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Mit Forschung psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen reduzieren: DZPG hat Risikofaktoren im Visier

Bis zu 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben eine
psychische Störung. Aber nicht alle Kinder sind gleichermaßen gefährdet.
Am Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) wird in vielen
Projekten speziell für Gruppen geforscht, die von Risikofaktoren betroffen
sind. Ziel ist es, früher Diagnosen zu stellen und in Deutschland ein
breites Netz an Präventions- und Hilfsangeboten für jede Altersstufe zu
schaffen.

„Psychische Erkrankungen sind eines der relevanten Gesundheitsprobleme in
Deutschland. Mit Präventionsangeboten kann ein Teil der Kinder und
Jugendlichen geschützt werden. Dafür setzt das DZPG sich mit
translationaler Forschung ein“, betont Prof. Dr. Peter Falkai,
Klinikdirektor der Psychiatrie und Psychotherapie an der LMU Klinik und
Standortsprecher des DZPG in München.

Angststörungen, hyperkinetisches Syndrom, Lernstörungen, Depressionen,
Suchterkrankungen und Essstörungen: Der Katalog der psychischen Störungen,
die Kinder und Jugendliche treffen, ist gewichtig. Werden psychische
Probleme im Kindes- und Jugendalter nicht behandelt, wirken sie oft bis
ins Erwachsenenalter. „Bei Kindern und Jugendlichen ist schon jeder fünfte
von psychischen Störungen betroffen“, so Falkai. „Bei Erwachsenen wächst
der Anteil auf jeden vierten. Damit sind seelische Erkrankungen eine der
großen Herausforderungen im Medizinbereich.“

Risikofaktor Erwachsenwerden: Mit dem Alter steigt das Risiko für
psychische Erkrankungen

Mit steigendem Alter sind Heranwachsende Stress ausgesetzt durch
Schulabschluss, Ausbildung, die Gründung eigener sozialer Verbünde und das
Finden sozialer Rollen. Aber eine Gefährdung für seelische Erkrankungen
ergibt sich nicht allein aus dem Reifeprozess. Forschungen am DZPG haben
spezielle Risikofaktoren im Blick. Falkai erklärt: „Während der Corona-
Pandemie mit Kontaktbeschränkungen, Einsamkeit und mehr häuslicher Gewalt
sind die Zahlen psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen
deutlich angestiegen.“ Den Zuwachs belegt eine Untersuchung des BKK
Dachverbands im Auftrag der Stiftung Kindergesundheit. Aus ihr geht
hervor, dass in den Pandemiejahren 2020 und 2021 besonders die 15- bis
19-jährigen weiblichen Versicherten unter psychischen Symptomen gelitten
haben. Überdurchschnittlich häufig waren demnach Angst- und
Anpassungsstörungen zu beobachten.¹ Und die nächste Krise ist längst da:
„Wir beobachten auch einen Anstieg von Posttraumatischen
Belastungsstörungen und Depressionen bei externen Stressoren wie
kriegerischen Konflikten.“

Vor der Behandlung steht die Prävention

„Zahlreiche Forschungen innerhalb des DZPG zielen hier auf Prävention“, so
Prof. Falkai. „Schon vor dem Auftreten vieler psychischer Störungen
entwickeln Betroffene erste Symptome.“ In der Praxis sehen diese ersten
Anzeichen von außen oft unspezifisch aus: „Dazu gehören Schlafstörungen,
innere Unruhe und körperliche Beschwerden wie Bauch-, Kopf- und
Rückenschmerzen. Schließlich kann diese Entwicklung fließend übergehen in
Angststörungen. Auch eine Verschlechterung der Konzentration und damit der
schulischen Leistungen ist häufig zu beobachten.“ Auch hier registrieren
Fachleute wachsende Fallzahlen: Bei Schulkindern haben potenziell
psychosomatische Beschwerden wie Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen, aber
auch Einschlafprobleme und Niedergeschlagenheit über die Jahre stark
zugenommen. Das ist ein Ergebnis der Studie Health Behaviour in School-
aged Children (HBSC) der WHO.²

