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Erhöht eine Allergie das Risiko für Long-COVID?

Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Magdeburg untersuchen
erstmals systematisch die Rolle von Allergien bei der Entwicklung von
Long-COVID.

Welche Faktoren das Long-COVID-Risiko beeinflussen können, ist nach wie
vor nicht vollständig geklärt. Wissenschaftler:innen am Institut für
Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der Otto-von-Guericke-
Universität Magdeburg haben die Rolle von Allergien genauer untersucht und
sind der Frage nachgegangen, ob allergische Erkrankungen das Risiko
erhöhen können, Long-COVID nach einer SARS-CoV-2-Infektion zu entwickeln.
Die Auswertung von 13 relevanten Studien mit insgesamt 9.967
Teilnehmenden, die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 19. Januar 2023
veröffentlicht wurden, zeigte, dass Menschen mit Asthma oder allergischer
Rhinitis (Entzündung der Nasenschleimhaut) eine erhöhte Chance für Long-
COVID haben könnten. Es handelt sich um die erste systematische
Übersichtsarbeit, die Hinweise für eine Rolle allergischer Erkrankungen im
Zusammenhang mit Long-COVID liefert. Die Ergebnisse wurden in dem
Fachjournal Clinical & Experimental Allergy veröffentlicht.

Prof. Dr. Christian Apfelbacher (PhD), Institutsdirektor und
korrespondierender Autor der Arbeit, betont: „Obwohl die Daten aus den
Studien insgesamt darauf hindeuten, dass Personen mit Asthma oder Rhinitis
nach einer SARS-CoV-2-Infektion ein erhöhtes Risiko für Long-COVID haben
könnten, war die Beweislage für diesen Zusammenhang sehr unsicher.“ Daher
sei eine solidere epidemiologische Forschung erforderlich, um die Rolle
von Allergien bei der Entwicklung von Long-COVID zu klären. „Wir brauchen
eine bessere, harmonisierte Definition dessen, was als Long-COVID für
epidemiologische Studien dieser Art gilt. Unabhängig davon, werden wir
unsere Analyse aktualisieren, sobald in den nächsten Monaten weitere
Studien veröffentlicht werden", erklärt der Epidemiologe.

In der Arbeit der Forschungsgruppe wurde wissenschaftliche Literatur
systematisch nach prospektiven Kohortenstudien mit einer
Nachbeobachtungszeit von mindestens 12 Monaten für Long-COVID durchsucht.
Es wurden Personen mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion und
Informationen über vorbestehende allergische Erkrankungen eingeschlossen.

Long-COVID ist ein Krankheitsbild, das weltweit eine große Anzahl von
Menschen betrifft und durch eine Vielzahl an Symptomen gekennzeichnet ist.
Die Ursachen von Long-COVID sind noch nicht genau geklärt. Derzeit geht
man davon aus, dass hauptsächlich eine Störung des Immunsystems die
Entwicklung beeinflusst. Häufige und teilweise über ein Jahr anhaltende
Symptome von Long-COVID sind Atembeschwerden, Belastungsintoleranz und
eine chronische Müdigkeit.

Die systematische Übersichtsarbeit ist als Teil des Projekts „egePan
Unimed“ entstanden und wurde im Rahmen des Forschungsnetzwerks der
Universitätsmedizin NUM vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) (Förderkennzeichen: 01KX2021) gefördert.

Foto (v.l.): Das Forschungsteam aus dem Institut für Sozialmedizin und
Gesundheitssystemforschung (ISMG) der Universität Magdeburg: Karl Philipp
Drewitz (Wissenschaftlicher Mitarbeiter), Angela Ulrich (Wissenschaftliche
Mitarbeiterin), Institutsdirektor Prof. Christian Apfelbacher und Doreen
Wolff (Wissenschaftliche Mitarbeiterin). Fotografin: Sarah
Kossmann/Universitätsmedizin Magdeburg

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Apfelbacher (PhD), Direktor am Institut für
Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der Otto-von-Guericke-
Universität Magdeburg, Telefon: +49-391-67-24316,
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..de

