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Hell und modern: Kinderwunschzentrum am UKW mit neuem Standort

Neueste Technik und sichere Verfahren für optimale Behandlung / Alle
Bereiche an einem Standort vereint

Würzburg. Das Kinderwunschzentrum am Universitätsklinikum Würzburg (UKW)
hat neue, modern ausgestattete Räume im prägnanten Turm der UKW-
Frauenklinik bezogen. Auf drei Etagen stehen nun Untersuchungs- und
Behandlungsräume, mordernste Laboreinrichtung sowie die nötigen
gesicherten Flächen für die Kryotanks zum Lagern von eingefrorenen
Spermien oder Eizellen zur Verfügung. Jährlich werden am UKW-
Kinderwunschzentrum etwa 750 Patientinnen und Patienten behandelt. Das
Kinderwunschzentrum der Uniklinik zählt zu den größten Einrichtungen
dieser Art in Unterfranken.

„Für unsere Patientinnen und Patienten mit Kinderwunsch stehen damit helle
und moderne Räume am UKW zur Verfügung. Und das Team des
Kinderwunschzentrums profitiert von den optimalen Rahmenbedingungen für
diese wichtige Aufgabe“, betont PD Dr. Tim J. von Oertzen, Ärztlicher
Direktor und Vorstandsvorsitzender der unterfränkischen Uniklinik. Zuvor
waren die Räume des Kinderwunschzentrums im Untergeschoss der UKW-
Frauenklinik an der Josef-Schneider-Straße untergebracht.
„Durch den Umzug auf die drei Etagen des Turms bleibt die enge Anbindung
an die Frauenklinik und unsere verschiedenen Fachdisziplinen erhalten.
Gleichzeitig konnte durch den Umbau und den Umzug jetzt ein passendes
Ambiente geschaffen werden, das zur medizinischen Leistung auf
universitärem Niveau passt“, freut sich Prof. Dr. Achim Wöckel, Direktor
der Frauenklinik am UKW. Das Würzburger Universitätsklinikum investierte
aus Eigenmitteln für den Umbau der Flächen im Gebäude aus den 1930er
Jahren ca. 2,9 Millionen Euro. Die Flächen mussten zuvor entkernt und mit
der nötigen technischen Infrastruktur ausgestattet werden. Die Bauarbeiten
dauerten 18 Monate und wurden vom UKW (Geschäftsbereich Technik und Bau)
geplant und ausgeführt.

Räumlich ist das Kinderwunschzentrum damit ein eigener Bereich für sich.
In der ersten Etage befinden sich u.a. der Behandlungsraum und Büros,
darüber direkt der Anmeldebereich mit zwei Untersuchungsräumen. In der
dritten Etage befindet sich das Labor sowie ein extra ausgestatteter Raum
für insgesamt 16 gesicherte Kryotanks und ein Raum zur Spermaabgabe. Für
die entnommenen Eizellen gibt es einen eigenen kleinen „Proben-Aufzug“
zwischen den Etagen.

Schonende Kontrolle in speziellem Inkubator per Video

Direkt nach der Befruchtung der Eizelle im Kinderwunschzentrum werden
diese in einem speziellen Inkubator gelagert, um dort den Erfolg einer
Befruchtung zu kontrollieren. Als eine von nur wenigen Kliniken in Bayern
setzt das UKW-Kinderwunschzentrum dafür einen speziellen „Time Lapse
Inkubator“ ein. Dieser ermöglicht eine besonders schonende Überwachung der
befruchteten Eizellen bzw. der sich dann entwickelnden Embryonen. Dr.
Claudia Staib, Leiterin des Labors im Kinderwunschzentrum, erklärt:
„Dadurch können wir eine Überwachung per Video vornehmen. Dies ist
besonders schonend, denn so ist keine Entnahme aus dem Inkubator zur
Kontrolle erforderlich. Das ist ein enormer Vorteil für den Erfolg einer
künstlichen Befruchtung.“ Die Biologin betont zudem: „Der Begriff
´künstliche Befruchtung´ ist etwas irreführend: Natürlich findet die
Befruchtung in einem Labor statt, aber der Vorgang ist zellbiologisch der
gleiche wie im Körper. Nur die Umgebung ist eine andere.“ Ist eine
Befruchtung erfolgreich, wird der Embryo nach fünf Tagen der Patientin
eingesetzt.

