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Maifestival Rellingen, 13. Mai 2022, Feierliches Eröffnungskonzert, besucht von Léonard Wüst

Die Musikerinnen sind startbereit Foto Wolfgang Gaedigk
Die Musikerinnen sind startbereit Foto Wolfgang Gaedigk

Ausführende und Programm:
Andreas Brantelid                  Violoncello
Ingemar Brantelid                  Violoncello
Mette Hanskov                       Kontrabass
Misa Hasegawa                     Klavier
Irina Kulikova                         Gitarre
Luz Leskowitz                        Violine
Solenne Païdassi                   Violine
Aylen Pritchin                         Violine
Joachim K. Schäfer               Trompete
Oliver Schmidt                       Cembalo
Aroa Sorin                              Viola

CARL PH. E. BACH (1714 – 1788)
Konzert für Violoncello, Streicher und Continuo in A-Dur
ANTONIO VIVALDI (1678 – 1741)
Concerto für Gitarre, Streicher und Continuo in D-Dur
VICENZO BELLINI (1801 – 1835)
„Variations sur NORMA“ für Kornett und Streicher,
Bearb. von J.B. Arban
PAUSE
MAX BRUCH (1838 – 1920)
„Kol Nidrei“ für Violoncello und Streicher
MARIO CASTELNUOVO TEDESCO (1895 – 1968)
Fantasia für Gitarre und Klavier op.145
FRANCISCO TARREGA (1852 – 1909)
„Recuerdos de la Alhambra“ für Gitarre
CAMILLE SAINT-SAENS (1835 – 1921)
Septett für Trompete, Klavier, Streichquartett
und Kontrabass in Es-Dur, op. 65

 

Dass die treuen Besucher des Mai Festivals nach zwei Jahren Pandemie bedingtem Unterbruch «ihr» Festival sehnlichst zurück erwartet hatten, manifestierte sich schon an der grossen Ansammlung der Leute vor der Kirche, die sich lange vor Türöffnung dort eingefunden hatten und dem Eröffnungskonzert entgegenfieberten.

Feierliches Eröffnungskonzert

Marc Trampe frischgewählter Bürgermeister der Gemeinde Rellingen und  Schirmherr des Festivals begrüsst die Konzertbesucher
Marc Trampe frischgewählter Bürgermeister der Gemeinde Rellingen und Schirmherr des Festivals begrüsst die Konzertbesucher

Neu ist Marc Trampe, frischgewählter Bürgermeister der Gemeinde Rellingen, Schirmherr des Festivals. Er war es auch, der die Besucher willkommen hiess in der praktisch vollen Rellinger Kirche.

Kleine, kurzfristige Programmänderung

Mit leichtabgeändertem Programm entführten uns die Musiker*innen in die Welt der Kammermusik. Diese Programmumstellung, Tschaikowskis «Rokoko Variationen» anstelle des Konzertes für Violoncello, Streicher und Continuo in A-Dur von Carl PH. E. Bach, bot dem, erstmals am Maifestival engagierten Cellisten Andreas Brantelid, beste Gelegenheit, sein immenses Können zu demonstrieren.

Zwei Generationen in einem Team

Vater und Sohn Andreas Brantelid Violoncello links Ingemar Brantelid Violoncello
Vater und Sohn Andreas Brantelid Violoncello links Ingemar Brantelid Violoncello

Als Sohn des seit vielen Jahren Maifestival erprobten Cellisten Ingemar Brantelid, ist er, im positiven Sinne, musikalisch «vorbelastet». So strahlte denn auch der Vater, obschon sein Sohn ihm ja fast etwas die Show stahl. Intendant und Leiter Luz Leskowitz ist es gelungen, nach Solenne Paidassi und Aylen Pritchin, beide Violine, erneut jüngeres Musikerblut in die Arterie des Ensembles zu integrieren. Mit Aroa Sorin ist, aufgrund des Hinschiedes von Wladimir Mendelssohn (1949 – 2021), eines langjährigen Weggefährten von Luz, die Viola neu, wie man hörte, sehr gut besetzt.

Überraschende, aber gelungene  Ergänzung des Ensembles durch eine Gitarre

Misa Hasegawa Klavier links und  Irina Kulikova Gitarre
Misa Hasegawa Klavier links und Irina Kulikova Gitarre

Beim Vivaldi Konzert D-Dur op.12 Nr. 15 ergänzte Irina Kulokova mit ihrer Gitarre das Ensemble der Streicher und so erklangen für einmal eher ungewohnte, sehr interessante, überraschende Klangbilder unter der Kuppel des Rellinger Musiktempels.

