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Zertifizierte Zentren in der Onkologie als Vorbild für die Krankenhausreform

Bereits seit 20 Jahren können Brustkrebszentren von der Deutschen
Krebsgesellschaft e. V. (DKG) zertifiziert werden. Das Brustkrebszentrum
im Vivantes Klinikum Am Urban (Berlin) ist seit 2008 fortlaufend
zertifiziert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begleitete das
diesjährige Überwachungsaudit: Ein Einblick in ein erprobtes, komplexes
Qualitätssicherungssystem, das die bestmögliche Behandlung für
Patient*innen bietet und beispielhaft für die anstehende Krankenhausreform
sein kann.

Zertifizierte Zentren sind Netzwerke aus stationären und ambulanten
Einrichtungen, in denen alle an der Behandlung von Krebspatient*innen
beteiligten Fachrichtungen eng zusammenarbeiten. Ein solches Netzwerk ist
das Brustkrebszentrum im Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin. Seit 2008
weist das Zentrum jährlich nach, dass es die fachlichen Anforderungen für
die Behandlung der Erkrankung erfüllt und über ein etabliertes
Qualitätsmanagementsystem verfügt. In diesem Jahr begleitet
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das Audit.
Die Zertifizierung von Krebszentren ist zum Vorteil für die Patient*innen:
Daten zeigen, dass die Behandlung in zertifizierten Zentren im Vergleich
zur Behandlung in nicht-zertifizierten Einrichtungen zu deutlichen
Überlebensvorteilen der Patient*innen führt. Für Patient*innen mit
Brustkrebs beträgt dieser Überlebensvorteil bis zu 23 Prozent.

Gute Ergebnisqualität nur durch das Gesamtpaket

In ihrer dritten Stellungnahme zur Krankenhausreform schlägt die
Regierungskommission vor, dass onkologische Versorgung in Zukunft in
zertifizierten Zentren erfolgen soll. Ein begrüßenswerter Schritt, denn
Krebserkrankungen treten häufig auf, gleichzeitig unterliegt ihre
Behandlung einigen Besonderheiten. So erfordert die Behandlung der
Patient*innen immer eine langfristige Zusammenarbeit vieler verschiedener
medizinischer Fachdisziplinen und Berufsgruppen entlang des
Patient*innenpfades: von der Früherkennung, über Diagnostik und Therapie
bis hin zu Nachsorge und Palliation.
Die Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Anforderungen durch die
Krankenhausreform adressieren die onkologisch tätigen Fachgesellschaften
in einem gemeinsamen Positionspapier, in dem sie zeigen, wie die Qualität
der onkologischen Behandlung sichergestellt und gleichzeitig die
Komplexität der onkologischen Versorgungsstrukturen berücksichtigt werden
kann. (Zum Positionspapier:
https://link.springer.com/article/10.1007/s12312-023-01210-y)
Neben den Leistungsgruppen, die sich an einzelnen Fachdisziplinen
orientieren, werden auch weitere Mindestvorhaltungen benötigt, die in dem
Positionspapier beispielhaft beschrieben sind. Das Zertifizierungssystem
wirkt durch das Zusammenspiel dieser Anforderungen. Nur wenn diese
gemeinsam zum Tragen kommen, kann die gewünschte Ergebnisqualität
nachweisbar erzielt werden.

Lauterbach: „Spitzenmedizin besonders fördern“

Im Klinikum Am Urban erhielt Gesundheitsminister Lauterbach einen
Einblick, welche Netzwerkpartner*innen an einem zertifizierten Zentrum
beteiligt sind, welche Qualitätsanforderungen erfüllt werden müssen und
wie das Klinikum Verbesserungsvorschläge umsetzt.
„Krebspatientinnen und –patienten sollten sich am besten in zertifizierten
Zentren behandeln lassen. Denn dann haben sie die besten Erfolgschancen
bei Behandlungen. Deshalb wollen Bund und Länder mit der Krankenhausreform
Spitzenmedizin besonders fördern. Seit 20 Jahren unterzieht die Deutsche
Krebsgesellschaft Brustkrebszentren einer strengen Qualitätskontrolle. Das
schafft Sicherheit, für Betroffene, die sich darauf verlassen können, dort
die bestmögliche Behandlung zu erhalten. Diesem unermüdlichen Engagement
gilt mein Dank. Das Qualitätsmanagement der Deutschen Krebsgesellschaft,
gerade im Bereich Brustkrebs, hat Pionierarbeit geleistet, die
international beachtet wird“, so Gesundheitsminister Karl Lauterbach.


