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nfektion mit Fernsteuerung: Neue Erkenntnisse zur Shigellose

Bakterien der Gattung Shigella, eng verwandt mit dem bekannten E. coli,
sind die zweithäufigste Ursache für tödlich verlaufende bakterielle
Durchfallerkrankungen, mit weltweit über 200.000 Opfern pro Jahr.
Ausbrüche von Stämmen, die gegen gängige Antibiotika resistent sind,
treten immer häufiger auf. Um Shigella und andere krankheitserregende
Bakterien besser in den Griff zu bekommen, suchen Forschende weltweit nach
neuen therapeutischen Angriffspunkten. Nun lieferten Marburger
Forscherinnen und Forscher Einblicke in die bakterielle Genregulation der
Bakterien, die gleichzeitig zu einem besseren Verständnis ihrer
Infektionsfähigkeit beitragen.

Ein neu entdeckter molekularer Schalter spielt eine zentrale Rolle im
Infektionsprozess bei Bakterienruhr.
Einem Team um Prof. Dr. Martin Thanbichler, Max-Planck-Fellow am Max-
Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und Professor für
Mikrobiologie an der Philipps-Universität Marburg, gelang kürzlich die
Entdeckung und Aufklärung eines speziellen bakteriellen Schalters, der die
Verteilung des Erbguts bei der Zellteilung steuert. Nun zeigt sich, dass
derselbe Mechanismus auch für die Regulation bakterieller Gene von
Bedeutung ist.
Die Forschenden untersuchten den Infektionsprozess des Bakterienruhr-
Erregers Shigella flexneri. Dabei konnten sie nicht nur den
Regulationsprozess aufklären, sondern auch wichtige Informationen liefern,
wie das Bakterium diesen Mechanismus nutzt, um die Infektion zu steuern.
Ihre Ergebnisse liefern mögliche neue Ansatzpunkte zur Bekämpfung dieser
und verwandter bakterieller Krankheitserreger.
Ein ungewöhnlicher Schalter mit weitreichender Bedeutung
Der molekulare Schalter, den das Team vor wenigen Jahren fand, hat eine
ungewöhnliche Eigenschaft: sein An- und Ausschalten basiert auf CTP, dem
Ribonukleotid und RNA-Baustein Cytidin-Triphosphat (das chemisch verwandte
Adenosin-Triphosphat, ATP, ist auch als universeller Energieträger
biologischer Prozesse bekannt). Da die Fähigkeit zur Bindung und Spaltung
von CTP voraussichtlich bei vielen bakteriellen Proteinen besteht,
vermuten die Forschenden, dass es sich dabei um ein grundlegendes, bislang
unentdecktes Steuerungsprinzip handelt. Dieses könnte auch für den
Menschen relevante bakterielle Prozesse betreffen. Tatsächlich fanden sie
heraus, dass die Regulation von Virulenzgenen bei Shigella über einen CTP-
abhängigen Schalter erfolgt, der für das Infektionsgeschehen von zentraler
Bedeutung ist.
Grundsätzlich verdanken Shigella und verwandte Bakterien ihre
Infektionsfähigkeit, aber auch ihre Resistenz gegen Antibiotika einer
besonderen Ausstattung: Plasmide, ringförmige DNA-Moleküle, die unabhängig
vom eigentlichen Genom vererbt oder weitergegeben werden. Bereits vor 20
Jahren wurde ein Protein namens VirB entdeckt, das als so genannter
Transkriptionsfaktor das Ablesen mehrerer Gencluster auf dem Shigella-
Virulenzplasmid steuert und damit die Fähigkeit der Bakterien, menschliche
Darmzellen zu infizieren, kontrolliert. Trotz langjähriger Forschung blieb
der Mechanismus, mit dem VirB die Genexpression steuert, völlig im
Dunkeln.
„Fergesteuertes“ Anschalten der Shigella-Infektion
Bemerkenswert ist, dass VirB nicht zu den klassischen
Transkriptionsfaktoren gehört. Es ist vielmehr mit derselben Klasse von
Proteinen verwandt wie die CTP-abhängigen Schalter, die helfen, die
Erbinformation von Bakterien bei der Zellteilung reibungslos auf die
Tochterzellen zu verteilen. „Die Stelle, an der VirB an die DNA bindet,
ist überraschend weit von seinen Zielgenen entfernt. Es war unklar, wie es
über so große Distanzen aktiv sein kann“, sagt Sara Jakob, Erstautorin der
Studie, die in Nature Communications erschienen ist.
„Bioinformatische Strukturvorhersagen deuteten darauf hin, dass VirB CTP
binden könnte. Unsere Untersuchungen haben dann gezeigt, dass es
tatsächlich auch einen CTP-abhängigen Schaltmechanismus nutzt, um die
Expression von Virulenzgenen zu steuern“, ergänzt Prof. Thanbichler.
Dank eines methodisch breiten Ansatzes gelang es, den Mechanismus
aufzuklären: Das Protein interagiert mit seiner Bindestelle auf der DNA
und legt sich ringförmig um das DNA-Molekül, wobei CTP den VirB-Ring wie
ein doppelseitiges Klebeband in einem geschlossenen Zustand hält. In
dieser Form gleitet VirB dann seitlich an der DNA entlang, so dass die
Bindestelle wieder zugänglich wird und weitere VirB-Moleküle geladen
werden können. Diese verändern dann die Struktur der DNA, so dass die
Zielgene abgelesen werden können. Der CTP-abhängige Lade- und
Gleitmechanismus ermöglicht es VirB, als molekularer Schalter die
Genexpression während der bakteriellen Pathogenese aus der Ferne zu
steuern.
CTP-Abhängigkeit als möglicher Ansatzpunkt für neue Therapien
„Mutationen, die die Bindung von CTP verhindern, blockieren das Laden von
VirB auf die DNA in vitro und unterdrücken die Bildung von VirB-DNA-
Komplexen sowie die Expression von Virulenzgenen in Shigella-Zellen“,
erklärt Sara Jakob.
Da dieser Schaltertyp beim Menschen nicht vorkommt, könnte VirB ein
Angriffspunkt für neuartige Therapeutika sein, die spezifisch die Virulenz
von Shigella unterdrücken und so eine bessere Behandlung der Shigellose
ermöglichen, hofft Martin Thanbichler: „Unsere Arbeiten liefern den ersten
Nachweis eines CTP-abhängigen Schalters, der an der Genregulation
beteiligt ist. Sie zeigen damit, dass diesem neu entdeckten
Regulationsprinzip in Bakterien eine weitreichende Bedeutung bei der
Steuerung biologischer Prozesse zukommt.

