Bluthochdruck in der Schwangerschaft: Neue Leitlinie für bessere Versorgung in Deutschland
Etwa sechs bis acht Prozent aller schwangeren Frauen erkranken an einem
Bluthochdruck. Eine neue Versorgungs-Leitlinie soll nun die frühzeitige
Diagnose und Behandlung verbessern. Auch ein spezieller Nachsorgepass
wurde jetzt veröffentlicht.
Würzburg. Etwa sechs bis acht Prozent aller schwangeren Frauen erkranken
an einem Bluthochdruck. Eine neue Versorgungs-Leitlinie soll nun die
frühzeitige Diagnose und Behandlung verbessern. „Damit wollen wir das
Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft senken und zudem
langfristig die Gesundheit der Frauen stärken. Denn auch nach der
Schwangerschaft bleibt das Risiko für Folgeerkrankungen erhöht“, erklärt
Prof. Dr. Ulrich Pecks, Leiter der Geburtshilfe am Universitätsklinikum
Würzburg (UKW) und verantwortlicher Koordinator für die neue Leitlinie,
die am 17. Juli 2024 veröffentlicht wurde. Zudem wurde ein Nachsorgepass
für betroffene Frauen entwickelt, der zum Download bereitsteht.
„In der neuen Leitlinie wird empfohlen, den Bluthochdruck präziser
medikamentös einzustellen als bislang. Hierzu wurden in den vergangenen
Jahren wichtige Studien veröffentlicht, die nun in die Leitlinie
eingeflossen sind“, so Prof. Pecks. Mit dieser medikamentösen Einstellung
des Bluthochdrucks kann idealerweise auch der Zeitpunkt der Entbindung bei
optimalen Verlauf weiter verschoben werden. Somit können frühe Geburten
mit den Risiken für Mutter und Kind minimiert werden, erklärt der
Würzburger Mediziner. „Denn weiterhin ist die einzige kurative, also
heilende Therapie für einen Schwangerschafts-Bluthochdruck die Entbindung.
Oft bessern sich die Werte schon 48 Stunden nach der Geburt“, sagt Prof.
Pecks.
Ziel: Komplikationsrisiken minimieren / Folgeerkrankungen reduzieren
Ein Bluthochdruck in der Schwangerschaft ist auch ein Hinweis auf eine
mögliche Präeklampsie, die oft umgangssprachlich
„Schwangerschaftsvergiftung“ genannt wird. Von einer Präeklampsie spricht
man, wenn zusätzlich zu einem Bluthochdruck („Hypertonie“) Organschäden
festgestellt werden, etwa an Niere oder Leber. Dabei scheiden die Frauen
dann z.B. vermehrt Eiweiße über die Niere aus oder haben erhöhte
Leberwerte im Blut. Weltweit versterben jährlich mehr als 50.000 Frauen
und 500.000 Babys an den Folgen einer Präeklampsie. Mütterliche Todesfälle
sind in den industriell entwickelten Ländern zum Glück selten. Aber das
Leid der Frauen und die Folgen einer Frühgeburt wegen einer Präeklampsie
können erheblich sein.
Daher empfiehlt die neue Leitlinie ein allgemeines Screening auf
Präeklampsie bei jeder Schwangeren. Auch angesichts des demographischen
Wandels, älter werdenden Frauen bei der ersten Schwangerschaft und
zunehmenden Schwangerschaften bei Frauen mit Grunderkrankungen wie
Diabetes mellitus ist eine frühe Erkennung wichtig. „Dieses Screening ist
leider aktuell keine Kassen-Leistung. Dabei kann es enorm helfen, Risiken
frühzeitig zu erkennen, um vorbeugende Maßnahmen einzuleiten und eine
Präeklampsie zu verhindern“, so Pecks. Ein solches Screening sollte in der
12. oder 13. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.
Nachsorgepass gibt wertvolle Orientierung
Mit der Leitlinie soll auch das Risiko von Folgeerkrankungen nach der
Schwangerschaft stärker in das Bewusstsein rücken. Prof. Pecks: „Frauen,
die einen Bluthochdruck in der Schwangerschaft entwickelt haben, zeigen
ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im weiteren Leben.
Daher haben wir einen neuen Nachsorgepass entwickelt, der jetzt für die
Frauen zum Download (Link:
https://register.awmf.org/de/l
bereitsteht und der helfen soll, dieses Thema mit den weiterbehandelnden
Ärztinnen und Ärzten nach Geburt und Wochenbett zu besprechen.“
Hintergrund: Leitlinie „Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft:
Diagnostik und Therapie“
Die Leitlinie „Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft:
Diagnostik und Therapie“ ist im Leitlinienprogramm der Deutschen
Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), der Österreichischen
Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie (OEGGG) sowie der
Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe entwickelt
worden. Sie löst die vorherige Leitlinie aus dem Jahr 2019 ab. Sie wurde
geprüft durch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF) und steht hier zum Download bereit, Link:
https://register.awmf.org/de/l
Prof. Dr. Ulrichs Pecks ist der Leitlinienkoordinator, er forscht seit 20
Jahren zu schwangerschaftsassoziiertem Bluthochdruck. Er leitet seit
Oktober 2023 die Geburtshilfe an der Würzburger Uniklinik und bekleidet
die Professur „Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft“ an der
Würzburger Universitätsmedizin. In der UKW-Geburtshilfe werden die
Möglichkeiten eines Präeklampsiescreenings im Rahmen der
Schwangerenberatung individuell vorgestellt.
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