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Auto/Motor

Grünes Licht für neue Mitarbeiter*innen-Mobilität

- Autonom fahrende Minibusse mit Elektroantrieb fahren in Bad Wimpfen
(Kreis Heilbronn)

- Verkehrsminister Winfried Hermann gab am Freitag 15.07.2022 den
Startschuss für den Erprobungsbetrieb auf öffentlicher Straße

- Das Forschungsteam um Prof. Dr.-Ing. Raoul Zöllner arbeitet am
gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Schwarz-Gruppe und dem
Forschungszentrum Informatik Karlsruhe
In Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn) wird autonomes
Fahren Realität: Landesverkehrsminister Winfried Hermann (im Bild vorne
re.) gab am Freitag, 15. Juli 2022, den Startschuss für den
Erprobungsbetrieb auf öffentlicher Straße. Mitarbeiter*innen des Konzerns
LIDL, der zur Schwarz-Gruppe gehört, können sich in selbstfahrenden
Shuttle-Bussen auf der Strecke vom Bahnhof zur Hauptverwaltung bringen
lassen. Der Regelbetrieb zur Beförderung der Beschäftigten des
Unternehmens soll ab August erfolgen.

Der fahrerlose elektrische Shuttle-Bus fährt autonom mit einer
Geschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde und kann bis zu sechs
Personen transportieren. Für die rund 1,6 Kilometer lange Strecke soll der
Shuttle etwa zehn Minuten benötigen. Der 32 Kilowatt starke Akku reicht
für eine Strecke von etwa 70 Kilometern.

Professor Raoul Daniel Zöllner (im Bild vorne li.) und sein Team forschen
am Institut für Kraftfahrzeugtechnik und Mechatronik (IKM) an der
Hochschule Heilbronn am autonomen Fahren und haben bereits Erfahrungen mit
autonomen Fahrzeugen während der Bundesgartenschau mit einer
selbstfahrenden Paketbox und auf der Strecke zwischen dem Busterminal am
Hauptbahnhof Heilbronn und der Experimenta. Der Forschungsschwerpunkt
liegt auf Sensoren, Rechnerinfrastruktur, Vernetzungstechnologie und neuen
KI-basierten Algorithmen zur autonomen Navigation und Wahrnehmung sowie
Verstehen des Verkehrsumfelds. Denn der Shuttle musste mittels dieser
Technologien ein intelligentes Verhalten während des Verkehrs erstmal
lernen: Verkehrsregeln beachten oder Verkehrsteilnehmer*innen erfassen und
allgemein wissen, wie Ausnahmesituationen vom normalen Regelbetrieb
unterschieden werden können. Der Fokus der Forschenden liegt auf der
Implementierung eines gesamten sicheren Betriebs der Fahrzeuge.

„Mobilität muss systemisch neu gedacht werden: mulitimodal, bedarfsgerecht
und alternative Antriebe nutzend. Autonome elektrische Fahrzeuge steigern
die Verfügbarkeit von Mobilität und ermöglichen die stärkere Fokussierung
auf den ÖPNV“, sagt Prof. Dr.-Ing. Raoul Daniel Zöllner.

Am Forschungsprojekt sind die Schwarz-Gruppe, das Forschungszentrum
Informatik (FZI) in Karlsruhe und die Hochschule Heilbronn beteiligt.

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Hochschule Heilbronn – Kompetenz in Technik, Wirtschaft und Informatik

Mit ca. 8.000 Studierenden ist die staatliche Hochschule Heilbronn die
größte Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg. 1961
als Ingenieurschule gegründet, liegt heute der Kompetenz-Schwerpunkt auf
den Bereichen Technik, Wirtschaft und Informatik. Angeboten werden an den
vier Standorten Heilbronn, Heilbronn-Sontheim, Künzelsau und Schwäbisch
Hall und in sieben Fakultäten insgesamt 47 Bachelor- und
Masterstudiengänge. Die enge Kooperation mit Unternehmen aus der Region
und die entsprechende Vernetzung von Lehre, Forschung und Praxis werden in
Heilbronn großgeschrieben

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Machtwort aus Luxemburg im Abgasskandal: Millionen Dieselfahrer fast aller Marken können Schadensersatz fordern

