Zum Hauptinhalt springen

Vorwürfe gegen die Prüfungen des Medizinischen Dienstes – Widerspruch kann sich lohnen

Angesichts der jüngsten Berichterstattung über hohe Korrekturraten bei Gutachten des Medizinischen Dienstes (MD) äußert sich der Verbraucherschutzverein BIVA-Pflegeschutzbund besorgt, aber nicht überrascht. „Diese Entwicklungen bestätigen unsere langjährigen Beobachtungen“, erklärt Ulrike Kempchen, führende Juristin des Vereins. „In unserer täglichen Arbeit unterstützen wir zahlreiche Widersprüche gegen die Gutachten des MD, von denen ein erheblicher Anteil erfolgreich ist.“

Laut einer Recherche des TV-Magazins Report Mainz wurden im Jahr 2022 gegen sieben Prozent der zweieinhalb Millionen Begutachtungen des MD Widerspruch eingelegt, wobei knapp 30 Prozent dieser Widerspruchsverfahren bei unveränderter Sachlage korrigiert werden mussten.

„In unserer Beratungspraxis sehen wir häufig, dass Widersprüche gegen die Begutachtung zum Erfolg führen“, so Kempchen. Ob es sich dabei um Fehlbegutachtungen handele oder ob der Gesundheitszustand bei der erneuten Prüfung ein anderer sei – worauf der MD angesichts der Vorwürfe hinweist –, könne man von außen nicht beurteilen. Klar sei aber, „dass dies bei pflegebedürftigen Personen oft zu einer zu niedrigen Einstufung und damit verbundenem Verlust finanzieller Unterstützung führen kann.“ Kempchen rät dazu, die Begutachtung im Zweifelsfall prüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass jede und jeder Betroffene die Pflege und Unterstützung erhält, die er oder sie benötigt und auf die ein Anspruch besteht.

----------------------------------

Der BIVA-Pflegeschutzbund vertritt seit 1974 bundesweit die Interessen von Menschen, die im Alter Wohn- und Pflegeangebote in Anspruch nehmen. Der BIVA-Pflegeschutzbund ist gemeinnützig, konfessionell ungebunden und überparteilich. BIVA ist die Abkürzung für Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V.

  • Aufrufe: 85

Analyse zum „Tag der Krebsvorsorge“: Positiver Trend bei Teilnahme an Krebs-Früherkennung

Die Inanspruchnahme der Krebsvorsorge hat sich laut
„Früherkennungsmonitor“ weitgehend
normalisiert. Die Deutsche Krebsgesellschaft und AOK rufen weiter zur
Teilnahme auf.

Nach starken Rückgängen bei der Teilnahme an Krebs-
Früherkennungsuntersuchungen in den „Pandemiejahren“ 2020 und 2021 sowie
in der Omikron-Welle Anfang 2022 haben sich die Teilnahme-Zahlen in den
letzten Monaten wieder weitgehend normalisiert. Darauf weisen die Deutsche
Krebsgesellschaft und der AOK-Bundesverband aus Anlass des jährlichen
„Tages der Krebsvorsorge“ am 28. November hin. Sie begrüßen den positiven
Trend, weisen aber auch darauf hin, dass es immer noch Nachholbedarf wegen
versäumter Untersuchungen in der Pandemie und generell große Lücken bei
der regelmäßigen Inanspruchnahme der Krebsvorsorge gibt.

Die Teilnahmeraten an den Krebs-Früherkennungsuntersuchungen lagen laut
dem aktuellen „Früherkennungsmonitor“ des Wissenschaftlichen Instituts der
AOK (WIdO) im zweiten Halbjahr 2022 bei den meisten Untersuchungen wieder
auf dem Niveau des Vergleichszeitraums 2019, also vor Ausbruch der
Pandemie (Abbildung 1). Auch im 1. Quartal 2023 setzte sich dieser
positive Trend fort; es waren bei einigen Untersuchungen sogar deutliche
Anstiege gegenüber dem Vergleichsjahr 2019 zu verzeichnen.

