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Bei meinem letzten Aufenthalt in Wien haben mir liebe Bekannte ein besonderes Buch empfohlen. Der Titel des Buches könnte auch «Vom Flüchtlingskind zum Fussballstar» heissen – es ist die Lebensgeschichte eines Wiener Knaben, der als Achtjähriger aus der Stadt flüchten musste und nach seiner Rückkehr eine erfolgreiche Doppelkarriere aufgebaut hatte. Ja, nicht nur als Fussballstar, sondern auch als Vermittler zwischen Hollywood und Europa! Jetzt, wo man nur vom Gräuel und Elend des 2. Weltkriegs hört, wärmt es einem das Herz zu wissen, dass einige Schicksale eine Wendung zum Guten fanden, dass manche Flüchtlingskinder von damals doch noch ein erfülltes Leben leben konnten. Die Geschichte endet trotz aller Gefahren mit einem Happy End. Wie ein Märchen – ist aber keins.
Flucht aus Wien
1938: Das Ehepaar Dolly und Richard Menasse versuchte verzweifelt, mit seinen Kindern aus Österreich zu flüchten, sie verfügten aber nicht über die nötigen finanziellen Mittel. Die Ehefrau war Katholikin, das Familienoberhaupt Jude – und den Rassengesetzen entsprechend waren sie bald allen Schikanen ausgesetzt.
«Ich hatte das Wort «Jude» überhaupt noch nie gehört. Auch in der Schule war keine Rede davon…..Ich wurde nie beschimpft. Ich war gut in der Klasse integriert und beliebt. Und von einem Tag auf den nächsten durfte ich nicht mehr in die Schule gehen.»
Nach dem «Anschluss» Österreichs an das Deutsche Reich 1938 wollten Dolly und Richard wenigstens ihre Söhne retten.
Man kann es nicht hoch genug würdigen: England hatte sich bereit erklärt, gefährdete Kinder aufzunehmen. Für die Reise- und Umsiedlungskosten kamen die Jüdische Gemeinde und die «Society of Friends», die Freikirche der Quäker auf. Ihrem Beispiel folgten bald die Niederlande, Frankreich, Belgien und Schweden. Die sogenannten Kindertransporte rollten ab 1. Dezember 1938 aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei in Richtung England. Die Familie Menasse musste freilich zahllose bürokratische Hürden überwinden, bis ihre Söhne, der 15-jährige Kurt und der 8-jährige Hans, die ersehnten Aufnahmebewilligungen erhielten. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit: Der Kriegsausbruch im September 1939 bedeutete das Ende dieser Aktion. Bis dahin wurden ca. 10.000 jüdische Kinder aus unmittelbarer Lebensgefahr in Sicherheit gebracht – die meisten sahen ihre Eltern nie wieder.
Die Jahre in England
Nach einer schwierigen Anfangszeit und schmerzhaften Trennungen hatten sich die Knaben in einem Londoner Aufnahmezentrum wiedergefunden und konnten auch gemeinsam eine Schule besuchen. Bis sich alles schlagartig änderte! Zwei Tage nach Englands Kriegserklärung an Deutschland wurden die Schulen und Kinderheime der Metropole blitzartig geräumt und hunderttausende Kinder aufs Land in Sicherheit gebracht. Jetzt mussten sich die Brüder erneut trennen, für einige Jahre gab es für sie kein Wiedersehen.
Die britische Regierung organisierte in ländlichen Gegenden Pflegeeltern für die Flüchtlingskinder. Hans kam mit zwei anderen Knaben zu einem kinderlosen Arbeiter-Ehepaar nach Dunstable und blieb bei ihnen sieben Jahre lang. Sie lebten in einfachen Verhältnissen – wurden allerdings liebevoll versorgt und wie eigene Söhne behandelt. Helfen mussten sie wohl im Garten und im Haus. Um das knappe Haushaltgeld aufzubessern, hatte Hans schon mit 12 Jahren Zeitungen ausgetragen oder sich als Fahrradkurier verdingt. Nach der obligatorischen Schulzeit begann er eine Ausbildung als technischer Zeichner und konnte bald als solcher arbeiten.
