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Klavierfestival «Le piano symphonique» Martha Argerich spielt Schumann , 8. Februar 2023, KKL Luzern, besucht von Léonard Wüst

Martha Argerich spielt Schumann
Martha Argerich spielt Schumann

Besetzung und Programm:

Luzerner Sinfonieorchester
Michael Sanderling Chefdirigent
Martha Argerich Klavier

Johannes Brahms (1833 – 1897)
Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90
 
Robert Schumann (1810 – 1856)
Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54

Intendant Numa Bischof Ullmann begrüsste das Publikum im vollbesetzten Konzertsaal und erzählte u.a., dass Martha Argerich am 8. Juni 2010 hier im KKL zur Feier des 200. Geburtstages von Robert Schumann auch das heute programmierte Werk des Komponisten interpretiert hatte und zeigte sich erfreut, dass «sein» Orchester seit vielen Jahren sehr gerne und ebenso erfolgreich mit dieser Ausnahmepianistin zusammenarbeitet.

1. Konzertteil Johannes Brahms (1833 – 1897) Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Zwei einleitende Bläserakkorde genügen, um alles in Hochstimmung zu versetzen. Der erste ist ein einfacher F-Dur Akkord, der zweite kann nur von seiner Wirkung her beschrieben werden: er wirkt, als ginge man kurz in die Knie, um sich in die Höhe (hier: die höhere Oktave) zu katapultieren. Oben kommt uns das Hauptthema entgegen, von den Violinen „passionato“ (leidenschaftlich) vorgetragen. Hauptmotiv (die sich hochreckende Geste) und Hauptthema steigern sich gegenseitig …was für ein kraftvoller Anfang!

Das Hauptmotiv erweist sich als Zaubermotiv: es lässt Zeit vergehen, lässt Herbst werden – das Seitenthema taucht auf wie eine Erinnerung: ein liebliches Gesicht, vielleicht auch ein Kindergesicht, eine Enkelin…etwas, dem man lächelnd ein Ach ja nachseufzt.

In der Mitte des Satzes (man sollte nicht von Durchführung sprechen) wird das Zaubermotiv – vorgetragen vom Horn – zu einer edlen Melodie. Sie spiegelt einen Charakter, der immer in die Höhe strebt und doch eine weiche Seele hat. Der Satz klingt ruhig aus.

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Der ruhige zweite Satz beginnt wie ein Volkslied mit verwehendem Echo. Doch dann wird es still, und aus der Ferne, aus der Tiefe der Seele vernehmen wir ein musikalisches Bekenntnis von verletztem Zartgefühl und abgrundtiefer Traurigkeit. Der Satz klingt fragend aus.

Das fragende, lange Thema des dritten Satzes – ein Intermezzo – wandert durch eine flüsternde Begleitung wie durch raschelndes Laub. Die Instrumentierung ist meisterhaft und abwechslungsreich, aber alle Farben sind welk. Der Satz klingt besinnlich aus.

Düster beginnt das Finale, leise und erregt. Da stockt der Atem: das zarte und traurige Thema aus dem zweiten Satz ist wieder da, aber es ist zu einem bitteren, fast zynischen Choral geworden. Und dann platzt Brahms der Kragen: wenn Musik zornig sein kann – dieser Satz ist es. Der Choral fährt unter die Themen: nichts ist ihm heilig, die Fetzen fliegen – eine herrliche Abrechnung! Mit wem? Mit was – das bleibt Geheimnis des Meisters.

Das Zaubermotiv erscheint und hellt die Stimmung auf. Der Choral entspannt sich; die Anfangsbegegnung des Hauptmotivs mit dem Hauptthema wölbt sich wie ein hoher Regenbogen: wenn Musik versöhnlich sein kann – der Schluß dieser, Brahms persönlichster Symphonie ist es.

Das Orchester in bestechender Form, massgeschneiderte Qualität

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Warum sich der Komponist im Entstehungsprozess so schmallippig gab, scheint die Musik zu verraten: Erstmals in einer Sinfonie erprobt Brahms in der Dritten ein zyklisches Prinzip. Das wuchtig dionysische Hauptthema vom Anfang beispielsweise lässt er gezähmt, regelrecht geläutert noch einmal ganz zum Schluss erklingen, als Kaskade aus apollinischen Höhen.

Das Luzerner Sinfonieorchester konzertierte, engagiert geleitet von Chefdirigent Michael Sanderling überragend, überzeugte mit grossinfonischen Qualitäten und sattem, überzeugenden und im letzten Satz auch magistral nach oben akzelerierendem Ausdruck..