Originalpublikation:
Allergic diseases as risk factors for Long-COVID symptoms: Systematic
review of prospective cohort studies, Clinical & Experimental Allergy
8.11.2023. https://doi.org/10.1111/cea.14391

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Neues Antikörper-Shuttle-Medikament gegen Multiple Sklerose

Ein neu entwickeltes Medikament bringt Hoffnung für MS-Patientinnen und
-Patienten. // Mithilfe eines neuartigen Molekül-Shuttles können
Antikörper direkt ins Gehirn transportiert werden. // Das MS-Zentrum am
Uniklinikum Dresden beteiligt sich an einer weltweiten Studie zur
Sicherheit.

Mit der Diagnose Multiple Sklerose ist für Patientinnen und Patienten
eines klar: Sie leiden an einer unheilbaren Krankheit. Rund 280.000
Deutsche kämpfen mit der Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem das
eigene zentrale Nervensystem angreift. Im Zentrum für Multiple Sklerose
(MS) am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden wird nun erstmals
ein Medikament getestet, das die Abwehrzellen des Körpers mithilfe von
Antikörpern dort abtötet, wo sie Schaden anrichten: im Gehirn.
Problematisch war bislang, die Antikörper über die natürliche
Schutzbarriere des Gehirns hinweg direkt dorthin zu transportieren, wo die
körpereigenen B-Zellen im Falle einer MS-Erkrankung für Entzündungen
verantwortlich sind. Bei dem neuartigen Medikament macht sich die
Forschung nun die Eigenschaften von speziellen Proteinen zunutze, wobei
man den Antikörper mit einem Transport-„Shuttle“-Eiweiß verknüpft. Am
Uniklinikum nimmt bereits die zweite MS-Patientin an einer Phase-I-Studie
teil.

Mehr als 2.000 Patientinnen und Patienten werden am Multiple-Sklerose-
Zentrum des Universitätsklinikums Dresden behandelt. Eine von ihnen ist
Ivonne Dähn: Dass sie unter Multipler Sklerose leidet, stellt sich vor gut
20 Jahren heraus. Doch der Weg bis zur Diagnose war lang, ihr gingen Jahre
der Unsicherheit voraus, in denen Ivonne Dähn nicht weiß, was ihr
eigentlich fehlt. Alles begann mit einem Schleier auf ihrem Auge, später
kam hinzu, dass ihre Beine schwächer wurden, sie das Radfahren aufgeben
musste, sich ihr körperlicher Zustand weiter verschlechterte. Eine MRT-
Untersuchung brachte Ivonne Dähn nach Jahren in einem Schwebezustand
schließlich die Gewissheit: Sie leidet unter Multipler Sklerose.
Tatsächlich ist die Erkrankung in einigen Fällen sehr schwer zu
diagnostizieren und wird deshalb auch als „Krankheit der 1.000 Gesichter“
bezeichnet. Es gibt unterschiedliche Symptome, die in Schüben oder
schleichend auftreten können, die Bandbreite ist groß. Seit 2018 ist
Ivonne Dähn Patientin am MS-Zentrum im Uniklinikum Dresden. Nach der
Diagnose musste sie ihren Job als pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin
in der Apotheke aufgeben, brachte vor 13 Jahren aber einen gesunden Jungen
zur Welt und bewältigt seitdem das Familienleben gemeinsam mit ihrem Mann
- so gut es geht. Ein kleines Elektromobil oder ein Gehstock sind ihre
stetigen Begleiter. Sport gehört ebenso zu ihrem Alltag, um die Muskeln zu
kräftigen.

