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Silvesterkonzert des Zürcher Kammerorchesters «Viva la Diva», KKL Luzern, 31.Dezember 2018, besucht von Léonard Wüst

La Diva Simone Kermes Foto Sandra Ludewig
La Diva Simone Kermes Foto Sandra Ludewig

Besetzung und Programm:

Simone Kermes (Sopran)
Willi Zimmermann (Violine und Leitung)
Zürcher Kammerorchester

Georg Friedrich Händel «Arrival of the Queen of Sheba», aus: Solomon HWV 67
Nicola Antonio Porpora «Come nave in ria tempesta», aus: Semiramide Regina dell’Assiria
Wolfgang Amadeus Mozart Ouvertüre D-Dur zu «Le Nozze di Figaro» KV 492
Gioacchino Rossini «Una voce poco fa», aus: Il Barbiere di Siviglia
Gioacchino Rossini Ouvertüre zu «Il signor Bruschino»
Gaetano Donizetti «Ah tardai troppo – O luce di quest’anima», aus: Linda di Chamounix
Nico Dostal Ouvertüre zu «Clivia»
Nico Dostal «Ich bin verliebt», aus: Clivia
Jules Massenet «Méditation», aus: Thaïs für Violine und Orchester
Robert Stolz «Du sollst der Kaiser meiner Seele sein», aus: Der Favorit
Franz Lehár «Meine Lippen, sie küssen so heiss», aus: Giuditta
Johann Strauss (Vater) Wilhelm Tell Galopp op. 29b
Leonard Bernstein «Glitter and be gay», aus: Candide

Rezension:

Zürcher Kammer­Orchester Foto Sandro Diener
Zürcher Kammer­Orchester Foto Sandro Diener

Man nennt sie auch einfach »La Kermes«. Sieht man Simone Kermes in ihren spektakulären Outfits auf der Bühne, meint man, eine echte Diva vor sich zu haben. Tatsächlich aber ist die Sopranistin herrlich unprätentiös. Sie tut ganz einfach, was ihr Spass macht, so die Ankündigung des Veranstalters.

Wie alle Jahre wieder erfolgte die Begrüssung durch den Intendanten & Managing Director des ZKO Michael Bühler mit launigen Worten und guten Wünschen im nicht ganz ausverkauften Konzertsaal des KKL in Luzern.

Georg Friedrich Händel «Arrival of the Queen of Sheba», aus: Solomon HWV 67

Schöner barocker Konzertauftakt, bei dem die Oboisten zum Handkuss kamen, durften sie doch ihren Part , die kurze, sehr lebhafte Instrumentalpassage für zwei Oboen im Zusammenspiel mit den Streichern, an der Seite von Konzertmeister Willi Zimmermann, der an diesem Abend die musikalische Leitung inne hatte, am vorderen Bühnenrand absolvieren.

Nicola Antonio Porpora «Come nave in ria tempesta», aus: Semiramide Regina dell’Assiria

Sopranistin Simone Kermes
Sopranistin Simone Kermes

Jetzt betrat die, als Diva angekündigte, 1965 in Leipzig in der damaligen DDR geborene gelernte Facharbeiterin für Schreibtechnik, die Bühne. Dies, in einem, ihrem Ruf entsprechenden Outfit in Form eines Rot – gelben, auf der Rückseite bodenlangem, mit riesigem Kragen, auf der Vorderseite über Kniehöhe endendem Kleides. Sie startete souverän in diese, stark an Mozarts „Königin der Nacht“ erinnernde Arie, die nur so gespickt ist mit Koloraturen, einem Markenzeichen des neapolitanischen Komponisten.


