Zum Hauptinhalt springen

Hepatologische Forschungsvernetzung: Stipendien der Deutschen Leberstiftung ausgeschrieben

Die Deutsche Leberstiftung fördert mit ihrem Vernetzungs-
Stipendium den Forschungsaustausch und die Vernetzung von
Grundlagenwissenschaftlern und klinischen Forschern im Bereich der
Hepatologie. Bewerbungen sind ab sofort möglich.

Die Deutsche Leberstiftung vergibt auch 2025 Stipendien für den
wissenschaftlichen Austausch zwischen hepatologischen
Forschungseinrichtungen. Das Vernetzungs-Stipendium kann von den
Antragstellern genutzt werden, um ein zeitlich begrenztes klinisches oder
grundlagenwissenschaftliches Projekt in anderen Forschungseinrichtungen
durchzuführen. Es umfasst die Unterstützung für Reisekosten, Unterkunft
vor Ort und ggf. Verbrauchsmittel in der gastgebenden
Forschungseinrichtung.

Ein Stipendium ist möglich, wenn die beiden beteiligten
Forschungseinrichtungen an unterschiedlichen Institutionen angesiedelt
sind und sich mindestens eine der beiden beteiligten
Forschungseinrichtungen in Deutschland befindet. Pro Stipendium stehen bis
zu 7.500,- Euro zur Verfügung, die Förderung ist maximal für sechs Monate
möglich.

Für das Vernetzungs-Stipendium können bis zum 28. Februar 2025 Anträge per
E-Mail bei der Deutschen Leberstiftung eingereicht werden. Die Prüfung der
Bewerbungen erfolgt durch ein unabhängiges Gutachterkomitee, dem Prof. Dr.
Maike Hofmann, Freiburg, Prof. Dr. Andreas E. Kremer, Zürich/CH und Prof.
Dr. Anita Pathil-Warth, Frankfurt angehören.

Die Geförderten werden im Rahmen des 21. HepNet Symposiums in Hannover
(27./28. Juni 2025) bekanntgegeben.

„Mit dem Vernetzungs-Stipendium eröffnet die Deutsche Leberstiftung vor
allem jungen Forschenden eine weitreichende Förderung. Es bietet ihnen
zunächst die Möglichkeit und den Anreiz, ein eigenes Forschungsprojekt in
einem anderen Labor durchzuführen oder auch fortzusetzen. Dabei entsteht
ein wichtiger Erfahrungsaustausch und damit eine Forschungsvernetzung, die
oft zu einer längeren oder auch dauerhaften Zusammenarbeit führt. Deshalb
sind unsere Stipendien ein wichtiges Förderinstrument für den nachhaltigen
wissenschaftlichen Austausch“, erläutert Prof. Dr. Michael P. Manns,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung die Wirkungsweise der
Förderung.

Einsendeschluss für Bewerbungen ist der 28. Februar 2025 (es gilt das
Datum des E-Mail-Eingangs). Die Zusendung des Antrags mit Anlagen kann per
E-Mail an stipendium@deutsche-leberstiftung.de erfolgen. Für die
Einhaltung der Bewerbungsfrist gilt das Datum des E-Mail-Eingangs. Weitere
Informationen und die Bewerbungsunterlagen sind unter https://www
.deutsche-leberstiftung.de/foerderung/ auf der Website abrufbar.

Deutsche Leberstiftung

Die Deutsche Leberstiftung befasst sich mit der Leber, Lebererkrankungen
und ihren Behandlungen. Sie hat das Ziel, die Patientenversorgung durch
Forschungsförderung, Forschungsvernetzung und wissenschaftliche Projekte
zu verbessern. Mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit steigert die Stiftung
die öffentliche Wahrnehmung für Lebererkrankungen, damit diese früher
erkannt und geheilt werden können. Die Deutsche Leberstiftung bietet
außerdem Information und Beratung in medizinischen Fragen. Auf der Website
finden Sie umfangreiche Informationen sowie Bildmaterial für Betroffene,
Interessierte, Angehörige der Fachkreise und Medienvertreter: https://www
.deutsche-leberstiftung.de.