Jean- Baptiste Arban Variationen für Kornett und Streicher über Themen
aus der Oper Norma von V. Bellin

Joachim K. Schäfer Trompete mit Ingemar Brantelid am Cello
Joachim K. Schäfer Trompete mit Ingemar Brantelid am Cello

Als dann bei den  Variationen für Kornett und Streicher über Themen
aus der Oper Norma von V. Bellini der Dresdner Joachim K. Schäfer  mit seinem absolut klaren, runden Ton das Ensemble ergänzte und die «Casta Diva» variierte, war ein weiteres Ausrufezeichen dieses Maifestivals schon vor der anschliessenden Pause gesetzt und mit langanhaltendem Applaus belohnt worden.

Angeregte Diskussionen vor der Kirche wàhrend der Pause
Angeregte Diskussionen vor der Kirche wàhrend der Pause

Während dieser Pause unterhielt man sich angeregt, mit mehr und weniger einem bekannten Konzertbesuchern, dies bei angenehmen Frühlingswetter vor der Kirche, bevor man sich wieder in diese begab, für den zweiten Konzertteil.

Max Bruch “Kol Nidrei” für Violoncello und Streicher

Die Protgonistinnen agieren hochkonzentriert
Die Protgonistinnen agieren hochkonzentriert

Max Bruchs Kol Nidrei gehört neben dem populären 1. Violinkonzert zu seinen berühmtesten Kompositionen. Das wehmütige Adagio nach hebräischen Melodien entstand 1880 für den Cellisten Robert Hausmann. Es verarbeitet zwei alte jüdische Gesänge, deren außerordentliche Schönheit den Protestanten Bruch nach eigener Aussage tief bewegte. Der tenorale Celloklang ist das ideale Medium für die Stimme eines jüdischen Kantors, und so liefert Kol Nidrei bis heute jedem Cellisten eine wunderbare Vorlage für das Singen auf seinem Instrument, also das ideale Terrain für Andreas Brantelid um seine Virtuosität erneut zu demonstrieren, kongenial getragen von seinen Mitmusiker*innen.

Mario Castelnuovo Tedesco Fantasia für Gitarre und Klavier op.145

Irina Kulikova Gitarre
Irina Kulikova Gitarre

Gitarristen haben eines gemeinsam: Sie leiden darunter, dass die Literatur für ihr Instrument nicht besonders groß ist. Das betrifft vor allem die Kammermusik. Nicht viele wirklich brauchbare Komponisten widmeten sich gebührend diesem Instrument, das doch zu so melancholischen bis feurig-wilden Klängen imstande ist. Mario Castelnuovo-Tedesco (1895–1968) ist einer von ihnen.

Das einfallsreich komponierte Quintett, das sich am ehesten mit neoklassizistisch bis neoromantisch ohne Biederkeit beschreiben lässt, führen sie sauber aus, die Flageoletts (mit denen weiß Tedesco eine Menge anzufangen!) kommen sehr fein, der Ton ist durchweg edel. Becker präsentiert seine hervorragende Technik. Vielleicht wünscht man sich hier und da mehr heißes Blut, gerade bei den spanischen Passagen, etwas mehr Mut, mehr Tempo, mehr Extreme.

Die völlig unterschätzte Fantasia op. 145 für Gitarre und Klavier, ein fabelhaftes Werk mit impressionistischen Landschaften, wie man sie nur selten auf der Gitarre hört, gelingt Irina Kulikova und Misa Hasegawa außerordentlich gut. Die Klangmischung zwischen dem filigranen Gitarren-Sound und dem voluminösen Klavierklang ergänzt sich perfekt, was auch das Auditorium so sah und die beiden Damen dementsprechend mit Applaus belohnte.

Francisco Tárrega “Recuerdos de la Alhambra” für Gitarre

Dieses klassische Gitarrenwerk ist eine der größten Herausforderungen für jeden Gitarristen, weil die Melodie als Tremolo gespielt wird und gleichzeitig ein variabler Basslauf zu spielen ist – und das alles ziemlich schnell. Dadurch entsteht allerdings ein wunderbar voller Klangteppich und man hat das Gefühl, es würden zwei Gitarren gleichzeitig spielen. Ein Genuss für jeden Liebhaber spanischer Gitarrenmusik.

Die Tonart ist a-Moll, doch wie es sich für jedes ordentliche spanisch-romantische Gitarrenstück gehört, gibt’s auch einen grandiosen Mittelteil in Dur, der einen wirklich mitnimmt. Ein perfektes Werk für Irina Kulikova ihr ganzes Können zu demonstrieren, perfektes russisches Handwerk mit einem Schuss andalusischer Genialität.