Es folgte noch Wolfgang Amadeus Mozart Ouvertüre D-Dur zu «Le Nozze di Figaro» KV 492 als Paradestück für das ausgezeichnete Orchester, ehe die Sopranistin für Gioacchino Rossinis «Una voce poco fa», aus Il Barbiere di Siviglia noch einen grossen Applaus einheimste, bevor die Musiker Gioacchino Rossinis Ouvertüre zu «Il signor Bruschino» zum Besten gaben.
Gaetano Donizettis «Ah tardai troppo – O luce di quest’anima», aus „Linda di Chamounix“ war die ideale Arie zum Abschluss des ersten Konzertteils, für den die Protagonisten einen langanhaltenden, kräftigen Applaus erhielten, bevor man sich gutgelaunt in die Foyers für die Pause begab.

Ausflug in die leichte Muse im 2. Konzertteil

Mit der Ouvertüre zu Nico Dostals Operette „Clivia“ startete das Zürcher Orchester fulminant in die zweite Konzerthälfte, bevor die deutsche Sopranistin, neu gestylt in einem feuerroten Kleid mit schwarzer Stola, mit der Arie «Ich bin verliebt» aus ebendieser ein Ausrufezeichen setzte. Ihr Sopran ist meiner Meinung nach für das Musiktheater weit besser geeignet als für den klassischen „Belcanto“, auch schien sich Simone Kermes darin wohler und sicherer zu fühlen.

Jules Massenet «Méditation», aus: Thaïs für Violine und Orchester

Willi-Zimmermann-Konzertmeister-des-Zürcher-Kammerorchesters-Foto-Thomas-Entzeroth
Willi-Zimmermann-Konzertmeister-des-Zürcher-Kammerorchesters-Foto-Thomas-Entzeroth

Es folgte Besinnlicheres. Für mich das absolute Highlight des Abends. Willi Zimmermann nutzte die Komposition von Jules Massenet um zu untermauern, welch grossartiger Geigensolist er ist, wenn er denn die Gelegenheit dazu erhält. Mit sehr viel Feingefühl und äusserst respektvoll meditierte er sich durch die Partitur.

Die folgenden zwei Arien «Du sollst der Kaiser meiner Seele sein», aus: „Der Favorit“ des Wieners Robert Stolz und «Meine Lippen, sie küssen so heiss», aus: Giuditta von Franz Lehár waren der Kermes förmlich in die Stimme geschrieben und sie begeisterte, unterstützt vom souveränen Orchester das gutgelaunte Publikum.

Paradestück für das gutaufgelegte Zürcher Kammerorchester

Beim „Wilhelm Tell Galopp op. 29b“ von Johann Strauss Vater gingen mit dem Orchester sprichwörtlich die Gäule durch, sehr zum Vergnügen des Auditoriums. Die Musiker in ungezügelter Spielfreude, animiert von ihrem, auch körperlich voll engagierten Konzertmeister Willi Zimmermann brausten durch die Partitur gaben alles und schufen eine Bombenstimmung im Konzertsaal.

Simone Kermes Foto Sandra Ludewig
Simone Kermes Foto Sandra Ludewig

Ein schwarzes Kleid mit Anthrazitstreifen, dazu silberne hochhakige, scheinbar relativ unbequeme Schuhe war das dritte Kermes Outfit des Abends für das finale „Glitter and be gay“ aus „Candide“ von Leonard Bernstein.

Natürlich rief der stürmische Schlussapplaus nach einer Zugabe, die uns, wie am Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, in Form des Radetzky-Marsches gewährt wurde. Dabei animierte »La Kermes« das Auditorium zum mitklatschen und tanzte dabei selber auf der Bühne herum.

Die zweite Zugabe, ruhigeres mit Händels – Lascia ch’io pianga, einer klassische Sarabande, nochmals Gelegenheit für die Sopranistin, ihr Können im ernsten Fach zu demonstrieren was anschliessend zu einer stehenden Ovation führte.

Trailer Simone Kermes – Glitter and be gay (Candide – L. Bernstein) Cunigonde

www.youtube.com/watch?time_continue=2&v=gvSDlj61nYE

Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.zko.ch und Léonard Wüst

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Mailandstory Teil 2: Thelonious Sphere „T. S.“ Monk, Jr. Konzert, Leonardo3 Museum usw.