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sorgte heute im Dieselskandal für einen echten Paukenschlag. Mit drei Urteilen vom 14.07.2022 in den Rechtssachen C-128/20, C-134/20 und C-145/20 bestätigte der EuGH, dass bloße Software-Lösungen in vielen Fällen zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte unzureichend sind. In Deutschland werden sowohl die Verwaltung als auch die Rechtsprechung ihre bisherigen Praktiken überdenken und erheblich anpassen müssen. „Nachdem Software-Lösungen in nahezu allen Dieselmotoren sämtlicher Hersteller in den letzten zehn Jahren implementiert wurden, um hierdurch kostenintensivere Hardware-Lösungen zu vermeiden, ergeben sich aktuelle völlig neue Chancen, gegen VW, Audi, Porsche, Fiat und andere Autobauer Schadensersatz durchzusetzen. Betroffene des Dieselskandal sollten allerspätestens jetzt handeln“, stellen Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Verbraucherschutzrecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg heraus.

„Eine Software für Dieselfahrzeuge, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems bei üblichen Temperaturen und während des überwiegenden Teils des Jahres verringert, stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung dar.“ So lapidar lautet die Überschrift in der Pressemitteilung des EuGH vom 14.07.2022. Indessen ist die Bedeutung der Entscheidungen für Betroffene des Abgasskandals als auch die deutsche Judikative und Exekutive kaum hoch genug einzuschätzen.

Rückrufe des KBA trotz Software-Lösungen

Eigentlich sollte die manipulierte Abgasreinigung von Millionen VW-Fahrzeugen mit einem einfachen Software-Update ohne großes Aufsehen behoben werden. Diese Software enthält ein sog. Thermofenster, das eine wirksame Abgasreinigung nur bei Außentemperaturen zwischen 15 und 33 Grad zulässt. Außerhalb dieses Fensters wird die Abgasrückführungsrate linear auf null gesenkt, was zu einer Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte führt. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sah darin kein Problem und hatte das Software-Update samt Thermofenster genehmigt, das in Folge der Rückrufe aufgespielt worden ist. Diese bislang weit verbreitete Vorgehensweise dürfte seit heute Geschichte sein.

Machtwort aus Luxemburg

Denn die obersten Richter in Luxemburg sind dieser Handhabung nun aktuell mit Ihren Urteilen vom 14.07.2022, Rs.: C-128/20, C-134/20 und C-145/20 entschieden entgegengetreten. Bei der auch als Thermofenster bezeichneten Software-Lösung, die in verschiedensten Ausprägungen vorkommt, handelt es sich in aller Regel um eine unzulässige Abschalteinrichtung.

Hierbei stellt der EuGH nach Auffassung der Nürnberger Rechtsanwälte vor allem in erfreulicher Deutlichkeit heraus, dass eine solche Abschalteinrichtung nur dann "notwendig" und damit ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn keine andere technische Möglichkeit zur Abwendung gewichtiger Risiken vorhanden gewesen ist. „Genau dies wird nicht zuletzt mit Blick auf allen Herstellern zur Verfügung stehenden Hardware-Lösungen in nahezu sämtlichen Fällen zu verneinen sein“, erläutert Rechtsanwalt Göpfert.

Infolge dieser Entscheidungen wird das KBA umgehend handeln und sämtliche Fahrzeughersteller zu Hardware-Lösungen auffordern müssen. Umgekehrt droht damit für sämtliche betroffene Besitzer von Dieselfahrzeugen erneut Ungemach. Die deutsche Rechtsprechung muss dem durch eine Ausweitung des Haftungsregimes umgehend begegnen.

Geschädigte aller Marken sollten jetzt handeln

Dies gilt umso mehr als der EuGH-Generalanwalt Rantos bereits mit seinen Schlussanträgen vom 02.06.2022 zur Rechtssache C-100/21 eine Bombe platzen ließ. Bei dem aus den Ausführungen des Generalanwalts folgenden Schadensersatzanspruch genügt einfache Fahrlässigkeit. Ein sittenwidriges - vorsätzliches - Handeln ist gerade keine Voraussetzung. Auch die deutschen Instanzgerichte, die der Rechtsprechung des BGH teils einigermaßen unreflektiert gefolgt sind, werden sich an dem zu erwartenden Urteil des Europäischen Gerichtshof zu orientieren haben. Damit wird es auch kaum noch möglich sein, berechtigte Ansprüche von Betroffenen des Dieselskandals mit dem oft ungeprüften Argument fehlenden Vorsatzes zurückzuweisen.