Camille Saint-Saens  Septett für Trompete, Klavier, Streichquartett
und Kontrabass in Es-Dur, op. 65

Luz Leskowitz und Bassistin Mette Hanskov durchforsten die Partitur
Luz Leskowitz und Bassistin Mette Hanskov durchforsten die Partitur

Dieses Werk zeigt auf, was der Grandseigneur der französischen Spätromantik für die Entwicklung der Instrumentalmusik in seiner Heimat getan hat. Saint-Saëns setzte es sich zum Ziel, durch regelmäßige Uraufführungen von eigenen Werken und solchen junger Komponisten die französische Kammermusik zu fördern und vom erdrückenden Vorbild der „Musique germanique“, der deutschen Kammermusik von Beethoven bis Brahms, zu befreien.
Unter den Stücken, die so im Laufe der Jahre entstanden, huldigten nicht wenige einem neobarocken Stilideal, d.h. sie versuchten, die Formen der Barockmusik mit den harmonischen Mitteln des späten 19. Jahrhunderts zu verbinden. Unter den Werken dieser Richtung ist das Septett von Saint-Saëns, 1879/80 für die Pariser Gesellschaft Die Trompete, komponiert, das brillanteste und zugleich ironischste. Nichts scheint hier ganz ernst zu sein. Der Komponist des Karnevals der Tiere hat hier seinen „Karneval der Stile“ geschrieben.

Bassistin Mette Hanskov und Pianistin Misa Hasegawa geniessen den Applaus
Bassistin Mette Hanskov und Pianistin Misa Hasegawa geniessen den Applaus

Schon gleich das einleitende Préambule zieht die Attitüde einer barocken Ouvertüre mit langsamer Einleitung und Fuge keineswegs dezent durch den Kakao. Auf den pompösen Unisono-Anfang folgt ein Fanfarensolo der Trompete, während das Klavier sich etwas unpassend im Stil des Virtuosen Konzerts gebärdet. Die Fuge schafft Ordnung. Sie behandelt ihr Thema in der Manier von Schumanns Klavierquintett – ein Seitenhieb auf deutsche Gründlichkeit. Romantische Episoden durchbrechen die barocke Motorik, die gegen Ende fröhliche Urständ feiert.
Das Menuett bedient sich noch plakativer als der erste Satz barocker Klischees. Versatzstücke aus dem Baukasten eines Lully oder Händel werden zusammengewürfelt, um unversehens dem Ton eines Schumann-Nachtstücks Platz zu machen. Die beiden Ebenen sind mit bewundernswerter Klarheit durchgehalten, bis das Trio eine elegante Melodie an die Stelle der Ironie setzt.

Das Interméde ist der einzige ganz romantische Satz des Werkes: eine Moll-Kantilene über eine Art Bolero-Rhythmus, die von Instrument zu Instrument weitergereicht und bis zu schwärmerischer Ekstase gesteigert wird. Stil und Klang erinnern an romantische Fantasiestücke, was Saint-Saëns jedoch nicht unbedingt ernster nahm als den Pseudo-Barock der übrigen Sätze.

Mit Gavotte et Final lenkte er den Blick zurück zur höfischen Welt des 18. Jahrhunderts, die hier einen Schuss Frivolität aus jüngeren Etablissements mitbekommen zu haben scheint. Im Kaskaden-Feuerwerk des Klaviers würde niemand ohne die Überschrift den Rhythmus der altehrwürdigen Gavotte wiedererkennen. Man würde ihn für einen Galopp alla Johann Strauß halten. Erst der virtuose Abschluss, das eigentliche Finale, führt uns wieder ins sichere Fahrwasser barocker Satztechniken zurück. Man findet sich in einem jener akademischen Fugenfinali wieder, wie sie die Deutschen so sehr liebten und wofür sie von den Franzosen so gerne belächelt wurden.

Für die perfekte Umsetzung der Intentionen des Komponisten zeichneten die folgenden Akteur*innen verantwortlich: Joachim K.Schäfer, Misa Hasegawa, Solenne Paidassi, Luz Leskowitz, Aroa Sorin, Ingemar Brantelid und Mette Hanskov.

Das Publikum bedankte sich mit einem langanhaltenden Schlussapplaus für das begeisternde Eröffnungskonzert.