Kinderwunsch erhalten bei Krebstherapie

Oberarzt Dr. Michael Schwab, Ärztlicher Leiter des UKW-
Kinderwunschzentrums, erklärt: „Unerfüllter Kinderwunsch ist nicht
ungewöhnlich. Bei etwa 15 Prozent der Paare im gebärfähigen Alter bleibt
der Wunsch nach einem Kind unerfüllt. Daher werden bei uns zunächst beide
Partner untersucht. Für die erfolgreiche Befruchtung stehen uns dann
verschiedene Verfahren zur Verfügung.“ Eine wichtige Aufgabe des UKW-
Kinderwunschzentrums sei es auch, Patientinnen und Patienten im Rahmen von
„FertiPRotekt“ bei einer Krebserkrankung zu betreuen, die eine Chemo- oder
Strahlentherapie vor sich haben. Dadurch kann bei erfolgreicher Behandlung
ein späterer Kinderwunsch erfüllt werden. Dabei werden dann z.B. die
Eizellen eingefroren, um sie bei einem späteren Zeitpunkt zu befruchten
und einzusetzen.

Zur Hälfte liegen die Gründe beim Mann

Die Gründe für einen unerfüllten Kinderwunsch sind vielfältig, erklärt
Reproduktionsmediziner Dr. Schwab. Allerdings gebe es eine merkliche
Verschiebung: Lag früher der Grund zu etwa 30 Prozent beim Mann, sei
dieser Anteil auf inzwischen rund 50 Prozent angestiegen. Schwab: „Auch
bei Männern sinkt die Fruchtbarkeit bei steigendem Alter, das kann
eventuell zu dieser Entwicklung beitragen. Wichtig ist daher eine exakte
Diagnose.“ Dabei arbeiten die Würzburger Reproduktionsmediziner jeweils
eng mit den übrigen Fachabteilungen des UKW zusammen, z.B. der
Endokrinologie, wenn ein Verdacht auf Hormonstörungen besteht.

Das UKW-Kinderwunschzentrum ist als Mitglied des deutschen IVF-Registers
auch mit dem entsprechenden Gütesiegel ausgezeichnet. Zudem können neue
Entwicklungen aus der medizinischen Forschung der Universitätsmedizin
schnell in die Behandlung integriert werden.

Eine anteilige Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung
ist durch die Patientinnen und Patienten im Vorfeld abzustimmen.

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Kardio-CT als Kassenleistung: Herzstiftung begrüßt G-BA-Beschluss, Anbindung an Kardiologie-Expertise erforderlich

Aufnahme nicht-invasiver Koronarer Computertomographie-Angiographie in den
Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen: „Wichtiger Schritt“ zu
besserer Versorgung von Menschen mit koronarer Herzkrankheit und einem
Risiko für Herzinfarkt und Herztod

Die Deutsche Herzstiftung begrüßt den Beschluss des Gemeinsamen
Bundesausschusses (G-BA) vom 18. Januar, das schonende (nicht-invasive)
bildgebende Diagnoseverfahren der Koronaren Computertomographie-
Angiographie (CCTA) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen
aufzunehmen. Die Entscheidung des G-BA sei ein wichtiger Schritt, um
Menschen mit Erkrankungen der Herzkranzgefäße, der koronaren Herzkrankheit
(KHK), besser zu versorgen. Die CCTA ist in der bildgebenden Diagnostik
bei Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf KHK ein in der Klinik
bewährtes und dort bevorzugt angewandtes Verfahren. Am häufigsten kommt es
in früheren Krankheitsstadien zum Einsatz, wenn etwa Angina-pectoris-
verdächtige Beschwerden bestehen. Inzwischen empfehlen die Leitlinien der
Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) die CCTA zur
Erstdiagnostik bei Patienten mit einer geringen bis mittleren
Krankheitswahrscheinlichkeit (1). „Dieses für den Ein- oder Ausschluss
einer koronaren Herzkrankheit unverzichtbare Verfahren als Kassenleistung
im ambulanten Bereich aufzunehmen, ist ein Gewinn für die Versorgung von
Herzpatientinnen und Herzpatienten“, betont Prof. Dr. med. Thomas
Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Allerdings
muss durch die vom G-BA beschlossenen Neuregelungen gewährleistet sein,
dass beim Einsatz der CCTA die primäre Indikation durch Fachärztinnen und
Fachärzte der Kardiologie gestellt wird“, fordert der Kardiologe.
In Deutschland leiden schätzungsweise fünf Millionen Betroffene an einer
KHK, jährlich sterben über 121.000 Menschen daran, davon über 45.000 am
akuten Herzinfarkt (Deutscher Herzbericht 2022). In 80 Prozent der Fälle
eines plötzlichen Herztods ist die KHK die Hauptursache. Jährlich sterben
in Deutschland 65.000 Menschen am plötzlichen Herztod.