Psychische Erkrankungen bei jungen Menschen verhindern

Auf diese Vor-Phase zielen die Forschungen zur Primärprävention des DZPG:
Ziel ist, die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Kinder und Jugendliche an
psychischen Störungen erkranken, zu verkleinern. Prof. Dr. Andreas Meyer-
Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in
Mannheim und DZPG-Sprecher, erklärt: „Dazu gehört im ersten Schritt,
psychische Gesundheit überhaupt zu messen. Eine solche Messung wird am
Standort Bochum vom DZPG gerade mit dem Deutschen Gesundheitsbarometer
implementiert. Dafür wird regelmäßig eine repräsentative
Bevölkerungsstichprobe zu ihrem seelischen Befinden befragt. So kann man
Veränderungen – etwa während einer Wirtschaftskrise oder Pandemie – bei
der psychischen Gesundheit der Bevölkerung messen, um gegebenenfalls
Maßnahmen zu ergreifen, damit sie nicht kippt.“

Forschung für Kinder mit erhöhtem Risiko

Dabei ist das Risiko einer psychischen Erkrankung längst nicht bei allen
Kindern und Jugendlichen in Deutschland gleich hoch: „Wir kennen
Risikofaktoren, die psychische Krankheiten auslösen oder verschlechtern
können. Dazu gehört auch eine Frühgeburt“, so Falkai. Dieser Umstand wird
am DZPG-Standort Tübingen in den Fokus genommen. Dort werden die Familien
von Frühgeborenen im Rahmen eines Früherkennungsprogramms engmaschig
betreut, um mögliche Frühsymptome psychischer Erkrankungen zu erkennen und
den durch die Frühgeburt ausgelösten Stress in der Familie zu reduzieren.
Parallel wird eine große Zwillingskohorte nachverfolgt, um auch hier
Risiko- und Resilienzfaktoren zu verstehen, um Frühsymptome zu erkennen
und Interventionsmöglichkeiten anzubieten.

Aber auch im weiteren Verlauf ergeben sich Risiken. Prof. Dr. Dr. Andreas
Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CCM an der
Charité – Universitätsmedizin Berlin und Sprecher des DZPG: „Ein Faktor
ist der sozioökonomische Status, vor allem in Hinblick auf
Zugangsbarrieren zu gesundheitlicher Versorgung, aber auch die Mental
Health Literacy: Wie viel weiß ich über seelische Gesundheit?“ Ein
besonderer Risikofaktor für psychische Störungen ist zudem das Aufwachsen
in städtischen Ballungsräumen und Arbeitslosigkeit eines oder beider
Elternteile. Auch ein Minderheitenstatus zählt zu den Risikofaktoren.
Deshalb startete ein Projekt des DZPG im Bochumer Stadtteil Wattenscheid.
Dort leben überdurchschnittlich viele Menschen in prekären Verhältnissen,
mit Migrationshintergrund oder von Arbeitslosigkeit betroffen. Das
Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit (FBZ) der
Ruhr-Universität Bochum entwickelt ein neuartiges Präventionskonzept unter
dem Motto „Urban Mental Health“ (UMH). Es bringt erstmals Wissenschaft,
Politik und Praxis zusammen, um die psychische Gesundheit von Kindern und
Jugendlichen nachhaltig zu verbessern. Das Projekt zielt auf die seelische
Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern, die mit gesteigerter Resilienz und
einem Curriculum für die Schülerinnen und Schüler deren „Mental Health
Literacy“, das Wissen über seelische Gesundheit, steigern sollen. Bei
Erfolg könnte es zur Blaupause für ganz Deutschland werden.

Risikofaktor psychische Probleme der Eltern

An der FU Berlin haben die Forschenden Kinder von Eltern im Fokus, die
aufgrund ihrer eigenen psychischen Belastung Schwierigkeiten im Umgang mit
ihren Kindern erleben. Das kann beispielsweise bedeuten, dass ein oder
mehrere Elternteile eine psychische Erkrankung (z.B. Depressionen oder
Angststörungen) haben oder nur eingeschränkte soziale oder finanzielle
Ressourcen vorhanden sind. Die Forschung zeigt, dass solche Belastungen
mit einem erhöhten elterlichen Stresserleben einhergehen können, was
wiederum die Kommunikation und den Umgang mit den eigenen Kindern
erschweren kann. Hier wird gerade eine App als niederschwelliges Angebot
entwickelt, das Eltern dazu befähigt, ihre eigene psychische Gesundheit zu
stärken und ein positives Erziehungsverhalten zu fördern.