After concert Réunion bei Managing Owner Captain Thomas Pötzsch und seiner Frau Ulrike

Luz Leskowitz Violine begleitet von Misa Hasegawa beim after concert meeting bei Managing Owner Captain Thomas Pötzsch
Luz Leskowitz Violine begleitet von Misa Hasegawa beim after concert meeting bei Managing Owner Captain Thomas Pötzsch
In deren aussergewöhnlichen Location, einer nachgebauten Schiffsbrücke, die normalerweise der sehr ungewöhnlich – exklusive Arbeitsplatz der ca. 40 Mitarbeiter*innen  der CTP.BIZ GmbH https://www.ctp.biz/ctpbiz  am Standort Rellingen ist, laden die grosszügigen Rellinger Kulturförderer jeweils nach dem ersten Maifestival Konzertabend zu Häppchen und ausreichend Tranksame, umsorgt von äusserst netten und kompetenten Cateringmitarbeiter*innen. «Zufälligerweise» steht dort auch ein E Piano und so dauert es auch nicht zu lange, bis jemand, der ebendiesem Töne entlocken  kann, sich hinsetzt und in die Tasten greift. Diesmal ist es Misa Hasegawa die den Anfang macht und von Joachim K.Schäfer auf der Trompete supportiert wird.
Solenne Païdassi Violine begleitet von Misa Hasegawa beim after concert meeting bei Managing Owner Captain Thomas Pötzsch links
Solenne Païdassi Violine begleitet von Misa Hasegawa beim after concert meeting bei Managing Owner Captain Thomas Pötzsch links

Anschliessend greift sich Solenne Paidassi die Stradivari von Luz, die sie, so der Meister, vorher noch nie in der Hand hatte, was, so denk ich mal, ausser von den Musikern, von niemandem bemerkt wurde. So wurde auch hier musiziert, während man sich angeregt austauschte und die Häppchen und Getränke genoss, dies alles in sehr lockerer, familiärer Atmosphäre. Alles in allem von A bis Z ein perfekter Auftakt ins Rellinger Maifestival 2022.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Léonard Wüst und Wolfgang Gaedigk https://www.mrk-rellingen.de/maifestival.html

http://www.luz-leskowitz.at/index.html

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Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

Die Musikerinnen geniessen den Schlussapplaus

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A+ Modenschau – kreative Plattform für den Hamburger Designnachwuchs

„Shine und Sein“ ist das Thema der aktuellen Modenschau am 23. Juli 2022
von Studierenden aus dem Studiengang Modedesign der HAW Hamburg. In drei
Staffeln (um 13.00, 16.00 und 19.00 Uhr) präsentieren sie in einer
inszenierten Show ihre aktuellen Studienprojekte und Abschlussarbeiten in
diesem Jahr in der Kulturkirche Altona.

„In den vergangen zwei Jahren 2020 und 2021 musste die A+ Modenschau im
digitalen Raum stattfinden“, sagt Prof. Jürgen Frisch, Professor für
Modedesign an der HAW Hamburg. „Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir in
diesem Sommer wieder in Präsenz und hautnah die Arbeiten unserer
Studierenden und Absolvent*innen zeigen können.“
Seit über zehn Jahren veranstaltet der Studiengang Modedesign mit Sitz auf
dem Campus Armgartstraße im Sommer die Modenschau A+ im großen Stil. In
traditioneller Weise fand diese sonst in der Handelskammer Hamburg statt.
Die Studierenden organisieren diese Veranstaltung selbstständig und
eigenverantwortlich mit Unterstützung ihrer Professor*innen. Jedes Jahr
steht ein anderes Thema im Fokus der Designarbeiten. In diesem Jahr
beschäftigten sich die angehenden Modedesigner*innen mit Fragen der
Durchlässigkeit. Sie möchten jegliche Art von Körper- und Genderkonzept
durch die Mode einen Raum geben.

WO UND WANN?

WO: KULTURKIRCHE ALTONA, MAX-BRAUER-ALLEE 199, 22765 HAMBURG
WANN: SAMSTAG, 23.07.2022, 13:00 UHR, 16:00 UHR UND 19:00 UHR
Medienvertreter/innen können sich für die Modenschau akkreditieren: presse
@haw-hamburg.de

TICKETS UND WEITERE INFORMATIONEN

Online unter: https://www.ticketmaster.de/artist/a-modenschau-
tickets/926234

Kontakt: @fashion.design.hamburg
Website: https://aplus-show.com/#/

KONTAKT

HAW Hamburg
Fakultät Design, Medien und Information (DMI)
Hendrike Schmietendorf
Kommunikation
T +49 40 428 75 36 34
M +49 170 90 717 91
hendrike.schmietendorf@haw-hamburg.de

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Sommerlicher «Vitello Tonnato» angerichtet von Herbert Huber

Ein aus dem Piemont stammender Antipasto: Vitello tonnato
Ein aus dem Piemont stammender Antipasto: Vitello tonnato

Das Sommergericht «Vitello Tonnato» möchte ich gerne mal selber zubereiten. Auf was muss ich beim Einkauf achten? Ist alles sehr aufwändig? Gibt es nicht sogar eine klassische Variante? Fragte mich kürzlich eine Bekannte.