Sein grösstes Interesse galt indes dem Sport, vor allem dem Fussball, den er schon in Wien kennen- und lieben lernte. Im «Pioneer Boys Club» fiel der talentierte Bub früh auf. Er spielte bald bei Luton Town, einem Klub der zweiten englischen Liga und wurde sogar zu einem Probetraining von Arsenal London eingeladen. Aber sein Schicksal bekam erneut eine andere Wendung.
«Ich hatte keine Ahnung gehabt, von gar nichts. Ich wusste nichts über die Judenverfolgung und auch nichts von Konzentrationslagern. Ich wusste nur, dass es Krieg zwischen Nazi-Deutschland und England gab. […] Ich wusste, dass die Russen auf Berlin zulaufen und die Amerikaner vorrücken. Und irgendwann stand gross in der Zeitung: Der Krieg ist vorbei!»
Die Rückkehr
Die Eltern überlebten die qualvollen Jahre in Wien, vor allem, weil die Katholikin nicht bereit war, sich von ihrem Ehemann zu trennen. Im Falle einer Scheidung bei «Mischehen» verlor der jüdische Partner seinen Schutzstatus und wurde deportiert. So war sein Leben gerettet – aber zu welchem Preis! Ohne eigene Wohnung und Einkommen, mit Zwangsarbeit und Krankheiten …. die Spirale ging immer tiefer abwärts. Überlebt, ja. Aber seelisch und körperlich gebrochen. Bei Kriegsende liessen die Eltern ihre Söhne, von denen sie jahrelang nichts gehört hatten, sofort durch das Internationale Rote Kreuz suchen.
Hans hatte in England unterdessen ein sorgenfreies Leben – bis er im Winter 1945 Post aus Wien erhielt.
«Als ich den Brief bekommen habe, wusste ich also, dass meine Eltern leben. Ich habe angefangen, mich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, zurückzugehen. Aber das war nicht so einfach: ich hatte einen guten Job in England, ich habe Fussball gespielt und angefangen, mit Mädchen auszugehen.»
Er entschied sich trotzdem, zu seinen leiblichen Eltern zurückzukehren, und trat erneut eine Reise ins Ungewisse an.
Schon Monate vor ihm traf auch sein Bruder Kurt in Wien ein. Als stolzer Sergeant der britischen Armee arbeitete er als Dolmetscher in ihrem Hauptquartier. Der Anfang für Hans war ungleich schwieriger: Er lebte mit den traumatisierten Eltern in einer winzigen Wohnung zu dritt mit Lebensmittelkarten für zwei! Ausserdem musste er seine gänzlich vergessene Muttersprache wieder erlernen und sich gleich Arbeit suchen, um Lebensmittelkarten zu bekommen. Als technischer Zeichner hatte er keine Chance auf einen Job. Aber er konnte etwas, was damals sehr begehrt war und nur Wenige konnten: fliessend Englisch sprechen!
Obendrein galt er damals schon als hoffnungsvolles Fussballtalent. Was macht man mit diesem Kapital im Alter von 17 Jahren in einer kriegsversehrten Stadt?
Hans Menasse machte das Beste daraus.
Eine Doppelkarriere
Die amerikanische Filmindustrie wollte einen neuen Markt in Europa erschliessen und durch eine glückliche Fügung wurde Hans als Bürolehrling bei ihrer Verleihfirma angestellt. Der Name der Gesellschaft wechselte in den Jahrzehnten immer wieder, je nach Fusionen oder Aufkauf. Der Name ihres wichtigsten Mitarbeiters jedoch nicht: Hans Menasse. Seine Aufgabe war, die Vermarktung eines Filmes vorzubereiten. Sechs Monate vor dem Kinostart schickte das Studio eine Kopie nach Wien, um sie zu synchronisieren oder mit Untertiteln versehen zu lassen. Man brauchte Zeitungsartikel, Presseinformationen, Fotos und Plakate – das bedeutete viel Arbeit, ohne die Technologie von heute! Mit Kontakten zu den richtigen Leuten, guten Ideen und viel Bürokram musste Hans jede Premiere vorbereiten, damit der neue Streifen aus Hollywood erfolgreich wird.
