An der Hotelfachschule beinhaltete der Servicekurs auch Getränkegläserkunde. Einerseits war das zum Verzweifeln, andererseits schien es irgendwie logisch, dass man den Wein, die Liköre und die Spirituosen im richtigen Glas serviert. Das passende Glas für den edlen Burgunder wie für den weltberühmten Bordeaux. Dann das Gobelet für den Chasselas aus dem Lavaux und das Elsässerweinglas für den Gewürztraminer. Die Champagnerflûte oder der Schaumweinkelch, das Südweinglas für Porto, Malaga und Marsala. Dann die unzähligen Gläser für die Spirituosen. Vom bauchigen Cognacschwenker bis hin zum gestylten Grappa Glas. Nicht zu vergessen den berühmten Whisky Tumbler oder die diversen Cocktailgläser. So könnte ich Ihnen noch weitere Spezialgläser aufzählen.
Trinkgläser Soriment
Allerdings kann man mit derlei Anschaffungen das Haushaltsbudget arg strapazieren. Auch bei uns gehörte es damals bei den sehr häufigen Einladungen zum guten Ton, die Getränke im dazu passenden Outfit zu servieren. Da brachten wir es doch häufig bei insgesamt acht Gläsern pro Gast bis auf 60 Gläser total. Bei jedem Markenwechsel beim Wein wurde wieder das Glas angepasst, ja, und diese mussten dann auch alle wieder gewaschen werden. Und Kristallgläser gehören definitiv nicht in die Maschine.
Trinkgläser Soriment
Selbst in den Restaurants (ausgenommen in den gehobenen Gourmettempeln) sind heute jedoch, vor allem für die Weine, exklusive Universalgläser im Einsatz. So auch bei uns zu Hause. Champagnerglas, Weissweinglas, Rotwein-Universalglas, Wasserglas. Punkt.
Tipp: Universale Gläser
Trinkgläser Soriment
Man kann sich also für die Weine auf vier bis fünf Gläser beschränken und muss nicht zehn verschiedene Gläser kaufen, um einen optimalen Weingenuss erleben zu können. Für den Rotwein das grössere (etwas bauchige) Glas und für den Weisswein das kleinere.
Edel Besteck Koffer
Auch bei den Likör- und Spirituosengläsern gibt es «Universale». Für alle gilt: Die optimale Qualität gehört ins Glas. Noch ein letzter Tipp für zu Hause, um den Aufwand zu minimieren. Sie planen eine kulinarische Italien-, Spanien- oder Frankreich-Reise. Möchten dabei vier Weine vorstellen. Die erste Flasche ist ausgetrunken. Nun dürfen Sie die neuen Weine in den vorherigen Gläsern servieren. Denn diese sind ja «angeweint» (aviné).
Edelbesteck Set
Diese Idee gilt selbstverständlich nur für zu Hause und unter Freunden. In der Beiz hat man ja (noch) für den Mehraufwand beim Auswechseln der Gläser die Mitarbeiter. Letztendlich zählt die Gastfreundschaft und nicht die Anzahl der Gläser. So gebe ich Ihnen Recht, dass das Haushaltsbudget nicht mit unnötigen Luxusanschaffungen überstrapaziert werden sollte. Auch nicht mit Besteck. Weniger ist mehr, und auch der aufwendige Abwasch wird wesentlich erleichtert.
Und wie steht es mit den Wunschkonzerten bei Einladungen?
Edles Gold Besteck
Ein brandaktuelles Thema welches die Einladenden sehr nerven kann. Was nicht unbedingt zur Vorfreude eines gemeinsamen Essens beiträgt. Also packen wir das Thema an. Als meine Frau und ich nach 30 Jahren den Beruf als Gastgeber und unsere Karriere als Wirtepaar endgültig aufgaben, war unser Freundeskreis logischerweise riesengross. Und wir hatten die Zeit, ab und zu private Einladungen zu gestalten. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch und der damit verbundene Aufwand war es ebenso. Zum Teil kannten wir die kulinarischen Vorlieben der Gäste und kochten mit viel Liebe unsere Vier- bis Fünf-Gänge-Menüs.
Trinkgläser Soriment
Es gab, was es gab. Allerdings liessen wir uns kaum auf kulinarische Eskapaden ein und servierten Innereien oder Meeresfrüchte nur für die Gäste, die diese Spezialitäten über alles liebten. Einmal, ich erinnere mich noch gut, gab es als Vorspeise ein Carpaccio vom Kalbszünglein, nach dem Rezept von Elfie Casty, beliebte Kochbuchautorin in den 1980ern und 90ern. Bei einem Gast kam das Gericht aber gar nicht gut an – Zunge, um Himmels willen! Und einmal wiederum servierten wir ein Stroganoff mit Lammfleisch – der Gast, der sonst kein «Schöfig’s» ass, war in diesem Fall begeistert.Vegetarische oder vegane Vorlieben waren noch kaum ein Thema. Allergien ebenso wenig. Und heute? Ist es salonfähig geworden, nicht mehr alles essen zu wollen oder zu können. Doch wie gehen Gast und Gastgeber am besten damit um?
