„Die Hälfte der Medizin-Studierenden kann sich eine Tätigkeit als Landarzt vorstellen“
Am 8. November 2023 wurde offiziell das Institut für Allgemeinmedizin der
Universität Leipzig gegründet, das auf einer bereits bestehenden Abteilung
basiert. Die Einrichtung stellt sich den großen Herausforderungen durch
den demografischen Wandel mit maßgeschneiderten Lehrangeboten. Diese
sollen bei den Medizin-Studierenden das Interesse für das Berufsbild eines
Haus- und/oder Landarztes wecken. Eine Befragung der Absolvent:innen des
Jahrgangs 2022 an der Medizinischen Fakultät ergab, dass sich 50,5 Prozent
vorstellen können, nach dem Studium eine Tätigkeit als Landarzt oder
Landärztin aufzunehmen.
Viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte aus ganz Sachsen nahmen am
Mittwochnachmittag (8. November 2023) an der Festveranstaltung zur
Gründung des Instituts für Allgemeinmedizin teil. Viele von ihnen sind
Lehrärzte an der Medizinischen Fakultät und unterstützen durch Praktika
und Famulaturen die medizinische Ausbildung. Ziel des neuen Instituts ist
es, den Freistaat Sachsen bei der Sicherung der medizinischen
Grundversorgung zu unterstützen und das Fachgebiet in enger Zusammenarbeit
mit den Hausarztpraxen weiterzuentwickeln. Der demographische Wandel
stellt die ambulante Versorgung vor große Herausforderungen: Der Bedarf
wird aufgrund der alternden Bevölkerung weiter ansteigen, gleichzeitig
wird das medizinische Fachpersonal älter. „Wir sind uns der Verantwortung
bewusst und werden die Politik mit allen Kräften bei dieser wichtigen
Aufgabe unterstützen“, betont Prof. Dr. Ingo Bechmann, Dekan der
Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Die Medizinische Fakultät
in Leipzig ist die größte Ausbildungsstätte in Sachsen für Studierende der
Human- und Zahnmedizin, Hebammenkunde und die einzige für Pharmazie. Im
Wintersemester 2023/24 startete der zweite Jahrgang der Studierenden der
Vorabquote nach sächsischem Landarztgesetz mit 22 Studierenden am Standort
Leipzig. Insgesamt haben 343 Erstsemester mit dem Studium der Humanmedizin
begonnen (Stand 1.11.2023).
„Frei werdende Weiterbildungsstellen für Allgemeinmedizin am
Universitätsklinikum und seinem Medizinischen Versorgungszentrum können
hervorragend zu einer bestmöglichen Facharztweiterbildung der Mitarbeiter
des neuen Institutes beitragen“, so Dekan Bechmann. Darüber hinaus soll
eine Professur auf den Weg gebracht werden, welche den Studierenden
wichtige Kenntnisse und Knowhow für eine künftige eigene Praxis lehrt.
„Die jungen Menschen entscheiden sich bei der Wahl ihres Studiums nicht
dafür, später eine eigene Praxis zu eröffnen und eine Geschäftsperson zu
werden. Sie entscheiden sich für das Fach Medizin und wir zeigen ihnen die
künftigen Berufsfelder auf“, fasst Dekan Bechmann zusammen. Eine Befragung
unter Studierenden der Humanmedizin der Universität Leipzig ergab, dass
sich 77,9 Prozent der Studienanfänger in 2016 eine berufliche Tätigkeit
als Arzt/Ärztin vorstellen konnten. Sechs Jahre später, nach Ende des
Studiums in 2022, waren es 96,3 Prozent aus der gleichen Kohorte. Von den
Absolvent:innen gaben 14,6 Prozent mit steigender Tendenz an, sich für die
Facharztausbildung Allgemeinmedizin zu interessieren. Sie lagen damit an
dritter Stelle hinter der Fachrichtung Innere Medizin (20,4 Prozent) und
Anästhesiologie (17,6 Prozent) und vor dem Fach Chirurgie (7,8 Prozent).
„Die Allgemeinmediziner werden als Generalisten in einer älter werdenden
Bevölkerung noch wichtiger für die medizinische Grundversorgung sein“,
resümiert Prof. Dr. Markus Bleckwenn, Direktor des neuen Instituts für
Allgemeinmedizin. Das Institut setzt sich mit verschiedenen Lehrmodulen
und Projekten für die Förderung des Nachwuchses ein, um die
Medizinstudierenden auf die zukünftigen Herausforderungen in der
hausärztlichen wie landärztlichen Tätigkeit vorzubereiten.
Das Lehrprojekt MiLaMed der Universitäten Leipzig und Halle steht für
„Mitteldeutsches Konzept zur longitudinalen Integration landärztlicher
Ausbildungsinhalte und Erfahrungen in das Medizinstudium“ und zielt darauf
ab, mit neuen Lehrinhalten an der Uni sowie Praktika in ländlichen
Regionen für die Arbeit außerhalb der Großstadt zu begeistern. Die
Medizinische Fakultät fördert das Projekt nach der Pilotphase für weitere
fünf Jahre aus eigenen Haushaltsmitteln. Bei der Befragung der Leipziger
Absolvent:innen des Jahrgangs 2022 gaben 50,5 Prozent an, sich eine
Tätigkeit als Landarzt vorstellen zu können. Im Jahr 2010 waren es 33,3
Prozent. Weiterführende Studien-Angebote für den haus- und landärztlichen
Nachwuchs sind breit gefächert, beispielsweise mit dem Leipziger
Kompetenzpfad Allgemeinmedizin (LeiKA) und dem Leipziger Standort des
Kompetenzzentrums Weiterbildung Allgemeinmedizin Sachsen (KWASa).
Bei der Gründungsfeier des Instituts skizzierte Prof. Dr. Markus Bleckwenn
in seinem Vortrag „Zukunftsmodelle hausärztlicher Arbeit zur Sicherung
einer wohnortnahen und qualitativ hochwertigen medizinischen
Grundversorgung", innovative Ansätze wie zum Beispiel, die Arbeitsplätze
in den Hausarztpraxen an die Bedarfe der Behandler:innen anzupassen.
„Unser Institut möchte der Forschungsfrage nachgehen, wie Zukunftsmodelle
hausärztlicher Arbeit aussehen können, um eine wohnortnahe und qualitativ
hochwertige medizinische Grundversorgung gewährleisten zu können. Für
diesen Transformationsprozess braucht es aus unserer Sicht eine
Netzwerkstruktur, in der die Praxen mit den Herausforderungen nicht allein
zurechtkommen müssen, sondern sich gegenseitig unterstützen können“, so
der Direktor des neuen Instituts. Der Grundstock ist gelegt: Mittlerweile
umfasst das Lehrpraxen-Netzwerk der Medizinischen Fakultät circa 150
Hausarztpraxen und circa 80 Praxen konnten in jüngster Zeit für das
Forschungspraxen-Netzwerk „RaPHaeL“ gewonnen werden.
„Durch die Institutsgründung wird sich die Sichtbarkeit der
Allgemeinmedizin erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit bei der Einwerbung
von Drittmitteln deutlich verbessern“, betont Prof. Bleckwenn. Das
Institut besteht aktuell aus 23 Mitarbeiter:innen und acht studentischen
beziehungsweise wissenschaftlichen Hilfskräften und basiert auf der
bisherigen Selbstständigen Abteilung für Allgemeinmedizin.
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