Indikationsstellung für CCTA-Untersuchung nur durch Kardiologin/Kardiologe
Zwar kann nach den Neuregelungen zur KHK-Diagnostik im G-BA-Beschluss die
auf Röntgenstrahlen basierende CCTA sowohl von Radiologen/-innen als auch
von Kardiologen/-innen angewendet werden. Besonders kritisch sieht jedoch
die Deutsche Herzstiftung, dass der G-BA-Beschluss nicht konkret festlegt,
dass im Rahmen der Koronardiagnostik durch eine CCTA kardiologische
Fachexpertise in jedem Fall beteiligt sein muss, sondern dies nur
„insbesondere bei unklaren oder komplexen Befunden“ der Fall ist (2). Die
Indikationsstellung bei klaren nicht-komplexen Befunden einer KHK läge
demzufolge nicht in der Hand einer Kardiologin oder eines Kardiologen,
sondern könne ebenso beim Radiologen oder der Radiologin alleine liegen.
„Besonders kritisch sehen wir dieses Vorgehen, weil die
Indikationsstellung nur durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für
Kardiologie erfolgen sollte. Denn diesen Fachärzten stehen sämtliche
alternativen diagnostischen Verfahren zur Verfügung. Eine CCTA-
Untersuchung kann nur im Kontext dieser Verfahren sinnvoll eingesetzt
werden“, betont der Kardiologe Prof. Voigtländer. Anders als etwa in der
Tumordiagnostik können die Befunde in der Koronardiagnostik zudem sehr
zeitkritisch sein. Der plötzliche Herztod ist zu 80 Prozent durch eine
koronare Herzerkrankung bedingt. „Zeitverluste bei der Herz-Diagnostik,
etwa wegen falscher Befundinterpretationen und überflüssiger
Folgediagnostik, gefährden die Patientinnen und Patienten zusätzlich“,
stellt Voigtländer klar. Es müsse daher einen verantwortlichen Arzt
(Kardiologe/Kardiologin) geben, der für die Einschätzung und Beurteilung
des CCTA-Befundes sowie für die weitere Therapie und Diagnostik
federführend verantwortlich ist. „Es ist erforderlich, dass sich der
verantwortliche Kardiologe oder die Kardiologin darum kümmert, dass nach
Beurteilung des CCTA-Befundes die richtigen diagnostischen und
therapeutischen Maßnahmen eingeleitet werden“, so die Forderung des
Herzstiftungs-Vorsitzenden. Hier müsse der G-BA im Beschlusstext
unmissverständlicher festhalten, dass die Indikationsstellung und
weitergehende Maßnahmen primär an die kardiologische Fachexpertise zu
binden sind.

Gefahr der Kostenexplosion durch sinnlose Ausweitung der Anwendung der
CCTA
Herzstiftung und Vertreter ärztlicher Fachgesellschaften wie der Deutschen
Gesellschaft für Kardiologie (DGK) befürchten, dass eine
Indikationsstellung durch eine Ärztin oder Arzt ohne kardiologische
Expertise zudem zu einer unbegründeten Ausweitung der Anwendung der CCTA-
Untersuchung und damit zu einer Kostenexplosion führen könnte. Außerdem
wichtig: „Wer die Indikation stellt, sollte das Ergebnis der Untersuchung
dann auch der Patientin oder dem Patienten erklären, ebenso wie die daraus
folgenden Konsequenzen für die Therapie. Hiermit ist jedoch ein
Nichtfachmann mit Sicherheit überfordert“, gibt Prof. Voigtländer zu
bedenken.