Thelonious Sphere „T. S.“ Monk, Jr. Sextett im Blue note Club Milano
Thelonious Sphere „T. S.“ Monk, Jr. Sextett im Blue note Club Milano

Besetzung: Thelonious Sphere „T. S.“ Monk, Jr. Sextett

 

Nach dem Fussball Stadtrivalenderby Internationale Milano gegen AC Milano am Sonntag und zwischen den beiden Besuchen in der Scala di Milano am Dienstag und Donnerstag, war noch der Mittwochabend zu planen. Nach einigen Recherchen fand ich denn auch was mir passendes.

Thelonious Monk 3 in Town

Konzertimpression
Konzertimpression

Ein Gastspiel von Thelonious Monk 3 . Also einer der weltweit angesagtesten Drummer im angesagtesten Jazz Club der lombardischen Metropole, dem „Blue Note Club“. Ebenso betrüblich wie erstaunlich, beim Konzert des Sohnes von Thelonious Sphere Monk (1917 – 1982), einem Mitbegründer des Bepop, war der Club grad mal zu circa einem Drittel gefüllt, obschon die Konzertkarte mit 35 Euro relativ preiswert war. Dafür waren die Anwesenden bestens aufgelegt und voller Vorfreude.

Thelonius Monk Konzertimpression
Thelonius Monk Konzertimpression

Das Konzert wurde von Radio Monte Carlo aufgezeichnet, deswegen war auch noch ein Techniker bis kurz vor Konzertbeginn mit Feinabstimmungen beschäftigt. Dann wurde die Bühne von den sechs Bandmitgliedern in Beschlag genommen, die unmittelbar mit einem Standard loslegten, bei dem der Pianist auf seinem Steinway Flügel ab und zu ein paar kurze Solosequenzen einstreute. Nebst Schlagzeug und Piano waren  ein Basssaxophonist, ein Tenorsaxophonist, ein Trompeter und ein Kontrabassist im Sextett vertreten.

Grandioser junger Trompeter

Randall Haywood Trompete
Randall Haywood Trompete

Diese erhielten vom Bandleader Monk immer wieder Gelegenheit, ihre individuellen musikalischen Qualitäten bei diversen Solis zu demonstrieren. Das Set war gemixt mit Standards, Eigenkompositionen und vor allem auch mit Klassikern des Vaters von Thelonious Monk 3, den dieser sehr bewundert und verehrt hatte und über den er auch die eine und andere Anekdote einfügte und auch das Vorstellen seiner Bandmitglieder nicht unterliess. Besonders auffallend mit seiner Virtuosität war der junge Trompeter Randall Haywood, der sich immer wieder Sonderrapplaus abholen durfte. Die Musiker boten einen Mix aus Swing, Bepop, Funk, Soul, Jazz und Rock Pop. Dabei nahmen sie sich in der Interpretation sehr grosse Freiheiten was den Auftritt einzigartig machte. das Auditorium geizte denn auch nicht mit Applaus, was die Protagonisten auf der Bühne zusätzlich anspornte.

Leonardo Flugobjektmodell

Donnerstag vor dem Besuch an der Scala: Besuch von Leonardo3 – The World of Leonardo da Vinci Exhibition

Leonardos Abendmahl
Leonardos Abendmahl

Schon beeindruckend, was das Universalgenie Leonardo da Vinci alles gemacht hat, nicht nur mengenmässig, sondern auch die grosse Anzahl von „Gebieten“, die er „bearbeitet“ hat. Von der Bildhauerei über den Instrumentenbau bis zur Pathologie betätigte er sich. Ganz besonders eindrucksvoll die unzähligen Modelle verschiedenster Apparate, ob Waffen, wie z.B. die Armbrust, eine „Stalinorgel“ der Renaissance bis hin zu unterschiedlichen Flugobjekten. Die genaue Vermessung des menschlichen Skeletts ist genauso dokumentiert wie Skizzen über die Anatomie von Mensch und Tieren.