Die erste schriftlich hinterlegte Erwähnung des „Vitello tonnato“ erschien 1891. Pellegrino Artusi (Autor)  Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Geniessens, bereitete ein Gericht aus «geschmortem» Kalb und einer Sauce aus Sardellen, Thunfisch, Kapern zu. Sehr viel Sorgfalt ist bei der Zubereitung von Vitello Tonnato angesagt.

Auch die Zeit spielt beim Kalbfleisch eine entscheidende Rolle. Es ist nicht stundenlang geschmortes Fleisch. Sonst kann das Vitello tonnato schnell eine eher trockene Angelegenheit werden. Ein weiterer Trick, um das kostbare Kalb vor dem Austrocknen zu bewahren, ist die Fettschicht. Bereits beim Kauf sage ich dem Metzger, er dürfe ohne weiteres ein bisschen Fett dranlassen. Dieses Fett hält das Stück erst recht saftig.

Zwei bewährte Vorschläge

Vitello tonnato W.R.wagner
Vitello tonnato W.R.wagner

Variante 1 - Klassisches Rezept für 4 Personen: 150 gr abgetropfter Thunfisch aus der Dose, 500 gr Kalbsnierstück od. Tafelspitz, 1 kleine Karotte, 1 Rippe Stangensellerie,1 kleine Schalotte,1 kleiner Rosmarinzweig, Bratbutter zum Anbraten. 1dl Weisswein. 1dl Bratensaft. 4 Sardellenfilets. Salz und Pfeffer. Kapernäpfel und Cherry Tomaten für die Garnitur. Salz, Pfeffer

Gemüse in Würfel schneiden. In einem Schmortopf Bratbutter erhitzen, Gemüse kurz dünsten. Herausnehmen. Fleisch mit Salz und Pfeffer würzen und von allen Seiten anbraten. Den Tunfisch, das Gemüse und Rosmarinzweig in den Schmortopf geben. Weisswein und Bratensaft dazu. Alles mit dem Fleisch zugedeckt im vorgeheizten Backofen bei 150 Grad zirka 20 Minuten garen. Wiederholt mit dem Saft übergiessen. Mit dem Fleischthermometer bis zu einer Kerntemperatur von etwa 52° C weitergaren, etwa 20 Min. Das Fleisch soll innen noch rosa sein. Das Fleisch herausnehmen und zugedeckt erkalten lassen.

Sauce Variante 1:

Vitello tonnato 3
Vitello tonnato

Mit dem Stabmixer den übrig geblieben Fond mit dem Gemüse usw. fein pürieren und allenfalls mit etwas Mayonnaise verfeinern. Gut mixen. Abschmecken mit etwas Zitronensaft. Das ist die originale Variante. Die Sauce wird durch den Bratensaft kräftiger.

Variante 2: Das Fleisch, anstatt zu braten ca. ¾ Std sanft köcheln. Bis Kerntemperatur 52°.

Vitello tonnato 1
Vitello tonnato

Die Sauce: 200 g Mayonnaise, 200 g Thunfisch aus der Dose, 3 TL Kapern gewässert, 4 Sardellenfilets. Alle Zutaten im Mixerglas fein pürieren. Falls Sauce zu dick ist, mit ein paar Esslöffeln Weisswein (verdünnen). Zitronensaft, Salz und Pfeffer zum Abschmecken. Geht auch ausgezeichnet mit Pouletbrüstchen – dann heisst es logischerweise „Pollo Tonnato“. Im Gegensatz zum Kalbfleisch muss das Poulet durchgegart sein. Also keinesfalls „rosa“.

Das Anrichten von Vitello tonnato:

Vitello tonnato Thommy und Sabine Weiss
Vitello tonnato Thommy und Sabine Weiss

Soll man nun das Vitello tonnato beim Anrichten mit der Sauce ganz bedecken? Kann man und so wird es auch vielerorts auch aufgetischt. Oft wird dann das Gericht zur Wundertüte – dann eben, wenn der Koch allfällige Sünden mit der Sauce zudeckt. Ich bereite mit der Sauce einen Spiegel zu und lege das noch leicht rosa Fleisch gefällig angerichtet (überschlagen) darauf. Zusätzlich noch Sauce separat. Dekor? Nach Belieben mit Kapern, Oliven, Zwiebeln, Tomaten ausgarnieren. Der passende Wein zu diesem sommerlichen Gericht ist für uns der Roero Arneis – ein süffiger Piemonteser.