  • Aufrufe: 84

Der Altenpflegemarkt in Europa: Wie beeinflusst die Mobilität von Pflegekräften Politik und Gesellschaft?

In Deutschland sind 5 Millionen Menschen pflegebedürftig, für das Jahr
2050 werden mehr als 7 Millionen prognostiziert. Ohne Arbeitsmigration
wäre das System längst zusammengebrochen. Doch wie ist die transnationale
Pflege organisiert? Welche Folgen hat sie für die Herkunftsländer der
Pflegenden? Und wie reagiert die Politik darauf? Mit diesen Fragen befasst
sich ein internationales Forschungsprojekt, das am Fachbereich
Sozialwissenschaften der Goethe-Universität koordiniert wird.

Die Menschen werden immer älter, die Zahl der Pflegebedürftigen steigt.
Der riesige Bedarf an Pflegekräften in Deutschland kann längst nur durch
Arbeitszuwanderung befriedigt werden. Wegen des wirtschaftlichen Gefälles
funktioniert das seit Jahren gut: Fachkräfte, vor allem Frauen, aus
Osteuropa kommen nach Deutschland, wo sie mehr verdienen als in ihrer
Heimat. Aber wie wirkt sich die Mobilität zum Beispiel der polnischen
Pflegerinnen auf die Situation in Polen aus? Das erforschen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Projekt „Researching the
Transnational Organization of Senior Care, Labour and Mobility in Central
an Eastern Europe“, das von der VolkswagenStiftung im Rahmen der
Förderlinie „Herausforderungen und Potenziale in Europa“ mit 1,5 Millionen
Euro finanziert wird.

Das Forschungsprojekt mit Kurztitel CareOrg, an dem auch Teams in
Rumänien, Ungarn, Tschechien, Polen, der Ukraine und den Niederlanden
beteiligt sind, untersucht transnationale Altenpflegearbeit aus und
innerhalb Mittel- und Osteuropas. Im Fokus steht das Ziel, entstehende
transnationale Pflegemärkte zu verstehen und zu theoretisieren und
Lösungen für eine nachhaltige und menschenwürdige Pflege und Pflegearbeit
in Europa zu finden. Durch empirische und engagierte Forschung werden
aktuelle und zukünftige Muster der Kommerzialisierung, Vermarktung,
Transnationalisierung, Professionalisierung und Digitalisierung der
Altenpflege kartiert und analysiert.

Inländische Pflegekräfte sind im Schnitt acht Jahre im Job, länger halten
viele die hohen psychischen und physischen Belastungen bei mäßiger
Anerkennung und mäßigem Gehalt nicht aus. Einst als illegale Notlösung zur
Pflege von Angehörigen entstanden, sind die so genannten Live-ins in
Deutschland längst etabliert, legalisiert und formalisiert: Agenturen
vermitteln die Pflegekräfte, die nach Deutschland pendeln und mit
Kolleginnen aus der Heimat rotieren. Ein Schock für dieses System war die
Corona-Pandemie: Von einem Moment auf den anderen war Pendeln nicht mehr
möglich, das System drohte zu kollabieren. Mit Nachhaltigkeit habe das
wenig zu tun, sagt Ewa Palenga-Möllenbeck, die das Projekt leitet. Eine
prekäre europäische Binnenmigration könne nicht die Lösung sein. Denn
schließlich werden die Menschen auch in den Herkunftsländern immer älter
und brauchen Pflege.

