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Seebühne Bregenz, Madame Butterfly kommentiert von Max Thürig

Szenenfoto Madame Butterfly, Butterfly mit Papierschiff
Szenenfoto Madame Butterfly, Butterfly mit Papierschiff

Besetzung

Musikalische Leitung Yi-Chen Lin
Cio-Cio-San (genannt Butterfly) Celine Byrne
Suzuki Aytaj Shikhalizada
B. F. Pinkerton Otar Jorjikia
Sharpless Yngve Søberg
Goro Michael Laurenz
Der Fürst Yamadori Patrik Reiter
Onkel Bonzo Levente Páll
Kate Pinkerton Sabine Winter
Der kaiserliche Kommissar Unnsteinn Árnason
Kind Aurel Boss

Bregenzer Festspielchor
Statisten der Bregenzer Festspiele
Prager Philharmonischer Chor
Wiener Symphoniker

 

Ein achtlos weggeworfenes Stück Japanpapier schreibt in „Madame Butterfly“ Geschichte

 

Autor Max Thürig mit Ehefrau Irene
Autor Max Thürig mit Ehefrau Irene

Papier – geeignet um Geschehnisse, Gedanken, Gefühle, Meinungen, Pläne, Träume aufzunotieren, Gegenstände zu verpacken, unsere Geschichte festzuhalten und Vieles mehr – spielte in der Menschheitsgeschichte schon immer eine grosse Rolle. Besonders das Japanpapier mit seiner speziellen Herstellungsart wird heute noch bei der traditionellen Tuschmalerei, bei der Restaurierung alter Bücher und anderen künstlerischen Bereichen verwendet.  Einem solchen zerknüllten Blatt begegnete ich auf der Seebühne in Bregenz bei der Aufführung Giacomo Puccinis Oper „Madame Butterfly“! Dieses „Papierstück“ – in Leichtbauweise gefertigt – wiegt immerhin um die 300 Tonnen und erwies sich im Laufe des Abends nicht als ein unbeschriebenes Blatt Papier! Vielmehr wurde auf ihm die tragische Geschichte der „Madame Butterfly“ inszeniert.

 

 

 

 

Die amerikanische Flagge durchbohrt Papier

Szenenfoto Madame Butterfly von Anja Köhler
Szenenfoto Madame Butterfly von Anja Köhler

Das beeindruckende Ambiente verleitete mich einmal mehr zu kleinen Gedankenspielen. Die oft weissliche Bühne strahlte für mich Kühle und Distanziertheit aus. Beim Auftritt des amerikanischen Marinesoldaten Pinkerton (Otar Jorjikia) mit seinem Vermittler Goro (Michael Laurenz) kam das unbeschwerte Leben auf die Bühne. Goro vermittelt Pinkerton ein Haus, das er während 999 Jahren nutzen kann und er erhält obendrauf auch noch Clo-Cio-San genannt Madame Butterfly (Aytaj Shikhalizada). Da erscheint Sharpless (Yngve Soberg) ein amerikanischer Konsul und reagiert auf die ausschweifenden Bemerkungen Pinkertons, der sich über die japanische Ehe mit Butterfly lustig macht. Er bittet ihn, die Sache ernst zu nehmen. Pinkerton seinerseits kann dem Ansinnen des Konsuls nichts abgewinnen und trinkt auf seine zukünftige Ehe mit einer Amerikanerin… Es entstehen Risse im Papier und da bohrt sich auch ein Mast mit der amerikanischen Flagge durch das Bild. Ein Hinweis auf das werdende Drama?

Ein gefangener Schmetterling

Dirigentin Yi-Chen Lin
Dirigentin Yi-Chen Lin

Das Kennenlernen der Hochzeitsgemeinschaft gestaltet sich speziell. Butterfly – jung, naiv und unterordnend– spricht gutgelaunt über ihre Lebensgeschichte und zeigt Pinkerton ihre persönlichen Gegenstände. So zeigt sie ihm auch den Dolch, mit dem sich Butterfly’s Vater umgebracht hatte um die Ehre seiner Familie zu retten. Sie erwähnt auch, dass sie zum christlichen Glauben übergetreten ist, ohne es vorher ihrer Familie zu sagen. Butterfly opfert also alles, glaubt sie doch an die grosse Liebe! Das Fremde, das Neue, das Unbekannte, das Andere vernebelt und verklärt ihre Sinne und so nimmt das Schicksal seinen Lauf! Auch die deutlichen Worte ihres Onkels vermögen sie nicht zu stoppen und selbst das Verstossenwerden aus der Familie beeindruckt sie nicht. Der Name Butterfly ist Programm! Ein wunderschönes Insekt, flatternd, unbekümmert, entstanden durch eine unglaubliche Metamorphose ist auf dem besten Weg in die Gefangenschaft zu geraten und letztlich aufgespiesst, in einem Kasten ausgestellt, sprich dem Leben und der Freude beraubt, zu enden!

Wann brütet das Rotkehlchen?

Szenenfoto Madame Butterfly von Anja Köhler
Szenenfoto Madame Butterfly von Anja Köhler

Versprechen ist das eine, Wort halten das andere… Pinkerton fährt nach Hause und lässt Butterfly im Glauben, dass er zu ihr zurückkehren werde, wenn die Rotkehlchen brüten…
Wie stark muss die Liebe sein, wenn man drei Jahre in voller Ungewissheit warten kann? Und wie vernichtend muss die Erkenntnis letztlich sein, wenn man merkt, dass man nur benutzt und hingehalten wurde? Butterfly will selbst nach dem Besuch des Konsuls der Wahrheit immer noch nicht in die Augen sehen und denkt und wünscht sich die Situation schön! Sie will an ihre grosse Liebe glauben! Sie bereitet das Haus mit Blumen als Zeichen der Freude für ihren geliebten Pinkerton vor und realisiert ihre traurige Situation erst, als ihre vermeintlich grosse Liebe mit ihrer amerikanischen Ehefrau aufkreuzt, um das gemeinsame Kind nach Amerika mitzunehmen um ihm dort eine gesicherte Zukunft zu bieten. Wie kann man ein solches Schicksal akzeptieren? Wie kann man mit einer solchen Situation klarkommen? Ist ein Leben noch lebenswert, wenn einem alles genommen wurde oder wird? Auch der Glaube an die Liebe? Wenn dir nichts mehr bleibt ausser Zerwürfnis, Ausgenutztsein und Leere?

Szenenfoto Madame Butterfly von Anja Köhler
Szenenfoto Madame Butterfly von Anja Köhler

Butterfly besinnt sich auf die Ehre der Samurai und beendet ihr Leben gewaltsam mit dem Dolch ihres Vaters, dem es damals mit seinem Seppuku auch um die Ehrrettung seiner Familie ging…
Dargestellt mit dem lodernden Feuer über das zerknüllte japanische Bühnenbildpapier findet die Puccini-Oper ihr Ende und entlässt nach einem frenetischen Applaus das Publikum wieder in ihre eigenen Welten, die ehrlicher, freudvoller und von vielen empathischen Menschen geprägt sein mögen!