2. Konzertteil Robert Schumann (1810 – 1856) Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Da scheint sich, beim Intro, auch Consuelo Velázquez die Komponistin von «Besame mucho» bedient zu haben. Dann, ganz zu Beginn unvermittelt eine Kaskade von Akkorden, die nur hier in dieser Form erscheint, es folgt eine unvergessliche Melodie, die gleich vorherrschend wird und aus der sich fast alles Folgende entwickeln wird: Der Beginn von Schumanns einzigem Klavierkonzert ist spektakulär. Darf man vielleicht die feurigen Akkorde zu Anfang dem lebhaften Florestan in Schumann zuordnen, das beherrschende Hauptthema aber Clara? Oder kann man den langsamen Teil (andante espressivo) des Kopfsatzes als Liebesduett deuten? Wird der unstete Florestan endlich von der sanften Clara sozusagen gezähmt? Vielleicht, vielleicht auch nicht, reizvoll sind solche Spekulationen allemal. Die Entstehung dieses erzromantischen Konzerts ist jedenfalls einigermaßen unromantisch verlaufen, es wurde keineswegs in einer einzigen kurzen, intensiven und inspirierten Arbeitsphase geschaffen. Begonnen wurde es 1841 etwa ein halbes Jahr nach der Hochzeit der Schumanns und zwar als einsätzige Fantasie mit jenem eigenen langsamen Mittelteil, dem “Liebesduett”, und einem eigenen Finale. In dieser Form konnte das Stück weder aufgeführt noch verlegt werden, der Markt verlangte unerbittlich dreisätzige Konzerte. 1845 fügte Schumann nahtlos zwei weitere Sätze an: das traumhaft schöne Intermezzo und das ohne Pause folgende optimistische, vorwärtsdrängende Finale (allegro vivace). Insgesamt war das Werk jetzt etwa doppelt so lang geworden. Die Uraufführung war im Dezember 1845 in Leipzig, natürlich mit Clara am Flügel.

Keine Komposition für eitle Egomanen

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Das Konzert ist von Schumann sehr bewusst nicht für mehr oder weniger eitle Virtuosen geschrieben worden und Liszt z.B. hat es anfangs deswegen auch nicht spielen wollen. Vielleicht noch mehr als Beethovens Violinkonzert, dem es in diesem Punkte ähnelt, setzt dieses Klavierkonzert auf den Dialog zwischen der Solistin und dem Orchester. Beide Seiten müssen sehr aufmerksam und flexibel sein. Zeitweise vertauschen sich die Rollen, wenn das Klavier das Orchester begleitet. Anderswo wird es richtiggehend kammermusikalisch, wenn das Klavier mit einzelnen Instrumenten aus dem Orchester Zwiegespräche hält. Die Zeitgenossen nahmen sehr wohl wahr, dass Schumann neue Wege ging, auch wenn sein Konzert wiederum in einer Tradition steht und er Anregungen von Beethoven (3.Klavierkonzert), Mendelssohn, Schubert und Bach bezog.

Auch im Zusammenhang mit diesem Konzert sind Schumann Schwächen bei der Orchestrierung vorgeworfen worden. Ganz unberechtigt sind sie nicht, viel Erfahrung hatte er nicht, als er mit der ursprünglichen Fantasie begann. Vielleicht macht es sogar den besonderen Charme dieses Meisterwerks aus, dass es eben nicht ganz perfekt ist, sondern ein wenig grün und jugendlich geblieben ist. Und im Ganzen jugendlich frisch sollte es meiner Meinung nach gespielt werden und eben nicht schmalzig-schmachtend bis hin zur völligen Gedankenverlorenheit und Lethargie. Bruno Walter (“Von der Musik und vom Musizieren”) hat z.B. auf eine unselige Aufführungstradition hingewiesen, die bis zum heutigen Tage nicht ausgerottet ist: Nach den fallenden Akkorden ganz zu Anfang wird das Tempo für das “Clara-Thema” gewöhnlich sofort gedrosselt, obwohl das in der Partitur überhaupt nicht so notiert ist. Erst sehr viel später wird das Thema langsamer verlangt, ein Kontrast geht also dann entweder verloren oder es muss wiederum noch langsamer, noch schmachtender gespielt werden … Ein wenig Schmachten, ein wenig Sehnsucht muss sein, aber nicht im Übermaß. Auch unbändige Lebenslust und Drama haben hier ihren Platz, und wie sich zeigt, sind diese verschiedenen Elemente in diesem Konzert nicht einfach im Gleichgewicht zu halten. Die Solistin bewegte sich mit schlafwandlerischer Sicherheit und Grandezza durch die Partitur und erstaunlicherweise wirkte alles, trotz ihren 81 Jahren, jung und frisch. Grossartig vor allem die Sequenzen, wo die ebenso brillanten Solist*innen (Klarinette, Oboe usw.) des Orchester mit der Altmeisterin in Dialog traten.