„In den Herkunftsländern der Pflegekräfte wird immer noch in den Familien
gepflegt. Das übernehmen meist Frauen, die dann eben früher in Rente gehen
und entsprechend wenig in die Rentenversicherung einzahlen“, erklärt
Palenga-Möllenbeck. Dass die Politik in diesen Ländern sich der
Problematik nicht stelle, geschehe auf dem Rücken der Frauen. Und es gebe
eine Art Kaskade: Damit etwa polnische Frauen nach Deutschland gehen
können, um dort als Live-In zu arbeiten, kommen ukrainische Frauen nach
Polen und kümmern sich dort um die Pflege – meist ohne ordentliche
Vertragsgrundlage. „Viele arbeiten nur, damit sie wohnen können, und
werden richtiggehend ausgenutzt“, so Palenga-Möllenbeck.

Mit ihrer Forschung will sie die Situation transparent machen und auf den
Handlungsbedarf hinweisen. In der Schweiz etwa gebe es für die Ankommenden
als erstes eine Schulung hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten. Es sei
dringend erforderlich, dass es in ganz Europa ordentliche Arbeitsverträge
gebe; auch in Deutschland habe man Verbesserungsbedarf festgestellt. Viele
Pflegekräfte seien auf der Grundlage von wenig vorteilhaften
privatrechtlichen Verträgen angestellt.

CareOrg ist ein internationales und interdisziplinäres Forschungsteam, mit
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen Arbeits-,
Mobilitäts- und Alternsforschung. Dr. Palenga-Möllenbeck (Goethe-
Universität) hat sowohl die Leitung als auch die Koordinierung des
Projekts inne. Weitere beteiligte Institutionen sind die Karls-Universität
in Prag (Tschechische Republik), das Zentrum für Sozialwissenschaften in
Budapest (Ungarn), die Babeș-Bolyai University in Cluj-Napoca (Rumänien),
das Institut für Systemische Alternativen in Kiew (Ukraine) und die
Universität Amsterdam (Niederlande). Im Rahmen eines themenübergreifenden,
international vergleichenden Forschungsdesigns wird CareOrg eine
Kombination aus unterschiedlichen Forschungsmethoden anwenden, wie etwa
vergleichende Policy-Analysen und fünf vertiefende, länderspezifische und
themenorientierte Fallstudien über Care-Drain, Care-Situation infolge von
Krieg und Flucht in und aus der Ukraine, Pflege vermittelt über Agenturen
und digitale Plattformen, Qualifikationen und Anforderungen an
internationale Pflegekräfte und vieles mehr.

Das Projekt ist Teil des Programms „Herausforderungen und Potenziale in
Europa“ der VolkswagenStiftung, an dem die Goethe-Universität mit
insgesamt fünf Projekten und damit bundesweit am meisten beteiligt ist. Ab
Mittwoch, 4. September, findet im Schloss Herrenhausen in Hannover ein
dreitägiges Symposium statt, an dem insgesamt 21 internationale
Forschungsprojekte teilnehmen und ihre Ergebnisse zu vielen
gesellschaftlich hoch relevanten Fragen wie intergenerationelle
Beziehungen, Altern, Migration oder Populismus präsentieren. Die
wissenschaftliche Koordination des Symposiums ist an der Goethe-
Universität angesiedelt, sie wird von Dr. Ewa Palenga-Möllenbeck von
Institut für Soziologie wahrgenommen.

  • Aufrufe: 96

Von der Triage zur Therapie: Konkrete Prognosekriterien für den Behandlungserfolg hochaltriger Patienten gefordert!

Bis zu 30 Prozent beträgt mittlerweile der Anteil geriatrischer
Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen – gemessen an allen dort
behandelten Personen. „Höchste Zeit also festzulegen, wie die
Prognosekriterien für den Behandlungserfolg konkret aussehen sollten“,
fordert Professor Hans Jürgen Heppner, ehemaliger Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und Direktor der Klinik für Geriatrie am
Klinikum Bayreuth. Er nimmt vorweg: „Das Alter allein ist per se kein
Prognosekriterium für das therapeutische Ergebnis der
intensivmedizinischen Behandlung.“

Heppner wird zum Abschluss des großen Gerontologie- und Geriatrie-
Kongresses am 14. September in seiner Keynote zum Thema „Triagieren Sie
schon oder behandeln Sie noch?“ beleuchten und diskutieren, wie genau in
Zukunft die erfolgreiche Behandlung kritisch kranker geriatrischer
Patienten gelingen kann.

