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Bryan Ferry, Support Act : Diane Birch, KKL Luzern, 13. Juni 2019, besucht von Léonard Wüst

Bryan Ferry in Köln Dezember 2018 Foto Marc Pfitzenreuter
Bryan Ferry in Köln Dezember 2018 Foto Marc Pfitzenreuter

Besetzung: Support Act Diana Birch, Bryan Ferry und Band

Rezension:

Diane Birch at Joe's Pub, New York City, Foto Stephanie F. Black
Diane Birch at Joe's Pub, New York City, Foto Stephanie F. Black

Diana Birch, die 36jährige Amerikanerin hatte keinen leichten Stand als Support Act, strömten doch noch während ihres Auftritts verspätete Konzertbesucher nicht ganz geräuschlos in den Konzertsaal. Auch ihr relativ monotones Set, war nicht wirklich inspirierend, man wartete mehr oder weniger ungeduldig auf den Main Act und war erleichtert als diese die Bühne enterten, beklatscht vom erwartungsvollen Publikum Gentleman Bryan Ferry bot, zusammen mit acht Mitmusikern und einem jungen Backgroundgesangspärchen, ein grandioses Konzert im erstaunlicherweise nicht ganz ausverkauften, aber gut besetzten Konzertsaal des KKL in Luzern. Da wurde live gespielt, mit richtigen Instrumenten und richtig guten Songs mit einem satten, ehrlichen authentischen Sound, viel Groove und jeder Menge Spielfreude.

Wo Ferry drauf steht ist Live Musik drin

Da gabs nicht, wie bei den meisten hochgejubelten YouTube „Stars“ zu 90 % Playback und unzählige Viedeozuspielungen und vielleicht grad mal 10% Eigengesang wie heutzutage offensichtlich üblich, nein, da standen Vollblutmusiker auf der Konzertbühne, gestandene Weggefährten des 74jährigen Engländers, dessen Karriere in den 1970er Jahren als Mitgründer, Komponist und Leadsänger der Artrock Band „Roxy Music“ ihren Anfang nahm, ebenso wie zwei junge Damen, wovon die eine ihre verschiedenen Saxophone sehr virtuos zu benutzen wusste, wie sie mit ein paar Soli unterstreichen konnte. Dazu eine Violinistin erster Güte, die dem Gesamtklang mit ihren Einlagen noch den ganz besonderen Touch verlieh. Überhaupt äusserst sympathisch, wie der in einem Anzug mit blauem Hemd und Krawatte agierende Bandleader – Sänger, nicht ständig nur sich in den Mittelpunkt des Geschehens stellte, sondern seinen Mitmusikern ausreichend Gelegenheit gab, auch ihre individuellen musikalischen Qualitäten zu demonstrieren, was diese denn auch gekonnt nutzten.

Start ins Set mit Songs aus der Roxy Musik Aera

Best of Roxy Music Cover
Best of Roxy Music Cover

Zuerst gabs drei Songs aus der Roxy Music Zeit, gestartet wurde mit „In Every Dream Home a Heartache“, gefolgt von „Out of the Blue“ und „The Space between“. Der Sänger mit der brüchigen Stimme und dem unverwechselbaren Vibrato spielt im ersten Teil des rund eineinhalb Stunden langen Konzerts nicht nur die bekannten Songs, sondern auch sperrige Raritäten aus der Frühphase von Roxy Music. Damals war auch Soundtüftler Brian Eno noch an Bord, die Band ebnete mit düsteren Zwischentönen und subtilen Texten späteren New-Wave-Bands den Weg. Zum Beispiel mit „Every Dream Home a Heartache“, einem Song über einen luxusliebenden Lebemann, der in devoter Haltung eine Beziehung mit einer Gummipuppe beginnt. „I blew up your body / But you blew my mind.“

Am Ende folgt die Greatest-Hits-Show

Brian Ferry Foto Frank May dpa
Brian Ferry Foto Frank May dpa

Der erste große Hit des Abends ist „Slave to Love“. Der Prototyp eines Popsongs à la Ferry. Der Text dreht sich ums Begehren und Besitzen. Ein sphärisch anmutendes Gitarrensolo führt sanft in den Song ein. Der Background-Gesang verleiht dem Sound eine Prise Soul, was im gewollten Kontrast zur brüchigen Stimme des Altmeisters steht, die immer ein bisschen nach Film-Bösewicht klingt. Ferry und Band variieren im Laufe des Abends immer wieder den Sound, spielen einen düsteren Song aus der Serie „Babylon Berlin“ und auch Blues und Country klingen an. Beschwingte Nummern wie die Coverversion von Bob Dylans „Just Like Tom Thumb’s Blues“ gelingen ihnen besonders gut.