 

 

 

 

Grossartige gesangliche und schauspielerische Leistung

Die irischstämmige lyrische Sopranistin Celine Byrne
Die irischstämmige lyrische Sopranistin Celine Byrne

Die einzelnen Stimmen der SchauspielerInnen mochten zusammen mit dem Bregenzer Festspielchor vollends zu überzeugen. Einen Live-Einblick in das Top-Orchester der Wiener Symphoniker während der Aufführung zu erhalten, wertete das Ganze weiter auf! Es war eine überaus gelungene Aufführung Giacomo Puccinis Oper „Madame Butterfly“, wenn auch der technische Spektakel der Seebühne für dieses Jahr einmal etwas einfacher ausfiel als bei vergangenen Aufführungen!

Beeindruckende Zuschauerkulisse beim Spiel auf dem See
Beeindruckende Zuschauerkulisse beim Spiel auf dem See

Szenenfoto Diashow  Madame Butterfly von Anja Köhler und Karl Forster

fotodiashows.wordpress.com/2022/08/08/madame-butterfly-seebuhne-bregenz-6-august-2022/

Text: www.maxthuerig.ch        Fotos: bregenzerfestspiele.com/de

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Madame Butterfly Szenenfoto

Geishas auf einem zerknitterten Tuschebild

Madame Butterfly Seebèhne in der Abendsonne

Stetes Feilen an der Technik auf der Seebühne

Zuschauertribüne Foto Anja Köhler

 

Die Protagonist*innen beim Schlussapplaus

 

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Rellinger Maifestival, 15. Mai 2022, Wiener Klassik …..und mehr, besucht von Léonard Wüst

Die Salzburger Solisten in der Rellinger Kirche
Die Salzburger Solisten in der Rellinger Kirche

Ausführende und Programm:
Abdel Rahman El Bacha   Klavier
Andreas Brantelid               Violoncello
Ingemar Brantelid               Violoncello
Mette Hanskov                    Kontrabass
Misa Hasegawa                   Klavier
Luz Leskowitz                      Violine
Solenne Païdassi                Violine
Aylen Pritchin                      Violine
Aroa Sorin                            Viola

LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770 – 1827)
Sonate für Klavier Nr.8 in c-moll op.13
„Grande Sonate Pathétique“
FRANZ LISZT (1811 – 1886)
Gebet an die Schutzengel
MAURICE RAVEL (1875 – 1937)
„Tzigane“ für Violine und Klavier
PAUSE
WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756 – 1791)
Sonate für Klavier zu vier Händen in C-Dur, KV 521
WOLFGANG AMADEUS MOZART
Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello
in Es Dur, KV 493

Ludwig van Beethoven Sonate für Klavier Nr.8 in c-Moll op.13 (1798)“Grande Sonate Pathétique”
Abdel Rahman El Bacha

Abdel Rahman El Bacha am Piano
Abdel Rahman El Bacha am Piano

Die Pathétique besteht – ganz traditionell – aus drei Sätzen. Der erste Satz beginnt mit einem für Beethoven nicht völlig untypischen, vorange­stellten langsamen und schwermütigen Grave-Teil, der bedingt als Einlei­tung verstanden werden kann. Der anschließende Teil des ersten Satzes folgt weitgehend der Sonatenhauptsatzform und ist ein Allegro di molto e con brio. Auffällig, vom typischen Muster der Sonatenhauptsatzform abweichend und in dieser Form neu ist die Wiederkehr einiger Grave-Takte vor der Durchführung und vor der Reprise.

Der zweite Satz ist ein Adagio cantabile in rondoühnlicher Liedform, be­stimmt durch eine einprägsame und auch heute noch sehr bekannte Melodie.

Der Dritte Satz, Rondo Allegro, in dem das Grave-Thema aus dem ersten Satz in Anklangen wieder aufgegriffen wird, kehrt zu Ausgangstonart und Haupttempo des ersten Satzes zurück.

El Bachas Darbietung ist meisterhaft, mühelos zwischen rasanten, technisch komplexesten Momenten und zartesten lyrischen Passagen changierend. Wo andere froh sein können, unfallfrei zu bestehen, ist der gebürtige Libanese ein  phänomenaler Erzähler, präzise bei jedem Lauf, berührend bei jedem Anschlag,  brillant in seiner Virtuosität.

Franz Liszt Gebet an die Schutzengel
Für Streicher
– Die Salzburger Solisten
“In Memoriam Vladimir Mendelssohn”

Die Musikerinnen sind startbereit Foto  Wolfgang Gaedigk
Die Musikerinnen sind startbereit Foto Wolfgang Gaedigk

Das Stück, Teil des Zyklus «Années de pèlerinage», war für Harmonium oder Klavier geschrieben oder (laut Manuskript) für ein Instrument, das beides verbindet. Den Beweis, dass sich das eher sperrige Werk aber auch sehr gut «streichen» lässt, erbrachten die «Salzburger Solisten» auf überzeugende Art und Weise interpretiert im Gedenken an ihren, letztes Jahr verstorbenen  langjährigen Mitmusiker Vladimir Mendelssohn.

Maurice Ravel “Tzigane” für Violine und Klavier
Aylen Pritchin und Misa Hasegawa

Misa Hasegawa (Klavier) an der Seite des Festivalleiters Luz Leskowitz
Misa Hasegawa (Klavier) an der Seite des Festivalleiters Luz Leskowitz

Maurice Ravels Konzertrhapsodie „Tzigane“ liegt bekanntlich in drei Fassungen vor: in der originalen für Violine und Klavier (April/Mai 1924), in der wenig später entstandenen für Violine und Orchester (Juli 1924) sowie in einer Version für Violine und Luthéal (Oktober 1924), eine damals soeben erst entwickelte und rasch wieder aufgegebene Vorrichtung für Saiteninstrumente, die beim Einbau in Klavier oder Flügel die Erzeugung neuer Klangregister ermöglichte, wobei es Ravel hier vor allem auf die klangliche Imitation des ungarischen Cymbals ankam.