Er machte die Arbeit so gut, dass er bald zum Pressechef aufstieg, und fast fünf Jahrzehnte lang Hollywood-Stars bei ihren Besuchen in Wien betreute. Er war auch bei ihnen geschätzt und beliebt – zahlreiche Fotos bezeugen es.
Einen Broterwerb hatte er also. Aber das Wichtigste für ihn, der Fussball, blieb auch nicht auf der Strecke.
Der Vater hatte den 17-jährigen bald nach seiner Rückkehr bei dem First Vienna Football Club für den Nachwuchs-Training angemeldet. Der Verein spielte in der damals größten Naturarena Europas, der Hohe Warte, mit einem Fassungsvermögen von 80.000 Zuschauern. Hans erfüllte die «hohen Erwartungen» und konnte bald als Aussenstürmer in die erste Mannschaft aufsteigen: sein Debut erfolgte 1950, als er mit einem Tor und als Assistgeber glänzte.
Von da an ging es steil nach oben.
1953 war die FK Austria Wien, der grosse Rivale von Vienna, im Stadion Hohe Warte bei einem Meisterschaftsspiel zu Gast. Beide Clubs waren damals nicht nur österreichische, sondern auch europäische Spitze. Menasse hatte bei einem Sieg von 5:2 gleich vier Tore geschossen!
Es lohnt sich, nachzulesen, wie der «Sportfunk» darüber berichtete:
«Die Austria wurde eigentlich von einem Mann geschlagen: von Hans Menasse. […] Erstaunlich, mit welcher Ruhe er dem widerspenstigen Leder seinen Willen aufzwang und stets das machte, was man am wenigsten erwartete. […] Austrias Verteidigung wusste sich keinen Rat.»
Menasse spielte jahrelang mit der Vienna, später mit der Austria und wurde 1953 Mitglied der Nationalmannschaft. Bei Gastspielreisen mit seinem Klub lernte er viele Länder Europas und Südamerikas kennen.
Er war einer der populärsten und bekanntesten Sportler Österreichs.
Man erzählt, dass er einmal einen weltberühmten Hollywoodstar zum Hotel Sacher begleitete. Ein Passant fragte den anderen: Wer steht do neben dem Menasse?
Wir können uns auch fragen: War es nötig, neben solchen sportlichen Erfolgen einen anderen Beruf auszuüben? Er war die ganze Zeit auch noch als Pressebeauftragter des amerikanischen Filmverleihs tätig.
Naja, das waren andere Zeiten; mit dem Fussballspiel verdiente man kaum etwas. Die gefeierten Stars von heute sollten diese Zeilen lesen:
«Es gab im Fussball fast keine Profis, sondern nur Vertragsspieler. Bei der Vienna wurde alles in die Renovierung des devastierten Stadions auf der Hohen Warte gesteckt. Die Zuschauerränge waren auch kaputt. Die Spieler wurden ständig vertröstet und haben anfangs ganz wenig Geld bekommen.»
So blieb er auch später bei seinem reizvollen Job und sicherlich hatte er es genossen – seine wahre Berufung war jedoch das Fussballspiel.
Hans Menasse kann im Kreis seiner Familie auf ein erfülltes, erfolgreiches Leben zurückblicken.
Und ich, als Leserin dieses Buches empfinde tiefe Dankbarkeit, dass nach den dunkelsten Zeiten solche glücklichen Wendungen möglich waren.
Die Zitate, wenn nicht anders vermerkt, stammen von Hans Menasse.
Das Buch «Hans Menasse The Austrian Boy» ist 2019 im Böhlau Verlag erschienen.
Autoren: Alexander Juraske, Agnes Meisinger, Peter Menasse.
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Meine freudige Erwartung, dieses berühmte Ballettensemble in verschiedenen Programmen zu erleben, wurde durch die Corona-Epidemie zunichte gemacht. Ich musste mich sogar glücklich schätzen, dass ich Boston überhaupt verlassen konnte und in der letzten Maschine Richtung Schweiz einen Platz bekam, bevor die Flüge eingestellt wurden! So konnte ich nur einem Programm, der “rEVOLUTION” am 1. März 2020 beiwohnen; es war dem modernen Tanz gewidmet, mit Werken von drei grossen Choreografen. Die nächste Premiere, “Carmen”, wurde wegen der Schliessung aller kulturellen Einrichtungen auf August verschoben und das Schicksal vom “Schwanensee” im Mai steht noch in den Sternen. Momentan ist es aber ziemlich leicht, den Sterndeuter zu spielen und vorauszusagen, dass sie höchstwahrscheinlich auch nicht stattfinden wird.