Multiple Sklerose ist derzeit nicht heilbar. Mittels Medikamenten ist es
zumindest möglich, die Entzündungsschübe abzuschwächen oder hinauszuzögern
– mithilfe moderner Therapien kann die Mehrzahl der Patientinnen und
Patienten stabilisiert werden, ohne dass es zu einem Fortschreiten der
Erkrankung kommt. Akute Schübe werden mit Kortison behandelt, während eine
Immuntherapie heute häufig auf Antikörper setzt, die die aggressiven
Immunzellen des Körpers eliminieren oder blockieren. Ivonne Dähn leidet
unter einer langjährigen MS, bei der keine Schübe auftreten. Diese Form
ist besonders schwierig zu behandeln, weil im Gehirn chronische Prozesse
ablaufen. Hier setzt ein neues Medikament an, das den Körper „austrickst“
und genau dort wirken soll, wo die entzündlichen Prozesse stattfinden. Ein
Hoffnungsschimmer für viele MS-Patientinnen und -Patienten.

Prof. Tjalf Ziemssen, Direktor des Zentrums für klinische
Neurowissenschaften und Leiter des MS-Zentrums, begleitet in Kooperation
mit der Firma Roche eine weltweite Studie, bei der dieses neu entwickelte
Medikament erstmals überhaupt an Patientinnen und Patienten verabreicht
wird. „Als MS-Zentrum haben wir personell und technisch die besten
Voraussetzungen und optimalen Möglichkeiten, eine solch wichtige
Medikamentenstudie zu realisieren“, sagt Prof. Ziemssen. Ivonne Dähn hat
sich freiwillig für die erste Testphase gemeldet und wird dabei engmaschig
vom Team um Prof. Ziemssen betreut. Studienschwestern nehmen regelmäßig
Blutproben, auch das Gehirnwasser wird im Zuge der Studie mehrmals
untersucht und das Wohlbefinden der Patientin dokumentiert.

Die aufwendige Prozedur nimmt Ivonne Dähn in Kauf, denn sie möchte die
Erforschung der Krankheit und möglicher Gegenmittel unterstützen. Ob sie
selbst von dem neuen Medikament profitiert, ist ungewiss. „Ich habe nichts
zu verlieren“, sagt die 45-Jährige, die im Vogtland wohnt und mehrmals
wöchentlich ans Uniklinikum nach Dresden kommt. Das neue Medikament
verträgt sie gut. Die Untersuchungen seien nicht immer schmerzfrei, räumt
Ivonne Dähn ein. „Aber ich weiß, worauf ich mich eingelassen habe. Und ich
möchte anderen helfen“, sagt sie. Prof. Ziemssen betont, wie wichtig die
Bereitschaft von Patientinnen und Patienten ist, an derartigen Studien
teilzunehmen. Auch wenn das Medikament ihnen selbst in dieser frühen
Testphase womöglich gar nicht hilft.

Protein-Shuttle überwindet Schutzbarriere des Gehirns

Bei dem neuen Medikament fungieren Protein-Moleküle als eine Art Shuttle,
das – bestückt mit dem Antikörper – die Barriere zwischen Gefäß und Gehirn
überwindet. Dort, wo die B-Zelle des eigenen Immunsystems an entzündlichen
Prozessen im Gehirn beteiligt ist, hofft man, dass der Antikörper die
B-Zelle gezielt ausschalten kann. Ob dies tatsächlich genauso
funktioniert, wie sich das die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
vorstellen, muss mithilfe von an MS erkrankten Menschen getestet werden.
Dafür wird nun zunächst in der Phase-I-Studie überprüft, wie verträglich
das Medikament ist. Weil dabei eine geringe Dosis verabreicht wird, um die
Patientinnen und Patienten nicht zu gefährden, entfaltet das Medikament
mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht seine volle Wirkung. Verläuft
diese Testphase erfolgreich, wird in den nächsten Phasen die Dosis erhöht,
bis die passende Menge des Medikaments ermittelt ist. Danach erfolgt dann
die mehrmalige Gabe des Medikaments im Rahmen der aktuellen Studie, für
die in Dresden noch weitere Patientinnen und Patienten gesucht werden.
Erst dann erfolgen Phase-II- und -III-Studien, die Basis für die Zulassung
des Medikamentes sind.