Sie gehört zu den späten Werken von Maurice Ravel: die Konzert-Rhapsodie “Tzigane” aus dem Jahr 1924. Inspiriert wurde der Komponist zu diesem virtuosen Stück durch die ungarische Geigerin Jella d’Arányi. Die Großnichte des Geigers Joseph Joachim hatte Ravels G-Dur-Sonate 1922 bei einer privaten Musikveranstaltung in London gespielt. Der dabei anwesende Ravel war so fasziniert, dass er die Geigerin im Anschluss an das Konzert bat, für ihn einige Zigeunerweisen zu spielen und zu improvisieren. Anders als die virtuosen Stücke Pablo Sarasates – seine “Zigeunerweisen” oder seine “Carmen Fantasie” – ist Maurice Ravels “Tzigane” eigentlich kein Stück, das den Interpreten mit eingängigen Melodien lockt. Eher ist es ein Stück über das Virtuosentum, das es wie aus der Distanz zu reflektieren scheint. Eine Hintergründigkeit, die gerade den einen oder anderen Interpreten neugierig macht. “Das Stück hat viele dunkle Seiten, weil es so zigeunerisch geschrieben ist. Zwar ist alles ausgeschrieben, aber trotzdem kann man es doch sehr improvisiert spielen. Und das hat man ja nicht so oft im klassischen Repertoire. Die gebürtige Japanerin am Piano harmonierte mit dem jungen, aus Saint Petersburg stammenden Geigenvirtuosen vortrefflich. Sie spielten sich die Sequenzen zu, vereinigten sich im Gleichklang. Motivierten sich mit wenigen Blickkontakten und verzauberten das Auditorium mit den tziganen Klängen.

Wolfgang Amadeus Mozart Sonate für Klavier zu vier Händen in
C-Dur, KV 521

Abdel Rahman El Bacha und Misa Hasegawa

88 Tasten, mehr hat das Klavier auch nicht, wenn es gleich von zwei ausgezeichneten Pianist*innen bespielt wird. Dass man aber auch so grossartig spielen kann, wurde uns eindrücklich vor Augen, respektive Ohren geführt.

Der orchestrale Klang, der im vierhändigen Spiel aus der Vollgriffigkeit und den vielen Oktaven gewissermaßen von selbst entsteht, verbindet sich hier mit Solopassagen aller vier Hände zu einem Klavierkonzert im kammermusikalischen Rahmen.

Pianist Abdel Rahman El Bacha
Pianist Abdel Rahman El Bacha

Gleich der erste Satz, ein kraftvoll drängendes Allegro, beginnt mit einem „orchestralen“ Unisono, dessen doppelt punktierter Rhythmus vorgeschrieben ist. Darauf folgen imaginäre Einwürfe der „Bläser“ über einem erwartungsvoll pulsierenden Bass. Das Seitenthema, eine empfindsame Variante des Hauptthemas, beruht auf der Kopplung von Ober- und Unteroktav, woran sich konzerttypische „Passagen“ anschließen. Da schon Haupt- und Seitenthema aus dem Anfang abgeleitet sind, eröffnete Mozart den Mittelteil des Satzes mit einem neuen, galant singenden Thema, das in weich gebrochene Akkorde getaucht wird. In den Molleintrübungen dieses Abschnitts kommt der resignative Ton des späten Mozart zum Vorschein, während ansonsten eine geradezu blendend helle Brillanz den Satz beherrscht.

Erinnerungen an die «Kleine Nachtmusik

Die Salzburger Solisten in der Rellinger Kirche
Die Salzburger Solisten in der Rellinger Kirche

Das Andante erinnert in den weichen Terzen und Sexten seines Themas an die Romanze aus der Kleinen Nachtmusik, die Mozart wenige Wochen später komponieren sollte. Freilich bricht die idyllische Stimmung im Mollmittelteil dramatisch auf: Aufgewühlte Akkordbrechungen und kräftig absteigende Bassgänge geleiten eine klagende Melodie durch die Tonarten. Nach der leicht veränderten Wiederkehr des Anfangs rundet die ausdrücklich so bezeichnete „Coda“ den Satz zu einem Schluss von himmlischer Schönheit.

Das Rondo Finale gibt sich nur Anfangs den Anstrich eines unschuldigen Tanzes im gemütlichen Tempo Allegretto. Im weiteren Verlauf wird der Gavotte-Rhythmus zunehmend von virtuosen Zweiunddreißigstel-Läufen überlagert. Im a-Moll-Mittelteil kommt es zu einem Dialog der Duopartner in hoher und tiefer Lage. Den Schluss des Satzes hat Mozart auch hier ausdrücklich „Coda“ genannt, da er dem Thema eine völlig neue, Kadenz artig virtuose Steigerung verleiht, bevor sich die beiden Spieler mit chromatischen Triolen davonstehlen. Da sie sich nur akustisch «davon gestohlen hatten», konnten sie den langanhaltenden physischen Applaus natürlich geniessen und sich sichtlich daran erfreuen.

Wolfgang Amadeus Mozart Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello
in Es-Dur, KV 493
Misa Hasegawa, Aylen Pritchin, Aroa Sorin,
Andreas Brantelid

Andreas Brantelid  Violincello
Andreas Brantelid Violincello

Mozarts Klavierquartette sind Zeugnisse einer Zeit des Umbruchs. Und zwar in dem Sinne, dass Mozart sie – als Kammermusikwerke – durchaus in öffentlichen Konzerten aufführte, was zu dieser Zeit ein Novum war. Da es zur Gattung Klavierquartett in der Besetzung mit Klavier, Violine, Viola und Violoncello keinerlei Vorbilder gab, konfrontierte Mozart sein Wiener Publikum auch durch die Form des Klavierquartetts mit einer absoluten Neuheit. In jeder Hinsicht.

Pianistin Misa Hasegawa
Pianistin Misa Hasegawa

Notiz eines Kritikers der damaligen Zeit: “In diesen Kompositionen, durchaus nur für erwählte kleinere Zirkel, geht der Geist des Künstlers in seltener, fremdartiger Weise, groß und erhaben einher wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.” Immerhin aber stelle sich ganz genaue Ansprüche auch an die Interpreten dieses ganz besonderen Werkes, die “außer der erforderlichen beträchtlichen Geschicklichkeit ein Herz und einen für Musik sehr reif gebildeten Verstand haben” sollten.Ueber ebensolchen verfügten die Interpreten in der Rellinger Kirche zur Genüge und interpretierten das Werk auf eindrückliche Art und Weise.

Ein fulminanter, überzeugender Abschluss des Konzertes, gleichbedeutend mit dem Ende des 35. Rellinger Maifestivals.

Das Publikum geizte denn auch nicht mit einem kräftigen, langanhaltenden Schlussapplaus, für den sich alle Ausführenden dieses Abends nochmals auf der Bühne versammelten.