„Bei der Behandlung kritisch kranker geriatrischer Patienten ist die
sektorenübergreifende Zusammenarbeit der Fach- und Berufsdisziplinen von
zentraler Bedeutung. Vor diesem Hintergrund muss auch die
Leistungsfähigkeit und -bereitschaft einer Akutgeriatrie beleuchtet
werden“, erklärt Heppner. Dies werde augenblicklich unter dem Fokus der
prä- und postintensivmedizinischen Versorgung wissenschaftlich untersucht.

Gefahr: Längerfristige Schädigung durch Über- oder Untertherapie

„Selbstverständlich ist es wichtig zu prüfen, ob ein angestrebtes
Therapieziel erreicht werden kann, ob die intensivmedizinische Behandlung
dem – mutmaßlichen – Patientenwillen entspricht und ob die Belastungen
während der Behandlung durch die Lebensperspektive gerechtfertigt sind“,
sagt der Altersmediziner. Die Fragestellungen zu den Therapiezielen und
passenden Behandlungskonzepten sind bei geriatrischen Patienten von
besonderer Relevanz, da gerade diese Patienten durch ihre erhöhte
Vulnerabilität besonders gefährdet sind, eine längerfristige Schädigung
durch Über- oder Untertherapie zu erleiden.

Frailty und Delir wichtig für Prognose der intensivmedizinischen
Behandlung

Behandlungsleitend ist – wie bei jeder therapeutischen Entscheidung – das
erreichbare Therapieziel, also die Sinnhaftigkeit einer Maßnahme, unter
Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens und seiner Lebensperspektive.
Nicht zuletzt spielen hier der funktionelle Status und geriatrische
Syndrome eine zentrale Rolle. Allein die sogenannte Klinische Frailty
Skala rückt für die Intensivmedizin zunehmend in den Fokus. Ziel der Skala
mit insgesamt neun Prüf-Kategorien ist die Identifizierung von Patienten
mit einem erhöhten Risiko für einen ausbleibenden Behandlungserfolg,
welche nicht von einer intensivmedizinischen Intervention profitieren
dürften. Zudem hat sich die American Heart Association (AHA) positioniert
und für ältere Patienten auf der Intensivstation die geriatrischen
Syndrome Frailty, also Gebrechlichkeit, und Delir mit höchster
intensivmedizinischer Relevanz identifiziert. Dies wurde auch in einem
gemeinsamen Konsensuspapier der führenden Fachgesellschaften aus Geriatrie
und Intensivmedizin klar formuliert. „Auch die neuesten Untersuchungen für
Intensivmedizin und Geriatrie zeigen auf, dass Frailty ein unabhängiger
starker Prädiktor für die Kurz- und Langzeitprognose von betagten und
hochbetagten Patienten auf der Intensivstation ist.“

Physiologisches Funktionsdefizit der Organe weitere Herausforderung für
Behandlung

Die bestehende Multimorbidität in der Gruppe der geriatrischen
Patientinnen und Patienten und das physiologische Funktionsdefizit der
Organe kann rasch zu einer Dekompensation führen und dies stellt für die
Intensivmedizin eine weiter Herausforderung dar. Für den Alters- und
Notfallmediziner Heppner ist klar: „Es braucht konsentierte Therapie-
Entscheidungskriterien, die mit allen beteiligten abgestimmt sind, um gar
nicht erst in eine vermeintliche Triage-Situation zu kommen.“ Dabei ist
ihm wichtig noch einmal zu unterstreichen, dass „die aktuellen klinisch-
ethischen Empfehlungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen
ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine Priorisierung aufgrund des
kalendarischen Alters wegen des Gleichheitsgebots nicht zulässig ist.“