Das Menü besprechen
Trinkgläser Soriment
Wir waren kürzlich bei einer begnadeten Kochfrau eingeladen. Gleich beim Apéroschwärmte sie vom vorbereiteten Menü. Hausgemachte Pfifferling-Terrine, klare Kraftbrühe mit Steinpilzen, Hirsch-Carpaccio mit Feldnüsslisalat und dann Rehrücken mit Beilagen vom Wild. Meine Frau tat kund, kein rohes Fleisch zu essen, mit der Bitte, auch den Rehrücken nicht zu saignant serviert zu bekommen. Kein Problem: Es gab nur Nüsslisalat und wunderbar à point gebratenes Fleisch.
So mein Rat:
Sie dürfen sich vorher erkundigen, was es zu essen gibt. Sie dürfen sagen, was Sie gar nicht mögen. Bei besonders empfindlichen Gästen kann das Menü diesen auch beizeiten (wegen des Einkaufens) zur «Vernehmlassung» geschickt werden. Dann ist es den Gästen möglich, höflich zu intervenieren, sollte etwas gar nicht gefallen. Etwas komplizierter wird es, wenn Allergien im Spiel sind. Hier das Menü vorher ganz genau absprechen.
Mein Fazit lautet:
Besteck Garnitur
Letztendlich geht es bei Privateinladungen um ein gemütliches Zusammensein. Da ist weniger oft mehr. Gschwellti und eine Käseplatte munden vielen Menschen wie auch Raclette oder Fondue. Oder eine feine Suppe. Oder einen Gemüsekuchen. Großmutters Küche kommt in der Regel auch gut an. Seien wir ehrlich. Mehrheitlich kennt man seine Gäste. Unter kulinarisch Gleichgesinnten beispielsweise kann man auch getrost Vegetarisches oder Veganes für alle auftischen. Bon Appetit und viel Spass beim Gläser spülen.
Ausstellung: Die Bilder und das Leben von Frida Kahlo in einer immersiven Inszenierung.Die neue Lichthalle MAAG eröffnet mit einer Weltpremiere: «Viva Frida Kahlo – Immersive Experience». Die Bilder und das Leben der expressiven Malerin sind Vorlage für die immersive Inszenierung, die mittels Hochleistungsvideoprojektionen, Licht- und akustischer Effekte präsentiert wird. Dank der 360-Grad-Rundumprojektion haben die Besucherinnen und Besucher das Gefühl, sich mitten in den Gemälden und dem Leben der Künstlerin zu befinden.Die neue Lichthalle MAAG ist das erste permanente Museum der Schweiz, das nur immersive Ausstellungen zeigt. Werke grosser Künstlerinnen und Künstler werden illuminiert, animiert, vertont und auf Wände, Decken und Böden projiziert.
Grundsätzliches über diese aussergewöhnliche Persönlichkeit
Frida Kahlo Foto Andi Juchli
Am Anfang von Frida Kahlos Kunst steht eine Tragödie: Am 17. September 1925 kollidiert in der Hauptstadt Mexikos eine Strassenbahn mit einem Omnibus. Die damals 18-jährige Tochter eines aus Süddeutschland eingewanderten Fotografen und einer Mexikanerin aus dem Gliedstaat Oaxaca sitzt auf dem Heimweg von der Schule in jenem Bus.
Die junge Frau wird durch die Wucht des Zusammenpralls quer durch das Fahrzeug geschleudert. Ein stählerner Handlauf bohrt sich von hinten durch ihr Becken und spiesst sie regelrecht auf. Neben der Unterleibsverletzung erleidet sie elf Knochenbrüche am rechten Bein sowie drei weitere Frakturen an der Wirbelsäule und einen Schlüsselbeinbruch.
Sinnvolle Weiternutzung des für eine Zwischennutzung erstellten Tonhalle Provisoriums
Frida Kahlo Foto Andi Juchli
Eigens erstellt für die Abhaltung von Konzerten ab September 2017 während der Renovation der altehrwürdigen, 1895 erbauten und von Johannes Brahms eingeweihten Tonhalle an der Claridenstrasse. Nun, da seit September 2021, also nach vier Jahren und einer etwa halbjährigen Verspätung die Konzerte wieder im, für ca. 175 Millionen Franken renaturierten Stammhaus stattfinden, stellte sich die Frage: Tonhalle MAAG quo vadis?
Allgemeine Befürchtung von Kulturschaffenden
Frida Kahlo Foto Andi Juchli
Das 10 Millionen CHF teure Substitut wird wohl aufgrund des Immobiliendrucks früher oder später abgerissen. Eigentümerin des Maag-Areals ist momentan die Swiss Prime AG, welche wohl eher nicht am Erhalt der Spielstätte interessiert ist. Die einzige Möglichkeit, das als Provisorium erstellte Projekt zu behalten, wäre, wenn die Stadt Zürich die Immobilie erwerben könnte. Noch ist ungewiss, was mit dem Bau passieren wird. Vielleicht wird der Licht/Tonhalle Maag ein ähnliches Schicksal zuteil wie dem Freitag Tower: Dieser wurde 2006 ebenfalls als Provisorium für ein paar Jahre gedacht, und steht heute immer noch standhaft an der Hardbrücke und ist wohl nicht mehr wegzudenken.
Aber manchmal kommt es anders:
Dann kam die MAAG Music & Arts AG vertreten durch Darko Soolfrank als Initiantin des Projektes und Betreiberin der Lichthalle MAAG und Roman Beraneck, der als Creativ Director von Projektil, für den kreativen Inhalt verantwortlich zeichnet.