„Die Hochschulmedizin Dresden steht für enge Verzahnung von
Patientenversorgung und Forschung“, sagt Prof. Michael Albrecht,
Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum. „Durch die große Expertise
in der Behandlung von MS-Erkrankten ist das Uniklinikum optimal
aufgestellt, um derart wichtige Studien zu begleiten. Wir sind dankbar für
das große Vertrauen unserer Patientinnen und Patienten, die wie in diesem
Fall die Entwicklung neuer Medikamente unterstützen und dafür sogar sehr
weite Wege in Kauf nehmen.“

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Bessere Behandlungschancen für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler

Herzstiftung fördert Aufbau eines Patientenregisters zur Herzschwäche bei
Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH): Wertvolle Daten für mehr
Sicherheit und neue Therapieansätze. Gefahr durch Komplikationen: Wie EMAH
von regelmäßiger Nachsorge, Prävention und Gesundheitsförderung
profitieren

Weltweit leben rund 50 Millionen Erwachsene mit einem angeborenen
Herzfehler, mehr als 360.000 allein in Deutschland. Damit ist die Zahl der
erwachsenen Patienten – Ärzte verwenden auch die Abkürzung EMAH –
inzwischen größer als jene der Kinder mit einem angeborenen Herzfehler
(AHF). Während vor 100 Jahren noch 70 bis 80 Prozent der jungen Patienten,
die einen relevanten Herzfehler hatten, verstorben sind, erreichen heute
dank des medizinischen Fortschritts in den Industrienationen etwa 95
Prozent das Erwachsenenalter, viele von ihnen mit einer hohen
Lebensqualität. Um diese ermutigende Erfolgsgeschichte fortschreiben zu
können, arbeiten EMAH-Spezialisten mehrerer deutscher Herzzentren mit
Unterstützung der Deutschen Herzstiftung am Aufbau eines
Patientenregisters zur Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Zudem bemühen sie
sich darum, mehr Betroffene für regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen zu
motivieren und ihnen zu vermitteln, wie sie von Prävention und der
Gesundheitsförderung profitieren können. Darüber informiert die
Herzstiftung derzeit auch im Rahmen ihrer traditionellen Herzwochen im
November, die unter dem Motto „Herzkrank? Schütze Dich vor dem
Herzstillstand!“ stehen. Einer der Hintergründe: Angeborene Herzfehler
sind eine mögliche Ursache für den plötzlichen Herztod, der in Deutschland
jedes Jahr etwa 65.000 Menschen aus dem Leben reißt. Die Prävention dieses
dramatischen Ereignisses ist Schwerpunkt der diesjährigen
Aufklärungskampagne mit Infos unter https://herzstiftung.de/herzwochen.
Auch EMAH sind von dieser Problematik betroffen. Ein derartiges Ereignis
ist in sehr vielen Fällen die Folge einer schwerwiegenden
Herzrhythmusstörung. Aber auch im Rahmen anderer Ereignisse kann bei EMAH
ein plötzlicher Herztod auftreten, beispielsweise bei Thromboembolien,
Herzinfarkten oder Einrissen der Aorta (Hauptschlagader).

Experten-Netzwerk aus mehreren deutschen Kliniken erstellen Datenbank
In das neue EMAH-Patientenregister „Pathfinder-AHF“ für EMAH mit einer
Fehlfunktion der Herzkammer und/oder Herzschwäche (Herzinsuffizienz), das
vor einem Jahr mithilfe einer Anschubfinanzierung der Deutschen
Herzstiftung in Höhe von 83.000 Euro ins Leben gerufen worden ist, sind
bereits die Daten von etwa 1500 Patienten mit sehr unterschiedlichen
Herzfehlern eingeflossen, die eine nicht normale Herzfunktion bis hin zur
Herzinsuffizienz oder eine entsprechende Präposition (Veranlagung) dafür
haben. Die Datenbank soll kontinuierlich wachsen und wertvolle
Erkenntnisse zu einer Vielzahl der zum Teil überaus komplexen Herzfehler
oder Herzfehler-Kombinationen liefern.
„Solche Register liefern valide Daten zum Langzeitverlauf – und damit
wertvolle Ansätze, um unsere Patientinnen und Patienten noch besser
behandeln zu können. Sie helfen uns unter anderem dabei,
Risikokonstellationen frühzeitig zu erkennen und die therapeutischen
Möglichkeiten besser zu bewerten“, erklärt Prof. Dr. Dr. Harald Kaemmerer,
Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung, und
langjähriger Leiter der Ambulanz im Internationalen EMAH-Zentrum der
Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie (Direktor: Prof.
Dr. Peter Ewert) am Deutschen Herzzentrum München. Der renommierte
Wissenschaftler wirbt um weitere finanzielle Unterstützung für einen
Ausbau des Patientenregisters: „Es ist einer der Schlüssel, die
Versorgungsqualität für unsere Patienten weiter zu verbessern.“