Frühere Diagnosen für einen leichteren Start ins Erwachsenenleben

Aber auch an der Sekundärprävention, der Verbesserung von Therapiechancen
durch frühe Erkennung von Erkrankungen, forscht das DZPG. Falkai: „Das
DZPG evaluiert gerade Zentren für Früherkennung und Erstbehandlung von
Psychischen Erkrankungen und will hier das Informationsangebot für die
Bevölkerung verbessern.“ Das Ziel: Kinder, Jugendliche und ihre Familien
sollen als Anlaufpunkte kompetente Früherkennungszentren zur Verfügung
haben, die auf psychische Störungen spezialisiert sind. „Nur Fachleute
können Symptome, die auf eine psychische Erkrankung hinweisen, von solchen
unterscheiden, die sich im Rahmen von normalen Reifungs- und
Entwicklungsprozessen zeigen.“

Über das DZPG

Seit Mai 2023 arbeiten im Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit
(DZPG) Expertinnen und Experten daran, durch gemeinsame Forschung die
psychische Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern und psychische
Erkrankungen zu entstigmatisieren. An sechs Standorten in Deutschland
wirken hierfür Forscherinnen und Kliniker gemeinsam mit Expertinnen aus
Erfahrung, also Betroffenen und ihnen Nahestehenden, sowie internationalen
Wissenschaftlern zusammen. Unter www.dzpg.org finden Interessierte
Informationen zur Organisation, zu Forschungsprojekten und Zielen sowie
informative Texte und hilfreiche Links rund um das Thema psychische
Gesundheit.

Quellen

Kindergesundheitsbericht 2023 der Stiftung Kindergesundheit:
https://www.kindergesundheit.de/Die-
Stiftung/Kindergesundheitsberichte/Kindergesundheitsbericht_digital.pdf

Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) study, WHO:
https://www.who.int/europe/initiatives/health-behaviour-in-school-aged-
children-(hbsc)-study/highlights

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„Leber gut - alles gut“: 25. Deutscher Lebertag klärt über Fettlebererkrankungen au

Die Zahl der Menschen mit Fettlebererkrankungen
wird immer größer. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die
Verbreitung der steatotischen Lebererkrankung (SLD) – wie der neue
Klammerbegriff lautet – immer weiter zunimmt. In Deutschland ist etwa
jeder vierte Bundesbürger über 40 bereits betroffen. Experten sprechen von
epidemischen Ausmaßen. Zwei Erscheinungsformen der SLD werden als
hepatische Manifestation des Metabolischen Syndroms angesehen: MASLD und
MASH. Die Ausrichter des 25. Deutschen Lebertages am 20. November 2024,
der das Motto: „Leber gut – alles gut“ hat, informieren im Vorfeld des
bundesweiten Aktionstages über diese Volkskrankheiten.

Der Deutsche Lebertag wird von der Gastro-Liga e. V., der Deutschen
Leberhilfe e. V. und der Deutschen Leberstiftung ausgerichtet.

„Die steatotische Lebererkrankung, kurz SLD, zählt zu den am meisten
unterschätzten Gesundheitsrisiken und ist die häufigste Ursache für eine
Leberentzündung in der westlichen Welt. Die SLD kann verschiedene Ursachen
haben. Immer öfter tritt sie im Zusammenhang mit dem Metabolischen Syndrom
auf, das durch eine erworbene Fehlregulation des Stoffwechsels
charakterisiert ist. Das Metabolische Syndrom beschreibt eine Kombination
aus metabolischen und kardiovaskulären Risikofaktoren wie (Prä-)Diabetes,
Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Triglyceride und erhöhtes LDL-
Cholesterin. Auch die Metabolische dysfunktions-assoziierte steatotische
Lebererkrankung, kurz MASLD, zählt, wie es der neu eingeführte Name
beschreibt, zu den Krankheitsbildern des Metabolischen Syndroms“, erklärt
Prof. Dr. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender der Deutschen
Leberhilfe e. V., und warnt vor den möglichen Folgeerkrankungen: „Wenn
sich eine im Zusammenhang mit dem Metabolischen Syndrom entstandene
Fettleber entzündet hat, spricht man von einer Metabolisch-assoziierten
Steatohepatitis, kurz MASH. Bei der MASH kann sich ein Hepatozelluläres
Karzinom (HCC) entwickeln – schon bevor eine Zirrhose vorliegt.“