Interaktive Dokumentation über die Restauration von Leonardos „Abendmahl“

Leonardo da Vinci Flugmaschine
Leonardo da Vinci Flugmaschine

Entwürfe von Gemälden, die später von ihm selbst, oder einem seiner Schülern gemalt wurden haben ebenso ihren Platz wie Modelle seiner Skulpturen oder die Dokumentation über die aufwändige Restauration seines  Monumentalgemäldes „Das Abendmahl*, dessen Original sich in der Dominikanerkirche Santa Maria delle Grazie in Mailand an der Nordwand des Refektoriums (Speisesaals) befindet. Unbedingt besuchenswert diese Ausstellung die man an der Piazza della Scala,  beim Eingang zur Galleria Vittorio Emanuele II findet.

Logische Fortsetzung meines Mailandaufenthaltes Streik des ÖV und der Taxis am Freitag

Den quasi planungsfreien Freitag nutzte ich dann noch für ein typisches Touriprogramm, also u.a. mit den Hop-On Hop-Of Bussen durch die Stadt, entlang den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, die Kamera natürlich immer schussbereit. Am Schluss landete ich wieder in der Nähe des Doms wo ich ein nettes Lokal suchte, um mir zum krönenden Abschluss des Milano Abenteuers einen Osso bucco alla milanese mit Saffranrisotto zu gönnen. Ich bestellte dann beim netten Kellner das Gericht, mit der Zusatzbemerkung „Piu di Carne che osso per piacere“, also mehr Fleisch als Knochen bitte. . Entgegen meinen Erwartungen drang meine Bitte bis zum Koch durch und ich bekam das gewünschte.

Die nächste böse Überraschung liess nicht lange auf sich warten

Tram Nr. 1, total überfüllt aufgrund Sreik des ÖV
Tram Nr. 1, total überfüllt aufgrund Sreik des ÖV

Fast schon glaubte ich an einen versöhnlichen Abschluss meines Mailandaufenthaltes und wollte zurück in die Wohnung, um schon mal zusammen zu packen für die morgige Abreise. Da hatte ich aber die Rechnung ohne die streitbaren Italiener gemacht. Alle U Bahn Zugänge waren verriegelt, auf Nachfrage im Restaurant bekam ich die Auskunft, dass der ÖV bestreikt werde. Dachte ich mir, bleibt noch das Tram, das bei der Scala bis in die Nähe meines Appartements fuhr. Fast schon nicht mehr überraschend, dass dieses ebenfalls nicht mehr verkehrte. Zwar war noch eines unterwegs, aber so vollgestopft, dass nichts und niemand mehr Platz fand. Blieb noch die Option Taxi. Zu früh gefreut, auch die Taxichauffeure streikten. Also blieb nur noch, die ca. 5 bis 6 Kilometer per pedes in Angriff zu nehmen. Also folgte ich, ziemlich wütend und stinksauer auf unsere südlichen Nachbarn, den Tramschienen. Das ging so weit gut bis zur Piazza della Repubblica, ab der sich dann zwei Schienenstränge ins Dunkle schlängelten und ich schlicht nicht wusste, welchem Strang ich denn jetzt folgen sollte. Da tauchte unverhofft noch ein fahrendes Tram Nr. 1 auf, welches in die, von mir benötigte Richtung fuhr. Doppeltes Glück, dass 3 Personen ausstiegen und ich mich so grad noch knapp hineinquetschen konnte. So war ich denn mehr als erleichtert, als ohne weitere böse Überraschungen, die Haltestelle erreicht war, an der ich aussteigen musste. Diese befand sich nur ca. 200 Meter von meiner Unterkunft entfernt, sodass ich nach relativ kurzer Zeit ziemlich erleichtert die Wohnung erreichte.