Dazu verweisen wir über folgende Links auf dementsprechende Informationen:
Aus der Tonhalle MAAG wird die Lichthalle MAAG, das erste permanent betriebene Museum der Schweiz für immersive Kunst. Die Lichthalle MAAG in Zürich eröffnet gleich mit einer Weltpremiere: «Viva Frida Kahlo – Immersive Experience» ist die erste immersive Schau in der Lichthalle MAAG. Sie setzt Leben und Werk der legendären mexikanischen Künstlerin höchst eindrücklich in Szene. Die Premiere von «Viva Frida Kahlo – Immersive Experience» ist Welturaufführung zugleich. Mit 39 Hochleistungsprojektoren werden Kahlos Bilder zum Leben erweckt und auf bis zu 34 Meter lange und 10 Meter hohe Wände, auf die Decke und auf den Boden der Halle projiziert.
Ideale Hallengrösse für Projekte dieser Art
Frida Kahlo Foto Andi Juchli
Mit einer BGF von 5 500 m² ist die Halle bestens geeignet für Projekte wie dieses «Frida Kahlo» Spektakel, bietet genügend Platz für die zahlreichen Besucher, sich zwanglos in der Ausstellung zu bewegen, die grossflächige Show in der Haupthalle, dem vormaligen Konzertsaal zu geniessen. Anschaulich ausführlich, mittels Projektionen, mündlichen Erläuterungen und Musik taucht man ein in das Leben und Werk dieser, in jeder Hinsicht, aussergewöhnlichen, starken Persönlichkeit, die die der Tragik ihres Lebens in einen, nicht nur optischen, Triumph umwandelte.
Frida Kahlo Foto Andi Juchli
Zitat der Veranstalter: Die immersive Inszenierung ist dramaturgisch aufgebaut und erzählt die Geschichte sowohl der Malerin als auch der Person Frida Kahlo. Eine Sprecherin in der Rolle der Künstlerin führt mit Originalzitaten durch das Geschehen. Ein eigens komponierter Soundtrack untermalt die immersive Inszenierung akustisch. In langwierigen Verhandlungen gelang es dem für das neue Zürcher Museum verantwortlichen Joint Venture, die Rechte an Frida Kahlos Bildern für immersive Zwecke zu erwerben. Es ist das erste Mal, dass ihre Werke ausserhalb von Mexiko auf diese faszinierende Weise inszeniert werden. Bereits ist «Viva Frida Kahlo – Immersive Experience» für die Ausstellung in weiteren Städten Europas gebucht worden. Zitatende.
Genug Zeit für den Rundgang einplanen
Beim Rundgang, für den man sich mindestens lohnende 60 Minuten Zeit nehmen sollte, taucht man ein in eine fantastische, farbenprächtige Welt, die sich Frida, trotz ihrer tragischen Lebensgeschichte erschaffen hat. Die frühen Werke haben viel von naiver Malerei, Portraitmalereien wie sie in Meso Amerika relativ oft, allerdings nicht so farbenfroh, zu finden sind.
Geeignet für Familienausflug mit Kind und Kegel
Die animierte 360-Grad-Multimediaschau ist massentauglich, begeistert Rentner ebenso wie Kinder und «normale» Erwachsene sowieso, ist also ebenso gut geeignet für einen Familienausflug wie ein Zoobesuch.
Pixel können das Original nicht wirklich ersetzen
Frida Kahlo Foto Andi Juchli
Im Grunde machen diese Ausstellungen, untergebracht zumeist in praktischen Industriehallen, das genaue Gegenteil von einem Kunsthaus, das seine Werke hinter goldenen Türen verschliesst. Der skeptische Blick von Kunstkennern ist vorbestimmt. Pixel, das ist aber auch den Betreibern klar, können das Original nicht ersetzen. In den Projektionen verlieren sich plastische Pinselstriche, die Struktur, nicht einmal Grösse und Format lassen sich ablesen. Trotz allen Vorbehalten lohnt sich ein Besuch, können sich doch auch nicht grad Museen affine Personen auf irgendwie spielerische Art Kunst annähern und dadurch auch animiert werden, mal eine Ausstellung in einem «richtigen» Museum zu besuchen.
Hector Berlioz (1803 – 1869) Ouvertüre zur Opéra comique «Béatrice et Bénédict» – Camille Saint-Saëns (1835 – 1921) Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 D-Dur op. 17 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 g-Moll op. 22 – Richard Wagner (1813 – 1883) Vorspiel zur Oper «Die Meistersinger von Nürnberg» – Christoph Willibald Gluck (1714 – 1787) «Ballet memes contraire» aus der Oper «Iphigénie en Tauride» – Camille Saint-Saëns Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 c-Moll op. 44
Gleich drei Weltklassepianist*innen am gleichen Abend im selben Konzert ist schon etwas sehr Außergewöhnliches.
Hector Berlioz Ouverture zur Opéra comique «Béatrice et Bénédict»
»Die hervorstechendsten Merkmale meiner Musik sind leidenschaftlicher Ausdruck, inneres Feuer, rhythmischer Schwung und Unvorhersehbarkeit« äußerte sich Hector Berlioz hinsichtlich der Spezifik seiner musikalischen Schöpfungen. Berlioz, der genialische Egozentriker, der Unbequeme, der viel Geschmähte, war in seiner musikalischen Vision seiner Zeit weit voraus.