Über Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte

Die Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte bietet Verbrauchern eine kostenfreie und unverbindliche Ersteinschätzung an. Falls eine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist, wird auch die Kostenübernahme geklärt.

Entscheidend für den Erfolg einer Klage gegen einen Großkonzern bzw. eines „Kampfes David gegen Goliath“ ist insbesondere im Dieselskandal nach den jahrzehntelangen Erfahrungen der Nürnberger Anwälte eine fundierte Prozessvertretung. Seit jeher nimmt die Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg die rechtlichen Interessen von Verbrauchern in wenigen, ausgewählten Rechtsgebieten wahr, die sie auf höchstem Niveau beherrscht. So vertrat die Verbraucherschutzkanzlei bereits weit über 1.000 Mandanten erfolgreich gegen Großunternehmen und erstritt wegweisende, bundesweit beachtete Entscheidungen, unter anderem vor dem Bundesverfassungsgericht.

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Kraftfahrermangel: Prof. Dr. Stefan Rock fordert das Über-Bord-Werfen alter Gewohnheiten

Er sagt, dass die Gegenmaßnahmen der Politik nicht ausreichen werden und
man vor allem die Möglichkeiten der Digitalisierung mehr nutzen müsse

In Deutschland fehlen zehntausende Lastwagen-Fahrerinnen und -Fahrer, laut
Branchenangaben ist von 60.000 bis 80.000 die Rede. Ein Problem, das seit
vielen Jahren bekannt ist, sich aber zunehmend verschärft. Dr. Stefan
Rock, Professor an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI), forscht zu
handelslogistischen Themenfeldern. Er sagt: „Ein Umdenken aller an den
Transportketten Beteiligen ist unabdingbar. Dies beinhaltet auch das Über-
Bord-werfen liebgewonnener Gewohnheiten und das Gehen neuer Wege.“

In einer Studie sind Rock und sein Team aus Studierenden der Frage
nachgegangen, wie man den Einsatz der vorhandenen Fahrerinnen und Fahrer
effektiver gestalten kann und wie man ihnen den Berufsalltag vereinfachen
kann bzw. was sie selbst dazu sagen, wie man die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter im Job halten und neue anwerben könne. Denn eines ist klar:
Der Fahrermangel, verursacht durch eine Vielzahl von Faktoren, lässt sich
nicht von heute auf morgen beseitigen, auch und insbesondere nicht durch
die Akquisition von Kraftfahrerinnen und Kraftfahrern aus dem immer
östlicheren oder südöstlicheren Europa. „Mit dieser Maßnahme wird
versucht, kurzfristig die Symptome zu lindern, ohne dass das Problem
nachhaltig gelöst wird“, sagt Prof. Dr. Stefan Rock.

In erster Instanz könne man die Ausnutzung des vorhandenen Laderaums
erhöhen. Bei 78 Prozent liegt diese derzeit europaweit. Durchschnittlich
38 Prozent Leerfahren finden laut statistischem Bundesamt statt, in
einigen Branchen sind es sogar über 50 Prozent. Dies könne durch die
verstärkte Nutzung von Transportbörsen, insbesondere bei spontanen
Verkehren, oder durch einen intensiveren Einsatz bereits etablierter
Güterverkehrskonzepte bei geplanten Verkehren sowie durch eine
Verbesserung der Informationstransparenz, getrieben durch die
fortschreitende Digitalisierung, kurzfristig verbessert werden, sagt Prof.
Dr. Rock.