Text www.herberthuber.ch

Fotos: www.pixelio.de

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Ein aus dem Piemont stammender Antipasto: Vitello
 Vitello tonnato Foto W.R.wagner Vitello tonnato Foto W.R.wagner
Ein aus dem Piemont stammender Antipasto: Vitello tonnatoVitello tonnato
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Theater Gurten, flöört.ch – Flirten lernen in 90 Minuten, besucht von Léonard Wüst

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) erwartet seit dem 22. Juni 2022 auf dem Berner Hausberg seine motivierten Teilnehmer*innen zum «Flöört-Seminar»!Foto: Hannes Zaugg-Graf
Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) erwartet seit dem 22. Juni 2022 auf dem Berner Hausberg seine motivierten Teilnehmer*innen zum «Flöört-Seminar»! Foto: Hannes Zaugg-Graf

Stück + Regie: Livia Anne Richard
Die Flirt-Profis: 
Unser Flirtcoach Cedric Koch – gespielt von Christoph Keller
Cedric’s Assistentin Binia – gespielt von Beatrix Castellote-Iselin
Alf, der Techniker – gespielt von Arno Jost

Die Kursteilnehmer*innen:
Cloé – gespielt von Cornelia Grünig
Ida – gespielt von Irene Müller-Flück
Kerstin – gespielt von Kathrin Schnegg
Magnus – gespielt von Marc Schiess
Manfred – gespielt von Martin Camenzind
Nayla – gespielt von Natacha Siegenthaler
Nino – gespielt von Nick Herren
Tamara – gespielt von Tiziana Schneider
Ueli – gespielt von Urs Schnegg

Bei «flöört.ch» – einem Theater im  Theater– geht es darum, dass die Kursteilnehmenden aus sich herauskommen und versuchen zu flirten. Während einige Szenen für Lacher sorgen, machen andere nachdenklich. Es werden Augenaufschläge geübt, Flöört-Versuche im Zug durchgespielt sowie Kritik am Flirt-Coach geäussert.

Beste Wetterbedingungen auf dem Gurten, dem Berner Hausberg

Der Autor vor der Gurtenbahn Bergstation
Der Autor vor der Gurtenbahn Bergstation

Für mich persönlich war der Gang auf den Gurten eine Premiere, hatte ich es doch bis anhin noch nie auf den legendären Berg, der von der Höhe her  (858 .Meter ü. Meer) eigentlich eher ein Hügel ist, geschafft.

Seit 1991 findet hier jährlich eines der grössten und traditionsreichsten Open-Air-Festivals der Schweiz statt, das Gurten Festival, seit 2002 alle zwei Jahre auch ein Freilichttheater (Theater Gurten).  Noch bis ins Jahr 2019 wurde jeweils am 1. August das Feuerwerk der Stadt Bern auf dem Gurten gezündet.  Der im Jahr 2000 errichtete Gurten Turm bietet eine Rundsicht von den Berner Alpen im Süden bis zum Jura im Norden.

 

 

 

Grandiose Aussicht vom Berner Hausberg
Grandiose Aussicht vom Berner Hausberg

Man kann die Erhebung per pedes, mit dem Velo, bzw. Mountainbike oder wie wir, bequem mit dem Gurtenbähnli erreichen. ( Eine eingleisige Standseilbahn mit einem Ausweichstück (Abtsche Weiche) in der Streckenmitte. Sie verbindet Wabern bei Bern mit dem Gurten.  Der Bau der Bahn war im Juli 1899 beendet, sie konnte jedoch nicht fahren, weil vor Ort die elektrische Energie fehlte. Am 12. September kam es schliesslich zur Aufnahme des Betriebes und bis zum Ende des Jahres wurden bereits 33’500 Personen befördert).

Oben in der Bergstation angekommen, heisst aber noch nicht Ziel, in unserem Fall, das Theatergelände, erreicht, denn dort stellte sich ein ungemein stotzig steiler Weg dem Vorhaben entgegen, für mich, aktuell mit einer verschleppten Lungenentzündung, die bei diesen hohen Temperaturen das Schnuufen erheblich erschwert, unterwegs, ein vermeintlich unüberwindliches Hindernis.