G-BA-Beschluss zur CCTA „nur folgerichtiger Schritt“
Die Gefahr der KHK besteht insbesondere darin, dass die Phase eines
stabilen Zustands (chronisches Koronarsyndrom: CCS) mit der klassischen
Brustschmerz-Symptomatik unter Anstrengung, unterbrochen werden kann von
instabilen Phasen eines Akuten Koronarsyndroms (ACS), das dem Herzinfarkt
oft unmittelbar vorausgeht. Um diese gefährliche Situation zu verhindern,
ist eine frühzeitige Diagnostik mittels CCTA wichtig. Die CCTA kann alle
Herzkranzgefäße und deren krankhaften Veränderungen in Form von
Verengungen (Stenosen) und Plaques in ausreichend guter Qualität abbilden.
„Dadurch trägt die CCTA effektiv dazu bei, die Zahl an
Krankenhausaufnahmen zu verringern und die Überlebensrate von KHK-
Patienten zu erhöhen, indem Komplikationen wie Herzinfarkte vermieden
werden. Der G-BA-Beschluss ist daher ein folgerichtiger Schritt zu einer
besseren Versorgung von Menschen mit Verdacht auf eine KHK“, betont der
Herzstiftungs-Vorsitzende.

Quellen:

(1) Deutscher Herzbericht 2022, Frankfurt a. M. 2023: Kap. 8.2.1
Nichtinvasive Bildgebung bei Koronarer Herzkrankheit, Seite 137
(2) Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung
der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung
(MVV-RL): Computertomographie-Koronarangiographie bei
Verdacht auf eine chronische koronare Herzkrankheit vom 18.01.2024:
https://www.g-ba.de/downloads/39-261-6418/2024-01-18_MVV-RL_CCTA-KHK.pdf

Fotomaterial erhalten Sie gerne auf Anfrage unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
oder per Tel. unter 069 955128-114

Service: Informationen zur Herz-Diagnostik
Mit dem Titel „Herzensansichten – kardiale Bildgebung“ stellt die
Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute (Ausgabe 4/2022) alle Verfahren der
kardialen Bildgebung im Detail vor, erklärt ihre Funktionsweise und
Anwendungsbereiche und bietet Herzpatient*innen zahlreiche Informationen
zur Geschichte der nicht-invasiven Untersuchungsverfahren. Ein
kostenfreies Probeexemplar ist unter Tel. 069 955128-400 oder unter
https://herzstiftung.de/bestellung erhältlich.

Infos zur Diagnose der KHK:
https://herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/koronare-
herzkrankheit/diagnose

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Weltkrebstag am 4. Februar 2024: Gute Therapieergebnisse dank Strahlentherapie

Zum Weltkrebstag am 4. Februar 2024 möchte die Deutsche Gesellschaft für
Radioonkologie e.V. (DEGRO) auf die großen Fortschritte in der
Krebstherapie hinweisen und den Betroffenen Mut machen. Gerade im Bereich
der Strahlentherapie haben viele Fortschritte dazu geführt, dass die
Lebensqualität und die Prognose der Patientinnen und Patienten steigt.
Beispielsweise ist durch die Bestrahlung oft ein Organerhalt möglich, auch
konnte gezeigt werden, dass durch eine prophylaktische Strahlentherapie
von Krebspatientinnen und -patienten mit Knochenmetastasen das Risiko für
das Auftreten sogenannter skelettaler Ereignisse sinkt.

„Die Radioonkologie ist eines der medizinischen Fächer, das in den
vergangenen 20 Jahren besonders von innovativen Technologien, auch dem
Einsatz künstlicher Intelligenz (KI), profitiert hat. Ergebnis ist, dass
Krebspatientinnen und -patienten zunehmend gezielter bestrahlt werden
können. Das heißt: Auf den Tumor treffen hochdosierte Strahlen, das
umliegende Gewebe wird aber geschont. Die Strahlentherapie belastet daher
die Krebspatientinnen und -patienten weniger als andere Therapieformen“,
erklärt Prof. Dr. Stephanie Combs, München, Pressesprecherin der Deutschen
Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO).