Berlioz` Experimentierfreude
Fabien Gabel Dirigent
Die Experimentierfreude von Hector Berlioz, was das Beschreiten neuer musikalischer Wege betrifft, fand insbesondere im Falle seiner Musiktheaterwerke zu seinen Lebzeiten nie den gebührenden Widerhall. Im August 1862 anlässlich der Eröffnung des Neuen Theaters in Baden-Baden uraufgeführt, war auch »Béatrice und Bénédict« nur eine kühle Aufnahme vergönnt. Dabei zeichnet sich diese Partitur, ganz abgesehen von der inspirierten Ouvertüre, durch eine Vielzahl kostbarer musikalischer Parts aus und ist dabei – analog dem Shakespeareschen Text – auf eine so subtile Art geistreich-witzig, dass sie von vielen Kennern heute als eine Erweiterung des Genres der opéra-comique genommen wird. Der französischstämmige Dirigent Fabien Gabel gab mit diesem Werk einen funkensprühenden Einstand als Gastdirigent des KKL Residenzorchesters, was sich auch durch den Applaus des Publikums manifestierte.
Camille Saint-Saëns Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 D-Dur op. 17
Nareh Arghamanyan Solistin Klavierkonzert Nr. 1
Das 1. Klavierkonzert hat einen Hang zum Virtuosen Konzert, dies gilt vor allem für den 3. Satz. Dennoch ist das Werk geprägt von einem starken klassizistischen Form Sinn. Der Hornruf der Andante-Einleitung wird zum wesentlichen Bestandteil des folgenden Allegro assai Hauptteils, indem er in Lisztscher Manier durch rasante Arpeggien im Klavier verarbeitet wird. Dieser Hornruf erscheint außerdem am Ende des 3. Satzes und bildet die Klammer des Werkes.
Der Mittelsatz gibt der Solistin Raum zur Entfaltung. Auffallend sind vor allem die Solokadenzen, die häufig ohne Taktstriche notiert sind. Das deutlich reduzierte Orchester tritt in den Hintergrund, es dient vor allem als Bindeglied zwischen den ausgedehnten Klavierpassagen. In ihnen tritt auch die ungewöhnlich fortschrittliche Harmonik am deutlichsten hervor. Die Armenierin Nareh Arghamanyan, im zitronengelben Abendkleid, spielt die Partitur introvertiert diskret, behauptet sich zurückhaltend entgegen dem Orchester. Dafür glänzt sie im im zweiten Satz durch ihr transparentes Spiel, wenn auch mit etwas viel Pedaleinsatz.
Der Schlusssatz dann wird geprägt durch eine extrovertierte Virtuosität, die durch Solistin emotional ausgespielt wurde, immer getragen von einem engagierten Orchester. Das beeindruckte Auditorium geizte denn auch nicht mit reichlich Applaus, bevor es sich in die Foyers in die erste von zwei Pausen begab.
Camille Saint-Saëns Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 g-Moll op. 22
Kit Armstrong Piano
Völlig anders packt der amerikanische Pianist Kit Armstrong zu. Er setzt die Harmonien knallhart glasklar, perlt sich kraftvoll durch die Laufkaskaden, zurückhaltend mit dem Pedal ergibt das einen unverfälschten, satten Pianoklang, der auch im fulminanten Schlussteil Bestand hält und seine Mitmusikerinnen mitreisst durch das virtuose Klanggebilde des französischen Komponisten. Hatte zuvor die Armenierin ihr Werk fast analytisch seziert, fegte der Amerikaner nur so durch die Partitur. Der begeistere Applaus der Besucher war ihm sicher.
Richard Wagner Vorspiel zur Oper «Die Meistersinger von Nürnberg»
Fabien Gabel in Aktion Symbolbild
Dieses Werk entstand nicht in Zürich, Venedig oder auf Tribschen, wie z.B. «Tristan und Isolde», sondern inspiriert durch eine Marienstatue in Venedig, worauf Wagner das Libretto zur Oper innert 30 Tagen in Paris niederschrieb. Und das Orchester intonierte diese Ouvertüre richtig «wagnerianisch»: wuchtig, aufbrausend mächtig, richtig teutonisch eben, was dem Auditorium, am Applaus gemessen, durchaus auch Spass machte und es gutgelaunt in die zweite von zwei Pausen entliess.