Aber das reiche nicht aus. Die Untersuchung der THI hat ergeben, dass ein
großer Teil der Unzufriedenheit mit dem Job aus unnötigen Wartezeiten
resultiert. Ein Beispiel: Meist sind die Zeiten der Anlieferung wenig
flexibel. Dazu kommt, dass die Kraftfahrerin bzw. der Kraftfahrer aus
haftungsrechtlichen Gründen seine Fracht selbst be- und entladen muss. Was
passiert, wenn sich Ankunftszeiten verändern, ein Lastwagen zu früh oder
zu spät ankommt? „Heute ist beides mit teils nicht zu ignorierenden
Wartezeiten verbunden, Zeiten, die der Frachtführer kaum anderweitig
nutzen kann“, erklärt der Professor für Internationales Handelsmanagement,
insbesondere Handelslogistik. Welche Tätigkeiten übernimmt der
Frachtführer nach dem Andocken? Eine Untersuchung hat gezeigt, dass wenn
der Frachtführer hiervon entlastet wird, ein Zeitgewinn von bis zu 30
Prozent entstehen kann. Zeit, in der der Fahrer für seine eigentliche
Tätigkeit zur Verfügung steht.
Die Politik hat vor Corona zu reagieren versucht, wobei deren
Maßnahmenpaket bei den Adressaten, den Fahrern und Fahrerinnen, keine
große Akzeptanz fand, sagt Rock. Oftmals zielten Maßnahmen auf die
Symptome, nicht auf die Ursachen der Entwicklung.
Die Lösung der mit dem Fahrermangel verbundenen Herausforderungen ist eine
wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe, an der sowohl die Politik,
die Arbeitgeber, die Empfänger der Waren sowie die breite Öffentlichkeit
unter der Integration der Betroffenen zu beteiligen sind. Das hat die THI-
Studie eindeutig bewiesen.

Organisatorische Maßnahmen, die Vermeidung von ineffektiven Aktivitäten in
der Transportkette und die effizientere und konsequentere Anwendung von
bestehenden güterverkehrslogistischen Konzepten sind durch Ansatzpunkte,
die die Digitalisierung bietet, zu ergänzen. Einzelne Aktivitäten, zu
denen auch unternehmensspezifische Aktivitäten, wie beispielsweise die
Schaffung von Parkflächen mit einer entsprechenden Infrastruktur, zu der
auch ansprechende Duschmöglichkeiten und Toiletten zählen oder
Möglichkeiten, das Sozialleben der Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer zu
beleben, sei es durch die Schaffung von Grillmöglichkeiten oder ähnlichem,
werden nicht den erhofften Effekt haben. „Ein ganzheitlicher, systemisch
orientierter Ansatz, getragen von der Infragestellung aller bisherigen
Abläufe ist unabdingbar“, sagt Prof. Dr. Stefan Rock. „Das Ziel muss die
Verbesserung der Attraktivität des Berufs der Kraftfahrenden in
Kombination mit einer effizienteren Nutzung der Arbeitskapazität des
Frachtführers sein. Eine nachhaltig erfolgreiche Volkswirtschaft benötigt
neu gewonnene und motivierte Kraftfahrtalente - auch und insbesondere aus
der eigenen Bevölkerung.“

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Re-Fuels – eine schnelle und nachhaltige Lösung für CO2-neutrale Antriebe

„Wir brauchen synthetische Kraftstoffe als Ergänzung zur E-Mobilität“: Die
Wissenschaftler Prof. Ulrich-Peter Thiesen und Ingo Behr plädieren in
ihrem Statement für Technologieoffenheit und einen intelligenten Mix

Das von der EU geplante Verbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotoren bis
2035 hat eine Diskussion um synthetische Kraftstoffe entfacht. Die
Chancen, die diese E-Fuels als klimaneutrale Treibstoffalternative bieten,
sollten nicht ungenutzt bleiben, sagen Prof. Dr. Ulrich-Peter Thiesen und
Dipl.-Ing. Ingo Behr vom Labor Verbrennungsmotoren des Fachbereichs
Informatik und Ingenieurwissenschaften der Frankfurt University of Applied
Sciences (Frankfurt UAS).

„Die Bestrebungen der EU, die CO2-Emissionen rasch zu reduzieren, sind
sicherlich sehr zu begrüßen. Allerdings sollte man sich beim Erreichen
dieser erstrebenswerten Ziele nicht durch Technologieverbote leiten
lassen, sondern die Umweltauswirkungen auf der Grundlage einer korrekten
und systematischen Analyse zuverlässig bestimmen. Sinnvoller wäre es, dass
man zukünftig die für die jeweilige Anwendung am besten geeignete
Antriebstechnologie verwendet“, so Thiesen und Behr. In einem gemeinsamen
Statement klären die Wissenschaftler über wesentliche Fakten auf und
plädieren für „technologische Offenheit statt technologischer Monokultur“.