Die “rEVOLUTION” – Tanz mit revolutionärem Inhalt
Die Choreografen George Balanchine (1904-1983), Jerome Robbins (1918-1998) und William Forsythe (*1949) haben den Begriff «Ballett» grundlegend verändert. Märchengeschichten mit viel Herzschmerz, Tüll und Tütü waren nicht mehr das einzige Ziel des Tanzes. Diese genialen Erneuerer liessen sich allein von der Musik inspirieren und erzählten ihre eigenen Geschichten – Emotionen und dramatische Höhepunkte inbegriffen.
Wie der künstlerische Direktor Mikko Nissinen treffend sagt: “Ballett ehrt die Tradition, aber zeigt gleichzeitig den Weg in die Zukunft. Erneuerungen sind unerlässlich, um mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt zu halten.“
In diesem Sinne präsentierte der Ballettabend “rEvolution” drei Einakter, buchstäblich mit revolutionärem Inhalt.
Agon (Altgriechisch: Wettkampf) Weltpremiere 1957
Choreograf: Georg Balanchine, Komponist: Igor Strawinsky
Das Werk entstand in enger Zusammenarbeit der beiden. Stravinsky war ein erstaunliches Phänomen unter den grossen Komponisten: Er machte nicht nur seinen eigenen Reifeprozess durch, sondern blieb bis ins hohe Alter offen für neue Strömungen und probierte sie aus, wie den Jazz und den Neoklassizismus. Sie leiteten bei ihm sogar eine neue Schaffensperiode ein. In «Agon» wendete er die Zwölfton-Kompositionstechnik an und komponierte – mit gewissen Jazz-Einflüssen und vielleicht mit einer Prise Ironie – 12 Tänze für 12 Tänzer. Dazu hatte Balanchine bei der Uraufführung das zentrale Pas de Deux mit einer weissen Tänzerin und einem schwarzen Tänzer besetzt – damals revolutionäre Neuigkeiten!
Die acht Tänzerinnen und vier Tänzer wurden durch die kongeniale Choreografie zu Höchstleistungen inspiriert: die Wettkämpfe zwischen ihnen wurden virtuos ausgetragen und die lyrischen Sätze mit viel Poesie verinnerlicht. Sie konnten sogar den subtilen Humor der Musik in ihren Bewegungen visualisieren. Ich kann hier stellvertretend nur die Hauptsolisten des Abends, Chyrstyn Fentroy, Soo-Bin Lee, Patrick Yocum und Tigran Mkrtchyan nennen, aber das ganze Ensemble leistete Grossartiges. Die Musik, zwar für sinfonisches Orchester komponiert, ist gespickt mit Solos und kammermusikalischen Einsätzen und stellt höchste Anforderungen an die Musiker, die das Orchester unter der Leitung von Musikdirektor Mischa Santora mit Bravour leistete.
Glass Pieces Weltpremiere 1983
Jerome Robbins choreographierte drei Szenen zu Kompositionen von Philip Glass: «Rubric», «Façades» und ein Excerpt aus «Akhnaten».
Die Musik ist erstaunlich farbig und angenehm; das Markenzeichen von Philipp Glass, der Minimalismus, scheint Ruhe auszustrahlen, wirkt aber überhaupt nicht monoton und eintönig, weil alles im Fluss ist. Der perfekte Gegensatz zu Strawinskys vielschichtiger, kerniger Komposition!
Ein visuelles Vergnügen bereitete die zweite Szene, «Façades» in der das wunderschöne Pas de Deux von Viktorina Kapitonova und Lasha Khozashvili, von einem melancholischen Sopransaxophon begleitet wurde, während das Ensemble im Hintergrund ein faszinierendes Silhouetten-Spiel aufführte.