Nichtsdestotrotz gibt es gegenüber der Strahlentherapie noch immer
Vorbehalte, da Strahlen oft unbewusst Ängste auslösen. „Zu Unrecht“, sagt
die Expertin, „die moderne Strahlentherapie ist eine
Hochpräzisionstechnologie. Sie war schon immer eine gezielte
Krebstherapie, und zwar lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab, denn
die Strahlenenergie entlädt sich erst im Tumor und entfaltet dort ihre
zerstörerische Wirkung.“ KI habe das Verfahren noch präziser gemacht,
beispielsweise werden die Atemphasen während der Bestrahlung berechnet und
das Bestrahlungsziel in jeder Millisekunde den neuen Gegebenheiten durch
die Hebung und Senkung des Brustkorbs angepasst. „Wir zielen immer genau
auf den Tumor!“

Im Gegensatz zu anderen Krebstherapien ist die Strahlentherapie daher bei
oft ebenso guter Wirkung deutlich nebenwirkungsärmer. Als Beispiel führt
Prof. Combs die Behandlungsoptionen des frühen Prostatakarzinoms an. So
sind Strahlentherapie und Operation bei dieser Erkrankung im Hinblick auf
die Heilung in etwa gleichwertig, die Bestrahlung führt aber zu deutlich
weniger Nebenwirkungen wie Inkontinenz oder Impotenz. „Die Leitlinien
empfehlen daher, die Patienten gleichwertig über beide Optionen
aufzuklären, was ein wichtiger Schritt ist, im klinischen Alltag aber
leider oft noch nicht überall so gelebt wird.“

Bei anderen Krebserkrankungen ermöglicht die Strahlentherapie sogar, dass
das von Krebs befallene Organ nicht entfernt werden muss. Beispielsweise
kann bei Harnblasenkrebs, der in die Muskelschicht der Harnblase
eingewachsen ist, die multimodale, primär organerhaltende Therapie (sog.
transurethrale Resektion gefolgt von Radiochemotherapie) eine Alternative
zur Entfernung der gesamten Harnblase sein [1]. Beide Therapien haben die
gleiche Aussicht auf Erfolg. Ähnliches zeichnet sich auch bei Lungenkrebs
ab. Eine Registerstudie mit Daten des Krebsregisters Berlin-Brandenburg
[2] analysierte bei Bronchialkarzinompatientinnen und -patienten in den
frühen Stadien die Überlebenszeit nach Strahlenchemotherapie oder
Operation. Das Ergebnis bestätigt, dass das strahlentherapeutische
Vorgehen (mit SBRT, „Stereotactic Body Radiation Therapy“) ebenso
effizient war wie das operative Management. Auch bei Krebserkrankungen im
Mund-Rachenraum können mit der Strahlentherapie sehr gute Ergebnisse
erreicht werden [3].

Relativ neu ist die Erkenntnis, dass die Strahlentherapie auch
Patientinnen und Patienten mit Knochenmetastasen vor sogenannten
skelettalen Ereignissen wie Knochenbrüchen oder schmerzhaften
Rückenmarkseinklemmungen, die schlimmstenfalls sogar Lähmungen auslösen
können, schützt. Bisher kam die Strahlentherapie bei Knochemetastasen
überwiegend zur Schmerzlinderung oder bei neurologischen Symptomen in der
palliativen Krankheitsphase zum Einsatz. Eine randomisierte Phase-II-
Studie [4] konnte zeigen, dass sich auch der prophylaktische Einsatz ohne
bestehende Symptome lohnt. Die zusätzliche Strahlentherapie zur
Standardtherapie konnte das Auftreten dieser Ereignisse signifikant
senken: Im Standardarm betrug die Rate skelettaler Ereignisse 29 %, in der
Gruppe, die bestrahlt wurde, nur 1,6 %.

Wie Prof. Mechthild Krause, Dresden, Präsidentin der Deutschen
Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO), abschließend zusammenfasst,
wird die Strahlentherapie oft unterschätzt: „Wir haben die Möglichkeit,
Tumoren gezielt und nebenwirkungsarm zu bestrahlen und erreichen gute
Therapieergebnisse. Zum Weltkrebstag möchten wir daher  das Bewusstein für
die Strahlentherapie als wichtige und tragende Säule der Krebstherapie
stärken. Gern laden wir interessierte Journalistinnen und Journalisten in
unsere Strahlentherapiezentren ein, damit sie sich über radioonkologische
Verfahren informieren können.“

[1] Zlotta AR, Ballas LK, Niemierko A et al. Radical cystectomy versus
trimodality therapy for muscle-invasive bladder cancer: a multi-
institutional propensity score matched and weighted analysis. Lancet Oncol
2023 May 12; S1470-2045 (23) 00170-5 doi: 10.1016/S1470-2045(23)00170-5.