Der Beginn einer MASLD verläuft in den meisten Fällen asymptomatisch,
sodass die Erkrankung häufig über Jahre oder Jahrzehnte hinweg unbemerkt
voranschreiten kann – bis die ersten Komplikationen, wie beispielsweise
die Entwicklung einer MASH, auftreten. Dies bedeutet, dass ein großes
Zeitfenster existiert, um die Erkrankung zu erkennen und therapeutisch zu
intervenieren.

Das Screening von Risikogruppen ist bereits hausärztlich möglich: Dazu
zählen Bestimmung der Leberwerte im Blut (GPT, GOT und gGT), Ultraschall-
Untersuchung und Nutzung des Fibrose 4-Scores (berechnet aus dem
Lebensalter, dem Verhältnis von GOT zu GPT im Serum und der
Thrombozytenzahl). Bei Verdachtsfällen und zur Risikoeinordnung können
Elastografie und Biopsie die Diagnostik konkretisieren.

Die Therapie der MASLD und der MASH besteht vor allem darin, die typischen
Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Adipositas zu
behandeln. Darüber hinaus ist das vorrangige Therapieziel, eine
langfristige Lebensstiländerung herbeizuführen. MASLD und MASH sind meist
ein Wohlstandsproblem der westlichen Industrienationen. Zu den
wesentlichen Ursachen zählt der moderne Lebensstil, der häufig durch zu
wenig körperliche Aktivität und ein überreiches Nahrungsangebot –
insbesondere Kohlenhydrate und Fructose – geprägt ist.

Eine gesunde Ernährung ist ein besonders wichtiger Baustein für die
Behandlung einer MASLD und auch einer MASH, die sich abhängig vom
vorliegenden Fibrosestadium der Leber prinzipiell vollständig zurückbilden
kann. Lebergesunde Ernährung ist ausgewogen und vollwertig. Eine
kohlenhydratarme Ernährung mit frischen und natürlichen Lebensmitteln, vor
allem mit frischem Gemüse, ergänzt durch Hülsenfrüchte und
Getreideprodukte ist dabei empfehlenswert. Als Fett sollten
Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Ölen genutzt werden. Verzichten sollte
man auf Fertigprodukte, fettes Fleisch und Alkohol. Beim Obst sollten
zuckerarme Sorten bevorzugt werden – und Obst sollte gegessen, nicht
getrunken werden. Die vermeintlich gesunden Smoothies aus Früchten
beinhalten deutlich mehr Fruktose als man über den Verzehr von rohem Obst
zu sich nehmen würde.

Weitere wichtige Bestandteile der nicht-medikamentösen Maßnahmen sind
Sport und auch einfach mehr Bewegung im Alltag: Es gibt fast immer
alternative und gesündere Fortbewegungsmöglichkeiten, beispielsweise kann
man die Treppe anstatt den Lift wählen, mit dem Rad zur Arbeit fahren oder
zu Fuß gehen. Und im Büro kann man – wenn möglich – beim Telefonieren
herumgehen und anstatt die Kollegin anzurufen, bringt ein persönlicher
Besuch in ihrem Büro zusätzliche Bewegungseinheiten. Und für die
Joggingrunde oder den Spaziergang kann man sich verabreden, das erhöht die
Motivation und senkt die Ausfallquote.

Gegen Diabetes und Adipositas sind Therapien verfügbar, die eingesetzt
werden sollten. Für die Therapie der entzündlichen Fettleber werden
neuartige Substanzen in Studien untersucht.

Mehr Informationen zum 25. Deutschen Lebertag und alle bislang im Rahmen
des diesjährigen Deutschen Lebertages veröffentlichten Presseinformationen
finden Sie unter: http://www.lebertag.org.