Get together Abschiedsfeier am Sonntagabend

Festivalgründer Günter Rasinski links und Luz Leskowitz 1986
Festivalgründer Günter Rasinski links und Luz Leskowitz 1986
Luz Leskowitz, Gründer der Salzburger Solisten und des Rellinger Maifestivals, anlässlich des Maifestivals 2019 mit Léonard Wüst, rechts, Foto Die Pinnebergerin
Luz Leskowitz, Gründer der Salzburger Solisten und des Rellinger Maifestivals, anlässlich des Maifestivals 2019 mit Léonard Wüst, rechts, Foto Die Pinnebergerin

Und nochmals erwiesen sich Ulrike und Thomas Pötzsch,  Besitzer der https://www.ctp.biz/ctpbiz/  als aussergewöhnlich grosszügige Gastgeber, luden sie doch Musiker und Konzertbesucher zu einer kleinen Abschlussfeier in https://www.fabers-rellingen.de/fabers-hof/ , wo ausreichend Gelegenheit war, sich über das eben genossene Konzert, das Rellinger Maifestival an sich oder über Gott und die Welt zu unterhalten, wissend, hoffend oder zumindest ahnend, dass das im Raum platzierte Elektropiano nicht unbespielt bleiben würde.Nachdem sich alle mit Speis und Trank bedient hatten beglückte uns Abdel Rahman El Bacha noch mit einem fulminanten Chopin Oeuvre auf dem, von Kantor Oliver Schmidt organisierten Keyboard, an das sich später auch noch, die aus Osaka stammende Misa Hasegawa setzte, zu der sich eigentlich Aylen Pritchin mit seiner Violine gesellen sollte, was dann aber, aufgrund technischer Probleme am Instrument, leider nicht zustande kam. Dafür setzte sich der junge St. Petersburger nachher selbst auch an das Tasteninstrument und supportierte Luz Leskowiz bei seinem, wie er es nannte «Wiener Betthupferl», zum definitiven musikalischen Ausklang des 35. Rellinger Maifestivals, das, aufgrund der Pandemie, heuer, statt wie vorgesehen im Mai 2020, stattfand.

Festivalmitinitiator Günter Rasinski rechts mit dem Autor im Gespräch
Festivalmitinitiator Günter Rasinski rechts mit dem Autor im Gespräch

Es folgte noch eine kurze Ansprache mit  Dank an alle sicht – und unsichtbaren Helfer des Festivals und besonders an den Präsidenten des Vereins zur Förderung der Musik an der Rellinger Kirche, Michael Schopf, verbunden mit der  Gratulation zu dessen Geburtstag.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:  Léonard Wüst und https://www.mrk-rellingen.de/maifestival.html

http://www.luz-leskowitz.at/index.html

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Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

Oliver Schmidt Kantor an der Rellinger Kirche links Geburtstagskind Michael Schopf Präsident Verein Musik an der Rellinger Kirche mit Ehefrau Gisela beim der after concert reunion

CTP Chef und Musikfestivalförderer Kapitän Thomas Poetzsch mit Gattin Ulrike beim ater concert meeting Foto Die Pinnebergerin

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Der ultimative Salmonellen Ratgeber von Herbert Huber

Neue Salmonellen-Proteine entdeckt
Neue Salmonellen-Proteine entdeckt

Ich koche gerne alles frisch. Mache mir aber ziemlich Sorgen, besonders bei diesen Temperaturen, wegen der Salmonellen. Ich habe gehört, dass man gerade Eier deswegen pasteurisieren kann.  Haben Sie dazu ein par Tipps.

Eier, Milch, halbgares Poulet, ungekochter Fisch oder auch rohes Fleisch – all diese tierischen Produkte können Salmonellen enthalten. Salmonellen sind Bakterien, die vor allem in Tieren vorkommen. Sind also das Huhn oder das Rind mit Salmonellen infiziert, sind es auch die Lebensmittel, die daraus hergestellt werden. Vorsicht geboten ist etwa bei Speisen, die rohe oder nicht durchgegarte Eier enthalten: Mayonnaise, Crèmes, Glace, Salatsaucen aber auch rohes Fleisch.

Salmonellen lauern überall
Salmonellen lauern überall

Mangelnde Hygiene oder falsch zubereitete Lebensmittel sind die Hauptgründe für eine Ansteckung mit Salmonellen. Die Bakterien gelangen immer über den Mund in den Körper, meist über befallene Nahrungsmittel. Seltener stecken sich Betroffene durch den direkten Kontakt mit infizierten Tieren beziehungsweise deren Ausscheidungen an. Möglich ist auch eine Übertragung von Menschen zu Menschen.

Die Bakterien in unserem Körper, lösen eine Salmonellose aus, eine Magen-Darm-Entzündung. Die Symptome tauchen meist plötzlich auf: wässriger Durchfall, heftige Bauchschmerzen, Unwohlsein, Erbrechen und Kopfschmerzen. Die Patienten fühlen sich Stunden bis Tage nach der Infektion schwer krank. Einige haben auch Fieber. Nicht alle Betroffenen leiden jedoch gleich stark und auch nicht alle unter den gleichen Symptomen.

Salmonellen Wenn Lebensmittel krank machen
Salmonellen Wenn Lebensmittel krank machen

Bleiben wir bei den Eierspeisen: Man kann die Salmonellen auf zwei Wegen aufnehmen: Entweder sie stecken im Inneren des Eis, weil die Eierstöcke des Huhns befallen sind. Wenn man solche rohen Eier im Essen verarbeitet, können die Salmonellen in den Körper gelangen. Oder die Erreger liegen auf der Eierschale – wenn man sie berührt, und die Finger anschließend zum Mund führt, kann man sich infizieren. Übrigens BIO Eier, so habe ich mich informieren lassen, bieten keinen Schutz. So erinnere ich mich an meine Kochlehrzeit. Wer an der Schlussprüfung die Eischale nicht radiputz mit dem Finger ausputzte erhielt Noten Abzug – heute ist das gerade umgekehrt.

Sommerschreck Salmonellen
Sommerschreck Salmonellen

Kann man Eier pasteurisieren? Ja, im Sous Vide Wasserbad auf 57°C vorheizen. Eier behutsam in das Wasserbad setzen und 2 Stunden Sous Vide pasteurisieren. Herausnehmen und ca. 10 Min. in Eiswasser abkühlen. Die Eier können bis zu 2 Wochen im Kühlschrank gelagert werden.

Variante 2: Eier aus dem Kühlschrank nehmen, sodass sie Raumtemperatur erreichen. Legen Sie die Eier in eine Pfanne mit kaltem Wasser bedeckt. Erhitzen Sie das Wasser langsam auf 57 °C bis maximal 59 °C. Bei dieser Temperatur sterben Salmonellen ab. Bei 60 °C fängt das Eiweiß jedoch an zu gerinnen – das müssen Sie vermeiden.

Chicken Recall Konzept als Symbol für kontaminiertes Geflügel mit Salmonellen
Chicken Recall Konzept als Symbol für kontaminiertes Geflügel mit Salmonellen

Meine «sicheren» Varianten: Tiramisu  ohne Eier zubereiten. Für Mousse au chocolat «google» ich das Rezept von Swiss Milk. Mayonnaise kaufe ich fixfertig  aus der Tube und schmecke nach meinem Gousto ab. Sauce Hollandaise? Die aus dem Beutel ist  nicht schlecht, aber eben keine Frische. Dafür sicher.