[2] Jörg Andreas Müller, Dirk Vordermark, Daniel Medenwald. [P10-11-jD]
Überlebenszeitanalyse nach Bestrahlung oder Operation in der Behandlung
von Bronchialkarzinomen im Frühstadium: eine Registerdaten-Analyse
basierend auf den Daten des Krebsregisters Berlin-Brandenburg. Abstract
vom DEGRO-Kongress 2023

[3] Palma DA, Prisman E, Berthelet E et al. Assessment of Toxic Effects
and Survival in Treatment Deescalation With Radiotherapy vs Transoral
Surgery for HPV-Associated Oropharyngeal Squamous Cell Carcinoma: The
ORATOR2 Phase 2 Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol 2022 Apr 28;e220615.
doi: 10.1001/jamaoncol.2022.0615.

[4] Gillespie EF, Yang JC, Mathis NJ et al. Prophylactic Radiation Therapy
Versus Standard of Care for Patients With High-Risk Asymptomatic Bone
Metastases: A Multicenter, Randomized Phase II Clinical Trial. J Clin
Oncol. 2024 Jan 1;42(1):38-46. doi: 10.1200/JCO.23.00753. Epub 2023 Sep
25. PMID: 37748124; PMCID: PMC10730067.

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Prädiabetes: Typ-2-Diabetes beginnt Jahre vor Ausbruch schleichend – Frühdiagnostik nutzen

Typ-2-Diabetes entwickelt sich in der Regel über viele Jahre, ohne dass
die Betroffenen Symptome verspüren. Rechtzeitig erkannt, kann das Risiko
für den Ausbruch eines Diabetes mellitus mit einer Lebensstiländerung
jedoch um 40 bis 70 Prozent gesenkt werden, sagen die Deutsche
Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE) und die Deutsche Diabetes
Gesellschaft e.V. (DDG). Tatsächlich lässt sich durchschnittlich schon 12
Jahre vor der Diabetesdiagnose eine verminderte Insulinwirkung
(Insulinresistenz) im Blut feststellen. Kommt es dann auch noch zu einer
Abnahme der Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse, steigen auch
die Blutzuckerwerte an.

In Deutschland erkranken jährlich mehr als eine halbe Million Erwachsene
neu an Diabetes. Aktuell leben etwa 8,7 Millionen Menschen mit dieser
Erkrankung. Etwa 95 Prozent von ihnen haben einen Typ-2-Diabetes (1). Bei
dieser Erkrankung reagieren die Körperzellen schlechter oder gar nicht
mehr auf das körpereigene Hormon Insulin (Insulinresistenz). Somit gelangt
weniger Zucker aus dem Blut in die Körperzellen und der Blutzuckerspiegel
ist erhöht. Die Folgen der Stoffwechselerkrankung sind eine oft verkürzte
Lebensdauer und verminderte Lebensqualität durch zahlreiche chronische
Leiden etwa des Herz-Kreislaufapparats. „Ebenso besteht eine Anfälligkeit
dafür, häufiger an Krebs sowie an Demenz zu erkranken“, sagt Professor Dr.
med. Karsten Müssig von der DGE, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin,
Gastroenterologie und Diabetologie am Franziskus-Hospital Harderberg der
Niels-Stensen-Kliniken.