In the middle, somewhat elevated Weltpremiere 1987
Einer der bedeutendsten Choreografen unserer Zeit, William Forsythe, kreierte mehr als 60 Tanzwerke zu Musik des Holländers Thom Willems. Diese Komposition mit elektronischen Klängen bildete wiederum einen harten Kontrast nach der ruhigeren Atmosphäre von «Glass Pieces». Die neun ausgezeichneten Solisten vollbrachten akrobatische Höchstleistungen, die die Kämpfe und die Rivalität zweier Frauen um einen Mann intensiv darstellten. Hier sollten die Namen aller dieser hochtalentierten Künstler und Künstlerinnen stehen, zumal sie in jeder Vorstellung jeweils andere Rollen übernahmen:
Lia Cirio, Patrick Yocum, Chrystyn Fentroy, María Álvarez, Ashley Ellis, Lawrence Rines, Irlan Silva, Mallory Mehaffey und Abigail Merlis.
Das Ensemble und Orchester wurden nach jedem Akt mit lauten Ovationen überschüttet.
Die enormen Unkosten für die 69-köpfige Kompanie und das denkmalgeschützte Haus samt Personal werden zu 60% von den Einnahmen getragen. Den Rest steuern die grosszügigen Sponsoren und Donatoren bei, da die Unterstützung von Stadt und Staat sehr gering ausfällt. Es ist zu hoffen, dass sich die Lage bald normalisiert und dieses grossartige Ensemble sein Talent bald wieder dem «Contemporary Dance» und «Schwanensee» & Co. widmen kann.
Text: www.annarybinski.ch
Fotos: https://www.bostonballet.org/home.aspx
Paul Ott:http://paul-lascaux.ch/
Thailand Dschungel und Mangrovenwälder, Fischerdörfer und kunterbunte Märkte – es gibt viel zu entdecken in Khao Lak. Auch mit kleinerem Budget. Khao Lak ist kein Ort, sondern eine Gegend nördlich von Phuket in der Provinz Phang Nga. Diese Perle lockt über 3,5 Millionen Touristen pro Jahr an. Und über all diesen freundlichen Menschen scheinen die vielen goldenen Buddhas zu wachen.
Herzlich hat mich bereits der quirlige Gastgeber Hansueli Gähler, ein waschechter Appenzeller, empfangen. Seit zwölf Jahren führt er sein «Thai Life Guest House» in Bang Niang. Der Ort gehört zum Provinzstädtchen Ta Kua Pa mit ca. 25 000 Einwohnern. Sieben geräumige, saubere Zimmer, in denen es an nichts fehlt, bietet Hansueli Gähler an. Er ist mit Angkana verheiratet. Seine erste Frau verlor er beim Tsunami im Jahr 2004. Doch das ist eine andere, tragische Geschichte. Obwohl man in Khao Lak immer wieder an diese schreckliche Naturkatastrophe erinnert wird. An Gedenkstätten, in Museen und in bewegenden Gesprächen mit Einheimischen.
Nachdem ich mich am romantischen Coconut Beach und dem endlos scheinenden White Sand Beach von der langen Anreise erholt hatte, bildete sich allmählich eine kulinarische Liebesbeziehung zur bekömmlichen Thaiküche.
Manch einer Köchin guckte ich über die Schultern in den Wok. Die Geschwindigkeit, mit der eine Mahlzeit zubereitet wird, verblüffte mich. Die pfiffigen Gerichte, mit Chili und den verschieden Currys gewürzt, kitzelten den Gaumen. Die vielen Gemüse wie Thai-Auberginen, Bohnen, Okras, Kaffir-Limetten, Zitronengras mitsamt Ingwer und Kurkuma sorgten für Farbe und beste Verdauung. Sehr günstig konnte man sich an den Ständen auf dem Markt verpflegen. Dort, wo zur Schau Gestelltes auf dem Grill «nachgebraten» wird. Allerdings würde einem Lebensmittelinspektor aus Europa schnell mal das Herz stehen bleiben. Bei 30 Grad tummeln sich Hühner und Fleischbitzen werden auf dem Holzhackstock zerlegt.