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Bakterielle Keime wirksam bekämpfen

BVL informiert auf der Grünen Woche über Maßnahmen gegen
Antibiotikaresistenzen

Antibiotika sind unverzichtbare Arzneimittel zur Behandlung bakterieller
Infektionskrankheiten - sowohl beim Menschen, aber auch bei Haus- und
Nutztieren. Werden Bakterien gegenüber einem Antibiotikum unempfindlich,
wird von einer Antibiotikaresistenz gesprochen. Das heißt, antibiotische
Medikamente können ihre Wirkung nicht mehr entfalten. Vor diesem
Hintergrund informiert das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) vom 19. bis zum 28. Januar auf der Grünen
Woche in Berlin, wie Antibiotikaresistenzen entstehen und sich ausbreiten,
welche Rolle das BVL bei ihrer Eindämmung spielt und was man selbst gegen
Antibiotikaresistenzen tun kann.

Ein circa zwei Meter hohes Display in Form einer Lupe weist den
Besucherinnen und Besuchern weithin sichtbar den Weg zum BVL-Messestand in
Halle 23a. Darauf abgebildet sind häufig vorkommende Bakterien, die bei
Mensch und Tier zum Teil schwere Krankheiten auslösen können. Manche
dieser Bakterien sind von Natur aus unempfindlich gegen bestimmte
Antibiotika. Andere können resistent gegen das eingesetzte Antibiotikum
werden, wenn es zum Beispiel nicht korrekt angewendet wird.

