicht kaum mehr zu steigern.

Fürstlich-gräfliche Liebeleien

Andrea Hofstetter als Angèle Didier
Andrea Hofstetter als Angèle Didier

Ganz kurz im Eiltempo zur Handlung: Alternder Fürst – eigentlich seit Jahren einer Gräfin im fernen Russland in Ehe versprochen – verliebt sich unsterblich in Nicht-Adlige, verkauft sie in vorübergehender Heirat an einen jungen aber mittellosen Adligen, um sie nach der Scheidung 3 Monate später als Geadelte selber ehelichen zu können. Die arrangierte Heirat geschieht inkognito, die beiden sehen sich nicht und tauschen Ringe durch ein Loch in der Leinwand des Gemäldes «Altar von Notre-Dame» des jungen Malers und Bohemiens Armand (noch 25 Gemälde-Zerstörungen stehen an in Sursee…). Kurz vor Ablauf der 3 Monate lernt sich das Noch-Ehepaar – wieder inkognito – kennen und lieben. Verzwickte Situation, wie in Operetten üblich, aber wie ebenfalls üblich löst sich alles zu Gunsten der Liebenden. Jeder kriegt, wen er verdient, ob es auch für jeden der oder die ist, die er liebt, ist eine andere Frage.

Christoph Waltle als René, Graf von Luxemburg
Christoph Waltle als René, Graf von Luxemburg

Wenig Handlung, trotzdem grosse, starke Szenen, opulente, gefühlvolle Melodien, das musste visuell aufgenommen und in Bühne und Kostümen wiedergespiegelt werden, erklärte Regisseur Björn B. Bugiel. Zudem gelte es, die von Jahr zu Jahr steigenden Erwartungen des Publikums zu erfüllen. Dass dabei die Ehrenamtlichen und auch die Bühne langsam an Grenzen stossen, hatte Daniel Gloor vorgehend bereits erzählt. Seine Zahlen belegen den Aufwand: über 3000 Arbeitsstunden für Bühnenbild und Kostüme, 130 vorprogrammierte Lichteinstellungen, 100 kg geklebte und genähte Pailletten, jeder Zentimeter der Bühne ausgenutzt und 858 Lämpchen im Einsatz (wofür sei nicht verraten, um den diesjährigen «Wow-Effekt» nicht zu beeinträchtigen). So aufwändig sei noch keine Operette gewesen, meinte Gloor und er sei zuversichtlich, dass es ihnen gelungen sei, eine noch glanzvollere Inszenierung zu kreieren als in den Vorjahren.

Grossartige Bühnenbilder

Raya Sarontino als Gräfin Stasa Kokozowa
Raya Sarontino als Gräfin Stasa Kokozowa

Das ist auch der Fall, Bühnenbilder und Kostüme begeistern: die stilisierte Pariser-Strassenschlucht mit Paillettenfenstern im ersten Akt ist gigantisch, der musikalische Auftakt des zweiten Aktes geht sogar unter im begeisterten Applaus des Publikums: der riesige, goldene Vorhang, die Roben der Damen, die weisse Treppe und Angèle in ihrem blutroten Kleid, eine Augenweide! Auch das Künstleratelier überzeugt in seiner Schlichtheit und das Foyer des Grand Hôtel mit rotem Samt und Kronleuchter erinnert an vergangene mondänere Zeiten.

Gesangliche Höchstleistungen

Olivia Allemann als Juliette Vermont
Olivia Allemann als Juliette Vermont

Das Sängerensemble ist sehr homogen und überzeugt auf hohem Niveau, Andrea Hofstetter ist eine glaubhaft elegante Angèle Didier, Christoph Waltle ein verführerischer, leicht sentimentaler Graf von Luxemburg, Olivia Allemann als Juliette und Niklaus Loosli als Armand sind gewinnend in ihrer Frische und Verspieltheit, Jens Olaf Müller gibt auf sehr amüsante Weise den alternden, leicht lächerlich verliebten Fürsten Basil Basilowitsch und Raya Sarontinos Stimme passt hervorragend zur verruchten Gräfin Stasa Kokozowa. Nicht missen möchte man das verschworene Trio von Damian Ahcin, Alois Suter und Andreas Fitze, welches für die Komik zuständig ist.

Ein Hauch von Moulin Rouge

Unser Ballett setzt mit Grazie und Charme die tänzerischen Höhepunkte in unserer Produktion.
Unser Ballett setzt mit Grazie und Charme die tänzerischen Höhepunkte in unserer Produktion.

Das Ballett glänzt mit mehr Auftritten als üblich. Im Karnevalsumzug des ersten Aktes legen die Tänzerinnen einen wahren Kostümmarathon hin (die Kostüme wurden in Zusammenarbeit mit der Willisauer LU Couture AG extra dafür angefertigt) im 3. Akt holen sie gar das Moulin Rouge nach Sursee. Über das kleine fehlende Stückchen Stoff bei diesem glamourösen Kostüm lässt sich diskutieren, aber der folgende «Wow-Effekt» lässt dies schnell vergessen.