Fische sind auf kühlendem Eis gebettet, das an der Wärme süüferli dahinschmilzt. Insekten, Frösche, Bambou- und Seidenwürmer werden à la minute knusprig im Mini-Wok zubereitet. Pommes Chips sind mir aber offen gestanden lieber. Apropos Essen. Der süssen Versuchung „Bananen Pan Cake“, zubereitet auf dem fahrbaren Tuk Tuk konnte ich schlicht nicht widerstehen. Zubreitet mit einem Reisteiglein und Cocos Milch. Einfach herrlich.
Ins Fischerpfahldorf, in den Nationalpark und zu den Elefanten.
Mit einer Gruppe und der perfekt deutsch sprechenden Sudjai Chaiyakit fuhren wir südwärts nach Phang Nga Stadt. Nach 20 Minuten Motorbootfahrt erreichten wir die Kanustation. Unvergesslich die Paddeltour durch die Mangrovenwälder. Mit geübtem Auge entdeckte man in den Bäumen ab und zu eine Schlange oder an den Ästen festgeklebt, eine Baumkrabbe. Hochinteressant war der Rundgang durch das Fischerpfahlbaudorf «Koh Panyee».
Vor 200 Jahren liessen sich hier drei islamische Familien nieder. Sie lebten vom Fischfang. Inzwischen ist die «Gemeinde» auf 1200 Menschen gewachsen. Sie profitiert unter anderem auch vom Tourismus. Die Einwohner verkaufen Zuchtperlen, Kleider und Kulinarisches. Zurück fuhren wir an 3000 Jahre alten Felsenmalereien vorbei und ruhten uns meditativ aus beim liegenden Buddha von «Suwan Kuha».
Draussen vor dem Tempel ein Heer von aufdringlichen, saufrechen Affen, das scharf auf Futter war. Im Nationalpark «Sa Nang Manora Forest» führte uns eine ziemlich beschwerliche Wanderung durch den Dschungel zu einem kleinen Wasserfall. Für Schweizer Begriffe eher ein „Minifälleli“.
Ein Muss sind die „Schwimmenden Flosse“
Was man auf keinen Fall verpassen sollte: Die «schwimmenden» Flosse im Rainforest Camp Khao Sok (als Hotelunterkunft). Vor jedem Zelt steht ein Kanu zur Verfügung um am Morgen früh der aufgehenden Sonne entgegen paddeln zu können. Und ein Besuch im legendären Elephant Hill Camp (Altersresidenz für einstige Arbeits Elephanten). Unter kundiger Führung dürfen die Tiere von den Besuchern gefüttert und gewaschen werden. Mit einer romantischen Übernachtung im Regenwald Camp träumt man dem nächsten Tag entgegen.
Zum Schluss zur Schrift und Sprache: Mit 44 Konsonanten, 11 Vokalen und 4 Intonationszeichen ist Thailändisch eine Schrift, die sich deutlich von unserem Alphabet unterscheidet. Nicht einfach, mit einer Sprache zurechtzukommen, die überhaupt nichts gemeinsam hat mit unseren westeuropäischen Sprachen.
Das Thailändische ist beeinflusst vom Chinesischen mit einer Mischung von Khmer, Pali und Sanskrit. Laa Goon – Sawat di Khrap.
Gut zu wissen
Flug: Mit Edelweiss Air direkt nach Phuket oder mit anderen Gesellschaften via
Bangkok oder Singapur.
Übernachtungstip: «Thai Life Guest House», Bang Niang, günstiges Gästehaus
und Restaurant, Thaiküche und Schweizer Spezialitäten www.thailifekhaolak.com.
Gleich nebenan Veranstalter für Tagestouren «Beim Straugbinger»
Der Tagespreis für einen Töff beträgt umgerechnet ca. Fr. 6.–
Linksverkehr! Taxis sind sehr günstig. Vor der Fahrt über den Preis verhandeln.
Strände: White Sand Beach, Coconut Beach oder Bang Niang Beach ca 500 BHT hin und zurück.
Innehalten und Meditieren: Tsunami-Gedenkstätte «Ban Nam Khem», Höhlentempel «Liegender Buddha».
Kleine Fotodiasow der Reise von Herbert Huber:
Text und Fotos: www.herberthuber.ch
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Anlässlich eines längeren Aufenthaltes in den Staaten hatte ich Gelegenheit, dieses berühmte Tanzensemble zu erleben. Ich fand jedoch nicht nur die Leistungen, sondern auch die Hintergrundgeschichte so aufregend, dass ich zuerst die Entstehung dieser Kompanie und ihren Weg zum Weltruhm erzählen möchte.