Bilder (© Vivantes/Kevin Kuka):
1: Vor dem Klinikum Am Urban: v.l.n.r.: Dr. Johannes Danckert
(Vorsitzender der Geschäftsführung / Geschäftsführer Klinikmanagement bei
Vivantes), PD Dr. Maggie Banys-Paluchowski (Audit-Leiterin), PD Dr. Simone
Wesselmann (Bereichsleiterin Zertifizierung in er DKG), Prof. Dr. Karl
Lauterbach (Bundesgesundheitsminister), Dr. Claudia Gerber-Schäfer
(Chefärztin des Vivantes Brustzentrums), Dr. Marion Paul (Chefärztin des
Vivantes Brustzentrums)
2: Im Audit - Besichtigung der Chemo-Ambulanz

Falls Sie diese oder weitere Bilder für die Berichterstattung über das
Audit in einer druckfähigen Auflösung benötigen, wenden Sie sich an
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Die Deutsche Krebsgesellschaft

Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation
des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte
wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum.
Die rund 8.100 Einzelmitglieder in 25 Arbeitsgemeinschaften, die 16
Landeskrebsgesellschaften und 35 Fördermitglieder sind in der Erforschung
und Behandlung von Krebserkrankungen tätig. Die DKG engagiert sich für
eine Krebsversorgung auf Basis von evidenzbasierter Medizin,
Interdisziplinarität und konsequenten Qualitätsstandards, ist
Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und Partnerin der „Nationalen
Dekade gegen Krebs“. www.krebsgesellschaft.de

Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH
Als größter kommunaler Krankenhauskonzern Deutschlands ist Vivantes heute
Vorreiter einer sich im Wandel befindlichen Branche. Unter dem Dach des
Vivantes Netzwerks wird Patient*innen die ganze Bandbreite qualitativ
hochwertiger medizinischer und pflegerischer Versorgung geboten. Zur
Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH gehören 9 Krankenhäuser, 18
Pflegeheime, 2 Seniorenwohnhäuser, eine ambulante Rehabilitation,
Medizinische Versorgungszentren, ein Hospiz sowie Tochtergesellschaften
für Catering, Reinigung und Wäsche.
Ein Drittel aller Patient*innen in Berlin wird jedes Jahr in einer von
über 100 Kliniken und Instituten von Vivantes behandelt. Das sind
insgesamt eine halbe Million Behandlungen im Jahr.

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Post-Covid: keine falschen Versprechungen!

Im Gesundheitsausschuss wurde im April 2023 über die Versorgungssituation
von Post-Covid- und ME/CFS-Betroffenen diskutiert – das ist wichtig,
allerdings fanden die Beratungen unter Ausschluss der wissenschaftlichen
Expertise der Allgemeinmedizin statt. Die Deutsche Gesellschaft für
Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) empfiehlt, diese Expertise
künftig von Beginn an in solche Debatten und strukturelle Überlegungen
einzubeziehen. Gleichzeitig warnt die DEGAM davor, spezialisierte
Ambulanzen flächendeckend aufzubauen, die zum jetzigen Zeitpunkt (noch)
kein erfolgversprechendes und evidenzbasiertes Therapieangebot machen
können.