Begriffsklärung Triage: Krankheitsschwere und Ressourcenbedarf einschätzen

In seiner Kongress-Keynote wird Hans Jürgen Heppner, Inhaber des
Lehrstuhls für Geriatrie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-
Nürnberg (FAU), auch noch einmal auf die differenzierte Betrachtung des
Begriffs der Triage eingehen. „Zugegeben ein provokanter Titel für
Überlegungen zur Hightech-Medizin in einer sich demografisch verändernden
Gesellschaft“, so der Altersmediziner. Der Begriff Triage ist im
Zusammenhang mit der SARS-Cov2-Pandemie immer wieder aufgetaucht und sei
auch da nicht korrekt verwendet worden. Triage bedeutet streng genommenen,
überlebensfähige Verwundete zu retten und zu versorgen – der Begriff
stammt aus dem 16. Jahrhundert und galt für den Heeres-Sanitätsdienst.
„Die Triage stammt somit primär aus dem Wortschatz der Kriegsmedizin.
Anders als die Triage, die wir aktuell in der präklinischen Notfallmedizin
oder in den Notaufnahmen der Krankenhäuser einsetzen, um eine valide und
verlässliche Methode zu nutzen, die Krankheitsschwere von Notfallpatienten
und deren Ressourcenbedarf einzuschätzen“, erläutert Heppner.

Zur Person:

Professor Hans Jürgen Heppner ist seit 2022 Lehrstuhlinhaber für Geriatrie
der Friedich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg am Medizincampus
Oberfranken und Direktor der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth.
Der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) ist
zudem Mitgründer der DGG-Arbeitsgruppe Notfall- und Intensivmedizin und
stellvertretender Leiter der Sektion Geriatrie in der Deutschen Sepsis-
Gesellschaft. Seine Forschungsschwerpunkte sind Infektionen und Sepsis im
Alter, Intensiv- und Akutmedizin im Alter, Impfungen und
Infektionsprophylaxe. Von 2013 bis 2022 war Heppner Chefarzt an der Klinik
für Geriatrie am HELIOS Klinikum Schwelm und Ordinarius für Geriatrie an
der Universität Witten/Herdecke.

Jetzt Termin vormerken:

Professor Hans Jürgen Heppner
Keynote-Vortrag: „Triagieren Sie schon oder behandeln Sie noch?“
Gerontologie- und Geriatrie-Kongress
Hörsaal 1 im Campus Center auf dem Campus Holländischer Platz der
Universität Kassel
Samstag, 14. September, 10 Uhr

Interviewmöglichkeit und Kongress-Akkreditierung:

Sie wünschen ein Interview mit Professor Hans Jürgen Heppner, ehemaliger
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), Direktor der
Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth und Inhaber des Lehrstuhls für
Geriatrie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg? Gerne
helfen wir bei der Terminkoordination. Akkreditieren Sie sich zudem schon
jetzt für den Gerontologie- und Geriatrie-Kongress in Kassel. Einfach mit
Kopie ihres Presseausweises oder einer Redaktionsbestätigung per E-Mail
an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

  • Aufrufe: 80

Hybride Pfeilspitze gegen Autoimmunerkrankungen

Forschende entwickeln einen bakteriell produzierten Wirkstoff, der die
zelluläre Immunantwort gezielter hemmt, ohne das Abfallsystem der Zelle zu
blockieren

Das Immunoproteasom ist für die zelluläre Immunantwort unerlässlich. Bei
Autoimmunerkrankungen ist es jedoch überaktiv. Bisher gelang es jedoch
nicht, es selektiv zu hemmen, ohne andere Mechanismen der Zelle zu
beeinträchtigen. Nun konnten Forschende um Prof. Helge Bode durch eine
selbst entwickelte Technik die Bildung eines bakteriellen Naturstoffes
manipulieren, so dass ein neuartiger, selektiverer Wirkstoff entsteht. Die
Ergebnisse bereiten damit den Weg für eine gezieltere Hemmung des
Immunoproteasoms.