Resistente Bakterien können nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch
vom Nutztier auf Landwirtinnen und Landwirte und vom Haustier auf
Tierhalterinnen und Tierhalter (und umgekehrt) direkt übertragen werden.
Außerdem können sie sich auf Lebensmitteln befinden. Eine Infografik auf
dem Messestand des BVL zeigt anschaulich solche und weitere
Verbreitungswege.

Zu den Aufgaben des BVL gehört, die Resistenzentwicklung bei Bakterien von
Nutz- und Haustieren zu beobachten und ihrer Verbreitung entgegenzuwirken.
Dazu untersucht das BVL fortlaufend Bakterien von erkrankten Tieren auf
ihre Empfindlichkeit gegenüber verschiedenen Antibiotika. Diese Arbeit
können Besucherinnen und Besucher der Grünen Woche auf einem virtuellen
Rundgang durch die Labore des BVL hautnah erleben.

Die Ergebnisse des BVL-Antibiotikaresistenzmonitorings helfen
Tierärztinnen und Tierärzten, eine sinnvolle Vorauswahl der zur Behandlung
geeigneten Antibiotika zu treffen. Außerdem werden sie bei der Zulassung
von Antibiotika für die Behandlung von Tieren berücksichtigt.

Darüber hinaus informieren die Expertinnen und Experten des BVL auf ihrem
Messestand, welche Maßnahmen Verbraucherinnen und Verbraucher selbst gegen
die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen ergreifen können. Dazu gehören
zum Beispiel die korrekte Anwendung der antibiotisch wirksamen
Medikamente, regelmäßiges Händewaschen oder das vollständige Erhitzen von
rohem Fleisch oder rohen Eiern.

Hintergrundinformation

Der Messestand des Bundesamtes für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) ist Teil des Grüne Woche-Auftritts des
Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Das BVL ist
eine eigenständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMEL. Es ist
für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimitteln und
gentechnisch veränderten Organismen in Deutschland zuständig. Im Bereich
der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit übernimmt es umfassende
Managementaufgaben und koordiniert auf verschiedenen Ebenen die
Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Bundesländern und der Europäischen
Union.

Weiterführende Informationen

•       BVL-Webseite zur Grünen Woche 2024:
https://www.bvl.bund.de/gruenewoche2024

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BZgA: Grippewelle – Mit der Grippeimpfung jetzt bestmöglich schützen

In der kalten Jahreszeit finden Grippe- und Rhinoviren, das Coronavirus
sowie andere Atemwegserreger wie das Respiratorische Synzytial-Virus
optimale Bedingungen, sich zu verbreiten: Wir verbringen mehr Zeit in
Innenräumen und in der Raumluft können sich Atemwegserreger anreichern.
Mit Beginn der Grippewelle im Dezember 2023 ist es besonders wichtig, den
Impfschutz gegen Influenza, COVID-19 und Pneumokokken gemäß den
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) aktuell zu halten. Der
„Grippe-Impfcheck“ der BZgA gibt mit wenigen Klicks Auskunft, für wen die
Schutzimpfung gegen Influenza angeraten ist.

In der kalten Jahreszeit finden Grippe- und Rhinoviren, das Coronavirus
sowie andere Atemwegserreger wie das Respiratorische Synzytial-Virus
optimale Bedingungen, sich zu verbreiten: Wir verbringen mehr Zeit in
Innenräumen und in der Raumluft können sich Atemwegserreger anreichern.
Mit Beginn der Grippewelle im Dezember 2023 ist es besonders wichtig, den
Impfschutz gegen Influenza, COVID-19 und Pneumokokken gemäß den
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) aktuell zu halten.

Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für
Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und Kommissarischer
Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), betont:
„Insbesondere Personen, die zu Risikogruppen zählen, sollten ihren
Impfschutz überprüfen und empfohlene Impfungen wahrnehmen. Die wichtigste
Maßnahme zum Schutz vor Influenza ist die Grippeschutzimpfung. Noch ist es
nicht zu spät, sich impfen zu lassen. Die Impfung gegen Grippe kann in
einem Termin mit einer Impfung oder Auffrischimpfung gegen das Coronavirus
in Anspruch genommen werden.“

Der „Grippe-Impfcheck“ der BZgA unter https://www.impfen-
info.de/grippeimpfung/grippe-impfcheck gibt mit wenigen Klicks Auskunft,
für wen gemäß STIKO-Empfehlung die Schutzimpfung gegen Influenza angeraten
ist: Personen ab 60 Jahren, chronisch Kranke aller Altersstufen,
Schwangere sowie für Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und
Pflegeheimen sind besonders gefährdet, bei einer Grippe Komplikationen wie
eine Lungenentzündung zu entwickeln und schwer oder sogar lebensbedrohlich
zu erkranken. Auch Kontaktpersonen von Gruppen bzw. Personen mit erhöhtem
gesundheitlichem Risiko sowie Medizin- und Pflegepersonal sollten sich
unbedingt impfen lassen.

Grippeviren und weitere Erreger von Atemwegsinfektionen können über
Tröpfcheninfektion beim Sprechen, Husten oder Niesen, aber auch über Hände
und Oberflächen übertragen werden. Folgende Tipps mindern das
Ansteckungsrisiko von Atemwegsinfektionen:
• Halten Sie Abstand zu Personen mit Symptomen einer akuten
Atemwegserkrankung.
• In der Erkältungs- bzw. Grippesaison kann in Innenräumen das Tragen
einer Maske sinnvoll sein – insbesondere, wenn Sie zu einer Personengruppe
mit erhöhtem gesundheitlichem Risiko zählen.
• Personen mit Symptomen einer Atemwegserkrankung sollten zum Schutz
anderer eine Maske tragen.
• Wer Symptome einer akuten Atemwegsinfektion hat, sollte drei bis fünf
Tage und bis zur deutlichen Besserung der Symptomatik zu Hause bleiben.
• Während dieser Zeit sollte der direkte Kontakt zu Personen, insbesondere
solchen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben,
möglichst vermieden werden.
• Lüften Sie geschlossene Räume regelmäßig.
• Regelmäßiges und gründliches Händewaschen mit Seife verhindert die
Weitergabe von Krankheitserregern über die Hände.
• Mit den Händen nicht Mund, Nase oder Augen berühren – sonst können
Krankheitserreger über die Schleimhäute in den Körper gelangen.
• Verwenden Sie beim Husten und Niesen ein Taschentuch oder halten Sie die
Armbeuge vor Mund und Nase und wenden sich von anderen Personen ab.

Weiterführende Informationen der BZgA zum Thema:

• Unter https://www.impfen-info.de/grippeimpfung/ gibt es Antworten auf
alle gängigen Fragen rund um das Thema Grippeimpfung.
• Der Erregersteckbrief „Grippe“ informiert zur Erkrankung und
Schutzmöglichkeiten durch Impfen und Hygiene in sechs Sprachen unter:
https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/grippe-influenza/
• Informationen zum Schutz vor Atemwegserkrankungen:
https://www.infektionsschutz.de/infektionskrankheiten/krankheitsbilder/atemwegsinfektionen
• Informationsmaterialien zur Grippeschutzimpfung, Broschüren und Poster
können unter https://www.impfen-
info.de/mediathek/printmaterialien/grippeimpfung/ abgerufen oder unter
https://shop.bzga.de/alle-kategorien/impfungen-und-persoenlicher-
infektionsschutz/grippeimpfung/
kostenfrei im BZgA-Shop bestellt werden.
• Informationen zu Influenza-Impfstoffen sind beim Paul-Ehrlich-Institut
(PEI), dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel,
abrufbar: https://www.pei.de/influenza-impfstoffe
• Mit der Kampagne „Wir kommen der Grippe zuvor“ rufen die Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und das Robert Koch-Institut (RKI)
zur jährlichen Grippeschutzimpfung auf:
https://www.bzga.de/presse/pressemotive/impfaufklaerung-und-hygiene/