Im Gesundheitsausschuss wurde kürzlich über die Versorgung von
Patientinnen und Patienten gesprochen, die an Post-Covid und / oder
Myalgischer Enzephalomyelitis / Chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS)
leiden. Leider war die DEGAM, die die Perspektive der evidenzbasierten
Allgemeinmedizin vertritt, nicht zur Anhörung geladen. Aus Sicht der DEGAM
wäre es unethisch und auch ineffizient, hier eine neue Versorgungsebene in
Aussicht zu stellen: Auch Ambulanzen können den Post-Covid-Betroffenen zum
jetzigen Zeitpunkt wenig Konkretes anbieten.

"Spezialisierte Ambulanzen können nur dann helfen, wenn sie etwas anbieten
können, das verfügbar und nachweislich wirksam ist. Das ist im Moment
nicht der Fall, da weder einheitliche Diagnose-Kriterien noch Nachweise
über evidenzbasierte erfolgreiche Therapieoptionen vorliegen. Insofern
sollten hier keine Versprechungen gemacht werden“, warnt Prof. Martin
Scherer, Präsident der DEGAM. „Was wir aber unbedingt tun sollten, ist,
die wissenschaftliche Expertise der Allgemeinmedizin von Anfang an in
solche strukturellen Fragen mit einzubeziehen. Und wir müssen die
hausärztliche Versorgungsebene so stärken, dass Post-Covid- und ME/CFS-
Patientinnen und Patienten in der Fläche bestmöglich begleitet werden
können.“

Die DEGAM weist in diesem Zusammenhang auch auf den Unterschied von Long-
und Post-Covid und ME/CFS hin: „Wir gehen davon aus, dass die
allermeisten, die an Long-Covid-Symptomen leiden, wieder gesund werden.
Einige der Betroffenen erkranken allerdings stark, mit einem monatelang
hohen Leidensdruck. Dann sprechen wir von Post-Covid. Bei Post-Covid gibt
es bisher keine schnellen Lösungen. Wir brauchen, wie bei manch anderen
Krankheitsbildern auch, viel Geduld. Zwischen Post-Covid und ME/CFS gibt
es große Überschneidungen. Allerdings fehlen uns zu den genaueren
Abgrenzungen bisher gute Daten, so dass wir nicht wissen, wie die
Gesamtsituation wirklich aussieht.“

Die DEGAM möchte ausdrücklich davor warnen, das Leid und die Not der
Betroffenen nicht ernst zu nehmen – und mahnt gerade deshalb an, wirklich
wirksame Lösungen zu finden. Ein zentraler Punkt dabei ist auch die
Erforschung der Krankheitsbilder. Hierfür sollte auch die Initiative
Deutscher Forschungspraxennetze – DESAM-ForNet, eine bundesweite
Forschungsinfrastruktur in der Hausarztmedizin, genutzt werden.

„Der Wissenstransfer in die Hausarztpraxen gelingt dann insbesondere durch
unsere Leitlinien. Wir haben kürzlich ein Update der Leitlinie Müdigkeit
mit eigenem ME/CFS-Kapitel publiziert und sind an der Post-Covid-Leitlinie
beteiligt“, erklärt Martin Scherer abschließend.

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Welttag der Immunologie - Universitätsmedizin Mainz kann auf 50 Jahre immunologische Forschung zurückblicken

Die Universitätsmedizin (UM) Mainz hat eine fünf Jahrzehnte währende
Tradition an immunologischer Forschung vorzuweisen. Sie begann 1973 mit
der Gründung des bundesweit ersten von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft im Bereich Immunologie bewilligten
Sonderforschungsbereichs. Neu eingerichtete Forschungsinstitute,
zahlreiche erfolgreiche Ausgründungen sowie herausragende
Forschungsergebnisse verdeutlichen die erfolgreiche Ära der Immunologie in
Mainz. Diese positive Entwicklung gilt es nun voranzutreiben, um die
Medizin von Morgen mitgestalten zu können. Daher wird sich die UM Mainz im
Bereich Immunologie zukünftig insbesondere auf Immuntherapien und
personalisierter Medizin fokussieren.