Herzstiftungs-Experte: Viele EMAH verpassen Möglichkeiten der Vor- und
Nachsorge
Ein weiterer Sicherheitsaspekt für EMAH sind regelmäßige Vor- und
Nachsorgeuntersuchungen. Die Notwendigkeit erklärt Prof. Kaemmerer seinen
Patienten oft anhand eines Alltags-Beispiels: „Wenn Sie Auto fahren,
müssen Sie alle zwei Jahre zum Tüv. Wenn Sie einen Herzfehler haben,
sollten sie ebenso von Zeit zu Zeit zum Gesundheits-Tüv gehen. Nicht
deshalb, weil man unbedingt einen Schaden finden will, sondern um
sicherzustellen, dass man ruhigen Gewissens weiter durchs Leben steuern
kann.“ Das große Problem: Sehr viele EMAH nutzen diese Chance nicht. Nach
Daten der Deutschen Herzstiftung, die im Herzbericht 2022 veröffentlicht
wurden, stellten sich nur rund 30.000 der mehr als 360.000 Betroffenen zu
Kontrolluntersuchungen in den Ambulanzen der spezialisierten deutschen
EMAH-Zentren vor.
Oft verabschieden sich die Patienten bereits beim Übergang von der Jugend
ins junge Erwachsenenalter aus dem flächendeckend in Deutschland
verfügbaren Nachsorgesystem („Transition“). Wenn Kinder mit einem
angeborenen Herzfehler volljährig werden, blenden sie ihre Erkrankung aus
– oftmals, weil sie keine Beschwerden haben. Sie wollen dann
uneingeschränkt Sport treiben, eine Familie gründen, sich einen Beruf
suchen, ohne dabei an ihren angeborenen Herzfehler zu denken. „Doch das
kann fatale Folgen haben“, warnt Prof. Kaemmerer. „Mitunter landen die
Patienten dann als Notfälle in den Kliniken, und wir Ärzte stehen vor dem
Dilemma, dass wir ihnen dann nicht mehr gut helfen können.“

350 EMAH-Spezialisten in Deutschland verfügen über wichtige
Zusatzausbildung
Auch deshalb rät die Deutsche Herzstiftung zu regelmäßigen
Nachsorgeuntersuchungen bei einem EMAH-Spezialisten. „Eine Untersuchung
beim Hausarzt oder bei einem Kardiologen, der auf erworbene
Herzerkrankungen fokussiert ist, reicht oftmals nicht aus. Beide
Disziplinen sind für die oft sehr komplexe Betreuung von EMAH nicht
ausreichend ausgebildet – insbesondere, wenn es sich um komplexe
Herzfehler handelt, deren Betreuung fachlich extrem herausfordernd und
sehr zeitaufwendig sein kann“, erläutert EMAH-Experte Kaemmerer. Dies kann
aber in Deutschland von spezialisierten EMAH-Zentren sowie auch von
niedergelassenen Kardiologen und Kinderkardiologen übernommen werden, die
eine Zusatzausbildung auf diesem Gebiet der Herzmedizin erworben haben.
Die Adressen dieser rund 350 Spezialisten in Kliniken und Praxen finden
sich auf der Website der Deutschen Herzstiftung (Stichwort „Dein
Herzlotse“) unter  https://herzstiftung.de/dein-herzlotse
Gerade nach einer erfolgreichen Behandlung im Kindesalter verlieren
Patienten mit einem angeborenen Herzfehler mitunter aus dem Blick, dass
sie trotzdem mit dieser chronischen Erkrankung und ihren Folgen umgehen
müssen. Experten sprechen von Rest- und von Folgezuständen. Restzustände
entstehen dann, wenn ein bestimmter angeborener Herzfehler nur in Teilen
behoben wurde. Ein Beispiel: So wird bei bestimmten Verengungen der
Hauptschlagader (Aortenisthmusstenose) die häufig ebenfalls fehlgebildete
Aortenklappe nicht mitbehandelt, weil sie (noch) keine Probleme verursacht
und den Eingriff nur komplizieren würde. Folgezustände sind demgegenüber
Einschränkungen, die durch einen Eingriff entstanden sind, etwa durch das
Einsetzen einer künstlichen Herzklappe oder einer Gefäßstütze (Stent).