Schätzungsweise 20 von 100 Erwachsenen in Deutschland haben Prädiabetes
„Schätzungsweise 20 von 100 Erwachsenen in Deutschland und mehr als 10
Prozent der erwachsenen Bevölkerung weltweit (541 Millionen Menschen)
leben mit Prädiabetes“, sagt Müssig, der auch Mitherausgeber der
englischsprachigen Fachzeitschrift von DGE und DDG, Experimental and
Clinical Endocrinology & Diabetes, und Vorstandsmitglied der DDG ist. Zu
den Risikogruppen gehören Menschen mit Übergewicht, kardiovaskulären
Erkrankungen, viel Bauchfett und Leberverfettung sowie Frauen, die in den
Wechseljahren deutlich an Gewicht zugenommen haben. „Auch wenn man
Verwandte ersten Grades hat, die an Typ-2-Diabetes leiden, sollte man
wachsam sein“, sagt Müssig. „Jedes Jahr entwickeln 5 bis 10 Prozent der
Menschen mit Prädiabetes einen Typ-2-Diabetes“, ergänzt er.

Durch rechtzeitige Lebensstilverbesserung Typ-2-Diabetes vermeiden
Das müsse nicht sein, findet der Endokrinologe und Diabetologe. Im Stadium
des Prädiabetes lässt sich die Erkrankung nämlich häufig noch erfolgreich
zurückdrängen: „Das Rezept besteht meist aus einer konsequenten
Präventionsstrategie mit Abnehmen, deutlich mehr Bewegung und einer
ausgewogener Ernährung“, so Müssig (2).

Einfache und kostengünstige Diagnose
Die Diagnose eines Prädiabetes ist einfach: „Ist das Diabetesrisiko
erhöht, sollten die Nüchternglukose, der 2-Stunden-Wert im sogenannten
oralen Glukosetoleranztest (oGTT) sowie der HbA1c bestimmt werden“, so
Müssig. Das HbA1c spiegelt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der
letzten 2 bis 3 Monate wider.

Eine Insulinresistenz kann jedoch schon viele Jahre vor einem Anstieg des
Blutzuckers vorliegen. Diese lässt sich durch die Bestimmung von Insulin
und Glukose (Blutzucker) aus einer Nüchtern-Blutprobe ermitteln. Aus
diesen Werten kann der HOMA-Index (Homeostasis Model Assessment) mit der
Formel (Insulin (µU/ml) * Glukose (mg/dl)): 405 berechnet werden. „Bei
einem Wert von mehr als 2,5 ist eine Insulinresistenz und damit ein
erhöhtes Diabetesrisiko wahrscheinlich“, so Müssig. Der HOMA-Index wird
bei Zyklusstörungen und Unfruchtbarkeit infolge des Polyzystischen
Ovarialsyndroms (PCOS) regelhaft bestimmt. „Für jedermann und jederfrau
besteht auch die Möglichkeit, das eigene Risiko erst einmal ganz
unabhängig von einem Arzt mit etablierten Diabetesrisikotests mittels
Fragebögen zu prüfen (3, 4).“

Präventionsmöglichkeiten nutzen: Risikopatienten frühzeitig identifizieren
„Angesichts der dramatischen Zunahme von Typ-2-Diabetes wäre es ein großer
Fortschritt, wenn wir Menschen mit Prädiabetes frühzeitig identifizieren.
Diabetesrisikotests sind einfache Screeningmethoden, Menschen mit einem
erhöhten Risiko bereits vor dem Anstieg der Glukosespiegel zu erfassen“,
fasst Professor Dr. med. Stephan Petersenn, Mediensprecher der DGE und
Inhaber der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg,
zusammen. „Aktuelle Studien belegen, dass viele der von Prädiabetes
Betroffenen von einer Lebensstilintervention profitieren. Dies sollten wir
unbedingt nutzen“, ergänzt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz,
Vorstandsmitglied und Kongresspräsident 2024 der DDG aus Berlin.

Originalpublikation:
(1) https://www.ddg.info/ddg-factsheet
(2) Sandforth A, von Schwartzenberg RJ, Arreola EV, et al. Mechanisms of
weight loss-induced remission in people with prediabetes: a post-hoc
analysis of the randomised, controlled, multicentre Prediabetes Lifestyle
Intervention Study (PLIS). Lancet Diabetes Endocrinol. 2023
Nov;11(11):798-810. doi: 10.1016/S2213-8587(23)00235-8. Epub 2023.
(3) Diabestes-Risiko-Selbsttest vom Deutschen Institut für
Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE): https://drs.dife.de/
(4) Diabetes-Risiko-Selbsttest der Deutschen Diabetes Stiftung:
https://www.diabetesstiftung.de/gesundheitscheck-diabetes-findrisk

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