1973 bewilligt die Deutsche Forschungsgemeinschaft erstmals einen
Sonderforschungsbereich im Bereich Immunologie

Die Universitätsmedizin Mainz hat eine fünf Jahrzehnte währende Tradition
an immunologischer Forschung vorzuweisen. Sie begann 1973 mit der Gründung
des bundesweit ersten von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im
Bereich Immunologie bewilligten Sonderforschungsbereichs (SFB). Seitdem
folgten zwölf weitere immunologische SFBs an der Universitätsmedizin
Mainz. Neu eingerichtete Forschungsinstitute, zahlreiche erfolgreiche
Ausgründungen sowie herausragende Forschungsergebnisse und Auszeichnungen
verdeutlichen zudem die sehr erfolgreiche Ära der Immunologie in Mainz.
Diese positive Entwicklung gilt es nun voranzutreiben, um die Medizin von
Morgen mitgestalten zu können. Daher wird sich die Universitätsmedizin
Mainz im Bereich Immunologie zukünftig insbesondere auf die Forschung und
Entwicklung von Immuntherapien und personalisierter Medizin fokussieren.

Der morgige Welttag der Immunologie steht an der Universitätsmedizin Mainz
sinnbildlich für 50 Jahre erfolgreicher immunologischer Forschung und
darauf basierender Krankenversorgung. Beginnend mit dem bundesweit ersten
SFB im Bereich Immunologie überhaupt, dem SFB 107 zum Thema
„Vollzugmechanismen der Immunreaktion“, hat sich die Immunologie immer
mehr zu einem bedeutenden und international anerkannten
Forschungsschwerpunkt der Mainzer Universitätsmedizin entwickelt. Dies
belegen herausragende SFBs, wie beispielsweise die SFBs 1066 und 1292 zum
Thema Nanocarrier bzw. Immuntherapie, neue Forschungseinrichtungen sowie
mehrere erfolgreiche Ausgründungen, wie beispielsweise Translationale
Onkologie (TRON gGmbH) und das weltweit bekannte Biotechnologieunternehmen
BioNTech SE. Zuletzt hat die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V.
(DGfI) Univ.-Prof. Dr. Hansjörg Schild, Direktor des Instituts für
Immunologie der Universitätsmedizin Mainz, zum nächsten Präsidenten der
Gesellschaft gewählt.

„Der insbesondere in den letzten Jahren deutlich gewordene Nutzen der
immunologischen Forschung für die Bevölkerungsgesundheit unterstreicht die
Weitsicht der Universitätsmedizin Mainz, frühzeitig ihr Profil im Bereich
der Immunologie zu stärken. Diesen Weg geht sie auch gegenwärtig
konsequent weiter: Im Fokus stehen die Immuntherapie und personalisierte
Medizin“, betont Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer, Vorstandsvorsitzender
und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz. Und ergänzt:
„Das Immunsystem hat eine herausragende Rolle für die Gesunderhaltung und
Gesundung aus Krankheit heraus. Daher bilden wir Boards von Immunologen
und Systemmedizinern, die gemeinsam den Erkrankten helfen, ihr Immunsystem
so zu stärken und zu modifizieren, dass sie besser und schneller gesunden
können - sozusagen Hilfe zur Selbsthilfe. So ist die Immuntherapie einer
der vielversprechendsten Ansätze, um Krebs zu behandeln.“

Der Wissenschaftliche Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin Mainz,
Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann, erläutert: „Maßgeschneiderte Therapien
beanspruchen ein hohes Verständnis für Krankheitsbilder,
Wirkstoffmechanismen und modernste klinische Technik. Daher verfolgt die
Universitätsmedizin Mainz das Ziel, die klinische Forschung und
Translation im Bereich der Immuntherapie und personalisierten Medizin
weiter auszubauen. Ein wichtiger Schlüssel dabei ist die interdisziplinäre
und interprofessionelle Zusammenarbeit von Grundlagenforscher:innen,
forschenden Ärzt:innen und Kliniker:innen. Den Grundstein dafür legte die
Universitätsmedizin Mainz bereits vor fünfzig Jahren.“