Nie zu viel Schmelz oder gar  Divenhaft

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

So macht «die Argerich» in ihrer unprätentiösen Art, trotz allen romantischen Schwungs und Überschwangs, nie eine überkandidelte Diva aus dem Stück (was man sonst leider verhältnismäßig oft erleben kann). Die Argentinierin gehört nicht zu den Interpretinnen, für die ‚Romantik‘ eine Art permanente Ekstase bedeutet. Zwar werden die unterschiedlichen Affektlagen von ihr mit aller Deutlichkeit aufgezeigt (auch ihre Brüche und plötzlichen Wechsel). Sie begeht allerdings nie den Fehler, es zu ‚überschminken‘ und dadurch Gefahr zu laufen, Schumann in seinem Gefühlsüberschwang der Lächerlichkeit preiszugeben. Insgesamt ist das eine sehr starke, sehr emotionale Interpretation, aber vollständig frei von ‚künstlicher Aufregung‘ und gerade deshalb in ihrer Empfindsamkeit glaubwürdig. Das hat überhaupt nichts ‚Ranschmeißerisches‘ an sich, übertrieben Heroisches oder gar Martialisches, wie man das öfter hören kann. Gleichzeitig wirkt die Interpretation trotz aller Brüche im Stück sehr organisch. Es gibt also nicht lediglich einen Wechsel von Affekten, sondern einen durchdachten Aufbau, der am Ende klar macht, dass es sich trotz aller Überraschungen im Stück um ein ‚Großes Ganzes‘ handelt.

Perfekte Tempovariierung durch die Pianistin

Die Löwin spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Die Löwin spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Die grosse Dame des Klavierspiels weiß immer sehr genau, wo man bremsen und wo man ein bisschen Gas geben muss, um das Ganze zum Strömen zu bringen. So passiert es ihr beispielsweise nie, dass sie erst mit großer Agogik Spannung aufbaut, um dann im entscheidenden Moment durch eine unbedachte Verzögerung (oder – je nachdem – eine fehlende Verzögerung) die ganze Dramatik sinnlos verpuffen zu lassen. Die Solistin ist vollkommen frei von dieser ‚Verlegenheits-Agogik‘, die man manchmal bei Pianisten beobachten kann, die sich über die Konstruktion eines Stückes nicht übermäßig intensiv den Kopf zerbrochen haben, aber ‚gefühlsmäßig‘ etwas unternehmen wollen – und es dann ausgerechnet an den ‚falschen‘ Stellen tun, und der ganze Aufbau dann kollabiert. Diese perfekte Umsetzung gelingt natürlich auch dank der Unterstützung des ausgezeichneten Orchesters, welches auf Augen- respektive Ohrenhöhe mit  der , meist in der Schweiz wohnhaften, geborenen Argentinierin, agiert. Besonders auffallend auch der Dialog der Oboen mit dem Piano.

Der stürmische Schlussapplaus ging nahtlos in eine stehende Ovation über, sichtlich genossen von den Protagonist*innen auf der Bühne. Die Solistin und der Dirigent wurden mittels vehementen Applauses einige male zurück auf die Bühne geklatscht bis uns zwei kurze  Zugaben von Bach und Schumann gewährt wurden aufgrund des nicht enden wollenden Applauses.

Es sind solche Konzertperlen, die den Schmerz aller Klavierliebhaber über den Verlust des, im Jahre 2000 aus dem Programm gestrichenen Lucerne Festival am Piano, etwas mindern, besonders nach dem überragenden akustischen Genuss an diesem Abend.

Wie Martha Argerich auch gesehen wird

Locker, präzise, souverän: So wird der pianistische Stil vom Martha Argerich am häufigsten beschrieben. Sie sei, so der Chor zahlreicher Argerich-Fans, eine unvergleichliche Virtuosin mit speziellem Charisma sowie auch eine feinsinnige Tastenakrobatin.

Löwin Martha Argerich spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Löwin Martha Argerich spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Launisch, unberechenbar, divenhaft – auch auf diese Begriffe trifft man, wenn es um die Person der “Bella Martha” Argerich geht. Durch ihre energetische Art, das Klavier zu bändigen und wegen ihrer legendären, mittlerweile ergrauten Mähne hat sie sich längst den Spitznamen der “Löwin am Klavier” erarbeitet.