Wie es anfing
Gegründet von E. Virginia Williams 1963, war das Ensemble die erste professionelle Ballettgruppe in New England. Williams, eine willensstarke Frau, widmete ihr ganzes Leben dem Tanz und gab schon mit 16 Jahren Ballettstunden. Viel Überzeugungsraft und Ausdauer seitens dieser leidenschaftlichen Tanzpädagogin waren nötig, um die musikalisch anspruchsvolle Bostoner Gesellschaft dazu zu bewegen, auch das Ballet zu unterstützen. Zur Erinnerung: In den Staaten gibt es für Kultur so gut wie keine Subventionen aus öffentlichen Geldern, alles läuft über Sponsoring. Oder eben nicht! Der Erfolg kam für Ms. Williams jedoch schnell: schon in den 1970-er Jahren konnte sie grossartige Künstler wie Margot Fonteyn, Natalia Makarova und Rudolf Nureyev zu Gastauftritten einladen und mit den berühmtesten Choreografen der Welt zusammenarbeiten. Besonders Georg Balanchine (1904-1983, ursprünglich Georgi Melitonovich Balanchivadze nach seinem georgischen Vater), war eine wichtige Bereicherung für das Ensemble, da er das russische Repertoire auf höchstem Niveau und aus erster Hand vermitteln konnte. Die andere Lichtgestalt des Tanzes im 20. Jahrhundert, Rudolf Nureyev, (1938-1993) hatte fast 10 Jahre eine enge Verbindung zu Boston Ballet (BB, wie es hier genannt wird), sowohl als Solotänzer, als auch als Choreograf.
Die erste Welttournee fand 1980 statt, unter anderem mit ausverkauften Vorstellungen in China, das sie als erste amerikanische Tanzkompanie besuchten. 1980 unternahmen sie eine Nordamerika-Tournee von fünf Wochen und eine vierwöchige Tournee durch Frankreich und Italien mit überwältigender Resonanz, beide mit Rudolf Nureyev.
Die Gegenwart
Mit dem Künstlerischen Direktor Mikko Nissinen hält der Erfolg seit 2001 an. Der gebürtige Finne, der eine glänzende Solokarriere hinter sich hat, pflegt weiterhin das zeitlose klassische Ballett der grossen Choreografen wie “Dornröschen“ von Marius Petipa, Sir Frederick Ashtons “Cinderella”, George Balanchines “Sommernachtstraum” und “Don Quixote” von Rudolf Nureyev. Aber der umsichtige Direktor hat auch dem modernen Tanztheater eine wichtige Rolle im Repertoire eingeräumt: Führende Persönlichkeiten wie William Forsythe, Jirí Kilián und der eigene Haus-Choreograf Jorma Elo bringen mit grossem Erfolg Neues und Revolutionäres in den Spielplan. Manchmal buchstäblich – wie die letzte hochgelobte Premiere “REVOLUTION” im Februar 2020. Darüber später mehr.
Die 69 Tänzerinnen und Tänzer aus 11 Nationen repräsentieren höchstes internationales Niveau; entsprechend hoch sind die Hürden ins Ensemble aufgenommen zu werden. Daneben wird auch der Nachwuchs sorgfältig trainiert und auf dem Weg nach oben begleitet: Boston Ballet II ist eine Gruppe ausgewählter Jungtalente, die in den Produktionen ständig mitwirken und für spätere grosse Aufgaben minutiös vorbereitet werden. Ausserdem gibt es die Boston Ballet School, für die Liebhaber des Tanzes vom Kleinkind- bis zum Erwachsenenalter, mit einem Netz von Filialen in der Region mit ca. 5000 Schülern! Sicherlich die erfolgreichste Balletschule Amerikas – und das Gütezeichen Boston Ballet ist ein Garant für den hohen Standard.