Ausrichter und Ansprechpartner des 25. Deutschen Lebertages:

Deutsche Leberhilfe e. V., Prof. Dr. Christoph Sarrazin,
Vorstandsvorsitzender
Krieler Straße 100, 50935 Köln ● <Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.> ●
https://www.leberhilfe.org

Deutsche Leberstiftung, Prof. Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover ● <presse@deutsche-leberstiftung.de>
https://www.deutsche-leberstiftung.de

Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und
Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung (Gastro-
Liga) e. V., Prof. Dr. Peter R. Galle, Mitglied des Wissenschaftlichen
Beirats
Friedrich-List-Straße 13, 35398 Gießen ● <geschaeftsstelle@gastro-liga.de>
https://www.gastro-liga.de

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Bessere Versorgung von Nierentransplantierten

Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-
Essen hat in einer Studie gezeigt, wie Menschen nach einer
Nierentransplantation besser versorgt werden können. Ihre Erkenntnisse
sollen helfen, das Risiko eines potentiell tödlichen Nierenversagens nach
einer Transplantation zu verringern. Aufgelegt wurde die Studie von Prof.
Dr. Lars Pape von der Universität Duisburg-Essen und Prof. Dr. Mario
Schiffer aus dem Universitätsklinikum Erlangen. Die Studie wurde vom
Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit 5,4 Millionen Euro
gefördert und in mehreren deutschen Nierentransplantationszentren
durchgeführt.

Die Wissenschaftler:innen um Prof. Dr. Lars Pape und Prof. Dr. Mario
Schiffer untersuchten anhand der Daten von 1.010 Teilnehmenden die
multimodale und interdisziplinäre Behandlung nach einer
Nierentransplantation. Im Fokus stand die Wirksamkeit des Nachsorge-
Programms „NierenTX-360-Grad“. Das neue Konzept vereint den Einsatz von
Fallmanager:innen vor Ort sowie digitale Ansätze, Sporttherapien und
sogenannte Adhärenz-Coachings. Das umfasst eine möglichst intensive
Betreuung der Patient:innen, zum Beispiel durch individuelle Motivation
und psychologische Unterstützung bei der Bewältigung von Ängsten. „Unsere
Studie zeigt, dass das Ergebnis einer Nierentransplantation durch dieses
Nachsorge-Programm signifikant verbessert werden kann“, sagt Prof. Dr.
Pape, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin II des
Universitätsklinikums Essen.

Die Studienteams konnten zudem nachweisen, dass die verbesserte Nachsorge
der Transplantierten, die 12 Monate nach der Operation oder später in das
NierenTX-360-Grad-Programm aufgenommen wurden, signifikante Wirkung zeigt.
Um die Ergebnisse noch weiter spezifizieren zu können, werden im nächsten
Schritt die Biomarker von Studienteilnehmer:innen untersucht. Dieses
Vorhaben ist Teil des Großprojekts IMMEDIATE, das von 12
wissenschaftlichen Einrichtungen in der Europäischen Union (EU),
Großbritannien sowie Israel durchgeführt und von der EU mit 6,2 Millionen
Euro bis 2026 gefördert wird.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Lars Pape, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin II,
UKE, Tel. 0201/723-2810, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Originalpublikation:
https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2024.102652 Studienergebnisse:
eClinicalMedicine, Vol. 73, Juli 2024

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Neuer OP-Roboter kommt bei Bauchoperationen zum Einsatz

Das Uniklinikum Dresden setzt auf roboterassistierte Chirurgie, weil sie
präziser und schonender ist. // In der Viszeral-, Thorax- und
Gefäßchirurgie kommt OP-Roboter HUGO erstmals zum Einsatz. // Neue
Professur für Minimalinvasive und Robotische Chirurgie schult angehende
Ärztinnen und Ärzte.