 
 
Fotos: Philipp Schmidli   www.sinfonieorchester.ch

 

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Das Luzerner Sinfonieorchester in Aktion Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Dirigent Michael Sanderling in Aktion Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Martha Argerich spielt Schumann Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

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Klavierfestival «Le piano symphonique» – Rezital Rudolf Buchbinder, 7.2. 2023, KKL Luzern besucht von Léonard Wüst

Rudolf Buchbinder am Piano
Rudolf Buchbinder am Piano

Besetzung und Programm:
Rudolf Buchbinder Piano
Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791)
Zwölf Variationen in C über das französische Lied «Ah, vous dirai-je Maman» KV256
Ludwig van Beethoven (1770 – 1827)
Klaviersonate Nr. 23 f-Moll op. 57 «Appassionata»
Robert Schumann (1810 – 1856)
Symphonische Etüden op. 13

Nach Camille Saint-Saëns und Johannes Brahms in den Jahren 2021 und 2022 steht nun unter anderem Robert Schumann im Fokus des Klavierfestivals, das, auf Einladung des KKL, vom Luzerner Sinfonieorchester durchgeführt und finanziell durch diverse Sponsoren und Stiftungen finanziell abgesichert wird. Interpretiert werden die Rezitals und Konzerte von absoluten Weltstars wie Martha Argerich, Rudolf Buchbinder, Khatia Buniatishvili usw.

Numa Bischof Ullmann, Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters begrüsste die Besucher hörbar aufgeräumt und zeigte sich erfreut über den regen Zuspruch, nachdem die beiden ersten Ausgaben noch von den «Corona Beschränkungen» betroffen waren.

Über den Akteur des Abends

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester (21)
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Der Wiener Pianist spielte Werke von Mozart, Beethoven und Schumann , Poetisches und Hochvirtuoses. Routine ist für ihn ein Fremdwort geblieben, obwohl seine internationale Karriere schon in den 1960er Jahren begann. Bis heute bereitet sich Buchbinder akribisch auf jeden Auftritt vor; er studiert Autographe oder er konsultiert und vergleicht die verschiedensten Noteneditionen der Kompositionen, die er sich vornimmt. «Wissen macht frei», erklärt er seinen Ansatz, und diese Freiheit erlaubt es ihm dann, im Konzertsaal, wenn es ernst wird, auch ganz spontan agieren zu können. Dass sein Berufsleben durch all die Erfahrungen und die Erfolge leichter geworden sei, glaubt Rudolf Buchbinder indes nicht: «Ich werde von Tag zu Tag nervöser», seufzt er. «Man legt sich selbst die Latte immer höher. Die Erwartungen des Publikums zu erfüllen, ist zu wenig, man muss sie überbieten.» So etwas nennt man wohl Arbeitsethos.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) Zwölf Variationen in C über das französische Lied «Ah, vous dirai-je Maman» KV265

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Da gibt’s nicht viel zu schreiben, wobei wohl nicht alle wissen, dass Mozart dieses französische Kinderlied, dank seinen Variationen, weltweit populär gemacht hat, sodass es heute in den verschiedensten Sprachen, mit sinngemäss unterschiedlichsten Texten gesungen wird.

So ist es bei uns unter dem Titel «Morgen kommt der Weihnachtsmann» bekannt, in anglophilen Ländern gibt es gar diverse Ableitungen, u.a.z.B. «Bah, Bah, a Black Sheep» und «Twinkle, Twinkle, Little Star».

Der Akteur blieb sich und Mozart treu, und interpretierte in schönstem Salzburger B arock des 18. Jahrhunderts.mit seinen noch immer sehr flinken Fingern und erfreute so das Publikum im praktisch vollbesetzten Konzertsaal mit einem rasant – fröhlichen Auftakt in dieses Rezital.

Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Klaviersonate Nr. 23 f-Moll op. 57 «Appassionata»

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Für den Pianisten ergibt sich hier jedenfalls die kniffelige Aufgabe, seine Emotionen am Klavier gekonnt zu zügeln. Das zeigt sich schon im ersten Satz: “Es handelt sich trotz der Tatsache, dass es wie ein großes romantisches Charakterstück klingt, um einen Sonatensatz in der klassischen Struktur. Sie müssen einerseits die größte emotionale Gespanntheit erzielen und andererseits die Struktur vollkommen klarmachen, in dem Sie das Tempo immer in der Hand halten.”

Lyrisch-entrücktes Klangspiel

Plötzlicher Szenenwechsel: Aus den stürmischen Wogen des ersten Satzes ins lyrisch-entrückte Klangspiel des “Andante”. Ein schlichtes choralartiges Thema wird viermal meisterlich von Buchbinder variiert. Trotz dieser Variationsabschnitte erscheint der Satz wie aus einem Guss. “Gerade in der ‘Appassionata’ ist es so, dass er über die normale Variation weit hinausgeht” und man ahnt da ein bisschen schon die romantische Charaktervariation voraus. Also äusserst faszinierend.”