Text www.herberthuber.ch

Fotos: www.pixelio.de

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Salmonellen Wenn Lebensmittel krank machen

Infektion mit Salmonellen

Sommerschreck Salmonellen

Salmonellen Wenn Lebensmittel krank machen

Salmonellen So beugen Sie einer Infektion vor

Salmonellen

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räsonanz-Stifterkonzert Helsinki Philharmonic Orchestra | Susanna Mälkki | Andreas Haefliger, 30.8. 2022, besucht von Léonard Wüst

Helsinki Philharmonic Orchestra Foto Peter Fischli
Helsinki Philharmonic Orchestra Foto Peter Fischli

Besetzung und Programm:
Helsinki Philharmonic Orchestra
Susanna Mälkki Dirigentin
Andreas Haefliger Klavier
Kaija Saariaho (*1952)
Vista für Orchester
Dieter Ammann (*1962)
The Piano Concerto (Gran Toccata)
Schweizer Erstaufführung
Auftragswerk der Münchner Philharmoniker, von BBC Radio 3, des Boston Symphony Orchestra, des Konzerthauses Wien, von Lucerne Festival, des Taipeh Symphony Orchestra und von Pro Helvetia
Per Nørgård (*1932)
Sinfonie Nr. 8
Jean Sibelius (1865–1957)
Tapiola op. 112. Sinfonische Dichtung für Orchester

Kaija Saariaho (*1952) Vista für Orchester

Dirigentin Susanna Mälkki Foto Peter Fischli
Dirigentin Susanna Mälkki Foto Peter Fischli

Aussage der Komponistin: wenn ich komponiere, habe ich oft einen bestimmten Musiker oder eine bestimmte Musikerin im Kopf, in diesem Fall Susanna Mälkki. Wenn ich an Opern arbeite, schaffe ich für jede Figur eine eigene Musik, und wenn ich an Konzerten arbeite, bringe ich oft etwas von der Solistin oder dem Solisten in die Musik ein, entweder intuitiv oder mit Absicht. In diesem Orchesterstück ist Susanna die Interpretin, und vielleicht hat etwas von ihrer musikalischen Persönlichkeit meine kompositorischen Entscheidungen geleitet.

Sie geht sehr sensibel mit meiner Arbeit um, kennt die neue Partitur schon vor der ersten Probe sehr gut und versteht meine Musik. Dennoch ist sie in der Lage, dem Werk auch ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Das ist keine Selbstverständlichkeit.

Wenn das Abstrakte zur Praktik wird

Helsinki Philharmonic Orchestra  Foto Peter Fischli
Helsinki Philharmonic Orchestra Foto Peter Fischli

Der Prozess des Komponierens ist sowohl abstrakter als auch praktischer. Oft liefert so eine erste Inspiration zum Beispiel formale Ideen. Wenn ich dann mit der eigentlichen Komposition beginne, definiere ich zunächst das harmonische Material und stelle mir bestimmte Instrumentalfarben und musikalische Texturen vor. Mit jedem neuen Werk versuche ich, mich zu erneuern und herauszufordern, und dieses Mal wollte ich das Orchester anders als sonst besetzen. Normalerweise verwende ich in meinen Partituren immer die Celesta, die Harfe und das Klavier. Stattdessen habe ich mich diesmal auf Blasinstrumente konzentriert, vor allem auf die verschiedenen Instrumente der Holzbläserfamilie: Bei Vista gibt es Flöten in verschiedenen Größen, die Oboen werden mit dem Englischhorn kombiniert, und bei den Klarinetten gibt es auch die kleinere Es-Klarinette und die Bassklarinette.

Ihr Werk besteht aus zwei kontrastierenden Teilen: Horizons und Targets. Warum haben Sie sich für diese Aufteilung entschieden?

Helsinki Philharmonic Orchestra  Foto Peter Fischli
Helsinki Philharmonic Orchestra Foto Peter Fischli

Ich wollte mit demselben musikalischen Material zwei kontrastierende und formal unterschiedliche Sätze schaffen. Wo der erste Satz unabhängige Linien hat, die sich manchmal in reine Farbtexturen ohne Puls verwandeln, hat der zweite Satz eine klare physische Energie und Entschlossenheit. Hier vervielfachen sich die rhythmischen Elemente zu eindringlicher Tutti-Einstimmigkeit und vielschichtigen Höhepunkten, bevor das Werk endet und die ruhigen Texturen des Anfangs neu interpretiert werden.

Wie die Komponistin in ihrer Programmnote zu „Vista“ schreibt, die von Mälkki und dem LA Phil in den USA uraufgeführt wurde, erwiesen sich die vielen markanten „Ausblicke“ entlang der Fahrt nach San Diego als prägend für ihr neuestes Werk. Saariaho hat eine auffallende visuelle Sensibilität. Als außergewöhnliche musikalische Koloristin hat sie ein Händchen dafür, Schönheit im Klang einzufangen, was ihr eine treue Anhängerschaft begeisterter Fans gebracht hat.

Abstrakte Transformation von Landschaften

Während „Vista“ im Wesentlichen eine abstrakte Studie über die Transformation einer sich ständig verändernden musikalischen Landschaft von melodischen Formen, Texturen, Klangfarben und Harmonien ist, durchdringt ein unvermeidliches Gefühl der Vorahnung seine abgedrehte Atmosphäre. Nehmen Sie diese Fahrt noch heute und steigen Sie in San Pedro von der 405 aus, und Ihr Blick wird auf ozeanschädigende Frachter, die weiter zurückgehalten werden, als das Auge sehen kann, und auf umweltschädliche Lastwagen in Hülle und Fülle sein. Eine weitere Station, Huntington Beach, ist die Heimat der schrecklichen Ölpest von vor nicht allzu langer Zeit. Der erste wirkliche Blick auf die 5 unserer herrlichen Küste bietet sich am Strand von San Onofre, wo ein alter Atomreaktor mit seinem 3,6 Millionen Pfund schweren Hort an Atommüll 30 Meter von einem weltweit ansteigenden Meer entfernt auftaucht.

Als Komponistin, deren Musik lange Zeit von den Elementen gesungen hat – „True Fire“ und „Earth’s Shadows“ wurden in den letzten Jahren beide im LA Phil gespielt – hat Saariaho nun bewusst oder unbewusst den Klang verschwindender Aussichten eingefangen.

Ein stabiles Nervensystem des Zuhörers setzt die Komponistin voraus

„Vista“ dauert etwa 25 Minuten und besteht aus zwei Teilen – „Horizons“ und „Targets“ – und beginnt mit einer faszinierenden, langen und nasalen Oboen Melodie. Dies wird bald durch Streicher untermauert, die Saariahos „spektrale“ Harmonien liefern, eine Reihe komplexer Interaktionen von unheimlichen, hohen und halb gehörten Tönen, die das Nervensystem des Zuhörers auf unvorhersehbare Weise stimulieren können, sei es Aufregung, Angst oder Ärger hervorrufen.