„Vor dem Hintergrund der Einbrüche bei der Krebs-Früherkennung in der
Pandemie ist diese Normalisierung der Inanspruchnahme eine sehr
erfreuliche Entwicklung“, betont Prof. Michael Ghadimi, Präsident der
Deutschen Krebsgesellschaft. „Es gilt: je früher Krebs oder Krebsvorstufen
entdeckt werden, desto besser sind die Heilungsaussichten. Deshalb gilt
weiterhin der Appell, bei diesem Thema nicht nachlässig zu werden und die
Früherkennungstermine wahrzunehmen.“

Die Detail-Ergebnisse der WIdO-Auswertung für das 1. Quartal 2023 zeigen
bei den Koloskopien im Rahmen des Darmkrebs-Screenings einen deutlichen
Anstieg von knapp 27 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2019. Allerdings
dürfte der Anstieg auch damit zu tun haben, dass Männer die Untersuchung
seit 2020 schon ab 50 Jahren in Anspruch nehmen dürfen. Beim Mammographie-
Screening lag das Ergebnis 7,3 Prozent über dem Wert des 1. Quartals 2019,
bei der Prostatakrebs-Früherkennung waren es 5,6 Prozent mehr. Bei der
Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs war noch ein geringfügiger Rückgang
von 3,9 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2019 zu verzeichnen. Einen
Sondereffekt gab es beim Hautkrebs-Screening: Hier ist der Rückgang von 12
Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 2019 nach Einschätzung des WIdO
hauptsächlich auf Änderungen des Untersuchungsintervalls bei der
Allgemeinen Gesundheitsuntersuchung von zwei auf drei Jahre
zurückzuführen. Die Allgemeine Gesundheitsuntersuchung wird oft in
Kombination mit dem Hautkrebs-Screening durchgeführt.

„Nach vielen verpassten Früherkennungsuntersuchungen in der Pandemie holen
jetzt offenbar viele Versicherte das Versäumte nach und machen wieder
Termine zur Krebsvorsorge“, sagt Jens Martin Hoyer, stellvertretender
Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands. „Dies wollen wir gemeinsam
mit der Deutschen Krebsgesellschaft durch gezielte Informationen
unterstützen.“ So bietet die AOK auf ihrer Homepage zum „Tag der
Krebsvorsorge“ wieder den „Vorsorg-O-Mat“ an, der Nutzerinnen und Nutzer
nach Eingabe individueller Informationen wie Alter und Geschlecht über die
anstehenden Früherkennungsuntersuchungen informiert. Darüber hinaus bietet
die AOK auf ihrer Homepage Informationsfilme zum Ablauf und Nutzen der
einzelnen Früherkennungsuntersuchungen an. Beide Partner informieren rund
um den „Tag der Krebsvorsorge“ am 28. November auf ihren Social-Media-
Kanälen intensiv über das Thema und werben für die Teilnahme an den
vorgesehenen Untersuchungen.

„Pandemie-Lücke“ bei Koloskopien
Ein Schwerpunkt des neuen „Früherkennungsmonitor“, den das WIdO zum
diesjährigen „Tag der Krebsvorsorge“ veröffentlicht hat, liegt auf der
Darmkrebs-Vorsorge. Hier werden die Auswirkungen der Pandemie auf die
Früherkennungs-Koloskopien, aber auch auf die diagnostischen
Darmspiegelungen analysiert. Die Auswertung zeigt, dass in den Jahren 2020
bis 2022 im Vergleich zu 2019 jeweils deutliche Rückgänge bei der
Gesamtzahl der durchgeführten Koloskopien zu verzeichnen waren (Abbildung
2). Wenn man das Niveau im Jahr 2019, also vor der Pandemie, als Referenz
nimmt, haben insgesamt 150.000 AOK-Versicherte weniger eine Koloskopie
erhalten. „Wenn man von einer ähnlichen Entwicklung in der
Gesamtbevölkerung ausgeht, können mehr als 400.000 Personen betroffen
sein, die unter normalen Bedingungen eine Koloskopie erhalten hätten“,
betont AOK-Vorstand Jens Martin Hoyer.