Zerstörerisches Finale

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Was die Sonate so spannend macht, ist, dass sie zum einen eine ganz klare Botschaft hat, die jeder versteht. Auf der anderen Seite hält das musikalische Geschehen permanent Überraschungen bereit. Besonders der dritte Satz, das Finale: “Da trifft eine kompositorisch-konstruktive Welt auf ein emotionales Chaos. Nichts folgt hier den Regeln. Ein ganz interessantes Detail, was die ganze Sonate betrifft ist, dass keine einzige Phrase schulmäßig zu Ende geführt wird. Entweder es passiert eine unerlaubte harmonische Rückung. Oder die Phrase reißt ab oder sie wird durch brutale Akzente unterbrochen. Es hat so einen Charakter des permanent zerstörerischen irgendwo. Und ich denke, dass sich das sehr gut auf den Zuhörer überträgt. Denn man spürt das ja. Man hat eine Erwartungshaltung und man wird aus dieser Erwartungshaltung alle acht Takte wieder herausgerissen. Durch einen elektrischen Funken.” Diese so vielfältigen Herausforderungen stellten für den ausgewiesenen Beethoven Interpreten keine allzu grossen Hürden dar, beherrscht er doch, dank seiner stupenden Technik und dem ebenso grossen Einfühlungsvermögen alle Feinheiten des Finger Tanzes auf den 88 Tasten des Konzertflügels.

Die Hölle für den Pianisten

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Als Beethoven die “Appassionata” schrieb, war er auf dem Höhepunkt seiner kompositorischen Fähigkeiten. Deshalb ist die Sonate auch “die Hölle, zu spielen”, wie sich z.B. Pianist Michael Korstick ausdrückt. “Er hat buchstäblich technisch alle Register gezogen. Und das macht die Sache natürlich ungeheuer schwer, das ist ganz klar. Denn die Sonate ist ja nicht so sehr vom Klavier her gedacht, sondern in der Klangmassierung beinahe orchestral konzipiert ist. Und das bedeutet, dass man in vielen Punkten an die Grenzen gehen muss, um das zu realisieren. Genau da liegen die Schwierigkeiten.” Diese von andern Pianist*innen angesprochenen Schwierigkeiten scheinen für den Wiener Grandseigneur nicht, oder zumindest nur marginal zu existieren, und wenn, dann zumindest für uns nicht, oder kaum bemerkbar. Deshalb wohl, trägt Rudolf Buchbinder auch immer dieses wissende, zufriedene Lächeln im Gesicht.

Ein tosender Applaus des Auditoriums belohnte den Künstler für eine grossartige erste Konzerthälfte.

Robert Schumann (1810 – 1856) Symphonische Etüden op. 13

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Das Werk enthält im Grunde alles, was wir an Schumann so lieben. Märchenhafte Ritter-Erzählungen, Gleichnis artige Poetik, temperamentvolle Punktierungspartys, polyphone Frickeleien – und gleichzeitig kindlich-pseudonaive Momente.

Die balladenartige und – gerade bei vorgeblich großem Ernst – immer seltsam-angenehm romantisch-ironische Übertreibung tönt schon aus dem scheinschwerfälligen Thema heraus. Und bereits in Variation I kommt es zum ersten kleinen schumanntypischen Punktierungsmassaker.

In für ihn typischer Weise – drängend, forcierend – aber dafür in einem wirklichen Pianissimo punktet Buchbinder die erste Variation in die Tasten. Schumann verdeutlicht schon früh die poetische Loslösung vom eigentlichen Thema, indem er dieses erst im fünften Takt auf den Plan ruft; mittels einer mittelstimmigen Daumenkonstellationssituation. Beim Wiener Pianisten klingt das kein bisschen pädagogisch, sondern fast warm gesungen. Eminent geschmackvoll, wie er anschließend das eigensinnig und von Schumann augenzwinkernd-romantisch »zu früh« gebrachte Ritardando gestaltet, das im eigenen Saft ausgehender Kraft mitleidslos lustig versuppt. Das ist nicht einen Funken zu kühl – und nicht einen Funken zu viel Emotion.

Schumann schrieb auch viel über seine Musik

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Viel schrieb Schumann als Musikautor über die Vereinbarung von Innovation und Tradition. Kaum besser auffind- und vermittelbar schlägt sich dieses Bestreben – »Ja, Bach! Und klar: Beethoven! Aber macht mal schön weiter, Kinderchen! Wir haben Romantik!« – in der dritten Variation nieder: ein Kanon – aus Akkorden! Eine bis dato wohl einzigartige Neuerfindung Schumanns! Da klatscht es lustig Akkorde gegen die Wand! Das klingt vordergründig plump – und knüpft dennoch an amphibisch alte Fugen- und Kanon-Traditionen an.

So nimmt sich Buchbinder der unmilitärischen Kanonen an

Ganz ungewohnt ruhig und gar nicht drängend nimmt Buchbinder diesen Akkord-Kanon. Die den jeweiligen Kanon-Einsatz »kenntlich machenden« Sforzati in der rechten und der linken Hand braucht der Pianist hier gar nicht pädagogisch vorzuexerzieren. Auch mal ganz angenehm!

Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester
Konzertimpression Foto Philipp Schmidli Luzerner Sinfonieorchester

Bewegt doch liebevoll leise spielt der österreichische Altmeister die zwischen Zerbrechlichkeit und Selbstbehauptung sich schwankend und steigernd ergießenden cis-Moll-Gesten. Das ist bei ihm nie forciert und gewaltsam aufgedrückt und dennoch so tief, so mutig und kompromisslos. Auch den weit aufgefächerten Des-Dur-Reigen der ergänzten Variation V weint Buchbinder nicht – wie viele gutaussehende Puppenpianist*innen unserer Zeit – durch glupschäugig-selbstmitleidige Tränendrüsen, sondern bewegt durch Dynamik und Bögen, durch Innerlichkeit. Und das irgendwie ganz gesund.

Der Wiener Grandseigneur weiss immer wieder das Publikum in der Seele zu berühren, bei ihm steht nie sein Ego im Vordergrund, er sieht sich als Diener der Komponisten ohne sich anzubiedern.

Wo Buchbinder drauf steht, ist auch Buchbinder drin.

Das begeisterte Auditorium applaudierte den Künstler hartnäckig so lange auf die Bühne zurück, bis sich dieser wieder auf den Schemel setzte und nochmals in die Tasten griff.

Als erste Zugabe interpretierte Buchbinder  ein Impromptu von Franz Schubert.und als danach der Applaus auch nicht verebbte, gabs als zweite Zugabe – ein fulminantes Johann-Strauss-Potpourri  , das das international durchmischte  Publikum zu langanhaltender Standing Ovation aufpeitschte.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Philipp Schmidli   www.sinfonieorchester.ch

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Rudolf Buchbinder eroeffnete das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

Rudolf Buchbinder eroeffnet das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto  (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

Rudolf Buchbinder eroeffnet das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto  (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

 

 

Rudolf Buchbinder eroeffnet das Klavierfestival Le piano symphonique am Dienstag, 7. Februar 2023 im Konzertsaal des KKL Luzern. Foto (Luzerner Sinfonieorchester/Philipp Schmidli)

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Luzerner Theater “Der Rosenkavalier”, besucht von Marinella Polli

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn
Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Produktionsteam und  Besetzung
Musikalische Leitung: Robert Houssart Regie: Lydia Steier Co-Regie: Matthias Piro Bühnenbild: Blake Palmer Kostüme: Alfred Mayerhofer Licht: Marc Hostettler Dramaturgie: Lars Gebhardt, Talisa Walser Nachdirigat: Jesse Wong Choreinstudierung: Mark Daver

Eyrún Unnarsdóttir (Die Feldmarschallin Fürstin Werdenberg) Christian Tschelebiew (Der Baron Ochs auf Lerchenau) Solenn Lavanant Linke (Octavian, genannt Quinquin) Jason Cox (Herr von Faninal) Tania Lorenzo Castro (Sophie, seine Tochter) Antonia Bourvé (Jungfer Marianna Leitmetzerin) Vladyslav Tlushch (Der Polizeikommisar) Mauro Peter (Ein Sänger (Einspielung)) Ziad Nehme (Der Haushofmeister / Ein Tierhändler) Valérie Junker (Kammerzofe Mariandl) Daniel Foltz-Morrison (Leopold auf Lerchenau) Xenia Romanoff (Eine Modistin) Alyssa Hicks (Drei adelige Waisen) (21.01. / 28.01. / 05.02. / 12.02. / 05.03. / 10.04.) Sofía Pollak (Drei adelige Waisen) (26.01. / 03.02. / 10.02. / 15.02. / 11.03.) Chor des Luzerner Theaters Luzerner Sinfonieorchester

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn
Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Im sehr komplexen aber soliden Verhältnis zwischen dem grossen Dichter Hugo von Hofmannsthal und dem Komponisten Richard Strauss wird der Gipfel der Perfektion sicher mit dem ‘Rosenkavalier’ erreicht, eine Komödie für Musik in 3 Akten, die ihre Stellung auch im heutigen internationalen Repertoire behält. Diese erfolgreiche, fruchtbare Beziehung ist nicht nur in den in Kooperation kreierten Opern belegt, sondern auch in einem Briefwechsel, der vergebens sondergleichen in der Musikgeschichte sucht.

Lustig aber nicht nur

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn
Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Für sein Libretto inspirierte sich Hofmannstahl an Molière, Beaumarchais und Mozart. Es handelt sich um ein sehr lustiges Libretto, jedoch nicht ohne jene philosophischen und psychologischen Merkmale, die so typisch für Hofmannsthals Kunst sind. Und natürlich ebenfalls all’Unisono mit der reichen, zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Fin-de-Siècle und Wagner kokettierenden Strauss’ Partitur. Eine auch für ihre Wiener Walzer im 2. Und 3 Akt bekannte Partitur – was ein Anachronismus ist, da die Walzer zur Zeit der Handlung noch nicht à la Mode waren. Diese neue Luzerner Produktion, in einer Reduktion von Eberhard Kloke für mittelgrosses Orchester, wird musikalisch von Robert Houssart geleitet. Der kompetente Maestro sowie das Luzerner Sinfonieorchester sind imstande, die ganze Partitur entlang deren zahlreiche Nuancen zu zeigen.