Orchester unter der Leitung von Isabelle Ruf-Weber
Orchester unter der Leitung von Isabelle Ruf-Weber

Das Orchester unter der kompetenten Leitung von Isabell Ruf-Weber stellt sich nie in den Vordergrund, bleibt wunderbare Begleitung des Sänger-Ensembles und überzeugt mit schönen Bläser-Solis und schmelzenden Harfen-Einlagen (endlich wieder einmal, schwärmt die Dirigentin). Ob Temposchwankungen, Verzögerungen oder Rubati, Isabelle Ruf-Weber hat ihr Orchester und das Sängerensemble fest im Griff und was der lediglich 24-köpfige Chor leistet ist bemerkenswert.

Der Graf von Luxemburg, Szenenfoto von Roberto Conciatori 1
Der Graf von Luxemburg, Szenenfoto von Roberto Conciatori 1

Eine rundum mehr als gelungene Sache, die Surseer Operette ist ganz oben angekommen. Das Premierenpublikum dankte mit einer Standing Ovation. Operettenfan oder nicht, man sollte sich diese Aufführung nicht entgehen lassen, und sei es nur, um sich zu überzeugen, was auf Sursees Theater-Bühne möglich ist! Fehlt nur noch, dass im Foyer über den Köpfen des Publikums ein leichter Duft von «Trèfle Incarnat» schwebt…

Text  www.gabrielabucher.ch

Fotos: stadttheater-sursee.ch/willkommen

Kleine Fotodiashow der Produktion von Roberto Conciatori:

fotogalerien.wordpress.com/2019/01/09/stadttheater-sursee-der-graf-von-luxemburg-operette-in-drei-akten-von-franz-lehar/

Eine kleine Geschichte die das Theaterleben schrieb von Gabriela Bucher – Liechti: die „Zimmis und die Operette“:

innerschweizonline.ch/wordpress/geschichten-die-das-leben-schrieb-die-zimmis-stadttheater-sursee-von-gabriela-bucher-liechti/

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Mariinsky Orchestra, KKL Luzern, 9. Januar 2019 , besucht von Léonard Wüst

Das Mariinsky Orchestra unter Valery Gergiev
Das Mariinsky Orchestra unter Valery Gergiev

Besetzung und Programm:

Das Mariinsky Orchestra

Valery Gergiev (Dirigent)

 

  • Irina Churilova (Sopran)
  • Najmiddin Mavlyanov (Tenor)
  • Roman Burdenko (Bariton)
  • Mikhail Petrenko (Bass)
  • Evgeny Nikitin (Bass-Bariton)

Rezension:

Eine der typischen Gesten des Stardirigenten Valery Gergiev
Eine der typischen Gesten des Stardirigenten Valery Gergiev

Dirigent Valery Gergiev und sein Mariinsky Orchestra aus Sankt Petersburg sind regelmässig bei Migros – Kulturprozent – Classics Tourneen mit dabei. und werden vom Publikum immer ausgiebig gefeiert, das sollte auch an diesem Abend wieder so sein.

Bass Mikhail Petrenko   Foto Alexandra-Bodrova
Bass Mikhail Petrenko Foto Alexandra-Bodrova

Der Intendant des Migros – Kulturprozent Classics, Mischa Damev, begrüsste das Publikum mit einer schlechten, einer guten, einer sehr schlechten und einer sehr guten Nachricht: Der vorgesehene Bass Sänger Stanislav Trofimov musste aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen. Es sei aber gelungen, in der Person von Mikhail Petrenko, der sich grad in Italien befand, einen gleichwertigen Ersatz zu verpflichten. Die Flüge von Italien in die Schweiz wären aber, aufgrund des Schneefalls verschoben, teilweise ganz abgesagt worden. Der Sänger sei aber vor 60 Minuten mit dem Zug in Luzern eingetroffen und einsatzbereit.

Grundsätzliches zur Oper

Roman Burdenko (Bariton)
Roman Burdenko (Bariton)

Die lyrische Oper in einem Akt nach einem Libretto seines jüngeren Bruders Modest Tschaikowski, basiert  auf Kong Renés Datter (König Renés Tochter), dem Schauspiel des dänischen Dichters Henrik Hertz. Die Oper trägt die Opusnummer 69, wurde am 18. Dezember 1892 im Mariinski-Theater in Sankt Petersburg zur Uraufführung gebracht und spielt in einem Schlossgarten in der Provence im  15. Jahrhundert  Die dänische Prinzessin Jolanthe ist nicht nur blind, sondern weiß zudem nichts von ihrer Blindheit. Niemand in ihrer Umgebung wagt es, ihr die Wahrheit zu sagen, dabei wäre Heilung allein um den Preis der Erkenntnis möglich. Erst durch die Liebe zum Graf Vaudémont gelingt der Ausbruch aus diesem Teufelskreis – Jolanthe wird geheilt. Für diese Seelendramen, die sich in „Jolanthe“ abspielen schuf Tschaikowski eine Partitur, die zu seinen schönsten überhaupt gehört: kammermusikalisch differenziert, zart und einfühlsam, jedes Instrument individuell ausgefeilt. Über allem steht der Gegensatz von Dunkel und Licht als Leitmotiv der Oper. Deshalb der ganz den Bläsern vorbehaltene Beginn mit seiner dunklen Tönung, der sich erst nach und nach, durch Einbezug der Streicher, aufhellt. Am Ende preisen alle die Liebe und ihren Schöpfer in strahlendem Dur: „Du bist der helle Schein des Lichts der Wahrheit …“ Die grossartigen Vokalisten erschienen nach und nach, je nach ihrem vorgesehenen Einsatz, auf der Bühne.