Christoph Willibald Gluck «Ballet memes contraire» aus der Oper «Iphigénie en Tauride»
Der Intendant des Luzerner Sinfonieorchesters, Numa Bischof Ullmann betrat die Bühne und verkündete eine spontane Programmänderung. Aufgrund des kürzlichen Hinschiedes (1. November 2021) des brasilianischen Starpianisten und vielfachen Gastmusikers des Luzerner Orchesters, Oscar Freire, spiele der nun auftretende argentinische Pianist Nelson Goerner, ein enger Freund Freire`s, das von diesem besonders geschätzte Werk von Jan Paderewski, die Nocturne Opus 16 Nr. 4 anstelle des Gluck Werkes. Man bitte aber darum, aus Respekt vor dem Verstorbenen, auf den Applaus zu verzichten, es folge dann umgehend das zum Schluss vorgesehene Klavierkonzert Nr. 4
Camille Saint-SaënsKonzert für Klavier und Orchester Nr. 4 c-Moll op. 44
Nelson Goerner Klavier Foto Marco Borggreve
Das vierte Konzert übertrifft alle anderen an Tiefgang und formaler Raffinesse deutlich. So wird in diesem zweisitzigen Werk, das einige Konzepte der berühmten Orgelsymphonie vorwegnimmt, z.B. das schwer lastende Hauptthema des Beginns. Das Thema und Urmotiv des gesamten Konzerts wird zu Beginn des Satzes im Allegro von den Streichern vorgestellt. Es stellt ein vom Komponisten bearbeitetes französisches Lied dar. Dialogisch entwickeln nun Orchester und sich immer virtuoser steigerndes Soloklavier das Thema. Es erklingt schließlich fortissimo in majestätischem c-Moll, bevor es von Holzbläsern und Klavier scherzhaft mit sprunghaften Läufen abgewandelt wird. Statt der Sonatenform wendet Saint-Saens die Kompositionstechnik der Variation und Verarbeitung an, so dass das ganze Konzert im übertragenen Sinne als Durchführung des Urmotivs angesehen werden könnte später als Scherzo paraphrasiert.
Nelson Goerner vereint die Introvertiertheit der Armenierin und die Extrovertiertheit des Amerikaners
Beide Stücke haben die zeitgenössischen Hörer eher überfordert. Nelson Goerner bewegt sich temperamentsmässig in etwa in der Mitte von Nareh Arghamanyan und Kit Armstrong. Ein Übergangsteil, bestehend aus zu Arpeggien aufgebrochenen Akkorden, führt zu einer lyrischen Variante des Liedes. Diese stellt den zweiten Teil des Konzerts und somit den Andante-Teil des ersten Satzes dar. Die piano vorgetragene Weise wird in der Folge vom romantisch-elegischen Klavier umspielt. Im fünften Teil des Konzerts wird diese lyrische Form des Themas wieder aufgenommen und majestätisch gesteigert.
Herausfordernde grossgriffige Harmonien
Eine erste Steigerung erfährt es bereits im Anschluss, da es vom Soloklavier und großgriffigen Akkorden virtuos ausgeschmückt wird. Leise Blechbläserfanfaren im Hintergrund des zunehmend unruhigen musikalischen Geschehens erzeugen einen Spannungsaufbau, der jedoch zu Ende des ersten Satzes nicht mehr aufgelöst wird. Der 2. Satz übernimmt die Funktion eines Scherzo Satzes. Im letzten Allegro-Teil des Werkes stellt das Klavier die lyrische und sehr gesangliche Ausformung des Themenmaterials in einer zunächst monophonen Form dar. Die Themenherkunft als Lied ist hier kaum noch zu verkennen. Die folgende Apotheose ergreift nun das ganze Orchester. Immer wieder umspielt vom Soloinstrument, wird das Liedthema weiterverarbeitet, wobei der freudige und optimistische Duktus stets beibehalten wird. Das alte c-Moll des Konzertbeginns hat sich zu einem strahlenden C-Dur gewandelt. In diesem Charakter endet das Konzert nun auch in einer großen und alles mitreißenden Coda, in der das jubelnde Lied abschließend auch in den Blechbläsern erklingt. der Argentinier modulierte die Partitur äusserst genau und mit viel Empathie, kongenial unterstützt vom brillanten Orchester, technisch natürlich perfekt, nie mechanisch, immer voller sensibler Hingabe.
Für diese grossartige Darbietung durften die Künstler stürmischen Applaus, garniert mit etlichen Bravorufen ernten.
Es hätte sicher zu einer stehenden Ovation gereicht, wenn sich die andern zwei Solist*innen noch dazu gesellt hätten, so aber wollte das Auditorium offensichtlich die Akklamation nicht «ungerecht» verteilen.
Ein eindrücklicher Abend mit grossartigen Solist*innen und einem fantastischen Residenzorchester, magistral geleitet von Fabien Gabel.
LUZERNER SINFONIEORCHESTER, Carmen und L’Arlésienne: Muttertags Konzert mit Nelson Freire April 2019
Besetzung und Programm: Anne-Sophie Mutter – Violine & Leitung
Mutter‘s Virtuosi, Solisten-Ensemble der Anne-Sophie Mutter Stiftung
Antonio Vivaldi Konzert für vier Violinen, Violoncello, Streicher & Basso continuo h-Moll op. 3 Unsuk Chin Gran Cadenza (Schweizer Erstaufführung) Wolfgang Amadeus Mozart Streichquintett Nr. 6 Es-Dur KV 614 Antonio Vivaldi «Die vier Jahreszeiten» — Konzerte für Violine, Streicher und Basso continuo Nr. 1– 4 aus «Il cimento dell’armonia e dell’inventione» op. 8 Konzert Nr. 1 E-Dur «La primavera» Allegro; Largo e pianissimo sempre; Allegro Konzert Nr. 2 g-Moll «L’estate» Allegro non molto; Adagio — Presto; Presto Konzert Nr. 3 F-Dur «L’autunno» Allegro; Adagio; Allegro Konzert Nr. 4 f-Moll «L’inverno» Allegro non molto; Largo; Allegro
Anne Sophie Mutter, im Folgenden A.S.M., das einstige Wunderkind, von Herbert von Karajan entdeckt, ist inzwischen längst zur „Grande Dame“ der Geigenvirtuosinnen herangereift, die im zweiten Konzert der Migros Kulturprozent Classicskonzertreihe, zusammen mit ihrem Ensemble Mutter’s Virtuosi, zu begeistern wusste. Geboren im badischen Rheinfelden, begann sie ihre Karriere 1976, im Alter von dreizehn Jahren, bei den Internationalen Musikfestwochen Luzern, wie das Lucerne Festival damals hiess. Schon ein Jahr später trat sie in Salzburg mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung Herbert von Karajans auf.