Ähnlich wie bei einer Fahrt auf der 5 werden diese musikalischen Ausblicke unterbrochen. Laut gebündelte Bläser und Blechbläser bieten zusammen mit trillernden und gleitenden Streichern wenig Ruhe. Aber eine lange, meditative, tranceartige Strecke senkt die Temperatur und signalisiert das Ende des Horizonts. Der Tagtraum wird durch den Beginn von „Targets“ unterbrochen, wenn sich der Horizont in Schallscherben verwandelt. „Vista“ endet in Ruhe, aber nicht in der Ruhe. Es erklingt, wie so oft Saariahos Musik, noch lange nach und diesen Nachklang beruht ebenso in der Umsetzung durch Dirigentin und Orchester, als auch auf der Partitur an sich.

Dieter Ammann (*1962) The Piano Concerto (Gran Toccata)

Unter der Leitung von Susanna Mälkki ist Andreas Haefliger Solist in Dieter Ammanns «The Piano Concerto (Gran Toccata)».
Unter der Leitung von Susanna Mälkki ist Andreas Haefliger Solist in Dieter Ammanns «The Piano Concerto (Gran Toccata)».

Schweizer Erstaufführung
Auftragswerk der Münchner Philharmoniker, von BBC Radio 3, des Boston Symphony Orchestra, des Konzerthauses Wien, von Lucerne Festival, des Taipeh Symphony Orchestra und von Pro Helvetia Der Komponist Dieter Ammann erlebt gerade einen Meilenstein seiner Karriere. Nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und in Fernost wurde sein neues Klavierkonzert «Gran Toccata» mit dem Solisten Michael Haefliger mit grossem Erfolg uraufgeführt. Ammann ist schon seit längerem bei den grossen europäischen Orchestern ein Begriff, zudem war er 2010 «Composer in residence» beim Lucerne Festival. «Aber es stimmt schon», meint Ammann im Gespräch. «Mein Klavierkonzert hat mir, was die Qualität der Orchester betrifft und die grosse Resonanz in der Öffentlichkeit, den Schritt in eine neue Dimension ermöglicht.» Entsprechend akribisch  wurde die Schweizer Erstaufführung in Luzern vorbereitet, musste dann aber, Corona bedingt, verschoben werden, kam somit an diesem Abend zur Premiere im Ursprungsland des Komponisten.

Sein Klavierkonzert wurde seit vergangenem August an mehreren Orten uraufgeführt: an den «Proms» in London, mit dem Taipeh Symphony Orchestra in Taiwan, dem Boston Symphony Orchestra in den USA und im Münchner Gasteig mit den Münchner Philharmonikern. Weitere vier Aufführungen waren bis Ende 2021 geplant, darunter auch im Konzerthaus Wien.

Ein konzertantes Werk dieser Dimension ist für den Komponisten extrem fordernd. Anfänglich habe er sich davor auch gefürchtet, bekennt Ammann: «Als mich der Pianist Andreas Haefliger vor Jahren um ein Klavierkonzert bat, war ich alles andere als begeistert, wusste ich doch, dass die Arbeit an einem solchen Werk nicht Monate, sondern Jahre benötigen würde.» Ammann arbeitet langsam, ist sehr perfektionistisch, feilt an jeder Stimme, und der Orchestersatz ist dicht, energiegeladen und virtuos.

Fast unerfüllbare Forderungen gestellt

Deshalb knüpfte der Komponist einige übersteigerte Bedingungen an diesen Auftrag in der Hoffnung, dass sie nicht erfüllt werden könnten. Zum Beispiel, dass einer der Auftraggeber eines der amerikanischen «Big Five»-Orchester sein müsse. «Es verging einige Zeit», erzählt Ammann, «und plötzlich rief mich Haefliger an, es habe geklappt, das Boston Symphony Orchestra mache mit, ich könne mit der Komposition beginnen.» Ammann war perplex, nun galt es ernst.

So komponierte er innerhalb dreier Jahre das dreissigminütige, hochvirtuose «Piano Concerto» («Gran Toccata»), in dem Ammann das Klavier wie ein kleines Orchester auslotet, als stünden sich zwei Orchester gegenüber.

Schon der Anfang setzt den Zuhörer in den Schleudersitz. Da stanzt der Pianist Andreas Haefliger den Ton A auf alle nur erdenklichen Arten aus dem Ins­trument, poliert ihn zu gleissendem Goldglanz, spitzt ihn perkussiv zum Geräusch und treibt ihn hastig an zu knackigem Drive. Wenn sich das Orchester schlingernd und mit zauberhaften Klangschleiern einmischt, heben Pianist und Orchester soghaft ab.

Nicht nur das Werk, auch der Komponist Dieter Ammann hebt ab mit seinem Klavierkonzert. Schon bei der Uraufführung im Sommer an den Proms in London offenbarte sich das  «Kultpotenzial» des Werkes. Und das unterstreicht die kristallin-klare Interpretation  mit dem vorzüglichen Helsinki Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Susanna Mälkki.

Da ist der virtuose Umgang mit Grooves, die bei aller Komplexität der Musik einen körperhaften Drive geben. Da sind aber auch die Instrumentation und eine Harmonik, die die koloristischen Möglichkeiten des Orchesters so präzis wie verschwenderisch nutzen.

Auslotung der gesamten Tastatur, der 88 Tasten in all ihren Facetten

So tobt sich zwar das Klavier akkordisch aufgefächert über die ganze Tastatur aus und gibt dem souveränen Solisten auch in Solokadenzen Gelegenheit, pianistische Akrobatik mit der ihm eigenen Expressivität zu verbinden. Aber die Verzahnung des Klaviers mit dem aufgesplitterten, zugespitzten oder lauernden Orchester verhindert jede neoromantische Attitude. Zudem balanciert Ammann hektische und Ruhemomente in einer Weise aus, die keinen Mustern folgt. Umso ereignishafter sind die Momente der Magie, die sich von dem mit Hochspannung vorangetriebenen Geschehen abheben.

Gefühlsausdruck jenseits aller Romantikklischees und eine Motorik, die nie klassizistisch klappert: Genau so eigenständig schillern die Rhythmen, die Kritiker gern mit Ammanns Herkunft aus dem Jazz in Verbindung bringen. Wo sich im ersten Satz aus dem rhythmischen Treiben eine prägnante Kurzformel herauskristallisiert, die ganz am Schluss wiederkehrt und das ermattende Ende einleitet, liegt der Bezug zur frühen Moderne näher. In diesem steigert Haefliger den Klavierpart aus der Tiefe heraus zu orchestraler Fülle und einer Expressivität, die überraschend deutlich auch Ammanns Konzert auszeichnen.