Wo sie tanzen
Da kommt man leicht ins Schwärmen: Das Zuhause des Boston Ballets ist ein prächtiges Vaudeville Theater aus dem Jahr 1928. Damals erlebte diese Art von Unterhaltungshäusern ihre Blütezeit. Der wichtigste Impressario auf diesem Gebiet war Benjamin Franklin Keith, der in den Staaten ca. 500 Theater betrieb! Aber das schönste war dasjenige in Boston, welches erst nach seinem Tod für 8 Millionen Dollar gebaut wurde: das “Keith Memorial Auditorium”. Das Gebäude, im italienisch-französischen Stil errichtet und mit überbordendem Luxus ausgestattet, war damals eine Sensation – deswegen gestalteten sich aber die spätere Nutzung und die dazu notwendige Renovierung äusserst schwierig. Eine Zeit lang diente es als Zuhause der Opera Company of Boston; die horrenden Kosten des Unterhalts überstiegen jedoch bald die finanziellen Möglichkeiten der Gesellschaft, sie machte 1991 Schluss. Der Verfall des Gebäudes war alarmierend fortgeschritten, als endlich 2002 die komplizierte Restauration begann. Die aktuellen Anforderungen des Brandschutzes, modernste Bühnentechnik u. ä. waren im alten Haus nicht einfach zu realisieren. Aber wie Fachleute und Material finden für längst vergessene Handwerker-Künste? Es mussten passende Seidentapeten hergestellt, Goldverzierungen erneuert, Eichen- und Nussholztäfelungen in historischem Stil produziert werden. Auch die Statuen aus Carraramarmor und die antiken Kristalllüster benötigten eine fachkundige Restaurierung. Die Probleme waren immens und die Unkosten dementsprechend hoch.
Aber seit 2004 erstrahlt das alte Juwel in neuem Glanz. Das “Citizen Bank Opera House” mit ca. 2600 Sitzplätzen, in dem keine Opern mehr gespielt werden, beherbergt heute das Boston Ballet, das Aushängeschild der Tanzkultur in New England. Daneben wird es auch für Broadway-Produktionen vermietet, die mit ihren erfolgreichen Ensembles durch die Staaten touren.
Was sie bieten
In jeder Saison gibt es eine wohlüberlegte Kombination von aus Modernem Tanz, teils mit Auftragswerken zeitgenössischer Komponisten, und klassischem Ballett, teils mit historischer Choreografie. Last but not least: Einen Monat lang “Nussknacker” im Dezember! Das ist Kult: Ohne dieses 41-fach ausverkaufte Grossereignis könnte Boston die Weihnachten gar nicht gebührend zelebrieren.
In Mai 2020 kommt es noch zum grossen Showdown: “Schwanensee”, der Evergreen der Ballettgeschichte, wird vom Künstlerischen Direktor Mikko Nissinen choreografiert. Das Boston Ballet Orchester, mit seinem charismatischen, schweizer-ungarischen Musikdirektor Mischa Santora an der Spitze, trägt wesentlich zum grossen Erfolg bei.
Die Saison 2020-21 bringt solche Trouvaillen wie ein Abendprogramm mit Musik von Igor Stravinsky und der Choreografie von William Forsythe, und den “Sommernachtstraum” mit Felix Mendelssohns Musik. Unter dem Titel “Titans” wird ein Ballettabend mit drei legendären Choreografen geboten: William Forsythe, George Balanchine und Alexej Ratmansky. Marius Petipas berühmter Klassiker “Dornröschen” kommt im Frühling 2021 – vorher jedoch die ewig-geliebte Weihnachtsgeschichte ”Nussknacker” vom Künstlerischen Direktor Mikko Nissinen im Dezember 2020!
Mr. Nissinen sagte einmal: “E. Virginia Williams wagte es zu träumen. Ohne sie gäbe es heute kein Boston Ballet. Ich bin stolz, ihr Nachfolger zu sein.”
Der Traum von E. Virginia Williams ist in Erfüllung gegangen. Die Stadt hat ein Tanztheater ersten Ranges mit internationaler Ausstrahlung, das die Besten des Faches anzieht. Der Spielort ist ein historisches Prachtgebäude, das Stammpublikum treu und begeistert. Ist es vielleicht sogar mehr, als sie zu träumen wagte?
Text: www.annarybinski.ch
Fotos: https://www.bostonballet.org/home.aspx
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