Weitere Informationen:

Waisman A., Hövelmeyer N., Diefenbach A., Schuppan D., Reddehase M. J.,
Kleinert H., Kaina B., Grabbe S., Galle P.R., Theobald M., Zipp F., Sahin
U., Türeci Ö., Kreiter S., Langguth P., Decker H., van Zandbergen G.,
Schild H., (2016). Past, present and future of immunology in Mainz.
Cellular immunology, 308, 1-6.
https://doi.org/10.1016/j.cellimm.2016.09.001

Forschungszentrum für Immuntherapie: https://www.fzi.uni-mainz.de/

TRON gGmbH: https://tron-mainz.de/de

Helmholtz-Institut für Translationale Onkologie: https://hi-tron.dkfz.de/

SFB 1292: https://sfb1292.uni-mainz.de/

SFB 1066: https://sfb1066.de/

SFB/TR 128: http://www.sfbtr128.de/

SFB/TR 156: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/sfbs/sfb-trr156/welcome

Ausgründungen: https://www.unimedizin-
mainz.de/technologietransfer/gruendungsbuero.html

Deutsche Gesellschaft für Immunologie:
https://dgfi.org/?sfw=pass1682595993

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Tag der Immunologie: Das Immunsystem als Brücke zwischen Gesundheit und Krankheit

Am 29. April wird jedes Jahr auf der ganzen Welt der Tag der Immunologie
gefeiert. Der von der European Federation of Immunological Societies
(EFIS) ins Leben gerufene Tag soll das Bewusstsein der Öffentlichkeit für
die Bedeutung der Immunologie und immunologischen Forschung als Grundlage
für die individuelle Gesundheit und das Wohlbefinden stärken. Forschende
des Universitätsklinikums und der Universität Würzburg schildern, welche
Relevanz die Immunologie in ihrem jeweiligen Fachbereich hat.

Würzburg. Killerzellen, Fresszellen, Gedächtniszellen oder Helferzellen.
Sie alle sind wichtige Kämpfer in unserem Immunsystem, die unseren Körper
vor Krankheitserregern wie Bakterien, Viren und Pilzen sowie Giften
schützen. Warum wir diesen Abwehrmechanismen nicht erst Aufmerksamkeit
schenken sollten, wenn sie uns im Stich lassen, und wie die Immunologie,
also die Lehre der Grundlagen dieser Abwehrmechanismen sowie der Störungen
und Fehlfunktionen, unsere Gesundheit verbessern kann, verdeutlichen
Fachleute aus verschiedenen Disziplinen am Universitätsklinikum Würzburg
und an Instituten der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Zu Beginn unseres Lebens ist unser Immunsystem besonders formbar

Schon mit der Geburt muss sich das kindliche Immunsystem an die neue
Umwelt anpassen und lernen, bedrohliche Einflüsse wie Infektionen
abzuwehren. „Dabei spielen die Besiedlung mit Keimen, das Mikrobiom, aber
auch Infektionen selbst entscheidende Rollen, um das Immunsystem zu
trainieren und eine Balance zwischen Toleranz und Abwehr einzustellen“,
weiß Prof. Dr. med. Dorothee Viemann, Ko-Sprecherin des
Sonderforschungsbereichs DECIDE - DECisions in Infectious DisEases (www
.crc-decide.de) und Leiterin der Translationalen Pädiatrie am Uniklinikum
Würzburg.