Grosse Leistung der Sänger

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn
Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Sehr gut war an der Première auch die Leistung des von Mark Daver vorbereiteten ‘Chor des Luzerner Theaters’, aber was die Stimmen betrifft, brillierten besonders Eyrùn Unnarsdòttir als Marschallin und Solenn Lavanant Linke als Octavian. Die isländische Sopranistin interpretierte sowohl stimmlich als auch szenisch mit grosser Sensibilität und Differenzierung eine der grossartigsten Frauenrollen in der Geschichte der Oper. Mit Charme und Sinnlichkeit während der Nacht mit Octavian, ihrem Quinquin, ihrem jungen Liebhaber (Toyboy, würde man heute sagen); überaus mädchenhaft im Jungbrunnen der Pool-Szene, sowie auch plausibel während des ‘Lever’ am folgenden Morgen, wenn sie von den Dienern angezogen, vom Friseur coiffiert wird, etc…: das ist die Stunde der Wahrheit, in welcher sie plötzlich realisiert, dass Jugend und Schönheit für immer vorbei sind. Vokalisch ihr ebenbürtig war Solenn Lavanant Linke als Octavian, der Rosenkavalier, derjenige, der die Rose des alten Barons an die junge Sophie überreicht. Die Hosenrolle der grossartigen Mezzosopranistin liess uns irgendwie an den jungen Hugh Grant denken. Vokalisch perfekt Tania Lorenzo Castro, eine selbstbewusste, blutjunge Sophie mit Shorts und Chelsea-Stiefeln.

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn
Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Eine gute Interpretation auch jene von Jason Cox in der Rolle des neureichen Faninal, Sophies Vater, und jene von Valérie Junker, in der stummen aber onnipräsenten Rolle der Kammerzofe. Sehr gut Christian Tschelebiew als adeliger aber mittelloser Baron Ochs von Lerchenau, ein Macho, der von der Bewegung MeToo noch nichts weiss, und die bürgerliche aber reiche Sophie heiraten will, obwohl er schon verheiratet ist.

Eine moderne, unkonventionelle Inszenierung

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn
Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Lydia Steyers Inszenierung (Co-Regie: Matthias Piro, Bühnenbild: Blake Palmer, Kostüme: Alfred Mayerhofer) ist modern und unkonventionell, wie man sich von der Regisseurin erwarten konnte, aber auch konsequent und in der Meinung des Premièren-Publikums sehr lustig. Auch sie stellt nicht eine bestimmte Periode dar, sondern eher Interaktion und Kontrast zwischen den verschiedenen Epochen: Rokoko, die Zeit von Maria Theresias, das Jahr der Komposition und die Gegenwart.

Standing Ovation an der Première. Aufführungen im Luzerner Theater bis 30. April.

 

Text: Marinella Polli

Fotos: Ingo Hoehn www.luzernertheater.ch

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Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

Rosenkavalier Szenenfoto von Ingo Hoehn

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Liederabend Regula Mühlemann, Opernhaus Zürich, 1. Februar 2023, besucht von Marinella Polli

Liederabend Regula Mühlemann
Liederabend Regula Mühlemann

Besetzung und Programm:

Sopran Regula Mühlemann
Klavier Tatiana Korsunskaya
Klarinette Rita Karin Meier
Naturhorn Konstantin Timokhine
 

Franz Schubert
Im Frühling
Der Knabe
Wilhelm Baumgartner
Noch sind die Tage der Rosen
Du bist wie eine Blume
Ein Stündlein wohl vor Tag
An den Abendstern
Wenn die Sonne lieblich schiene
Othmar Schoeck
In der Fremde
Richard Flury
Wandern mit Dir
strong>Emil Frey
Junges Mädchen in den Bergen
Richard Langer
Edelwyss
Friedrich Niggli
Plange
Franz Liszt
Au lac de Wallenstadt
Franz Schubert
Auf dem Strom
Anonymus
Das alte Guggisberg-Lied
Marguerite Roesgen-Champion
Cette étoile perdue
Une jeune fille parle
Walther Geiser
Zwei romanische Lieder
Franz Schubert
La pastorella al prato
Gioachino Rossini
La pastorella dell’Alpi
Franz Schubert
Der Hirt auf dem Felsen

Regula Mühlemann Sopran Foto Henning Ross
Regula Mühlemann Sopran Foto Henning Ross