Im Bereich der kleinen Leistung bis etwa 50 kW ist die leichte
Elektromobilität bzw. das reine Elektrofahrzeug (BEV - Battery Electric
Vehicle) gut geeignet. Die verwendeten Lithium-Ionen-Akkus in Kombination
mit Elektromotoren haben mit Werten von bis zu 80 Prozent gegenüber
modernen Pkw-Dieselmotoren mit einer Effizienz von bis zu 40 Prozent einen
etwa doppelt so hohen Wirkungsgrad. Die Betriebsdauern dieser Fahrzeuge
müssen allerdings sehr groß sein, um den höheren CO2-Anteil bei der
Produktion auszugleichen.

Re-Fuels für leistungsstarke Motoren
Traktoren, Erntemaschinen, schwere Bau- bzw. Arbeitsmaschinen und
Nutzfahrzeuge werden aber in der Regel mit einer hohen Dauerleistung von
mehr als 100 kW betrieben, und im Höchstleistungsbereich der
Hochseeschifffahrt sind sogar Antriebsleistungen von bis zu 45.000 kW
üblich. In diesen Anwendungsbereichen sind die Antriebsmaschinen auch
zukünftig auf Energieträger mit einer hohen Energiedichte angewiesen. Mit
flüssigen Kraftstoffen kann diese Anforderung realisiert werden, weshalb
sogenannte Re-Fuels eine notwendige Lösung für CO2-neutrale Antriebe
darstellen. Der Begriff „Re-Fuels“ bezeichnet allgemein Kraftstoffe, die
auf der Grundlage von Erneuerbaren Energien hergestellt werden. Das sind
neben Wasserstoff auch wichtige flüssige Kraftstoffe, nämlich synthetisch
hergestellte Kohlenwasserstoffe (E-Fuels) und nachhaltige Biokraftstoffe
(Advanced Biofuels).
Vorteilhaft bei Re-Fuels ist die Rückwärtskompatibilität, also die
Tatsache, dass bestehende Infrastrukturen der Energiespeicherung und der
Energieverfügbarkeit sofort und weiterhin genutzt werden können. Im
Gegensatz dazu sind beim Aufbau einer strombasierten Infrastruktur
verstärkte CO2-Emissionen unvermeidlich.

Grüner Wasserstoff und Ammoniak
„Grüner“ Wasserstoff kann unter einem hohen Druck von heute bis zu 700 bar
gasförmig gespeichert werden oder alternativ mittels Haber-Bosch-Verfahren
chemisch an Stickstoff gebunden zu Ammoniak NH3 reagieren. Zur besseren
Speicherung wird das Ammoniak anschließend mit einem vergleichsweise
geringen Druck von weniger als 9 bar verflüssigt. Im
Höchstleistungsbereich der Schifffahrt setzt man verstärkt auf Ammoniak,
da ein Bunkern in den vorhandenen Infrastrukturen der Seehäfen möglich ist
und NH3 als Brennstoff sowohl in den bewährten robusten Gas-
Verbrennungsmotoren als auch in zukünftigen elektrischen Antrieben mit
Brennstoffzellen verwendet werden kann.

Unter E-Fuels versteht man Kraftstoffe, die unter Verwendung elektrischen
Stroms aus Wasser und CO2 hergestellt werden. Wird der Strom zur Erzeugung
der E-Fuels vollständig aus erneuerbaren Energien gewonnen und das
erforderliche CO2 aus der Atmosphäre oder aus Biomasse entnommen, können
Verbrennungsmotoren mit E-Fuels klimaneutral betrieben werden.
Der Nachteil ist, dass bei der Herstellung dieser E-Kraftstoffe bei der
eingesetzten Fischer-Tropsch-Synthese derzeit ca. 50 Prozent der
ursprünglich eingesetzten Stromenergie verloren geht. Dies könnte aber bei
einer dezentralen Produktion von E-Fuels in naher Zukunft erheblich
geringer werden. Der zusätzliche Bedarf an elektrischer Energie bei der
Erzeugung von E-Fuels – im Vergleich zu einer direkten Nutzung im BEV –
wäre unkritischer, wenn weltweit einfacher günstigere Standorte mit einer
bis zu viermal höheren Effizienz bei der Anwendung von Photovoltaik und
Wind (im Vergleich zu durchschnittlichen europäischen Standorten) genutzt
werden könnten.