„Diese Pandemie-Lücke ist bedauerlich. Denn wie bei vielen Tumorarten
spielt die Früherkennung auch beim Darmkrebs eine wichtige Rolle. Die
Entfernung von Vorstufen – sogenannte Polypen – kann etwa verhindern, dass
der Krebs erst gar nicht entsteht. Je früher ein Tumor entdeckt wird,
desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er noch nicht gestreut hat
und heilbar ist oder aber das Fortschreiten der Erkrankung verhindert
werden kann“, erklärt Ghadimi. „Langfristige Folgen von unterbliebenen
Koloskopien zeigen sich in Studien allerdings erst nach einer
Beobachtungszeit von zehn Jahren.“

Steigerungspotenzial bei langfristiger Inanspruchnahme des Darmkrebs-
Screenings
Zudem zeigt der Früherkennungsmonitor ein deutliches Steigerungspotenzial
bei der langfristigen Inanspruchnahme des Darmkrebs-Screenings. So wurden
laut der WIdO-Analyse nur etwa 45 Prozent der anspruchsberechtigten
Menschen, die 2021 65 Jahre oder älter waren, in den vergangenen zehn
Jahren von einer ambulanten oder stationären Koloskopie zur Früherkennung
oder Diagnostik erreicht. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist
dabei laut der Auswertung gering. Nimmt man noch eine einigermaßen
regelmäßige Inanspruchnahme des alternativ angebotenen Tests auf
verborgenes Blut im Stuhl (Fecal Occult Blood Test, kurz FOBT) hinzu,
erhöht sich die Inanspruchnahme-Rate bei Frauen zwischen 65 und 80 Jahren
im Durchschnitt um 8 Prozentpunkte und bei den Männern um 5 Prozentpunkte.

Mehr Informationen auf den Websites von AOK-Bundesverband:
https://www.aok.de/pp/bv/ und Deutscher Krebsgesellschaft:
https://www.krebsgesellschaft.de/gemeinsame-pressemitteilung-tag-der-
krebsvorsorge2023.html


Informationen zum Tag der Krebsvorsorge: https://www.aok.de/pk/leistungen
/krebsvorsorge-frueherkennung/


Download des Früherkennungsmonitors des WIdO: https://www.wido.de/

  • Aufrufe: 69

Venenleiden – Behandlungsmethoden und Tipps zur Vorbeugung

Venenleiden Symbobild
Venenleiden Symbobild

Schwache Venen äußern sich in verschiedenen Beschwerden und können ohne Behandlung zu Komplikationen führen. Wie sich dem Venenleiden aktiv vorbeugen lässt und welche Behandlungsmethoden es gibt, zeigt folgender Beitrag zu diesem Thema.

Venenleiden – was genau ist das?

Dabei handelt es sich um eine Funktionsstörung der Venen, das heißt, die Venen sind in ihrer normalen Funktion eingeschränkt und können das Blut nicht mehr richtig in die richtige Richtung transportieren. Alles beginnt bei den meisten Menschen mit Krampfadern, die erst kaum, dann aber deutlich zu sehen sind. Aufgrund der eingeschränkten Venenfunktion kann die Flüssigkeit aus den Beinen nicht mehr optimal abtransportiert werden, es lagert sich mehr Wasser ein, sogenannte Ödeme sind die Folge. In den meisten Fällen sind die Beinvenen betroffen.

Die Ursachen sind genetische Veranlagungen und anatomische Besonderheiten der Gefäße. Typische Symptome sind zusätzlich zu Krampfadern und geschwollenen Beinen eine bräunlich verfärbte Haut an den Unterschenkeln, aber auch Ekzeme, die schlecht heilen, offene Stellen oder Thrombosen und Embolien.

Tipp: Schwere- und Spannungsgefühle in den Beinen bis hin zu Schmerzen treten oft schon vor der optischen Ausprägung des Venenleidens auf.

Was kann man dagegen tun?

Schon bei den ersten Anzeichen zu reagieren, ist bei einer Venenschwäche sehr wichtig.

  • Besenreiser: Besenreiser sind noch keine Anzeichen eines Venenleidens und eher optisch störend. Sie können jedoch bereits Vorboten von späteren entstehende Krampfadern sein. Aus diesem Grund entscheiden sich viele Patienten für das Besenreiser entfernen. Dabei kommt die Verödung oder Lasertherapie (oder eine Kombination beider Methoden) zum Einsatz.
  • Krampfadern: Echte Krampfadern lassen sich chirurgisch entfernen. Alternativ kommen Lasertherapie, Verödung und Radiowellentherapie zum Einsatz.
  • Kompression: Um den natürlichen venösen Fluss zu unterstützen, ist das regelmäßige Tragen von Kompressionsstrümpfen oder elastischen Bandagen wichtig. Diese unterstützen die Venen in ihrer Arbeit und verhindern die weitere Dehnung der Gefäße sowie das Risiko einer Thrombose oder Embolie.
  • Kneippkuren: Mit kalten Unterschenkelgüssen und Wassertreten lassen sich Beschwerden bei Krampfadern ebenfalls lindern.
  • Massagen: Ebenfalls hilfreich sind regelmäßige Beinmassagen, um den Abfluss der Gewebsflüssigkeit zu fördern.
  • Sport: Viel Bewegung und die Stärkung der Beinmuskulatur sind ebenfalls entscheidend, da eine gut ausgebildete Muskulatur die geschwächten Venen stärken kann.
  • Entwässernde oder venenstärkende Medikamente (im fortgeschrittenen Stadium)
  • Behandlung möglicher Geschwüre