Anne Sophie Mutters Herzensprojekt
Solistin und Leitung Anne Sophie Mutter
Anne-Sophie Mutter spielt nicht nur seit über vier Jahrzehnten auf allerhöchstem Niveau, sie fördert auch den Nachwuchs. Mit Mutter’s Virtuosi, ihren besten Stipendiaten, geht sie regelmässig auf Tournee. Und die dürfen in sämtlichen Spielarten des Konzertierens glänzen: solistisch, kammermusikalisch, orchestral. Eine Karriere, die ihresgleichen sucht: Anne-Sophie Mutter steht seit Jahren an der Spitze der kleinen, aber feinen Riege von echten Klassik-Stars, die auch außerhalb des Zirkels von Klassikbegeisterten Bekanntheit genießt. Und es ist neben allen musikalischen Meriten ihr Verdienst, dass sie ihren Ruhm nicht nur still und heimlich pflegt, sondern gerne für größere Zwecke einsetzt: Als Botschafter für “Save the Children”, als Auftraggeberin für zeitgenössische Komponisten oder als Förderin des musikalischen Nachwuchses mit ihrer eigenen Stiftung. Aus dem Kreis ihrer Stipendiaten und Ehemaligen hat sich auch das Ensemble “Mutter’s Virtuosi” gebildet, mit dem sie in dieser Saison neben einer Auftragskomposition der südkoreanischen Komponistin Unsuk Chin Werke von Mozart und Vivaldi erarbeitet. Den Höhepunkt des Programms stellen natürlich die berühmten “Vier Jahreszeiten” dar, deren virtuoser Solopart seit Jahren zu ihrem Kernrepertoire gehört.
Gelassen, mit einem Lächeln und Zuruf zum Techniker hinter der Seitentür der Konzertsaal-Bühne, reagiert der Weltstar, als das Mikrofon nicht funktionierte, um das Publikum im vollbesetzten Konzertsaal zu begrüssen.
Im folgenden Konzert zeigte sich, dass die Stipendiaten (neun Männer, drei Frauen), die sie mit ihrer Stiftung fördert mit ihrer Förderin auf Augenhöhe, oder besser auf Geiegenbogenhöhe musizierten.
Antonio VivaldiKonzert für vier Violinen, Violoncello, Streicher und Basso continuo h-Moll op. 3 Nr. 10 RV 580
Anne Sophie Mutter und Mutter's Virtuosi
Zum Auftakt standen 9 Violinistinnen/Bratschistinnen nebst zwei Cellistinnen, A.S.M. und einem Cembalisten auf der Bühne und rasant startete man in das etwa zehnminütige akustische «Vivaldi – Amuse – Geule». Die vier solistischen Geigen standen der eigentlichen Solistin A.S.M. in nichts nach, ausser wenn sich diese mitten in den verflixt komplizierten, schnellen Läufen durch kraftvolle Effekte etwas abhob, immer getragen vom Tutti der «Mutter’s Virtuosi».
„Frohes Erstaunen» wünschte die Meisterin zu Unsuk ChinGran Cadenza (Schweizer Erstaufführung)
Anne-Sophie Mutter Violine
Das von ihr selbst in Auftrag gegebene Werk werde erst zum 13. Mal aufgeführt, zum ersten Mal überhaupt in der Schweiz, erklärte Anne Sophie Mutter zum nun folgenden Werk. Berührungsängste mit zeitgenössischer Musik zerstreute die Geigerin mit der Ankündigung, die zweite Geige werfe ihr angriffslustig den Fehdehandschuh hin, bevor beide Instrumente in choralartiger Schönheit zum «Superinstrument» verschmelzen. Für «frohes Erstaunen» sorgt das Werk, indem es den Wettkampf mit einer geigerischen Virtuosität entfacht. Zitat Maris Gothoni: Eröffnet wird das Stück von markanten und schroffen Gesten der zweiten Geige, denen – im völligen Kontrast – gleichsam improvisatorisch wirkende, ätherisch-ornamentale Figuren der ersten Geige zugesellt werden. Nach einer Weile ‚greift‘ unversehens die erste Geige die zweite an, und kommt es zu virtuosen musikalischen Gefechten und Schlagabtauschen verschiedener Art, wobei alle möglichen kadenzartigen Floskeln als Fragment aufblitzen. über ein jähes Crescendo kommt es anschließend zu einem kontrastierenden mittleren Abschnitt, einer längeren Passage absichtslosen Innehaltens, in der die beiden Geigen zu einem ‚Superinstrument’ verschmelzen. Die zweite Geige bietet eine Melodie dar, die von der ersten harmonisch durch Obertöne umspielt wird; allmählich verflüssigt sich das Tempo und spielen beide Geigen zwei verschiedene sich ergänzende melodische Linien. Das Finale reitet sich unaufhaltsam in verschiedenen Lagen auf und in immer virtuoseren Formen, bis es abrupt von Pizzicati unterbrochen wird und die gesamte Bewegung unvermittelt in den Stillstand kommt. Zitatene. Dies alles unterstützt vom Notenumblätterer, der für seine Einsätze wie ein Balljunge beim Tennismatch vom hinteren Bühnenrand nach vorne und zurück wieselte. Das Eindrücklichste war, wie das Werk den bis in höchste Lagen warm, gleichzeitig geheimnisvoll funkelnden Ton Anne-Sophie Mutters zur Geltung bringt und wie Samuel Nebyu ihr auf dieser Klangexkursion folgte.