Und wenn der Popstar in die Mundharmonika, Bluesharp, bläst, schleicht sich das Gefühl ein, er käme aus den amerikanischen Südstaaten und nicht aus dem nordenglischen Kohlepott. Als nach rund einer Stunde zwei große Diskokugeln von der Decke hinabschweben, beginnt endgültig die Greatest-Hits-Show. Manche Songs, etwa „More Than This“und „Avalon“ spielt Ferry nur auszugsweise. Die Begeisterung ist dem lässig über die Bühne schreitenden Mann in blauen Anzug und Krawatte trotzdem gewiss. Der 74-Jährige wirkt zufrieden mit sich und seinem Werk. Noch immer ein bisschen Dandy, vor allem aber Gentleman – nämlich dann, wenn er vom Publikum gefeiert wird und freundlich winkend reagiert. Das meist etwas in die Jahre gekommene Auditorium feiert eines ihrer Popidole ausgiebig mit Applaus garniert mit vereinzelten Bravorufen.

Das immense Repertoire des Altmeisters

Let's Stick Together Album Cover
Let's Stick Together Album Cover

Bryan Ferry kann natürlich aus dem Vollen schöpfen, umfasst sein Solo-Repertoire alleine schon 15 Studioalben. Dazu kommen acht weitere Platten mit Roxy Music, von denen auch seine grössten Hits stammen – etwa «Love is the Drug», «Dance Away» oder das berühmte John-Lennon-Cover von «Jealous Guy», das er seinen Fans eigentlich bei keinem Konzert vorenthält. Zu einem Ferry-Konzert gehören immer beide Standbeine seiner über 40-jährigen Karriere. Und natürlich sein Charme, den er auch im Alter von 74 Jahren noch versprüht. Kombiniert mit einem starken musikalischen Statement, war dies das Erfolgsrezept, das vom Publikum entsprechend gewürdigt wurde, sodass dieses schlussendlich mit nicht weniger als drei Zugaben belohnt wurde, die letzte davon wurde natürlich stehen applaudierend genossen.

Text  www.leonardwuest.ch                                 

Fotos: http://www.abc-production.ch/index

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Stadttheater Sursee, Junge Weltklasse in Sursee Regula Mühlemann and Friends - ein musikalisches Rendez-vous, 14. Juni 2019, besucht von Léonard Wüst

Alle Mitwirkenden geniessen den verdienten Schlussapplaus, Foto Roberto Conciatori
Alle Mitwirkenden geniessen den verdienten Schlussapplaus, Foto Roberto Conciatori

Besetzung und Programm:

Regula Mühlemann and Friends singen Arien und Ensembles aus Opern und Operetten, begleitet vom Orchester des Stadttheaters Sursee unter der Leitung von Isabelle Ruf-Weber.

Johann Strauss Die Fledermaus Ouverture Orchester
W. A. Mozart  Così fan tutte Ah, scostati!… Smanie implacabili Stephanie Szanto
Il core vi dono   Serafin Heusser, Stephanie Szanto
Le nozze di Figaro Hai già vinta la causa Alexandre Beuchat
Crudel! Perchè finora farmi languir così? Olivia Allemann, Alexandre Beuchat
La clemenza di Tito   Ah,perdona al primo affetto   Regula Mühlemann, Stephanie Szanto Come ti piace imponi   Olivia Allemann, Stefan Wieland
Die Zauberflöte Bei Männern, welche Liebe fühlen Alexandre Beuchat, Regula Mühlemann
Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen Regula Mühlemann
Questo giorno di tormenti   Ensemble