Kann man einem Venenleiden vorbeugen?

Die Veranlagung zur Venenschwäche wird häufig vererbt. Dennoch lässt sich mit einigen Maßnahmen das Auftreten bzw. die Verschlimmerung von Beschwerden verhindern.

Diese Maßnahmen sind vorbeugend möglich:

  • Regelmäßig Sport treiben, bei dem die Muskulatur der Beine trainiert wird. Geeignet sind zum Beispiel Ausdauersportarten wie Joggen, Nordic Walking oder Schwimmen sowie Fahrradfahren.
  • Bei sitzender Tätigkeit im Beruf regelmäßig Beinübungen am Arbeitsplatz durchführen, z. B. Fußwippe oder Oberschenkelpresse.
  • Wer Übergewicht hat, sollte unbedingt abnehmen.
  • Auf das Rauchen verzichten, da es die Gefäße zusätzlich schwächt.
  • Abends einfach mal die Beine hochlegen, das entlastet die Venen.
  • Regelmäßige Wechselduschen und Kneipp-Anwendungen verbessern die Blutzirkulation.
  • Das Tragen von flachem Schuhwerk sowie bequemer Kleidung ist ebenfalls zu empfehlen.
  • Saunagänge und lange Sonnenbäder sind bei ersten Krampfadern nicht zu empfehlen, da die Wärme die Gefäße zusätzlich erweitert.
  • Im Hochsommer sollte man sich lieber ein kühles Plätzchen im Schatten suchen, anstatt in der Sonne zu liegen.

Wichtig: Auf langen Reisen ist das Tragen von Kompressionsstrümpfen zur Vermeidung einer Thrombose zu empfehlen. Regelmäßige Beinübungen zwischendurch reduzieren das Risiko zusätzlich.

  • Aufrufe: 83

Vereint gegen Antibiotika-Resistenzen

AMS-MAN: Mainfränkisches Antimicrobial Stewardship Netzwerk wächst weiter

Die Antimicrobial Stewardship (AMS) am Uniklinikum Würzburg (UKW) setzt
sich für einen indikationsgerechten und verantwortungsvollen Einsatz von
Antiinfektiva/Antibiotika ein, um Kollateralschäden wie
Resistenzentwicklungen oder Arzneimittelinduzierte Nebenwirkungen zu
reduzieren. Ihre Expertise teilt sie im regionalen Netzwerk AMS-MAN, dem
mit den Haßberg-Kliniken gerade der fünfte Kooperationspartner beigetreten
ist.

Würzburg. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO)
erklärte im Jahr 2019 die antimikrobielle Resistenzen (AMR) zu einer der
zehn größten globalen Bedrohungen für die Gesundheit. Wenn Bakterien,
Viren, Parasiten, und Pilze zunehmend resistent gegen Antibiotika,
Virostatika und anderen entsprechenden antimikrobiellen Wirkstoffen
werden, lassen sich Infektionen immer schlechter oder gar nicht mehr
behandeln. Im Zuge von nationalen und internationalen Aktionsplänen hat
die Bundesregierung im Jahr 2015 mit der Deutschen Antibiotika-
Resistenzstrategie (DART 2020) Maßnahmen gebündelt. Unter anderem wurde
auch das Infektionsschutzgesetz §23 entsprechend modifiziert. Zeitgleich
startete Dr. Güzin Surat am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), um als
Infektiologin und AMS-Expertin aus der Stabsstellenzugehörigkeit der
Krankenhaushygiene AMS am UKW zu etablieren. Mit Erfolg!