Seit zehn Jahren setzt das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
auf minimalinvasive und robotergestützte Chirurgie. Rund 1.500 Operationen
fanden seitdem mithilfe von Da-Vinci-OP-Robotern statt. Dies hat für
Patientinnen und Patienten viele Vorteile, denn die Eingriffe sind noch
genauer und zugleich schonender. Inzwischen wird bei minimalinvasiven
Operationen eine neue Generation der OP-Technik eingesetzt: Mit dem HUGO
RAS fand im Oktober 2023 am Uniklinikum die erste urologische Operation
deutschlandweit statt. Nun wird das Robotersystem zusätzlich in der
Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (VTG) für Eingriffe an Magen, Darm,
Bauchspeicheldrüse und Leber genutzt, darüber hinaus aber auch für
wissenschaftliche Studien und für die Ausbildung angehender Operateurinnen
und Operateure. Auf den zunehmenden Einsatz der robotergestützten OP-
Technik reagiert auch die Lehre der Hochschulmedizin Dresden: Im Mai
dieses Jahres wurde die neu geschaffene Professur Minimalinvasive und
Robotische Chirurgie besetzt. „Die Professur passt hervorragend in die
Ausrichtung von Uniklinikum und Medizinischer Fakultät. Damit setzt die
Hochschulmedizin Dresden erneut Akzente in Medizin, Forschung und Lehre“,
sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Uniklinikum
Dresden.

Neben dem Da-Vinci-System wird in der Viszeral-, Thorax- und
Gefäßchirurgie ein weiteres OP-Robotersystem etabliert. Seit Oktober 2023
ist der OP-Roboter HUGO bereits in der Urologie im Einsatz und
vervollkommnet das Robotik-Instrumentarium des Uniklinikums Dresden. Im
Mai dieses Jahres wurde das High-End-Gerät erstmals in der Klinik für
Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie für eine Bauch-Operation genutzt.
Anfang Juni kam der HUGO bei Patientin Marita Grellmann zum Einsatz. Die
74-jährige Meißnerin erhielt vor wenigen Wochen die Diagnose Darmkrebs.
„Ich war geschockt, denn ich hatte keinerlei Schmerzen“, erzählt sie.
Aufgrund von Verdauungsbeschwerden hatte sie ihren Arzt in Meißen
aufgesucht, der sie nach dem Befund ans Uniklinikum Dresden überwies. Im
Dickdarm hatte sich ein faustgroßer Tumor gebildet, sodass ein 50
Zentimeter großes Darmstück operativ entfernt werden musste.

Robotik in der VTG bringt viele Vorteile für Patientinnen und Patienten

Prof. Marius Distler, stellvertretender Direktor der VTG-Klinik, entschied
sich im Fall von Marita Grellmann aus mehreren medizinischen Gründen für
den Einsatz des HUGOs. „Bei solchen komplexen Operationen an Gefäßen
entlang ist dieses System sehr präzise. Vor allem beim Zusammennähen der
beiden Darmbereiche unterstützt es uns enorm.“ Das Operationsfeld sieht
der Chirurg auf einem Bildschirm, eine Datenbrille übermittelt das Bild in
3-D. Über eine Konsole steuert Prof. Distler die Instrumente, die an den
Roboterarmen angebracht sind. Ein solcher minimalinvasiver und
robotergestützter Eingriff hinterlässt nur sehr kleine Operationswunden,
sodass die Heilung insbesondere älterer oder kranker Patientinnen und
Patienten auch nach einer komplexen Operation in der Regel schnell und
komplikationslos verläuft. Marita Grellmann leidet seit vielen Jahren an
der Lungenerkrankung COPD. „Durch die schonende Operation gab es dadurch
aber keine Probleme“, sagt Prof. Distler. Wenige Tage nach der Operation
fühlt sich Marita Grellmann sehr gut und hat keine Beschwerden mehr.
Zusätzlich bekommt sie die gute Nachricht: Der Tumor hat nicht gestreut
und konnte komplett entfernt werden, eine weitere Therapie muss nicht
erfolgen – auch dank der Unterstützung durch den OP-Roboter.