Irina Churilova (Sopran)
Irina Churilova (Sopran)

Sopranistin Irina Churilova gibt eine wunderbare Titelheldin Jolanthe! Sie gewann zahlreiche Gesangswettbewerbe und verkörpert die blinde Königstochter mit ungemein kräftiger Stimme, langem Atem und strahlend schönen Höhen. Ihre Stimme, die auch in zärtlichen und leiseren Stellen entzückt und immer gut hörbar und über dem Orchester schwebt, ist sehr dicht und intensiv, wenn auch manchmal etwas unnatürlich. Sie behauptet sich, als einzige weibliche Stimme, gegen die geballte männliche Sangeskraft ihrer 4 Bühnenpartnersouverän, von denen sich Najmiddin Mavlyanov als burgundischer Ritter Vaudémont als ganz guter Tenor erweist, im Vergleich mit den tiefen Männerstimmen allerdings etwas abfällt. Seine Stimme ist kleiner und teilweise zu leise. Sie klingt zudem angestrengter und unnatürlicher, manchmal etwas dünn und fahl. Man nimmt ihm die Rolle als erlösender Geliebter Jolanthes nicht so ganz ab. Mavlyanov ist ganz gut und solide, aber ohne zu begeistern, gar zu berühren …und ganz ohne glänzenden Zauber. Dies ganz im Gegensatz zu den überragenden Bariton, Bass und Bass Bariton der andern drei russischen Sängern.

Najmiddin Mavlyanov (Tenor)
Najmiddin Mavlyanov (Tenor)

Der feurige und inbrünstige Schlussgesang aller Sänger mündet fast nahtlos über in den langanhaltemden Applaus des begeisterten Publikums.

2. Konzertteil Tschaikowsky: Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64

 Evgeny Nikitin (Bass-Bariton)
Evgeny Nikitin (Bass-Bariton)

Nach der Pause löste der erste Gastkonzertmeister Lorenz Nasturica-Herschcowici (leitet das Stradivari-Ensemble des Mariinsky Theaters) Leonid Veksler als Konzertmeister ab. Nasturica spielt eine Geige von Antonio Stradivari, „Rodewald“ von 1713 und agierte, rein körperlich gesehen, viel intensiver als dies Leonid Veksler zuvor getan hatte. Diese sichtliche Spielfreude übertrug sich hörbar auch auf das Orchester, welches so wachgerüttelt und zu noch engagierterer Spielweise animiert wurde. Die Sinfonie beginnt mit einem kurzen Klarinettenintro, bevor das Leitmotiv von den Streichern aufgegriffen und im Dialog mit den „Kleinbläsern“ weiterentwickelt wird. Wieder steht Gergiev ohne Podest inmitten seiner Musiker, würde sich am liebsten in die Streicher hineinwühlen, dirigiert auswendig – und nur schwer verständlich. Seine Hände fliegen zitternd durch die Luft, die Arme rudern, jeden Schlag gibt es mindestens fünfmal. Vielleicht hilft es ja seinen Musikern, dass er die Einsätze gerne mit lautem Atmen ankündigt. einmal mehr fällt der sehr eigenwillige Dirigierstil Gergievs stark ins Auge. Fast ständig lässt er seine Hände, Finger und Arme wild flattern, erinnert an einen Vogel, der nach dem Bad das Wasser aus seinem Gefieder schüttelt. Immer wieder führt Gergiev seine Hand an den Mund und bringt damit das Orchester zum plötzlichen Verstummen, schafft kraftvolle Pausen. Das Publikum im vollbesetzten Konzertsaal staunt und geniesst das vom russischen Vorzeigeorchester dargebotene Klangerlebnis

Lorenz Nasturica-Herschcowici, Konzertmeister im zweiten Konzertteil
Lorenz Nasturica-Herschcowici, Konzertmeister im zweiten Konzertteil

Es folgte ein langanhaltender, stürmischer Schlussapplaus, der schlussendlich in eine stehende Ovation gipfelte, worauf uns die Protagonisten als Zugabe mit dem «Blumenwalzer» aus dem Ballett «Der Nussknacker», ebenfalls aus der Feder des Komponisten des Abends, beglückten.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/  

 

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