Bestellung der kostenlosen BZgA-Materialien unter:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 50819 Köln
Online-Bestellsystem: https://shop.bzga.de/
Fax: 0221/8992257
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

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Gewebespende auf Rekordniveau: 3.475 Menschen spendeten in 2023 Gewebe

50.576 Spendermeldungen und 9.379 Aufklärungsgespräche führten im
vergangenen Jahr zu 3.475 Gewebespenden. Damit verzeichnet die Deutsche
Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) einen Anstieg um 12 Prozent
im Vergleich zum Vorjahr. Rund 87 Prozent der Gewebespenden wurden
unabhängig von der Organspende bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen realisiert.
Das am meisten gespendete Gewebe ist die Augenhornhaut: 3.352 Menschen
spendeten dieses Gewebe nach dem Tod. Dank der hohen Spendenbereitschaft
und einer Zustimmungsquote von knapp 41 Prozent war die DGFG in der Lage,
7.503 Patient:innen mit einem Gewebetransplantat zu versorgen, davon 5.003
mit einer Augenhornhaut und 197 mit einer Herzklappe.

Ein Highlight des vergangenen Jahres war die Eröffnung und Inbetriebnahme
der Gewebebank Stuttgart am Katharinenhospital. Zu den Herausforderungen
im neuen Jahr zählen der weitere Ausbau der Gewebespende bei Herz-
Kreislauf-Verstorbenen sowie die Implementierung des Organspende-Registers
im Spendeprozess. Sobald das Register zur Entscheidungsdokumentation im
ersten Quartal 2024 seinen Betrieb aufnimmt, sind Abfragen aus dem
Register für alle Spendeeinrichtungen in der Organ- und Gewebespende
verpflichtend.

„Wir können auf ein erfolgreiches Jahr 2023 für die Gewebespende
zurückblicken, da mehr als 3.800 Spender:innen und Angehörige einer
Gewebespende zugestimmt haben. Ihnen gilt an dieser Stelle unser ganz
besonderer Dank“, sagt Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG. Immer mehr
Kliniken engagieren sich aktiv in der Gewebespende und schließen sich dem
Netzwerk der DGFG an. „Durch den Ausbau der Gewebespendeprogramme in immer
mehr Kliniken ist es uns gelungen, die Versorgung der Patientinnen und
Patienten mit Gewebetransplantaten weiter zu verbessern.“

Neue Gewebebank Stuttgart wird Versorgungssituation weiter verbessern

Die positive Entwicklung der Spendezahlen erfordert einen Ausbau der
Kapazitäten in der Aufbereitung von Geweben. Denn der Bedarf an
Spendergewebe ist weiterhin hoch: Die Vermittlungsstelle der DGFG
bearbeitete über 6.800 Anträge für eine Spenderhornhaut. 5.003
Hornhauttransplantate konnte sie schließlich erfolgreich vermitteln. Vor
diesem Hintergrund eröffnete die DGFG mit dem Klinikum Stuttgart am
Katharinenhospital eine neue Gewebebank. Die Gewebebank in Stuttgart ist
das Ergebnis einer erfolgreichen Gemeinschaftsarbeit, die nach vielen
Jahren intensiver Planung im Mai letzten Jahres auf die Zielgerade
gebracht werden konnte. Derzeit noch auf Augenhornhäute ausgerichtet, wird
dort langfristig auch die Aufbereitung anderer Gewebespenden, wie
Herzklappen, Blutgefäße und Amnionmembranen, möglich sein. Die moderne
Gewebebank ist die einzige im Großraum Stuttgart und wird die Versorgung
von Patient:innen mit Gewebe sowohl in Baden-Württemberg als auch
bundesweit verbessern.