„Wie in der Urologie ist es auch in der Viszeral-, Thorax- und
Gefäßchirurgie wichtig, dass Medizinerinnen und Mediziner mit mehreren
Systemen operieren können. Für uns und unsere Mitarbeitenden ist der HUGO
eine enorme Bereicherung, die nicht zuletzt den Patientinnen und Patienten
zugutekommt“, sagt Prof. Jürgen Weitz, Direktor der Klinik für Viszeral-,
Thorax- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Dresden. Für die
Patientinnen und Patienten bringt das multiplattformelle Angebot mehrere
Vorteile. Je nach individuellem Befund sowie der Lage des Operationsfeldes
im Körper können die OP-Teams zwischen den beiden Systemen wählen. Der
HUGO verfügt über vier sehr individuell einstellbare Arme und eine offene
Konsole. Die Arbeit des Operateurs oder der Operateurin rückt damit wieder
enger in die Mitte des Teams. Das Gerät stellt mittels 3-D-Technik
hochaufgelöste Bilder zur Verfügung und gewährleistet zudem eine bessere
Sicht auf die Gesamtszenerie im OP. Zum Vergleich: Die vier Arme des OP-
Roboters Da Vinci werden über eine separat stehende Konsole abseits des
OP-Tisches bedient. Beide Systeme ermöglichen minimalinvasive und damit
schonende Eingriffe.

Neue Professur richtet Fokus auf „Minimalinvasive und Robotische
Chirurgie“

Der Einsatz von OP-Robotern wird in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein.
Darauf reagiert die Dresdner Hochschulmedizin nun bereits bei der
Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte. An der Medizinischen Fakultät der
TU Dresden wurde jetzt die W2-Professur „Minimalinvasive und Robotische
Chirurgie“ ins Leben gerufen, die seit Mai 2024 mit Prof. Marius Distler
durch einen ausgewiesenen Spezialisten dieses Fachgebietes besetzt ist: Er
richtet den Fokus seiner Lehrveranstaltungen auf die neueste OP-Technik,
die in der modernen Chirurgie zum Einsatz kommt und damit
Krankenversorgung, Forschung und Lehre nachhaltig verändert. Die Professur
ist der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (VTG) zugeordnet.
Sie ist deutschlandweit führend in komplexer, minimalinvasiver Chirurgie,
keine andere Klinik in Deutschland verfügt über so einen breiten
Erfahrungsschatz in robotischer Chirurgie. „Am Uniklinikum Dresden werden
seit über zehn Jahren komplexe Operationen minimalinvasiv durchgeführt und
seitdem stetig weiterentwickelt“, sagt Prof. Distler. Seit 2012 ergänzen
und perfektionieren OP-Roboter die sogenannte „Knopfloch-Chirurgie“ am
Universitätsklinikum. „Es ist wichtig, dass wir die Expertise, die wir
seitdem erlangt haben, an junge Medizinerinnen und Mediziner weitergeben,
indem sie Eingang in deren Ausbildung findet.“

Dabei vermittelt Prof. Distler in seinen Lehrveranstaltungen nicht nur
theoretisches Wissen, sondern führt den chirurgischen Nachwuchs in einem
sogenannten Skills Lab an die praktische Handhabung der Robotertechnik
heran. „Übung im Umgang mit den Systemen ist enorm wichtig, ebenso wie das
Feedback dazu.“ Zum Robotik-Instrumentarium des Uniklinikums gehören drei
Da-Vinci- sowie seit Oktober 2023 ein HUGO-OP-Roboter. Ein Da-Vinci-System
steht ausschließlich wissenschaftlichen Projekten und klinischen Studien
zur Verfügung. Erforscht werden soll nun unter anderem, welches Robotik-
System sich für welchen Eingriffe am besten eignet. „Mit ihren modernsten
technischen Möglichkeiten ist die Hochschulmedizin Dresden ein Magnet für
Studierende“, sagt Prof. Esther Troost, Dekanin der Medizinischen Fakultät
an der Technischen Universität Dresden, mit Blick auf den Standortvorteil,
nicht nur in der Patientenversorgung, sondern auch in Forschung und Lehre.
„Die neue Professur zielt darauf ab, dass wir den Fokus noch stärker auf
diesen Bereich richten können.“ Universitätsklinikum, Medizinische
Fakultät sowie Forschende anderer technischer Fachbereiche der TU Dresden
arbeiten eng zusammen, um die Nutzung neuester Technologien voranzutreiben
und auszubauen. Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Entwicklung künftiger
OP-Robotik: der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). KI-gestützte
Assistenzsysteme werden die Qualität operativer Eingriffe weiter erhöhen
und vor allem messbar machen.

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