PAUSE  Regula Mühlemann im Gespräch mit Hans Ambühl

Carl Zeller Der Vogelhändler Als geblüht der Kirschbaum Regula Mühlemann
Johann Strauss Die Fledermaus Komm mit mir zum SouperAlexandre Beuchat, Serafin Heusser
So muss allein ich bleiben  Olivia Allemann, Serafin Heusser, Regula Mühleman
Ich lade gern mir Gäste ein   Stefan Wieland
Spiel ich die Unschuld vom Lande   Regula Mühleman
Im Feuerstrom der Reben Ensemble

Rezension:

Isabelle Ruf Foto
Dirigentin Isabelle Ruf

Mit der „Ouvertüre“ aus der Fledermaus“ von Johann Strauss hatte die künstlerische Leiterin und Dirigentin Isabelle Ruf, genau das optimale Stück gewählt für den Start in diesen aussergewöhnlichen Galaabend vor proppenvollen Rängen im Stadttheater Sursee. Ebenso schwungvoll, wie die Chefin den Takt angab, sollte sich der ganze Abend erweisen. Das Surseer Operettenorchester, agierte für einmal auf der Bühne, nicht wie sonst, quasi im Orchestergraben versenkt und grossmehrheitlich unsichtbar. Der Grund: Man hatte einen veritablen weiblichen Gesangs Weltstar zu Gast, deren leiblichen und musikalischen Lebensfäden mit diesem Hause eng verwoben waren, wie wir später noch erfahren sollten. Und ebendiese, gebürtige Adligenswilerin, Regula Mühlemann mit Namen, gab ihre Gesangskünste zusammen mit Sängerinnen und Sängern des Surseer Operettenensembles zum Besten im Rahmen eines Benefizkonzertes. Sie stellte sich dafür zur Verfügung, obwohl sie noch bis am 22. Juni als Echo in „Ariadne auf Naxos“ im Teatro alla Scala in Mailand engagiert ist

Erst etwas schüchtern, dann aber forsch drauflos

Die beiden jungen Sänger, Bariton Alexandre Beuchat, rechts und Tenor Serafin Heusser, links,  im schalkhaften Operettenmodus
Die beiden jungen Sänger, Bariton Alexandre Beuchat, rechts und Tenor Serafin Heusser, links, im schalkhaften Operettenmodus
OPlivia Allemann im Duett mit Stefan Wieland
Olivia Allemann im Duett mit Stefan Wieland

Die lokalen Gesangsgrössen, also die junge Weltklasse des Hauses, kamen zuerst zum Handkuss, respektive zum Singen und das gleich mit Mozart, was Stephanie Szanto doch etwas zu beeindrucken schien. Das änderte sich aber schlagartig, als Serafin Heusser für das folgende Duett selbstsicher zu ihr auf die Bühne trat. Die beiden intonierten „Il core vi dono“ als stünde diese Oper allabendlich auf ihrem Programm. Das Publikum, angetan vom Gebotenen, spendete reichlich Beifall. Ebenso selbstverständlich selbstsicher sang sich danach Bariton Alexandre Beuchat in Figaros Hochzeit, ihm zur Seite gesellte sich Olivia Allemann für das nachfolgende Duett, auch sie beeindruckend sicher und gesanglich ebenso einwandfrei wie ihre Vorgänger/innen. Also das, was man bei einem Popkonzert Support Act oder Vorgruppe nennt, hatte schon mal überzeugt, wurde mit dem entsprechenden Applaus gewürdigt und machte Appetit auf mehr.

Dann stand sie wahrhaftig da, die weltweit gefeierte Sopranistin

Geballte Frauenpower auf der Surseer Bühne v.l.n.r. Regula Mühlemann, Olivia Allemann, Stephanie Szanto
Geballte Frauenpower auf der Surseer Bühne v.l.n.r. Regula Mühlemann, Olivia Allemann, Stephanie Szanto

Aber, auch Bescheidenheit ziert, nicht als Solistin, sondern erst mal als „normales“ Mitglied der vier, für die folgenden Arien aus „La Clemenza di Tito“ benötigten Sänger/innen. Regula Mühlemann und Mezzosopranistin Stephanie Szanto harmonierten ebenso perfekt in ihrem Duett, wie dies Olivia Allemann und Stefan Wieland (wieder einmal in einer typischen Hosenrolle) nach ihnen taten. Die nicht nur akustisch äusserst attraktive Künstlerin, mit einem braunen  Top zu einem orangen Plisséejupe gekleidet,  hatte das Auditorium sofort in ihren Bann gezogen, was keinesfalls die grossartigen Leistungen aller andern Beteiligten schmälern soll, sie war halt einfach schlicht der „Aushänger“ dieses Galakonzerts.