EMAH-Patienten sind vor zusätzlichen Herzerkrankungen nicht gefeit
Rest- und Folgezustände erfordern eine lebenslange Kontrolle durch einen
EMAH-Spezialisten. Dieser kann seinen Patienten auch sehr individuell über
wichtige Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung beraten. „Bei
der EMAH-Nachsorge gilt es zu berücksichtigen, dass zusätzlich zu den
Problemen, die der angeborene Herzfehler mit sich bringt, auch
Komplikationen durch erworbene Herzerkrankungen entstehen können. Dazu
zählen beispielsweise die Koronare Herzkrankheit, erworbene Herzfehler und
Herzrhythmusstörungen“, erläutert Kaemmerer. Hinzu kommen auch andere
Organerkrankungen, zum Beispiel an Leber, Niere, Lunge, Nervensystem oder
Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder
Fettstoffwechselstörungen, die sich durch effektive Therapie heute gut
behandeln lassen. Voraussetzung sind allerdings in jedem Fall regelmäßige
Untersuchungen bei einem Spezialisten. Nicht selten ließen sich die
hieraus resultierenden Konsequenzen abmildern oder vermeiden, wenn
rechtzeitig entsprechende vorbeugende, gesundheitsfördernde Maßnahmen
ergriffen würden.

Service-Tipps
Über den plötzlichen Herztod bei EMAH berichten Prof. Kaemmerer und
Kollegen am Deutschen Herzzentrum München in dem Artikel „Gefahr schwer
einzuschätzen“ in dem Ratgeber „Herzkrank? Schütze Dich vor dem
Herzstillstand!“ (158 S.). Der Ratgeber kann kostenfrei per Tel. unter 069
955128-400 (E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.) angefordert werden.

Das Interview „Riskante Lücke“ mit Prof. Kaemmerer in der HERZ heute-
Ausgabe 3/2023 „Leben mit angeborenem Herzfehler“ widmet sich der
aktuellen Versorgungslage von EMAH. Ein Exemplar dieser Ausgabe kann
kostenfrei per Tel. unter 069 955128-400 (E-Mail:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.) angefordert werden.

Mit dem Online-Suchdienst „Dein Herzlotse“ bietet die Kinderherzstiftung
in der Deutschen Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/dein-herzlotse
einen zuverlässigen und aktuellen Arzt- und Klinikfinder.
Informationen für EMAH bietet die Herzstiftung kostenfrei unter
https://herzstiftung.de/emah-ratgeber

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Kleines und großes Blutbild: Warum Blutuntersuchungen so wichtig sind

Blutuntersuchung Symbolbild
Blutuntersuchung Symbolbild

Blut wird nicht umsonst auch als „Saft des Lebens“ bezeichnet. An ihm lassen sich zahlreiche Krankheiten sowie Mangelerscheinungen zuverlässig bestimmen und anschließend behandeln. Aus diesem Grund ist es nicht nur für chronisch kranke Menschen wichtig, regelmäßig ihre Blutwerte kontrollieren zu lassen. Aber was wird eigentlich bei der Blutuntersuchung genau untersucht, und wie häufig sollte man die Werte checken lassen?