Grundinformation zur Komponistin
Mit sechzehn Jahren änderte sich Ye-Eun Chois Leben vom einen Tag auf den anderen: Nachdem Ann Sophie Mutter eine Videoaufnahme der jungen koreanischen Geigerin gesehen hatte, lud sie sie nach München ein. Choi verließ ihre Heimat Seoul und blieb in München – bis heute. Anne-Sophie Mutter unterstützte sie dort, nahm sie mit in Konzerte und Kunstmuseen und steht ihr auch heute noch mit Rat und Tat zu Seite, nicht zuletzt, weil Choi Stipendiatin ihrer eigenen Stiftung ist. So richtig wurde München aber erst zur (zweiten) Heimat Ye-Eun Chois, als sie beim Verbier Festival Ana Chumachenco kennenlernte, die sie als Schülerin an der Hochschule für Musik und Theater aufnahm. „Ana ist nicht nur eine Lehrerin für mich, sondern Familie“, sagt die Geigerin. „Als sie mir den Vorschlag gemacht hat, bei ihr zu studieren, habe ich mich wahnsinnig gefreut. Das war ein großer Moment in meinem Leben.“ Beide Frauen halfen Ye-Eun Choi, ihre Liebe zum Üben wiederzufinden und vom Druck, der auf ihr lastete, loszukommen.
Wolfgang Amadeus MozartStreichquintett Nr. 6 Es-Dur KV 614
Anne Sophie Mutter und Mutter's Virtuosi
Fast nicht zu glauben ist das folgende verbürgte: Als der Wiener Verleger Artaria dieses Quintett 1793, zwei Jahre nach Mozarts Tod, im Druck veröffentlichte, vermerkte er auf dem Titelblatt: “composto per un Amatore ongarese”, “komponiert für einen ungarischen Amateur”. Das Streichquintett aus Mozarts letztem Lebensjahr beinhaltet heitere, aber auch melancholische Akzente. Der erste Satz setzt burschikos, beinahe humoristisch ein. Bei einem Allegro di molto im Sechsachteltakt in der Tonart Es-Dur dachten Mozarts Zeitgenossen unweigerlich an Jagdmusik. Mit dieser Assoziation spielte Mozart zu Beginn, beim Einsatz der beiden Bratschen: Sie eröffnen den Satz mit einem schmetternden “Hornruf” in Sexten, dessen penetrant wiederholte Achtel mit kessen Trillern verziert werden. Die beiden Geigen antworten darauf mit einer elegant absteigenden Arabeske in Terzen. Das Frage-Antwort-Spiel wiederholt sich, bis die Geigen den Hornruf aufgreifen und in humorvoller Weise fortspinnen. Danach wandert das Trillermotiv durch die Stimmen, begleitet von einer Pendelbewegung aus nervösen Sechzehnteln, die sogar bis in die hohe Geigenlage aufsteigen. Erst das zweite Thema schlägt empfindsamere Töne an. Es wird von der ersten Geige ans Cello weitergereicht, bevor wieder die Triller und die Pendelbewegung die Oberhand gewinnen. Allmählich überschatten chromatische Zwischentöne und eigenwillige Molleintrübungen die anfangs so ostentative Heiterkeit. Melancholie drängt sich in den Vordergrund – in der Durchführung, Reprise und knappen Coda des Satzes.
Das Andante ist eine Romanze, eine Form, die sich von Paris ausgehend auch in der Wiener Musik der Epoche ihren festen Platz erobert hatte. Das bekannteste Beispiel bei Mozart ist der langsame Satz seiner “Kleinen Nachtmusik”. Ganz ähnlich wie dort handelt es sich auch beim Andante des Quintetts um einen schlichten Gesang im Alla-Breve-Takt und im Rhythmus einer langsamen Gavotte. Die leicht sentimental angehauchte Melodie, die mit zwei kontrastierenden Episoden abwechselt, wird Opernfreunden bekannt vorkommen. Mozart entlieh sie seinem Singspiel “Die Entführung aus dem Serail”, und zwar Belmontes Arie “Wenn der Freude Tränen fließen”. Solche Zitate aus seinen eigenen Vokalwerken häufen sich in seinen späten Werken. Man denke nur an das Rondo des letzten Klavierkonzerts mit seinem Liedzitat aus “Komm, lieber Mai, und mache” oder an das Andante des 1. Preußischen Quartetts, in dem Mozart sein Goethelied “Das Veilchen” zitierte. Diese melodischen Zitate verleihen den betreffenden Sätzen besondere Innigkeit, einen liedhaft intimen Ausdruck, wie er sich auch im Andante des Quintetts findet. Klanglich ist der Satz von besonderem Reiz, da die Romanzenmelodie bei ihren beiden Wiederholungen auf zarteste Weise variiert wird. Zunächst wird sie von einer Art Seufzer Motiv der zweiten Geige grundiert, dann mit Doppelschlägen der Bratsche kombiniert. Auch die beiden Episoden und die kurze Coda sind klanglich von höchster Delikatesse. Die Streicher müssen die unterschiedlichsten Nuancen von Legato und Staccato, kurze Vorschläge, Schleifer und andere Verzierungen mit spielerischer Leichtigkeit bewältigen.
