Neues Krebsforschungsdatenzentrum: Mit Künstlicher Intelligenz therapierelevantes, onkologisches Wissen erzeugen
Die Nutzung der Daten aus klinischen Krebsregistern als Grundlage für die
Abbildung der Routineversorgung wird seit langem angestrebt – sowohl von
klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten, als auch von Forschenden, von der
Politik und gesundheitspolitischen Initiativen wie der Dekade gegen Krebs
oder dem Nationalen Krebsplan. Im September 2022 ist nun das
Verbundprojekt onkoFDZ (Krebsforschungsdatenzentrum) gestartet, das
Lösungen zu diesem Ziel liefern soll.
Unter der Federführung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V.
(ADT) und des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV)
der Medizinischen Fakultät der TU Dresden und des Universitätsklinikums
Carl Gustav Carus Dresden engagieren sich hier insgesamt 16 Partner. Ziel
ist es vor allem, neues Wissen für therapierelevante Fragestellungen zu
generieren, für die klinische Studien derzeit nicht zur Verfügung stehen
bzw. nicht praktikabel durchführbar sind. Anhand der Daten aus Klinischen
Krebsregistern (KKR) sowie anhand anderer versorgungsnaher Daten (VeDa)
soll KI-gestützt eine hochwertige, klinisch relevante Evidenz in der
Onkologie entstehen. onkoFDZ wird vom Bundesministerium für Gesundheit mit
2,7 Millionen Euro über drei Jahre gefördert.
Blaupause für die breite Anwendung
Das Projekt sieht eine Kombination der Daten von sieben klinischen
Krebsregistern mit weiteren Datenquellen vor. Dazu zählen die
Abrechnungsdaten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Daten der
onkologischen Zertifizierung von Krankenhäusern und der onkologischen
Spitzenzentren (CCCs) sowie klinische und molekulare Daten des Deutschen
Konsortiums für Translationale Krebsforschung. Im Anschluss an die
Harmonisierung der Daten erfolgt eine Auswertung mit Hilfe des
maschinellen Lernens und statistischer Verfahren. Die in dem Projekt
etablierten Verfahren zur datenschutzkonformen Datenharmonisierung,
-integration und KI-gestützten Analyse sind für die breite Anwendung
nutzbar und können als Blaupause für eine Forschungsinfrastruktur für die
Krebsforschung in Deutschland dienen.
Beispielhaft für den Darmkrebs integriert das Projekt Daten aus den
Klinischen Krebsregistern mit weiteren versorgungsnahen Daten, nutzt KI-
Verfahren für die Quantifizierung und Berücksichtigung der
Behandlerpräferenzen und beantwortet auf hohem methodischem Niveau
hochrelevante Fragestellungen, für die die S3-Leitlinie Kolorektales
Karzinom derzeit keine evidenzbasierten Empfehlungen geben kann. „Die
Arbeit mit Daten und die Auswertung dieser werden auch in der Medizin
immer wichtiger. Gerade in der Krebstherapie beobachten wir, dass
Behandlungsansätze immer individueller auf den jeweiligen Patienten oder
die jeweilige Patientin abgestimmt werden. Gleichzeitig können wir nur
nach Auswertung möglichst vieler Daten valide Aussagen machen. Methoden
der KI helfen uns hier, dennoch Wissen zu generieren. Mit dem Zentrum für
Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) leistet die Hochschulmedizin
Dresden hier wertvolle Arbeit und Unterstützung“, sagt Prof. Michael
Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Dresden.