Prof. Dr. Martina Prelog Expertin für Kinder- und Jugendmedizin und
Immunologie bestätigt. „Unser Immunsystem bleibt fit, indem eine
ausbalancierte immunologische Interaktion mit unserer Umwelt und der
Selbsttoleranz stattfindet. Um gesund zu bleiben oder zu werden, brauchen
wir das Immunsystem, sei es im Rahmen von Entzündungsreaktionen,
Heilungsprozessen, Tumorabwehr, Abwehr von Infektionserregern, im
Austausch mit dem Mikrobiom oder einfach nur in Entwicklung und Alterung.“

Es gibt jedoch auch angeborene Erkrankungen des Immunsystems, die bereits
im frühen Kindesalter zur Immunschwäche und Anfälligkeit für schwere
Infektionen führen. Die Früherkennung sei extrem wichtig, um den
erkrankten Kindern Leid zu ersparen und die Behandlungsprognose deutlich
zu verbessern, betont Privatdozent Dr. Henner Morbach, Leiter der
Pädiatrischen Entzündungsmedizin an der Kinderklinik des UKW und Sprecher
des Zentrums für Primäre Immundefekte und Autoinflammatorische
Erkrankungen (ZIDA). Das Immundefektzentrum am UKW bietet als eines der
wenigen Zentren in Deutschland die Möglichkeit zur umfangreichen
Diagnostik und Therapie an „Durch eine Stammzelltransplantation lassen
sich viele dieser Erkrankungen heilen“, so Morbach.

Immunstatus kontrollieren und Impflücken schließen

Was wir selbst tun können, um unser Immunsystem fit zu halten? Dr. Manuel
Krone, kommissarischer Leiter Zentrale Einrichtung Krankenhaushygiene und
Antimicrobial Stewardship empfiehlt: „Kontrollieren Sie Ihren Impfpass und
schließen Sie Impflücken!“ Das Immunsystem sei die wichtigste Barriere
unseres Körpers gegenüber Infektionserregern, durch Impfungen könne es
gestärkt werden. Impfungen, zum Beispiel gegen Grippe und Pneumokokken,
empfiehlt ebenfalls Prof. Dr. Oliver Kurzai, Leiter des Nationalen
Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk) und Vorstand des
Instituts für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg.
„Impfungen sind ein gezieltes Fitness-Training für unser Immunsystem.
Darüber hinaus hilft unserem Immunsystem ein gesunder Lebensstil:
ausgewogenes Essen, Bewegung und frische Luft.“

Lebensbedrohliche Pilzinfektionen, wenn das Immunsystem nicht funktioniert

Oliver Kurzai und seine Kolleginnen und Kollegen jeden Tag, dass der
Ausfall unseres Immunsystems dramatische Auswirkungen haben kann.
„Lebensbedrohliche Pilzinfektionen treten dann auf, wenn unser Immunsystem
nicht funktioniert! Besonders wichtig für den Schutz sind unsere
Immunzellen.“ Prof. Dr. Jürgen Löffler beschäftigt sich in seiner
Arbeitsgruppe zum Beispiel mit der funktionalen Analyse von Immunzellen in
deren Interaktion mit humanpathogenen Pilzen (Schimmelpilze), auch im
Zusammenspiel dieser Pilze mit Viruserkrankungen. „Wir möchten verstehen,
welche Immunzellen wie auf Schimmelpilze reagieren, warum sie bestimmte
Defekte haben, und wie wir solchen Immunzellen helfen können,
Pilzinfektionen besser abzuwehren.“

Rheuma: Wenn sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper

Die Auswirkungen von fehlgesteuerten Immunzellen sieht Privatdozent Dr.
Marc Schmalzing, Leiter des Schwerpunkts Rheumatologie und Klinische
Immunologie am UKW Tag für Tag. Bei rheumatischen und immunologischen
Erkrankungen richtet sich das Immunsystem zum Beispiel gegen den eigenen
Körper, die Immunzellen reagieren über oder verlieren ihre Funktion. Mit
einer Blockierung bestimmter immunologischer Botenstoffe könne diese
Fehlsteuerung der angeborenen und erworbenen Immunzellen gezielt
beeinflusst werden.