Im Menuett hat Mozart seinem väterlichen Freund Joseph Haydn ein kleines Denkmal gesetzt. Es greift jenen Scherzando-Typ auf, den Haydn in seinen Streichquartetten Opus 33 kreiert hatte: mehr Scherzo denn vornehmes Menuett. Gegenstand des Scherzes ist hier eine simple fallende Tonleiter, die in immer neuen Varianten durch die Stimmen wandert, mit ihrer eigenen Umkehrung und diversen Kontrapunkten kombiniert wird – ein kleines Meisterstück Mozartscher Polyphonie. Das Trio strahlt die Genügsamkeit eines Ländlers aus, dessen Melodie sich im Takt wiegt wie die monotone Weise eines Leierkastens.
Auch im Thema des Allegro-Finales scheint Mozart Haydn geradewegs zitiert zu haben. Mit seinem quicklebendigen Tanzrhythmus, der Dissonanz im vierten Takt, der etwas grobschlächtigen Ausweichung nach Moll und den Anklängen an ungarische Volksmusik enthält es so viele Ingredienzien typisch Haydnscher Finalthemen, dass die Absicht spürbar wird: Mit diesem Satz wollte Mozart seinem nach London abgereisten Komponistenfreund einen Gruß nachsenden. Haydneske Muster bestimmen auch die Verarbeitung des Themas, etwa in den bordunartigen Klängen der Überleitung. Unverwechselbar mozartisch ist dagegen der dichte Kontrapunkt, der den Satz durchzieht, sowie die Melancholie der Molleintrübungen. Die Durchführung ist in dieser Hinsicht ein kleines Wunderwerk, das in abgrundtief traurigen Vorhaltsdissonanzen gipfelt. In der Coda werden Umkehrung und Originalgestalt des Themas auf höchst subtile Weise gegeneinander ausgespielt – ein grandioser Schlusspunkt unter Mozarts Kammermusik für Streicher. Dennoch steht dieses Meisterwerk Mozartscher Kunst bis heute unverdientermaßen im Schatten der viel berühmteren Streichquintette in g-Moll und C-Dur.
Die Musikerinnen agieren mit ungebremster musikantischer Energie. Bald nimmt man wahr, was wirklich spätstilhaft, neu und radikal ist am Quintett KV 614 – es ist die Schärfe und Knappheit, mit der Mozart sich nun ausdrückt, Knappheit ohne Bitternis. Die haydneske Derbheit, mit der Mozart seine Stilstrenge drapiert – besonders im fast parodierend polternden Scherzo – spielen die Virtuosi, ihrem Namen entsprechend mit einer energischen, fast frechen Straffheit aus. Man hörte die unerhört kurze, dichte Durchführung: Was für eine Hochspannung halten die Interpreten hier! Geisterhaft zieht das Trillerthema durch die Molltonarten, doch seine unerhörte Spannung hält die erste Geige aufrecht, als stände sie unter Starkstrom. Versierte Quintettler wissen, dass dieses Stück schwieriger zu gestalten ist als die früheren Mozarts, und nicht nur sie wussten diese zugleich musikantische und doch auch die Härten nicht glättende Vorstellung zu geniessen.
Das Publikum würdige diesen musikalischen Hochgenuss, bei dem sich A.S.M. dem Kollektiv unterordnete, mit langanhaltendem, stürmischem Applaus und begab sich gutgelaunt in die Foyers für die folgende Pause.
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Anne Sophie Mutter im goldenen Aendkleid Foto Peter Fischli
Für den Schluss – und gleichzeitig Höhepunkt stellte sich die Solistin (sie spielt die Stradivari Lord Dunn-Raven aus dem Jahr 1710), jetzt in einem schulterfreien goldfarbenen Abendkleid an die Bühnenfront und glänzte mit ihrem virtuosen Solopart, der seit Jahren zu ihrem Kernrepertoire gehört. Dabei wurde sie kongenial unterstützt vom Gesamtensemble der «Virtuosi». Die Protagonisten zogen alle Register ihres Könnens, brillante Technik, perfektes Zusammenspiel und eine mitreißende Interpretation führten zu einem herausragenden Klangerlebnis,
Natürlich durften die Protagonisten stürmischen Applaus ernten, der schnell in eine stehende Ovation überging was schlussendlich zu einer Zugabe in Form von »Nice to be around» aus dem Film «Cinderella Liberty», in einer für Cello und Violine bearbeiteten Fassung, führte.
Auch diese wurde mit einer «Standing Ovation» belohnt, sodass die Musikerinnen sich einer weiteren Zugabe fast nicht verweigern konnten und diese auch gewährten.
Als erste Zugabe gabs:
‘Nice To Be Around’ aus dem Film Cinderella Liberty