Prof. Dr. Monika Klinkhammer-Schalke, Vorstandsvorsitzende der
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V. bekräftigt: „In Zukunft
werden wir in der Medizin immer häufiger vorhandene Behandlungsdaten
ergänzen, verbinden und zusammenführen, gerade um komplexe diagnostische
und therapeutische Behandlungsmöglichkeiten auf ihren Nutzen für das
Überleben von Patientinnen und Patienten umfassend prüfen und verbessern
zu können. Dieses gemeinsame Forschungsprojekt mit vielen Institutionen in
der Onkologie hat die einmalige Chance wegbereitende Lösungen für
schnellere und verbesserte Aussagen zu Therapiemöglichkeiten und ihrem
Ergebnis zur Verfügung zu haben. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Tumorzentren als Netzwerk für Versorgung, Qualität und Forschung will
gerade durch die Zusammenführung vorhandener Behandlungsdaten und die
Verbindung der Stakeholder in der Onkologie neue Möglichkeiten für die
Versorgung erreichen.“
Die Projektpartner
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der
Medizinischen Fakultät der TU Dresden und des Universitätsklinikums Carl
Gustav Carus Dresden
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V.
Unabhängige Treuhandstelle der TU Dresden, Bereich Medizin
Johann Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt
Deutsches Krebsforschungszentrum
Tumorzentrum Regensburg der Universität Regensburg
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Darmkrebszentren e.V.
Klinisches Krebsregister Dresden
Klinisches Krebsregister Leipzig
Klinisches Krebsregister Zwickau
Klinisches Krebsregister Chemnitz
Klinisches Krebsregister für Brandenburg und Berlin
Hessisches Krebsregister
Deutsche Krebsgesellschaft e.V.
OnkoZert
Universitätsklinikum Freiburg
Das Projekt wird unterstützt von der AOK PLUS – Die Gesundheitskasse für
Sachsen und Thüringen, das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden
(NCT/UCC), das Robert Koch-Institut, das Bayerische Landesamt für
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und die Deutsche ILCO e.V.
Über das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV)
Das Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) am
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden optimiert gemeinsam mit
Partnern aus Klinik, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft die
Effektivität und Qualität der Medizin zum Nutzen der Patientinnen und
Patienten und des Gesundheitssystems insgesamt. Treibende Kraft für alle
künftigen Innovationen im deutschen Gesundheitssystem ist die Synthese von
wissenschaftlicher Evidenz, Patientenpräferenz und transparentem Konsens.
Das ZEGV versteht sich als interdisziplinäre Plattform zur Zusammenführung
von klinischer und methodischer Expertise zur Stärkung der
Versorgungsforschung, Qualitätsforschung und evidenzbasierter Medizin an
der Dresdner Hochschulmedizin gemeinsam mit lokalen, nationalen und
internationalen Partnern.
Über die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V. (ADT)
Die ADT als Netzwerk für Versorgung, Qualität und Forschung in der
Onkologie hat langjährige klinische und methodische Erfahrung in der
Analyse großer onkologischer Datensätze aus verschiedenen Quellen und
insbesondere mit klinischen registerbasierten versorgungsnahen Daten. Auf
der zweijährlich stattfindenden bundesweiten Onkologischen
Qualitätskonferenz werden Ergebnisse dieser registerbasierten Analysen zu
drängenden Versorgungsfragen und zu Ergebnissen onkologischer Behandlung
gemeinsam mit Klinikern dargestellt. In der ADT-Vertrauensstelle findet
das Verbinden unterschiedlicher Datenquellen statt, um strukturelle und
inhaltliche Fragen, wie den Nutzen der Behandlung in zertifizierten
Zentren (WiZen) und das Ergebnis unterschiedlicher Therapien für
Patientinnen, Patienten, Ärztinnen und Ärzte zu beantworten.
Die ADT versteht sich als Netzwerk der unterschiedlichen Akteure in der
Onkologie und setzt Qualitätsstandards durch Aus-, Fort- und Weiterbildung
zur einheitlichen Tumordokumentation/Krebsregist
„Tumordokumentar/in“.
Gemeinsam mit anderen Experten erstellt und aktualisiert die ADT den
bundesweit einheitlichen Onkologischen Basisdatensatz durch gesetzlichen
Auftrag nach § 65 SGB V.
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