Re-Fuels reduzieren CO2-Emissionen der Bestandsfahrzeuge
Nachhaltige Biokraftstoffe, die in der 2. Generation nicht mehr in der
Konkurrenz zu Lebensmitteln stehen und außerdem auch durch die
Aufbereitung von biologischen Abfälle erzeugt werden können, sind durch
die heutige siebenprozentige Beimischung in fossilem Dieselkraftstoff gut
eingeführt und stellen zukünftig im lokalen Einsatz z.B. in der Land- und
Forstwirtschaft oder im Baubereich eine wertvolle Ergänzung dar.
Bestandsfahrzeuge, die heute fast ausschließlich mit fossilen Kraftstoffen
betrieben werden, können durch den Betrieb mit nachhaltigen Re-Fuels ganz
erheblich zu einer schnellen CO2-Absenkung beitragen. Nur auf diese Weise
ist es möglich, dass auch die auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge ihren
Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Mit einem intelligenten Mix
verschiedener Technologien von BEV und Re-Fuels kann eine optimale
Reduktion der gesamten CO2-Emissionen erzielt werden.

Viele gesellschaftlich wichtige Transportlösungen beispielsweise bei
Feuerwehr-, Rettungs- und Krankenfahrzeugen hängen von Verbrennungsmotoren
ab. Bei diesen Bestandsfahrzeugen wäre mit Re-Fuels unverändert die
ständige Dienstbereitschaft sichergestellt.

CO2-Reduktion braucht alle verfügbaren Technologiepfade
Weiterhin kann auch ein Hybrid-Antriebsstrang, also eine Kombination von
Verbrennungs- und Elektromotor, mit CO2-Emissionen von deutlich unter 100
g CO2/km zu einer Halbierung der heute bei Pkw üblichen Mittelwerte
beitragen. Hybridtechnologie-Strategien können ebenfalls im Bereich der
land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeuge und der Baumaschinen zukünftig
Standard sein, um einerseits die Wirtschaftlichkeit zu steigern bzw. die
CO2-Emissionen zu reduzieren und andererseits praktischerweise die gute
Regelbarkeit von elektrischen Antrieben auszunutzen.

Ein Blick, wie ihn die EU auf die Fahrzeuge wirft – from Tank to Wheel
(vom Tank zum Rad) –, greift erheblich zu kurz, da sowohl die
CO2-Belastung der Stromerzeugung als auch die der Produktion des Fahrzeugs
unbeachtet bleiben. Emissionen treten bei den verschiedenen
Antriebstechnologien in unterschiedlichen Lebenszyklusphasen auf. Wie gut
eine Technologie ist, hängt stets von der Gesamtbilanz über den gesamten
Lebenszyklus eines Fahrzeugs ab, also von der Erzeugung bis zur
Wiederaufbereitung.
Eine nachhaltige und schnell verfügbare Reduktion von CO2 braucht alle
verfügbaren Technologiepfade bei gleichmäßiger Förderung aller Optionen
durch die Politik.

Zu den Personen:
Prof. Dr. Ulrich-Peter Thiesen ist seit 1995 Professor für Technische
Thermodynamik und Verbrennungsmotoren an der Frankfurt UAS. Seine
Schwerpunkte in Lehre und Forschung sind allgemeine Anwendungen auf dem
Gebiet der Wärmetechnik, welche auch im Labor für Verbrennungsmotoren
bearbeitet werden. Vor seiner Hochschultätigkeit entwickelte er als Leiter
der Verbrennungssystementwicklung bei der Deutz AG in Köln Diesel- und
Gas-Industriemotoren, die man z.B. zum Antrieb von land- und
forstwirtschaftlichen Fahrzeugen, Nutzfahrzeugen und Schiffen verwendet.

Ingo Behr ist Diplom-Ingenieur für Maschinenbau und Master of Higher
Education für Methoden und Didaktik in Angewandten Wissenschaften. Seit
1988 ist er an der Frankfurt UAS Laboringenieur und wissenschaftlicher
Mitarbeiter im Labor Verbrennungsmotoren und in den Laboren für Technische
Thermodynamik, Strömungsmaschinen und Angewandte Messtechnik.

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