Fünfte Klinik im regionalen AMS-Netzwerk aufgenommen

Das UKW zeichnet sich seit einigen Jahren durch einen besonders niedrigen
Verbrauch an Antibiotika aus und steht im Vergleich mit anderen deutschen
Uniklinika an der Spitze (siehe weiter unten Informationen zum ADKA-if-
DGI-Projekt). Neben regelmäßigen Antibiotika-Visiten am UKW, Fortbildungen
und Schulungen hat Güzin Surat gemeinsam mit der Zentraleinheit für
Massenspektrometrie (ZKMS) am UKW das Therapeutic Drug Monitoring (TDM)
auf β-Laktam-Antibiotika* ausgeweitet, mit dem Servicezentrum Medizin-
Informatik (SMI) eine Antiinfektiva-App eingeführt, sowie parallel ein
regionales Netzwerk mit anderen Kliniken in Mainfranken aufgebaut. Nach
der Klinik Kitzinger Land, der Main-Klinik Ochsenfurt, dem Krankenhaus St.
Josef in Schweinfurt und dem König-Ludwig-Haus in Würzburg sind die
Haßberg-Kliniken in Haßfurt der fünfte Kooperationspartner im AMS-MAN
Netzwerk.

Dr. Manfred Knof, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin der Main-Klinik
Ochsenfurt, erklärt die Vorteile von AMS-MAN für die kooperierenden
Klinika: „Der Gesetzgeber fordert von uns Ärztinnen und Ärzten einen
rationalen und verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika. Durch das vom
Uniklinikum Würzburg angebotene Netzwerk haben wir beste Expertise und
Beratungen bei unseren Visiten, die durch Dr. Surat mitangeboten werden.
Wichtig ist für uns vor allem, dass wir im Rahmen der Antiinfektiva-
Surveillance die Erreger- und Resistenzprofile besprechen können. Damit
haben wir den goldwerten Vorteil vom UKW auch bei uns in Ochsenfurt.“

Antibiotika-Visiten für eine Verbesserung der Verschreibungsqualität

Da die Kliniken einer Region durch Verlegungen in einem ständigen
Austausch von Patientinnen und Patienten stehen, ist es umso wichtiger
über eine Harmonisierung von Antiinfektiva-Standards einen konformen
Wissens-und Ausbildungsstand in der Prophylaxe und Therapie von
Infektionen zu garantieren, um so auch sekundär eine verbesserte regionale
Resistenzkontrolle zu bewirken. Güzin Surat und ihr Stellvertreter, Dr.
Axel Gehrmann, besuchen in ein- bis zweiwöchigem Rhythmus ihre Kolleginnen
und Kollegen in den kooperierenden Krankenhäusern. Dort führen sie
gemeinsam Antibiotika-Visiten durch und analysieren die Verordnungspraxis.
„Wir besprechen jede Patientin und jeden Patienten, die mit Antiinfektiva
behandelt werden“, betont Güzin Surat. „Wir klären gemeinsam die
Indikation, setzen die vorhandenen mikrobiologischen Befunde in Vergleich
zum Krankheitsgeschehen und empfehlen dabei, die für die Patientinnen und
Patienten bestmögliche Substanz auszuwählen. Dabei besprechen wir auch die
Dosierung und die Form der Darreichung. Die Deeskalation ist ein weiteres
Prinzip der Verordnungsanalysen, indem wir zum Beispiel von einem
Breitband-Antibiotikum mit breitem Erregerspektrum, auf ein
Schmalspektrum-Antibiotikum gehen, mit dem wir gezielt nachgewiesene
Erreger angreifen.“

Antiinfektiva-App für eine verbesserte Anwendung des Antibiotika-Einsatzes

In den vergangenen Jahren konnte die Arbeitsgruppe AMS - bestehend aus
Apotheke, Hygiene, Mikrobiologie, Infektiologie der medizinischen Klinik
und pädiatrische Infektiologie - mehr als 20 klinische Standards
implementieren, die sich an den aktuellen Leitlinien orientieren und das
spezifische lokale Erreger- und Resistenzprofil berücksichtigen. Zu den
Standards zählt zum Beispiel eine detaillierte Dosistabelle für die von
der Klinikapotheke regulär vorgehaltenen Antiinfektiva. „Diese und weitere
Standards haben wir in der Antiinvektiva-App zusammengefasst. Sie ist
quasi unsere Antibiotika-Fibel, die wir allen stationären und ambulanten
Bereichen am UKW, aber auch unseren Partnern im Netzwerk für eine
verbesserte Anwendung des Antibiotika-Einsatzes zur Verfügung stellen“,
sagt Axel Gehrmann.