Von einem Kritiker bei der Uraufführung als «Tschaikowsky mit Amphetaminen» bezeichnet

Hinter dem Erfolg liegen aber auch tiefere Gründe. Der Titel «The Piano Concerto (Gran Toccata)» stellt das Werk in die grosse Tradition des Klavierkonzerts, einschliesslich seiner improvisatorischen Virtuosität. Und phänomenal ist in der Tat, wie Ammann diese Tradition weiterführt, ohne dass das jemals als Rückgriff wirkt.

Im weiten Spannungsfeld zwischen Individuum und Kollektiv, das traditionell die Gattung bestimmt, geht es dem Komponisten um vielfältigste Spielformen. „So wird beispielsweise beim Solopart zwischen mehreren Funktionen unterschieden. Die herkömmlichen Rollen des Klaviers sowohl als Begleiter des orchestralen Geschehens als auch des unbegleiteten Individuums sind dabei bloß zwei mögliche Erscheinungsformen, wobei bei der letzten der wechselseitige Material- und Energiefluss oft subkutan weiterwirkt, so dass sich das Soloinstrument nicht ins Subjektive oder gar Unverbindliche ‚flüchten‘ kann.

Weitere Funktionskategorien sind das gängige Solo-Accompagnato, das seinen Platz genauso hat wie das oben erwähnte ,Orchesterklavier‘. Neues Terrain wird durch Erweiterung des Aktionsspektrums des Soloinstruments erschlossen. Es gibt zusätzlich eine kinetische Komponente, quasi einen ,corporalen Subtext‘, so dass sich die Musik nicht bloß auf die Realisierung des Notentexts reduzieren lässt, sondern vom Performativen her auch eine visuelle Seite aufweist – etwas, das bei der Rezeption (speziell in der Konzertsituation) zusätzlichen Informationsgehalt bedeutet. Dieser optische Aspekt, etwa bei der Übergabe und Aufnahme von Impulsketten (also dem eigentlichen ,concertare‘) kann dabei sogar zur primären Information werden, wenn nämlich die Solostimme verwischt, verdeckt, geschluckt oder in der Gesamttextur sukzessive aufgelöst wird.

Die enge Verzahnung der Funktionen von Klavier und Orchester bewirkt, dass das der Gattung als ,soziologisches Modell‘ inhärente Moment der Virtuosität nicht auf das Soloinstrument beschränkt bleibt, sondern auch in einigen Orchesterpassagen starken Niederschlag findet und so ist es eher ein Konzert für Orchester und Klavier als ein klassisches Klavierkonzert. Es gibt kein Hin und Her zwischen Orchester und Klavier; Andreas Haefliger, für den es geschrieben wurde, spielt nur in den drei ausgedehnten Kadenzen und für die einzelne Tonwiederholung, die das Konzert in Gang setzt, und den dominierenden wiederholten Akkord, der es schließt, allein.

Immer im Aufbruch, im Vorwärtsgang

vlnr Solist Andreas Häfliger Komponist Dieter Ammann und Dirigentin Susanna Mälkki Foto Peter Fischli
vlnr Solist Andreas Häfliger Komponist Dieter Ammann und Dirigentin Susanna Mälkki Foto Peter Fischli

Generell zeichnet sich das Konzert durch einen lokomotiven Vorwärtsgang aus, reisende Impulse, eine stetige Energie, die nur gelegentlich in perkussive Nervosität ausbricht. Die Miene des Konzerts ist im besten Sinne konventionell; sicherlich konsonant und selbst die Viertelton-Dias klingen eher wie ein chinesischer Trauerzug als absichtlich oder grundlos „moderne Musik“. Inmitten all der Geschäftigkeit entstehen die berührendsten Momente, wenn sich die Wolken der orchestralen Dichte erheben, um einzelne Abschnitte und den Solisten zu enthüllen.

Die Zutaten der Arbeit sind interessanter als die Struktur auf Distanz. Immer wenn Sonnenschein die Wolkendecke durchdringt, leuchtet das ganze Konzert von innen auf. Ein Blechbläserchoral, der etwa zwei Drittel in das Konzert einbricht, klingt beispielsweise wie der Soundtrack zum Abschied eines lieben Freundes, den wir mit einiger Gelassenheit betrachten, bevor wir vom plötzlich einsetzenden Orchesterverkehr beinahe überrollt werden. Man fragt sich, wie es klingen würde, wenn alle im Orchester tatsächlich genau das spielen würden, was geschrieben wurde, und nicht nur ihre Rollen annähern. Wenn nur die alte orchestrale Ente „Oh, den Unterschied hört sowieso keiner“ – leider allzu häufige Realität in solchen Situationen – vermieden werden könnte. Denn das stiehlt selbst nur ein Dutzend fauler Musikerattitüde den Zuhörern: Das Wissen um das, was hätte sein können.

Das Konzert hat auch etwas Frustrierendes, wenn man den Pianisten bei der Arbeit sieht – aber nichts hört. Zugegeben, wahrscheinlich hört man noch alle oder die meisten Töne, die sich auch im Orchester verteilen und im Raum wandern, ganz so, als würde der Pianist tatsächlich auf der großen Klaviatur des Orchesters spielen – wie ein musikmechanischer Puppenspieler. Aber ohne Kenntnis der Partitur ist davon nicht auszugehen, und es entsteht der Eindruck, dass statt eines Orchesters (das sich weder an die tiefen Dynamikangaben halten kann noch will) der Solist übertönt und der arme Kerl mehrere Seitenschwaden umsonst gelernt hat, denn er hätte in diesen Passagen genauso gut „Chopsticks“ ersetzen können.

Ungeachtet dessen: Das Klavierkonzert ist ein faszinierendes Werk, weil es sowohl anders ist als fast alles, was in der zeitgenössischen klassischen Küche serviert wird, als auch nicht so klingt, als würde es versuchen, um seiner selbst willen neu oder anders zu sein. Wenn es ein Stück Architektur wäre, würde man sagen, dass es um den menschlichen Maßstab herum gebaut wurde.

Für eines der bedeutendsten Orchester der Welt

Trotz seines weltweiten Erfolgs als Komponist ist Dieter Ammann auch gerne zu Hause, bei seiner Familie in Zofingen, wo er ein Kompositionsstudio hat. Hierher kommen auch einige seiner Studenten, Ammann unterrichtet als Professor für Komposition an der Musikhochschule Luzern.

Wie geht das nun in Zeiten von Corona? Er sei mit seinen Studenten über den Computer in Kontakt, oft werden heute ja Noten mit spezifischen Programmen direkt in den Computer geschrieben. Ammann selbst komponiert aber nach wie vor hauptsächlich von Hand. «Mich hat diese Coronakrise dazu gezwungen, mich ernsthaft mit den Computerprogrammen und dem Skypen zu beschäftigen, das sehe ich als Vorteil.»