Natürlich verlief auch die Rückreise nicht wunschgemäss

Dass dann der Zug für meine Rückreise am Samstagmorgen über zwei Stunden Verspätung hatte, ist ein Detail am Rande und kaum noch erwähnenswert. Ciao Milano! Arrivederci Italia wohl eher nicht so schnell wieder

Trailer Leonardo3 — Il Mondo di Leonardo:

www.youtube.com/watch?time_continue=14&v=Df623obnTZk

Kleine Fotodiashow der Ausstellung Leonardo3 — Il Mondo di Leonardo: Copyright Leonardo 3

fotogalerien.wordpress.com/2018/12/30/mailandstory-teil-2-thelonious-sphere-t-s-monk-jr-konzert-leonardo3-museum-usw/

Link auf Stadtrivalenderby Inter Mailand vs. AC Mailand, Giuseppe-Meazza-Stadion Mailand, 21. Oktober 2018, besucht von Léonard Wüst

https://innerschweizonline.ch/wordpress/stadtrivalenderby-inter-mailand-vs-ac-mailand-giuseppe-meazza-stadion-mailand-21-oktober-2018-besucht-von-leonard-wuest/

Link auf „La finta giardiniera“ von W.A. Monzart an der Scala am 23. Oktober 2018

innerschweizonline.ch/wordpress/teatro-alla-scala-milano-la-finta-giardiniera-w-a-mozart-23-oktober-2018-besucht-von-leonard-wuest/

Link auf „Ernani“ von Giuseppe Verdi an der Scala am 25. Oktober 2018

innerschweizonline.ch/wordpress/teatro-alla-scala-mailand-ernani-giuseppe-verdi-25-oktober-2018-besucht-von-leonard-wuest/

Fotos:

Esther Ottiger und Léonard Wüst und

https://www.bluenotemilano.com/

http://leonardo3.net/en/the-museum

http://www.teatroallascala.org/en/index.html

Text und Fotos : www.leonardwuest.ch

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Luzerner Theater, Der Sandmann von E.T.A. Hoffmann, Première, besucht von Rolf Winz

Der Sandmann Szenenfoto Ingo Hoehn
Der Sandmann Szenenfoto Ingo Hoehn

Produktionsteam

Inszenierung: Nicolas Charaux Bühne und Kostüme: Pia Greven Licht: Clemens Gorzella Musik: David Lipp Dramaturgie: Nikolai Ulbricht

 

Rezension:

Szenenfoto Foto Ingo Hoehn
Szenenfoto Foto Ingo Hoehn

Das Unheimliche, Schauerliche leitet im Kunstmärchen «Der Sandmann» von E.T.A. Hoffmann die Handlung an und verführt in die Unterwelt der menschlichen Ängste, Dämonen, Traumgestalten und auch der Erotik. Diese dunklen Traumwelten aus der Zeit der Schwarzen Romantik auf die Bühne zu bringen, ist eine Herausforderung der besonderen Art und sie ist dem Regisseur Nicolas Charaux bei der Inszenierung am Luzerner Theater ausgezeichnet geglückt.

Das schwarze Märchen von Hoffmann

Szenenfoto Foto Ingo Hoehn
Szenenfoto Foto Ingo Hoehn

Der Sandmann erzählt das Märchen von Nathanael, der sich seit seiner Kindheit vom Sandmann verfolgt fühlt und fest daran glaubt, was ihm seine Mutter erzählt hat, nämlich dass dieser den Kindern im Schlaf ihre Augen raubt. Auch als Erwachsener bleibt er in diesen Ängsten gefangen, sie durchströmen seinen Alltag und fliessen auch in seine Liebesbeziehungen ein. Mit dem Erscheinen des Händlers Coppola bekommt der Sandmann wieder eine Gestalt und Nathanael versinkt ganz in seine düsteren Traumwelten. Erst die seelenlose mechanische Puppe Olimpia lässt ihn wieder in die Realität auftauchen. Doch dann raubt der Sandmann auch dieser die Augen.