Patientenindividuelle Dosierung mit Therapeutic Drug Monitoring

Ein weiterer Baustein im Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen ist das TDM
für patientenindividuelle Dosierung. „Medikamente werden von Frauen,
Männern, Kindern, übergewichtigen und vorerkrankten Personen sehr
unterschiedlich verstoffwechselt“, weiß Güzin Surat, die sich gerade zum
Thema AMS habilitiert. „Um die Dosierung präzise anzupassen, messen wir
die Konzentrationen der Wirkstoffe im Blut der Patientinnen und
Patienten.“

Ein weiteres Ziel der Infektiologin sind einheitliche regionale
Resistogramme, die darüber informieren, wie empfindlich welche
bakteriellen Krankheitserreger gegen bestimmte Antibiotika sind. „Dazu
müssen wir eng mit den mikrobiologischen Laboren zusammenarbeiten“, so
Surat. „AMS bedeutet auch Diagnostic Stewardship, also die optimierte
Anwendung von diagnostischen Mitteln.“

Signifikante Senkung des Antibiotikaverbrauchs hat keinen negativen
Einfluss auf das Behandlungsergebnis

Mit ihren multimodalen Maßnahmen konnte am UKW der Gesamtverbrauch an
Antibiotika am UKW signifikant gesenkt werden. So ging zum Beispiel der
Verbrauch von Cephalosporinen der dritten Generation, einem Breitband-
Antibiotikum mit ungünstigem Resistenzmechanismus, deutlich zurück. Auch
der Verbrauch an Reserveantibiotika konnte reduziert werden. „Denn ein
Reserveantibiotikum soll auch eine Reserve bleiben und nicht zum Standard
werden, da jeder Einsatz von Antibiotika die Bildung von Resistenzen
fördert“, kommentiert Güzin Surat. „Die Überprüfung unserer Maßnahmen hat
zudem gezeigt, dass die Senkung des Antibiotikaverbrauches keinen
negativen Einfluss auf das Behandlungsergebnis geführt hat.“

* β-Lactam-Antibiotika gehen auf das Penicillin zurück und haben in ihrer
Strukturformel einen viergliedrigen Beta-Laktam-Ring, wodurch sie die
Synthese der bakteriellen Zellwand stören.

Über das ADKA-if-DGI-Projekt:
Im ADKA-if-DGI-Projekt erheben die Abteilung Infektiologie des
Universitätsklinikums Freiburg und der Bundesverband Deutscher
Krankenhausapotheker seit dem Jahr 2007 die Antiinfektiva-Verbrauchsdaten
von mehr als 100 deutschen Krankenhäusern. Dargestellt wird der Verbrauch
quartalsweise in Form von Anwendungsdichten, stratifiziert nach
Fachabteilungen sowie Normal- und Intensivstationen. Dies ermöglicht den
für die Qualitätssicherung essentiellen Benchmark. Die erforderlichen
Daten des UKW werden -regelmäßig von der Klinikapotheke bereitgestellt.
Seit dem Jahr 2018 weist das ADKA-if-DGI-Projekt Uniklinika als eigene
Teilnehmer-Kategorie aus.

Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie DART:
Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2015 gemeinsam mit den
Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft sowie Bildung und
Forschung die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie „DART2020“
erarbeitet. Sie wurde im Mai 2015 vom Bundeskabinett verabschiedet. Die
erzielten Ergebnisse sollen mit der im April 2023 verabschiedeten
Resistenzstrategie „DART2030“ weiter vertieft werden. Die zu erreichenden
Ziele und Maßnahmen bei der Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen auf
nationaler Ebene und in der internationalen Zusammenarbeit werden in sechs
Handlungsfeldern dargestellt: 1. Prävention, 2. Surveillance und
Monitoring, 3. Sachgerechter Antibiotikaeinsatz inklusive Labordiagnostik,
4. Kommunikation und Kooperation, 5. Europäische und internationale
Zusammenarbeit, 6. Forschung und Entwicklung.

  • Aufrufe: 76