Nach dem erfolgreichen Rollendebüt als Gilda im ‘ Rigoletto’ am Theater Basel gab Regula Mühlemann letzten Mittwoch einen Liederabend am Opernhaus Zürich. Unter dem eloquenten Titel ‘Identité – Lieder der Heimat’ stellte die nunmehr international gefragte und hoch gelobte Luzerner Sopranistin ein interessantes, aus dem Themenkreis Heimat, Natur, Wandern, Sehnsucht und Abschied bestehendes Programm zusammen, welches das Zürcher Publikum zwei Stunden lang berührte und begeisterte. Mit der sympathischen, hübschen Sängerin kamen die zahlreichen Zuschauer mit bekannten und weniger bekannten Liedern und Volksliedern in den vier schweizerischen Landessprachen in Berührung, so wie mit  pastoralen Themen einiger Lieder von Schubert und Rossini.

Eine Kompetente Liedbegleitung

Tatiana Korsunskaya Piano Foto Tanja Dorendorf
Tatiana Korsunskaya Piano Foto Tanja Dorendorf

Kompetent begleitet wurde Regula Mühlemann von der Pianistin Tatiana Korsunskaya, und später auch von Konstantin Timokhine mit seinem spektakulären Naturhorn – eine genaue Beschreibung des Instrumentes fehlte an dem Abend auch nicht – sowie von Rita Karin Meier mit ihrer Klarinette.

Zuerst Schubert, dann die Schweiz, dann Rossini und wieder Schubert

Regula Mühlemann. Foto Shirley Suarez
Regula Mühlemann. Foto Shirley Suarez

Nach einer ausführlichen Einführung durch die Sängerin startete das reiche Programm mit den zwei bekannten Schuberts Liedern ‘Im Frühling’ und ‘Der Knabe’. Gerade das erste melancholische Lied erzählt von Traum und grosse Sehnsucht nach einem vergangenen Moment, nach jemandem, nach etwas das nicht mehr da ist. Wirklich der richtige Anfang, um noch einmal Regula Mühlemanns klare, sehr expressive Stimme zu geniessen, sowie ihre exemplarische technische Hochbegabung, aber ebenso ihre natürliche Freude an Musik und Gesang. Eine spürbare Freude, die alle anstecken konnte.  

Konstantin Timokhine Naturhorn
Konstantin Timokhine Naturhorn

Zu den Höhepunkten des Abends zählte dann noch vor der Pause eine Auswahl von Perlen des in Rohrschach am Bodensee geborenen Schweizer Komponisten Wilhelm Baumgartner, diese gefolgt von Othmar Schoecks ‘In der Fremde’ und von Liedern von Richard Flury und Emil Frey.

Klarinettistin Rita Karin Meier
Klarinettistin Rita Karin Meier

Nach dem Richard Langers und Friedrich Nigglis reizvollen Lokalkolorit von ‘Edelwyss’ und ‘Plange’, selbstverständlich auf Dialekt (mit deutscher Uebersetzung im Programmheft), schloss die Luzerner Interpretin den ersten Teil des Abends mit Schuberts berückend schönem ‘Auf dem Strom’. Dies aber, erst nachdem die Pianistin Tatiana Korsunskaya mit Listzt‘ ‘Au lac de Walenstadt’ (aus ‘Années de pèlerinage – Première Année –Suisse) brillieren konnte.

Französisch, Rumantsch und Italienisch

Regula Mühlemann. Photo  Shirley Suarez
Regula Mühlemann. Photo Shirley Suarez

Nach der Pause kam zuerst das schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts bekannte ‘Guggisberg-Lied’ von Anonymus an die Reihe, gefolgt von ‘Cette Etoile perdue’ und ‘Une jeune fille parle’ der Genfer Komponistin Marguerite Roesgen-Champion. Walther Geisers wunderschöne ‘Primavaira’ und ‘Dorma’ führten dann das Publikum zum Rumantsch und bewiesen einmal mehr was für ein Sprachtalent Regula Mühlemann ist. Dass sie Sprachen liebt, zeigten auch Juvele auf Italienisch wie Schuberts ‘la Pastorella al Prato’ und Rossinis ‘La Pastorella dell’Alpi’. “Italienisch ist von der Klarheit der Vokale schon prädestiniert für den guten Sitz der Stimme”, sagte die Künstlerin in einem Interview. Zum Schluss nochmals Schubert und dann Zugaben, darunter ein interessantes, kurzes Arrangement aus Mahlers Vierter interpretiert von allen drei Künstlern.

Regula Mühlemann. Photo Guido Werner
Regula Mühlemann. Photo Guido Werner

Der Applaus wollte am Ende des Recitals einfach nicht enden.

Text: Marinella Polli

Fotos: https://regulamuehlemann.com/?lang=de/

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Impression des Liederabends von Marinella Polli

Impression des Liederabends von Marinella Polli

Impression des Liederabends von Marinella Polli

Impression des Liederabends von Marinella Polli

 

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