Die unheimliche Welt des Unterbewussten

Szenenfoto Foto Ingo Hoehn
Szenenfoto Foto Ingo Hoehn

In der Aufführung des Luzerner Theaters hängt am Anfang ein rosafarbenes Stoffgebilde im Raum über der Bühne, das wie ein Mund oder auch ein Auge sich öffnet und wieder schliesst. Es bewegt sich langsam, stülpt sich aus und wird wieder flach, eine grosse Qualle vielleicht, die endlich nach oben entschwebt. Dann wird die unheimliche Familie von Nathanael sichtbar, Vater, Mutter und Nathanael selber, an einem rohen Holztisch sitzend. Die Schauspieler tragen klobig gehauene Masken und starren mit ihren grossen, glasigen Kunstaugen gelangweilt ins Leere. Einziges Geräusch ist das Ticken einer Uhr, das während des Stückes immer wieder ertönen wird und mal schneller, mal langsamer das Verrinnen des Lebens antönt. Dann ein Knall von einem Knochen, der vom Himmel auf den Boden kracht, ein Überbleibsel einer Mahlzeit vielleicht vom grossen Mund, der nach oben entschwunden ist. Zwei riesige Hasenpuppen lehnen links und rechts an einer Wand. Nichts passiert und lange kann sich der Zuschauer in diese verschrobenen Figuren vertiefen und die verschobene Realität dieser schwarzen Märchenwelt erkunden. Dann steigt die vierte Gestalt mit knallenden Tritten über eine Treppe aus der Unterwelt auf. Erst nach zwanzig Minuten ertönen die ersten gesprochenen Sätze, künstlich verzerrt, mehrfach wiederholt: «Nathanael?» und «Clara, wo bist du?».

Szenenfoto Foto Ingo Hoehn
Szenenfoto Foto Ingo Hoehn

Dann ein abrupter Schnitt. Die Alptraumgestalten der unheimlichen Familie verschwinden und es erscheinen ihre Spieler in normaler Kleidung: Christian Baus, Lukas Darnstädt, Wiebke Kayser, Mira Rojzman und Julian-Nico Tzschentke. Sie tragen den stark gekürzten Originaltext von E.T.A. Hoffmanns Erzählung vor, ohne Schauspiel und fast ohne Emotionen. Was vorher dem Zuschauer in einer visuell überhöhten und stark gezeichneten Bühnenwelt, untermalt mit seltsamen Tönen und dräuender Musik, gezeigt wurde, muss sich nun im Kopf des Zuhörers abspielen. Gerade das ist aber das Wesen einer Erzählung, die ja auch mit geschlossenen Augen gehört werden kann.

Aussensicht und Innensicht

Szenenfoto Foto Ingo Hoehn
Szenenfoto Foto Ingo Hoehn

Dies sind denn auch die zwei Ebenen, die sich in den Bildern, den Masken und Kostümen und der Musik ausdrücken. Das eine ist die Sicht von Nathanael auf seine unheimliche Märchenwelt mit den bedrängenden Ängsten, der ziemlich verschobenen Realität und den aus dem Unterbewusstsein steigenden verzerrten Gestalten. Das andere ist die heutige Welt, in der eine Geschichte erzählt wird aus einer neutralen Beobachterposition. Zweimal noch wechseln diese Welten ab in der Aufführung im Luzerner Theater. Als zum Schluss die Maskenfiguren ein drittes Mal erscheinen, überbordet der grausige Spass. Die Eingeweide der Hasen werden gefressen und als Nathanael sich weigert, an der Orgie teilzuhaben, wird er mit einem Cricketschläger brutal verprügelt. Dann senkt sich eine schwarze Glocke des Vergessens über den Tatort der Fressorgie und Olimpia spricht mit schmeichelnder Stimme aus einem seltsamen schwarzen Kasten zu Nathanael. Es könnte ein iPad sein, es könnte aber auch der mysteriöse schwarze Monolith aus Stanley Kubrick’s Film «2001 – Odyssee im Weltraum» sein, der die menschliche Evolution beeinflussen soll.