Optimale Hilfestellung durch die Veranstalter

Die Flöörtbühne ist bereit
Die Flöörtbühne ist bereit

Die scheinbar einzige Alternative wäre ein weniger steiler, dafür längerer Weg und zusätzlich einer Treppe, erschien mir auch kaum machbar in meiner suboptimalen körperlichen Verfassung. Da hatten die Veranstaltenden eine unerwartete, optimale, deshalb umso erfreulichere Variante in petto. Man könne einen Herrn von der https://broncos-security.ch/ beauftragen, mich beim Restaurant, wo wir uns vor der Aufführung verpflegten, mit einem Elektro Rollstuhl abzuholen und auf den «Top of the hill», sprich, zum Theatergelände zu bringen. Meine, mich begleitende Nichte Fleur, vereinbarte mit der netten Dame an der Abendkasse, Cornelia Grünig, die später selbst auch als Schauspielerin agieren würde, dass der Security Mann um 19.55 Uhr beim Restaurant sein würde, um mich aufzuladen.

Der Autor mit Nichte Fleur Fuchs bestens platziert vor der Theaterbühne
Der Autor mit Nichte Fleur Fuchs bestens platziert vor der Theaterbühne

Pünktlich um die vereinbarte Zeit konnte ich dann auf dem komfortablen Gefährt Platz nehmen und Dank Geschick des «Fahrzeuglenkers» und Elektroipower gings zumindest für mich, mühe- aber nicht atemlos den Steilhang hinauf. Wo ich, samt Rollstuhl beim gebuchten Platz «parkiert» wurde, nicht ohne Beteuerung des netten Chauffeurs, mich nach dem Spiel auch sicher wieder den Hang hinunter zur Bahnstation zu bringen, dies, wohlbemerkt, alles völlig kostenlos.

Erleichtert das Theater ums Flirttheater geniessen

Ueli (Urs Schnegg, vorne links) ist gegen seinen Willen im Flirtkurs: Er will nur noch nach Hause. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Ueli (Urs Schnegg, vorne links) ist gegen seinen Willen im Flirtkurs: Er will nur noch nach Hause. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Schon kurz, nach unserer Ankunft begrüsste der sichtlich motivierte Flirtcoach Cedric, von Christoph Keller perfekt verkörpert, das Publikum auf der vollbesetzten Tribüne und erläuterte die vermeintlich optimalen Grundregeln für einen erfolgreichen Flöört. Dafür benötige er aber willige Proband*innen um dies auch visuell und akustisch an den Mann, bzw. die Frau zu bringen.

Konservative Basisregeln

Tamara (Tiziana Schneider) und Magnus (Marc Schiess) üben das Kussmündchen. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Tamara (Tiziana Schneider) und Magnus (Marc Schiess) üben das Kussmündchen. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Denn das Seminar gestaltet sich zu Anfang recht konservativ. Oder um es mit den Worten eines Kursteilnehmers zu sagen: «48 Stutz für dä heteronormativ Guguus, aso ächt!» Der Wechsel zwischen den Rollen der Geschlechter, Witz und Ernsthaftigkeit sorgen dafür, dass das 90-minütige Stück wie im Flug vergeht.

Draufgänger Magnus (Marc Schiess, l.) ist gemäss Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) noch weit entfernt vom perfekten Flöört. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Draufgänger Magnus (Marc Schiess, l.) ist gemäss Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) noch weit entfernt vom perfekten Flöört. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Auf der Plattform flöört.ch haben sich Menschen jeden Alters für einen Kurs im Flirten angemeldet. Nicht nur Singles, sondern auch Paare. Vielleicht auch nur der eine Teil des Paares, ohne Einwilligung des anderen. Von Flirt-Coach Cedric Koch kriegen sie etwas Theorie und dann viel Praxis: In verschiedenen Übungen sollen die Flirt-Willigen lernen, aufeinander zuzugehen, die richtige Körpersprache und den rechten Ton zu finden. Gar nicht so einfach, zumal wir Schweizer*innen bezüglich Flirt-Talent nicht gerade zur Weltspitze zählen.

Geschlechterbilder, Witz und Ernsthaftigkeit

Die Akteur*innen blühen in ihren Rollen auf, setzen die meist sehr amüsanten Dialoge perfekt um und können  dabei manchmal selbst ein Lachen kaum unterdrücken.

Mache Zuschauer*in erkennt sich selbst wieder in der Person, die sich auf dem rotleuchtenden, herzförmigen «Präsentierteller» auf der Bühne abmüht, möglichst originell und vor allem erfolgreich zu karisieren.

Der Obergockel Magnus (machomässige Interpretation durch Marc Spiess), meint, er sei der Womanizer schlechthin, scheitert aber immer wieder mit seiner überheblichen, vermeintlich coolen Anmache.