Behandlung von Hauttumoren mit Antikörper-basierten Immuntherapien

Gerät das Immunsystem aus der Balance können zudem verschiedenste
entzündliche Hautkrankheiten entstehen. „Erfreulicherweise können wir
diese Entzündungen häufig durch immer präzisere Immunmodulatoren
erfolgreich behandeln“, berichtet Prof. Dr. Bastian Schilling, Leiter der
AG Translationale Tumorimmunologie und Immuntherapie in der Haut-Klinik.
Für ihn ist das Immunsystem Fluch und Segen zugleich. Denn gleichzeitig
werden Hauttumoren vom Immunsystem oftmals spontan erkannt. „Wir können
dieses Phänomen durch Antikörper-basierte Immuntherapien nutzen, um selbst
sehr fortgeschrittene Tumoren zu behandeln und teilweise dauerhaft unter
Kontrolle bringen.“ Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Astrid Schmieder
arbeitet zum Beispiel gerade daran, Tumor-assoziierte Makrophagen
umzuprogrammieren: „Die Makrophagen, auch als Fresszellen bekannt, können
unter geeigneten Umständen das Wachstum von Krebszellen fördern. Wir
versuchen sie so zu verändern, dass sie gegen den Prozess der
Tochtergeschwulstbildung, der Metastasierung agieren und den Tumor
angreifen.“

CAR-T-Zellen zählen zu den großen Hoffnungsträgern in der Krebsmedizin

„Unser Immunsystem ist die beste Waffe gegen Krebs!“ Davon ist auch
Privatdozent Dr. Leo Rasche überzeugt von der Medizinischen Klinik und
Poliklinik II überzeugt. Man müsse dem Immunsystem aber manchmal auf die
Sprünge helfen, sonst kann es die Tumorzellen nicht erkennen und
beseitigen. „In der Hämatologie und Onkologie machen wir das mithilfe von
CAR-T-Zellen, bispezifischen Antikörpern und sogenannten Checkpoint-
Inhibitoren. Dabei leisten vor allem die T-Zellen eine wichtige Arbeit.
Diese Zellen sind Serial Killer, eine einzige kann tausende Tumorzellen
beseitigen.“ Prof. Dr. Michael Hudecek, einer der weltweit führenden
Wissenschaftler für die CAR-T-Zelltherapie ergänzt: „Mit Hilfe dieser
intelligenten CAR-modifizierten Immunzellen ist es möglich, selbst weit
fortgeschrittene Krebserkrankungen wirkungsvoll zu behandeln. CAR-
modifizierte Immunzellen als „lebendes Medikament“ sind in der modernen
Medizin eine der vielversprechendsten Behandlungsmethoden gegen Krebs.“
Das Uniklinikum Würzburg spielt bei der Erforschung, Anwendung und
Ausweitung dieses neuen Arzneimittelprinzips eine international bedeutende
Rolle. Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II und
Sprecher des NCT-Standortes WERA, gilt als Meinungsführer in der
CAR-T-Zelltherapie, er hat diese als erster in Europa klinisch eingesetzt.
Einsele ist Co-Sprecher in drei verschiedenen Transregio
Sonderforschungsbereichen mit Fokus auf das Immunsystem: TRR 124
„FungiNet“, TRR721 „Steuerung der Transplantat-gegen-Wirt- und
Transplantat-gegen-Leukämie-Immunreaktionen nach allogener
Strammzelltransplantation“ und TRR 338 „LETSImmun“.

Blutplättchen steuern neben Blutgerinnung auch Entzündung und Immunantwort

Neben den weißen Blutzellen, den Leukozyten, haben auch die Blutplättchen,
die so genannten Thrombozyten, wichtige Funktionen im Immunsystem. Sie
sind zentral an der Steuerung von Entzündungsprozessen und der
Immunantwort beteiligt sind, indem sie das Zusammenspiel von Immunzellen
und der Gefäßwand koordinieren und antreiben. Mit diesen gänzlich neuen
und klinisch hochrelevanten Funktionen der Thrombozyten beschäftigt sich
der TRR 240 „Platelets“ unter der Leitung von Prof. Dr. Bernhard
Nieswandt, Direktor des Instituts für Experimentelle Biomedizin. So wurde
in Würzburg der nunmehr international etablierte Begriff der Thrombo-
Inflammation geprägt, um diese neuen Krankheitsprozesse zu beschreiben.
„Thrombo-Inflammation spielt bei einer stetig wachsenden Zahl von
Krankheitsgeschehen, wie Schlaganfall, akutes Atemnotsyndrom, Sepsis, aber
auch bei Tumorerkrankungen eine entscheidende Rolle, was weitreichende
Möglichkeiten für neue Therapieansätze eröffnet“, ist Bernhard Nieswandt
überzeugt.