Geglücktes Wagnis

Szenenfoto Foto Ingo Hoehn
Szenenfoto Foto Ingo Hoehn

Die Inszenierung von Nicolas Charaux ist in mehrfacher Hinsicht sehr zu loben. Eine Erzählung kann auf der Bühne nicht einfach nacherzählt werden. Die zwei Ebenen mit der Innen- und der Aussensicht entsprechen der Märchenerzählung von E.T.A. Hoffmann in der besten Weise. Das Unheimliche wird mit der Verschiebung von vertrauten Szenen und Gestalten ins Irreale eindrücklich dargestellt. Die Bildelemente, die Masken und Kostüme, aber auch die Musik und die verzerrten Stimmen werden gekonnt und in eindrücklicher Weise eingesetzt. Die Inszenierung macht viele Anspielungen auf andere Stücke und Filme.  Sie ermöglichen es dem Zuschauer mit ganz subjektiven Assoziationen auf seiner individuellen Ebene die Erzählung mit eigenen Leben zu füllen. Die anderthalb Stunden an diesem Abend werden deshalb nie langweilig, schliesslich könnte es ja die eigene Familie sein, die einem da gezeigt wird

Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Hoehn:

fotogalerien.wordpress.com/2018/12/13/luzerner-theater-der-sandmann-von-e-t-a-hoffmann/

Kurzer Trailer der Produktion:

vimeo.com/305513867

Text: Rolf Winz

Fotos:  Ingo Hoehn www.luzernertheater.ch

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Opernhaus Zürich, Sweeney Todd, the Demon Barber of Fleet Street, A Musical Thriller, besucht von Noémie Felber

Sweeney Todd , Szenenbild von Monika Rittershaus
Sweeney Todd , Szenenbild von Monika Rittershaus

Musikalische Leitung David Charles Abe ll Inszenierung Andreas Homoki Gesamtausstattung Michael Levine Kostüme Annemarie Woods Lichtgestaltung Franck Evin Choreinstudierung Janko Kastelic Choreografie Arturo Gama Dramaturgie Beate Breidenbach

Sweeney Todd
Bryn Terfel
Mrs. Lovett
Angelika Kirchschlager
 
Shân Cothi (13 Dez)
Anthony Hope
Elliot Madore
Beggar Woman
Liliana Nikiteanu
Judge Turpin
Brindley Sherratt
The Beadle
Iain Milne
Johanna
Mélissa Petit
Tobias Ragg
Spencer Lang
Pirelli
Barry Banks
Jonas Fogg
Cheyne Davidson
Zwei Damen
Justyna Bluj
 
Asahi Wada
Fünf Herren
Richard Walshe
 
Dean Murphy
 
Jamez McCorkle
 
Thobela Ntshanyana
 
Leonardo Sanchez
 
Philharmonia Zürich
 
Chor der Oper Zürich
 
Statistenverein am Opernhaus Zürich
Orgel
Enrico Maria Cacciari

 

Rezension:

Szenefoto von Monika Rittershaus
Szenefoto von Monika Rittershaus

Blutrot erleuchtet hebt sich das Opernhaus Zürich am 23.12. von der friedlichen Stimmung des davorstehenden Weihnachtsmarktes ab. Das Publikum ist auf Mord und Todschlag eingestellt, bevor es überhaupt das Programmheft geöffnet hat. Obwohl der Untertitel des Werkes, «A Musical Thriller», sowieso nur wenig der Fantasie übriglässt. Das perfekte Stück also, um in weihnachtliche Stimmung zu kommen.