Und hat Ammann nun auch mehr Zeit zum Komponieren? Kreativität lässt sich nicht auf Knopfdruck erzwingen. «Ich arbeite seit einem halben Jahr an einem Bratschenkonzert für das Basler Symphonieorchester, aber ich komme schlecht voran.

Zum Glück konnte ich den Uraufführungstermin nach hinten schieben, und damit auch den Folgeauftrag: ein Orchesterwerk für eines der bedeutendsten Orchester der Welt.» Genaueres dürfe er dazu noch nicht sagen, der Vertrag sei noch nicht unterschrieben. Mit dem Erfolg seines «Klavierkonzerts» ist Ammann nun also ganz oben angekommen.

Das Luzerner Publikum jedenfalls liess sich mitreissen von diesem aufwühlenden Oeuvre, applaudierte die Dirigentin und den Solisten mehrmals auf die Bühne zurück und gab nicht locker, bis sich auch der Komponist zu den Ausführenden aufs Podium begab, was schlussendlich zu einer hochverdienten, langanhaltenden stehenden Ovation führte.

Per Nørgård (*1932) Sinfonie Nr. 8

Per Nørgård wurde am 13. Juli  90 : Was bleibt ist sein  Gespür für Unendlichkeit, sein Flair für die weite, lautlose und doch vielsagende nordische Einsamkeit und vor allem sein grossartiges Gespür, dies alles in Partituren umzumünzen, die universal eine grosse, begeisterte Zuhörerschaft finden.

 

Bekennender Verehrer von Jean Sibelius und Paul Mc Cartney

Er liebt Jean Sibelius und Paul McCartney, ließ sich von Schamanen und Unendlichkeitsreihen inspirieren.

er dänische Komponist Per Nørgård ist ein freundlicher Weltenverschlinger. Wenn auch das Wort „verschlingen“ der Genese seiner Musik vermutlich nicht gerecht wird, so muss er doch Gigantisches in sich aufnehmen, um Werke zu schaffen, die mit derart traumwandlerischer Sicherheit auf der Schwelle zwischen Ordnung und Unordnung operieren.

Die 8. Symphonie aus den Jahren 2010/11 ist abstrakter und für den Hörer nicht ganz so leicht zu erfassen, trotz einiger dramatischer Momente. Sie ist weitgehend auf leichte und schwebende, oft flirrende Texturen aufgebaut, die eine mysteriöse Stimmung ergeben. Die Wiener Philharmoniker spielen engagiert und transparent, was die Klangwelt Norgards sehr ‘kosmisch’ werden lässt.

Susanna Mälkki wird den mannigfachen Facetten dieser Musik auf imponierende Weise gerecht; die Orchesterleistung lässt keinerlei Wünsche offen.​«

Jean Sibelius (1865–1957) Tapiola op. 112. Sinfonische Dichtung für Orchester

Der Name leitet sich vom finnischen Waldgott Tapio ab, da sich das Stück insgesamt in seiner Thematik mit dem Wald, dessen Wahrnehmung und dessen mythologischer Bedeutung beschäftigt. Wichtig war Sibelius vor allem das Aufgehen der eigenen Persönlichkeit in der Wahrnehmung der wäldlichen Unendlichkeit. So verfasste er für das Werk eine Strophe in deutscher, englischer und französischer Sprache:

Da dehnen sich des Nordlands düstre Wälder Uralt-geheimnisvoll in wilden Träumen;

In ihnen wohnt der Wälder großer Gott, Waldgeister weben heimlich in dem Dunkel.

Die Streicher werden im Stück vielfach geteilt. Herzstück der sinfonischen Dichtung ist eine Unisono-Phrase bei den Streichern zu Beginn des Stückes, deren wenige Töne sich alle im Rahmen einer Quarte bewegen und die sich nur in Sekundgängen entfaltet. Diese Phrase wird anschließend entwickelt und in zahlreichen Instrumentenkombinationen wiederholt. Im Folgenden werden daraus neue Themen abgeleitet und das Anfangsmotiv immer weiter variiert.

Zum Höhepunkt des Geflechts aus strömenden und einfallsreichen Motiven gelangt das Werk über eine 40 Takte währende aufsteigende Crescendo-Passage der Streicher, worauf das gesamte Orchester einsetzt. Nach sprudelnden Passagen der Holzbläser und Streicher folgt der Schlussteil, der wiederum auf der Grundphrase basiert und auf einem H-Dur-Akkord der Streicher endet.

Die Antwort der Holzblasinstrumente betont die Öde der Stimmung. Der abrupte Schlag der Blechbläser setzt die Phase Allegro moderato in Gang. Die Vieldeutigkeit setzt sich fort, während die Musik zwischen h-Moll und Gis-Moll schwebt. Gis kann auch als ein Ton der h-dorischen Skala interpretiert werden.

Die Antwort der Holzblasinstrumente führt in eine Phase, für die Sibelius in seinen alten Tagen eine programmatische Interpretation gab. Er erzählte seinem Schwiegersohn Jussi Jalas, dass „an der Stelle kommen die Kobolde und die Waldtiere“.spielerischer. Die Schatten werden länger und aus den Fragmenten entfaltet sich nach und nach eine mehr hymnenartige Phase, in der die Streicher edel klingen und echt sibelianisch in einem hohen Register, ein wenig wie in der Symphonie Nr. 7. Der Donner der Blechblasinstrumente ändert die Stimmung ruckartig. Es ist, als ob es aufblitzte und donnerte.

Jetzt beginnt eine lebhaftere allegro-Phase. In der Phase Allegro moderato ist der Puls langsamer und tiefer. Schließlich startet die letzte große Steigerung. In den Tremolos der Streichinstrumente und den brüllenden Effekten der Blechblasinstrumente ist Sibelius am dramatischsten und am originellsten. Tapiola war seine letzte symphonische Dichtung und die lange bearbeitete Symphonie stellte den Komponisten nie so sehr zufrieden, dass er sie für die Veröffentlichung hätte vollenden können.

Tapiola blieb Sibelius’ letztes großes Meisterwerk. „Auch wenn Sibelius nichts anderes komponiert hätte, dieses Werk wäre ausreichend, um ihm einen Platz unter den Großmeistern aller Zeiten zu garantieren“. Das Auditorium schloss sich dieser Feststellung an und spendete den Protagonisten den gebührenden Schlussapplaus für ein Konzert, dessen Höhepunkt Ammanns beeindruckendes, von einem gebürtigen Luzerner gespielten Klavierkonzert war.

Text: leonardwuest.ch

Fotos: https://www.lucernefestival.ch/de

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vlnr Solist Andreas Häfliger Komponist Dieter Ammann und Dirigentin Susanna Mälkki Foto Peter Fischli

Susanna Mälkki Dirigentin

Die Protagonistinnen geniessen den verdienten Schlussapplaus

 

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