Weiter Mangel an Herzklappen trotz gestiegener Anzahl an Organspenden

Im vergangenen Jahr erhielt die DGFG über 430 Anträge für eine humane
Herzklappe. 197 Herzklappen konnten bis Jahresende vermittelt werden, 52
mehr als im Jahr zuvor. „Wir sehen leider nach wie vor einen großen Mangel
an Herzklappen, der das Leben vieler Patientinnen und Patienten schwer
beeinträchtigt. Hier müssen wir auch im kommenden Jahr gemeinsam mit den
Kliniken die Spendeprogramme bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen weiter
ausbauen, um eine verlässliche Alternative zur Organspende zu haben“, sagt
Börgel. Nach wie vor stammt ein Großteil der Herzklappen aus der
Organspende: Bei den insgesamt 422 Gewebespenden von Organspender:innen –
96 mehr als im Jahr zuvor – konnte 247-mal kardiovaskuläres Gewebe, dazu
zählen das Herz für die Gewinnung der noch funktionsfähigen Herzklappen
und Blutgefäße, entnommen werden. Da die Gewebespende im Gegensatz zur
Organspende nicht an die Hirntoddiagnostik gebunden ist, treibt die DGFG
das von der Organspende unabhängige Spendeprogramm bei Herz-Kreislauf-
Verstorbenen weiter voran. Die Entnahme von Herzklappen und Gefäßen ist
bis zu 36 Stunden nach Eintritt des Todes möglich. Gerade junge
Patient:innen sind auf humane Herzklappen angewiesen, die mitwachsen
können und keine blutverdünnenden Medikamente erfordern.

Ausbau der Spende von Knochen, Sehnen und Bändern

Neben der Spende von Augenhornhäuten, Herzklappen und Blutgefäßen widmete
sich die DGFG im Jahr 2023 auch der Spende von Knochen, Sehnen und
Bändern. 43-mal konnten diese muskuloskelettalen Gewebe (MSG) entnommen
werden. Sie kommen am Ende Patient:innen im unfallchirurgischen oder
orthopädischen Bereich, nach großen Verletzungen oder Traumata zugute.
Knochen- und Sehnenpräparate können Schmerzen lindern, vor Amputationen
bewahren und eine Beweglichkeit bis hin zur Gehfähigkeit wiederherstellen.
Im März 2022 startete die DGFG ihr MSG-Spendeprogramm. Seitdem konnten die
eigenen Entnahmeteams mehr als 70 MSG-Spenden erfolgreich realisieren, aus
denen über 1.250 Präparate gewonnen werden konnten.

Vermehrtes Interesse an der Anwendung von Amnion in der Wundversorgung

Dass die Amnionmembran auch außerhalb der Augenheilkunde eine wertvolle
Behandlungsoption in der Wundversorgung darstellt, belegen die gestiegenen
Anfragen bei der DGFG im vergangenen Jahr. Zwölfmal setzten
Mediziner:innen die Amnionmembran ein, um bei Patient:innen einen
Wundverschluss zu erzielen. Das Plazentagewebe kann bei schweren
Wundheilungsstörungen aller Art und als Hautersatz bei Verbrennungen
eingesetzt werden. Dabei zeichnet sich Amnion durch besonders
wundheilungsfördernde und schmerzreduzierende Eigenschaften aus. Die DGFG
erwartet in 2024 weiter steigende Anfragen für das Gewebe, das werdende
Mütter im Rahmen einer Lebend-Gewebespende bei geplanter
Kaiserschnittgeburt spenden können. Insgesamt konnte die DGFG im letzten
Jahr 2.193 Amniontransplantate abgeben, darunter 2.181 in die
Augenheilkunde zur Behandlung der Augenoberfläche.

Hinweis an die Redaktion: Weitere Zahlen zur Gewebespende sowie
Bildmaterial zu finden unter https://gewebenetzwerk.de/presse-download/

Über die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG)

Die DGFG fördert seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in
Deutschland. Auf Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten
und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle
Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre
Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten
Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von
der DGFG beziehen. Als unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft wird die
DGFG ausschließlich von öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens
getragen: Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule
Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-
Klinikum Neubrandenburg. Die DGFG ist in ihrer Aufbaustruktur, der
Freiwilligkeit der Unterstützung durch die Netzwerkpartner:innen und ihrer
Unabhängigkeit von privaten oder kommerziellen Interessen einzigartig in
Deutschland.

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