Was ist der Unterschied zwischen kleinem und großem Blutbild?



Wer sich unwohl fühlt und Krankheitssymptome bei sich feststellt, geht damit meist zunächst zu seinem Hausarzt. Dieser wird nach einem Gespräch mit dem Patienten eine Blutuntersuchung anordnen, denn diese gibt Auskunft darüber, ob der Körper gesund ist oder tatsächlich eine Erkrankung vorliegt. Standardmäßig handelt es sich bei dieser Untersuchung um das sogenannte kleine Blutbild. Hierzu wird Blut aus der Vene entnommen und anschließend im Labor untersucht. Für alle daraus ersichtlichen Werte, die auch auf Blutwerte.de hochgeladen werden können, gibt es für jedes Alter und Geschlecht Normbereiche, die im Idealfall eingehalten werden sollten. Werden aber Abweichungen festgestellt, deutet dies auf eine Krankheit oder einen Mangel hin. Im Rahmen des kleinen Blutbilds werden die roten und weißen Blutkörperchen (Erythrozyten und Leukozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten) unter dem Mikroskop untersucht. Die Anzahl und die Beschaffenheit der Blutbestandteile spielen dabei eine große Rolle. Ist eine weiterführende oder umfassendere Überprüfung der Werte erforderlich, kann der zuständige Mediziner das große Blutbild veranlassen. Diese beinhaltet noch weitere Untersuchungen, die etwa dann hilfreich sein können, wenn das kleine Blutbild keine eindeutigen Ergebnisse liefert. Dann gehören auch Werte wie Cholesterin oder der Blutzucker dazu. Letzterer teilt sich in den Nüchternwert und den Langzeitwert ein. Sind beide Werte erhöht, deutet dies etwa auf eine Diabeteserkrankung hin.

Regelmäßige Kontrollen auch für Menschen ohne Beschwerden



Viele Krankheiten machen sich erst dann im Körper bemerkbar, wenn sie bereits fortgeschritten sind. Deshalb sollten nicht nur Menschen mit Vorerkrankungen, sondern auch gesunde Personen auf Routinekontrollen der Blutwerte setzen. Wird eine Krankheit rechtzeitig bemerkt, ist oft eine Heilung oder zumindest eine effektive Therapie möglich, ohne dass Folgeschäden auftreten. Im eigenen Interesse ist es also sinnvoll, die Untersuchungen nicht zu vernachlässigen. Gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren haben alle drei Jahre Anspruch auf ein großes Blutbild. Hintergrund ist das mögliche Vorbeugen schwerer Erkrankungen, die mit fortschreitendem Alter vermehrt auftreten können. Dieser Check-up wird von der Krankenkasse bezahlt. Das gilt auch dann, wenn der behandelnde Arzt außerhalb dieses Zeitraums eine Notwendigkeit für eine Blutuntersuchung sieht. Werden in den Blutwerten Auffälligkeiten festgestellt, können zudem weiterführende Untersuchungen angeordnet werden, die häufig bei einem Facharzt stattfinden. Wird eine eindeutige Diagnose gestellt, ist es Zeit für eine angemessene Behandlung. Steht ein Check-up inklusive kleinem oder gar großen Blutbild an, wird dieser meist in den ersten Stunden nach der Praxisöffnung durchgeführt. Oftmals ist es erforderlich, für diese Untersuchungen nüchtern zu sein. Das bedeutet, dass vorher nichts gegessen oder getrunken werden darf, um die Werte nicht durch Zucker, Koffein oder andere Inhaltsstoffe zu verfälschen. Ob dies der Fall ist und ob noch andere Bedingungen für eine korrekte Durchführung des Blutbilds gelten, teilt das Praxispersonal beim Vereinbaren des Termins vorab mit.

 

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