There was a barber

Szenefoto von Monika Rittershaus
Szenefoto von Monika Rittershaus

Die Geschichte des dämonischen Barbiers der Fleet Street ist eine tragische. Das Publikum erlebt, wie der verbitterte Sweeney Todd Rache sucht an dem Mann, der ihm vor 15 Jahren Frau und Kind genommen hat. Als einzige Möglichkeit, seinen Plan umzusetzen, dient ihm sein Handwerk, das Rasieren. Doch sein Feind ist bei weitem nicht der einzige, den seine Wut trifft. Mit Morden an den verschiedensten Klienten versorgt Todd seine Komplizin mit Fleisch für deren Pasteten Geschäft. Am Ende erhält in dieser grausamen Erzählung nicht nur ein Übeltäter seine gerechte Strafe.
Das Musical «Sweeney Todd» ist ein Stück mit Musik und Texten des Amerikaners Stephen Sondheim (der übrigens auch die Liedtexte der bekannten «West Side Story» verfasste) und einem Buch von Hugh Wheeler. Die Uraufführung fand am 1. März 1979 in New York statt. «Sweeney Todd» zeichnet sich durch Einflüsse aus zahlreichen anderen Musikgenres wie beispielsweise der Oper oder dem Jazz aus und ist daher ein wahnsinnig spannendes Stück, das auch gut in ein Opernhaus passt.

Attend the tale of Sweeney Todd

Szenefoto von Monika Rittershaus
Szenefoto von Monika Rittershaus

Schon beim ersten Stück wird dem Publikum klar, dass es Schauriges zu erwarten hat. Und tatsächlich wird die komplett schwarze Bühne sogleich mit einem Ensemble düster gekleideter Figuren gefüllt, die zum Verfolgen von Todd’s Geschichte eingeladen. Das Bühnenbild ist minimalistisch, bietet aber durch verstellbare Ebenen sehr viele künstlerische Möglichkeiten, die in vollen Zügen ausgenutzt werden. Requisiten werden eher sparsam, dafür mit grosser Wirkung eingesetzt. Die dunkle Geschichte des Musicals wird durch schlichte und in dunklen Tönen gehaltene, eindrückliche Kostüme betont. Auch die stilvolle Einsetzung von Lichtelementen unterstützt weniger dramatische Szenen oder besonders wichtige Momente. Die Atmosphäre ist jedoch auch in den weniger schweren Augenblicken stets düster und mehr als nur ein wenig unheimlich. Um die Tragik der Geschichte und den zahlreich eingesetzten schwarzen Humor zu verstehen, werden die englisch gesungenen Texte in Originalsprache und auf Deutsch untertitelt.

Come and visit your good friend Sweeney

Szenefoto von Monika Rittershaus
Szenefoto von Monika Rittershaus

Wie bereits erwähnt hat das kreative Team dieser Inszenierung unter Andreas Homoki wirklich eine unglaubliche Leistung erbracht. Doch auch den restlichen Mitwirkenden gebührt ein grosses Lob. Unter der musikalischen Leitung von David Charles Abell lieferten die Philharmonia Zürich und der Chor der Oper Zürich eine solide Grundlage für die Gesangssolisten. Diese brillieren nicht nur gesanglich, sondern auch mit schauspielerischen Fähigkeiten. Die vielfältigen Emotionen und Motive des Stückes werden glaubhaft porträtiert und die Figuren schaurig akkurat verkörpert. Dem einen oder anderen wird durch das Stück hindurch schon mal ein Schauer über den Rücken gelaufen sein, ob aus Horror oder in aufgeregter Erwartung ist kaum zu sagen. Die Inszenierung kam beim Publikum sehr gut an. Es wurde nicht nur gezittert, sondern auch gelacht und am Schluss ausgiebig applaudiert. Wer sich also gerne mal ein Musical in einem Opernhaus ansehen möchte und vor ein wenig Grusel nicht zurückschreckt, sei herzlich eingeladen, Sweeney Todd in Zürich aufzusuchen. Vielleicht gibt es ja noch eine Pastete dazu.

Text: www.noemiefelber.ch

Fotos:  Monika Rittershaus www.opernhaus.ch

Kleine Fotodiashow der Produktion von Monika Rittershaus:

fotogalerien.wordpress.com/2018/12/20/opernhaus-zuerich-sweeney-todd-the-demon-barber-of-fleet-street-a-musical-thriller-besucht-von-noemie-felber/

 

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