Cloé (Cornelia Grünig) und Nino (Nick Herren) zeigen den Kursteilnehmenden wie ein perfekter Flöört geht. Foto: Hannes Zaugg-Graf
Cloé (Cornelia Grünig) und Nino (Nick Herren) zeigen den Kursteilnehmenden wie ein perfekter Flöört geht. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Selbst der arg «ehegebeutelte» Pantoffelheld, von seiner Frau Kerstin zum Flöörttermin mitgeschleifte Ueli, (stoisch verkörpert von Urs Schnegg), wurde nicht zum Partycrasher». Er litt und wand  sich mit Würde, aber auch einer  gewissen ausweichlerischen Eleganz durch das ihm widerstrebende Seminar. Er bringt die spröde, trockene Komik aufs Tapet.

So wird denn, auf verschiedenste Arten, unter unterschiedlichen Konstellationen, in wechselnden Besetzungen  der ultimative, erfolgversprechende »Flöört» gesucht, den es, logischerweise, gar nicht geben kann, zu unterschiedlich die Charaktere, die geschlechtlichen Vorlieben, das Alter, die Prioritäten usw. Ein Gschichtli wie im richtigen Leben also, das aber die meisten ohne ständig präsenten, besserwisserischen Flirtberater meistern müssen.

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) und seine Assistentin Binia (Beatrix Castellote) zeigen den Kursteilnehmer*innen wie flirten richtig geht.Foto: Hannes Zaugg-Graf
Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) und seine Assistentin Binia (Beatrix Castellote) zeigen den Kursteilnehmer*innen wie flirten richtig geht.Foto: Hannes Zaugg-Graf

Als sich im Laufe des Spiels herausstellt, dass ja Chloé lieber mit Frauen statt Männern, Mani lieber mit jüngeren Damen, denn mit solchen seinem Alter entsprechenden, flöörten möchten, dass Nino noch immer nicht sicher ist, welchem Geschlecht er sich zuordnen soll und sich schlussendlich der Flirtcoach auch noch als asexuell entpuppt, sind fast alle gängigen Clichées, wenn auch auf sehr amüsante, unterhaltende Art bedient und Mani stellt ernüchtert fest. «Ein asexueller Flirtcoach kommt mir in etwa so vor, wie ein wasserscheuer Schwimmlehrer.»

Ein höchst unterhaltendes, amüsantes Open Air Theater mit ausgezeichneten Ausführenden auf und hinter der Bühne, das wir bei optimalem Wetter geniessen durften und für welches die Protagonist*innen auch die verdiente Anerkennung in Form eoines stürmischen langanhaltenden Schlussapplauses erhielten.

Hatten wir es früher einfacher, oder mein ich das nur durch die „Nostalgiebrille“?

War früher das Flöörten einfacher oder einfach nur natürlicher, spontaner, analog und nicht digital. Noch ein Bier mehr und man getraute sich, die hübsche, nette Dame am andern Tisch, trotz deren Begleitung, um einen Tanz zu bitten, mit der gebotenen, auch angebrachten Höflichkeit, die, so in meiner Erinnerung, damals noch üblich war.

Flöörten fing mit den Augen an; also Du kamst in ein Lokal, ließest den Blick herumschweifen und mit etwas Glück wurde dieser von einer der anwesenden, natürlich attraktiven Damen etwas länger als üblich erwidert, also war der erste Schritt auf den ersten Blick schon mal geschafft, ob und wenn was sich dann jeweils daraus ergab, verrat ich, da nicht Flirtcoach, keinesfalls an dieser Stelle.

Flöörtseminare auf dem Gurten gibt’s noch  bis Ende August.

Kurzer Trailer der Produktion:

media.nau.ch/videos/0bk8EpXjP6zRNxLQqnq2NdeMB9roag7yOD3ZJKW5/video.mp4?ngsw-bypass=true

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: Fleur Fuchs und Hannes Zaugg-Graf  https://www.theatergurten.ch/

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Die Protagonistinnen freuen sich über den langen Schlussapplaus Foto Fleur Fuchs

Flirten lernen in 90 Minuten

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) ist ausser sich – die Annäherungsversuche zwischen Ida (Irene Müller) und Mani (Martin Camenzind) kommen nicht ins Rollen. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Flirtcoach Cedric Koch (Christoph Keller) ist ausser sich, dass Nayla (Natacha Siegenthaler) stets abgelenkt ist. Foto: Hannes Zaugg-Graf

Abendstimmung auf dem Gurten Foto Fleur Fuchs

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