Bevor das Immunystem Eindringlinge wie Bakterien und Viren bekämpfen kann,
muss es ihre molekulare Gestalt kennen. Dazu nimmt ein zellulärer
Enzymkomplex, das sogenannte Immunoproteasom, den Angreifer auseinander
und präsentiert den Immunzellen seine genaue Struktur.

Greift ein überaktives Immunproteasom fälschlicherweise körpereigene
Strukturen an, kann es zu Immunerkrankungen kommen. Um sie zu regulieren,
suchen Forschende seit langem nach Hemmstoffen gegen das Immunoproteasom.
Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass die anderen Proteasom-
Varianten der Zelle – zum Beispiel solche, die für das zelluläre Recycling
und die Abfallentsorgung notwendig sind – nicht ebenso blockiert werden.
Selektivität der Wirkstoffe ist hier höchstes Gebot, um Nebenwirkungen zu
vermeiden.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Helge Bode am Max-Planck-Institut für
terrestrische Mikrobiologie in Marburg forscht seit Jahren daran,
Enzymkomplexe am Reißbrett zu designen und mithilfe der synthetischen
Biologie neue Naturstoffe zu erzeugen.

Bisherige mögliche Kandidaten für Medikamente gegen Immunerkrankungen,
aber auch Antibiotika oder solche gegen Krebs, stammen nicht nur aus der
Stoffgruppe der Peptide (= Eiweiße), sondern auch aus der Gruppe der
langkettigen Fettsäuren, sogenannter Polyketide. Während Peptide meist
durch nicht-ribosomale Peptidsynthetasen (NRPS) produziert werden,
entstehen Polyketide durch Polyketidsynthasen (PKS).

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Michael Groll (TU München) und Prof. Dr.
Markus Kaiser (Universität Duisburg-Essen) gelang es dem Team, ein Hybrid
aus Peptid und Polyketid zu entwickeln und in wenigen Schritten
zusammenzubauen. „Die von uns entwickelte XUT Technologie nutzt
Schnittstellen, die in sogenannten Thiolierungs- (T) Domänen vorkommen. Da
es diese T-Domänen sowohl in NRPS und PKS gibt, kann man auch beide Sorten
von Enzymen, Peptide und Polyketide, miteinander fusionieren“, erklärt
Leonard Präve, Erstautor der Studie, die online in der Fachzeitschrift
Chem erschienen ist.

Solche Hybride aus NRPS und PKS stellt die Natur auch selbst her. Eine
bestimmte Substanzklasse, die Syrbactine, finden sich z.B. bei Bakterien,
die Pflanzen oder auch Insekten schädigen. Indem Syrbactine das Proteasom
in diesen höheren Organismen hemmen, stirbt die Zelle durch „Verstopfung“
ihrer Abfallentsorgung. Da eben diese Wirkung im Falle von Tumorzellen
wünschenswert ist, gelten Syrbactine als Kandidaten für Krebsmedikamente.

Zwar gibt es bereits Medikamente, die auf der Hemmung des Proteasoms
beruhen, doch gab es jedoch bislang keinen biotechnologischen Zugang zu
einem spezifischen und damit nebenwirkungsarmen Wirkstoff gegen das
Immunoproteasom aus der Klasse der Syrbactine.

„Mit unserer Technik konnten wir die Syrbactine in mehreren Schritten ganz
rational so verändern, dass erstmals ein neuartiger, selektiverer
Hemmstoff gegen das humane Immunoproteasom entsteht“, ergänzt Helge Bode.
Zwar ist der erzeugte Wirkstoff noch nicht selektiv genug, zeigt aber
schon die Richtung auf, wie weitere Varianten nun optimiert werden können,
um Nebenwirkungen zu reduzieren.

Diese sollen in Zukunft am Reißbrett und im hohen Durchsatz erzeugt
werden, um so die besten Varianten für die spezifische Anwendung aussuchen
zu können.

  • Aufrufe: 89