Thrombo-Inflammation bei Schlaganfall

PD Dr. Michael Schuhmann, Leiter des Klinischen Labors in der Neurologie
verdeutlicht die Relevanz des Immunsystems bei Schlaganfall: „Direkt
während eines Schlaganfallereignisses und somit viel früher als bisher
angenommen kommt es zu einer massiven lokalen Entzündungsreaktion. Dabei
sind T-Zellen und neutrophile Granulozyten beteiligt, und Blutplättchen
greifen steuernd ein. Wir konnten erste wichtige Signalmoleküle dieses
Zusammenspiels zwischen Blutplättchen und Immunzellen experimentell und
sogar unter Zuhilfenahme lokaler Biomarker bei Schlaganfallpatienten
identifizieren.“ Die Verfahren zur lokalen Biomarkergewinnung haben die
Kooperationspartner der Neuroradiologie, Dr. Alexander Kollikowski und
Prof. Dr. Mirko Pham, etabliert. Sie sind zuversichtlich, „dass genau in
diesen winzigen Tropfen Blut direkt aus dem Gehirn während eines
Schlaganfalls wichtige Informationen für neue Therapieansätze, die
speziell die lokale Thrombo-Inflammation modulieren, stecken.“

Die regenerative Macht des Immunsystems auf unser Herz

Darüber hinaus hat sich Würzburg weltweit einen Namen in der aufstrebenden
Fachrichtung Immunkardiologie gemacht. „Unser Immunsystem verhindert zum
Beispiel, dass unser Herz aus dem Takt gerät, es beeinflusst die Alterung
des Herzens und ist wichtig, um zerstörtes Herzgewebe, etwa nach einem
Herzinfarkt, wieder richtig heilen zu lassen“, berichtet Prof. Dr. Stefan
Frantz, Direktor der Medizinischen Klinik I am UKW und Sprecher des SFB
1525 „Interaktionen zwischen Herz und Immunsystem". Auf der anderen Seite
könne eine Überaktivierung des Immunsystems die Funktion des Herzens auch
negativ beeinflussen. „Im SFB beschäftigen wir uns mit genau diesen
Interaktionen zwischen Herz und Immunsystem. Mithilfe der gewonnenen
Erkenntnisse wollen wir die Diagnostik verbessern und ein Fundament für
zielgerichtete immunmodulatorische Therapien legen.“

Das Immunsystem als unerlässlicher Bestandteil aller Organe

Ein starker Partner sowohl im SFB „Cardioimmune Interfaces“ als auch in
vielen weiteren Forschungsprojekten am UKW ist die Max-Planck
Forschungsgruppe Systemimmunologie. Sie wird geleitet von Prof. Dr.
Wolfgang Kastenmüller und Prof. Dr. Georg Gasteiger, die an der Uni
Würzburg die Lehrstühle für Systemimmunologie I und II leiten. Die
Experten fassen zusammen: „Immunzellen spielen eine Rolle bei sehr
unterschiedlichen Prozessen im Körper, zum Beispiel der Regulation des
Stoffwechsels, des regelmäßigen Herzschlags, und der aktiven Erhaltung der
Gesundheit durch Steuerung der Gewebserneuerung. Als fester Bestandteil
der Gewebe unterstützen lokal ansässige auf ihre Umgebung spezialisierte
Immunzellen deren Funktion, Wachstum und Reparatur und interagieren vor
Ort mit den Organen.“

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