Aufmerksamkeit des Auditoriums nun mehr auf Regula Mühlemann

Regula Mühlemann im Mittelpunkt des Geschehens
Regula Mühlemann im Mittelpunkt des Geschehens

„Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus der Zauberflöte, im Duett mit einem auf Augenhöhe, respektive stimmlicher Ebenbürtigkeit singenden Alexandre Beuchat, stand sie schon mehr unter Beobachtung der Zuhörer, da dies kurz vor ihrer ersten Solo Arie war und die, wird sich erweisen,  sollte es in sich haben. Vorher aber gab’s noch einen langanhaltenden kräftigen Applaus, der nicht nur den im Moment auf der Bühne befindlichen Akteuren galt, sondern das gesamte Ensemble inklusive Dirigentin und Orchester einschloss.

Sekundenbruchteil des Schreckens

Regula Mühlemann beim Intonieren der Königin der Nacht Arie Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen aus der Zauberflöte
Regula Mühlemann beim Intonieren der Königin der Nacht Arie Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen aus der Zauberflöte

Was  man eher bei einer, einem der Nachwuchstalente erwartet hätte, ein kleiner Aussetzer, Patzer oder Ähnliches, hatte dann ausgerechnet Regula Mühlemann bei der äussert heiklen Mozartarie „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ (Die Königin der Nacht), aus dessen Zauberflöte. Möglicherweise durch etwas irritiert, hatte sie eine ganz kurze Unsicherheit in einer der höchst anspruchsvollen Koloraturen der Arie, im sogenannten „Flageolett Register“, mit einigen Tönen über c’’’ (c3), der höchste ist f’’’ (f3), was nicht nur die Kenner im Zuschauerraum, sondern sichtlich auch die Dirigentin kurz irritierte. Diese Arie ist eine der fordernsten der gesamten Sopranistinnen Literatur überhaupt. Aber auf der Bühne gibt’s nur das Weitermachen und routiniert überspielte man dies und schlussendlich war man sich fast nicht mehr sicher, ob es tatsächlich so war (sowas kann der doch gar nicht passieren), oder ob man es nur so wahrgenommen hatte.

Starke Männerstimmen v.l.n.r. Countertenor Stefan Wieland, Tenor Serafin Heusser und Bariton Alexandre Beuchat
Starke Männerstimmen v.l.n.r. Countertenor Stefan Wieland, Tenor Serafin Heusser und Bariton Alexandre Beuchat

Wie mich Isabelle Ruf anderntags wissen liess, war es das erste Mal, dass Regula Mühlemann diese Arie vor Konzertpublikum sang, also kamen wir unverhofft sogar noch zu einer veritablen Weltpremiere. Dies wertet das Renommee des Surseer Stadttheaters sogar nochmal auf, noch nicht grad auf das Niveau einer „Scala“, aber zu einer „Scaletta“ reichts schon mal, haben doch auch wir eine kleine Treppe (Scala) vom Herrenrain zum Theater. Das Auditorium zeigte sich von  diesem Detail unbeeindruckt und spendete den Protagonisten stürmischen und langanhaltenden Applaus, genoss noch das den ersten Konzertteil abschliessende finale„Questo giorno di tormenti“ des Gesamtensembles aus Figaros Hochzeit, überhäufte das Ensemble mit erneuten Applauskaskaden bevor man sich ins Foyer in die Pause begab um über das bis anhin gehörte angeregt zu diskutieren.

Amüsantes Verbalpingpong auf dem Diwan

Auch die beiden auf dem Diwan hatten ihren Spass an der Sache
Auch die beiden auf dem Diwan hatten ihren Spass an der Sache

Ein Diwan, der nach dem ersten Konzertteil vom Bühnenteam auf die Bühne gestellt wurde, war nicht das Zeichen, dass nach der Pause das von Daniel Barenboim 1999 mitbegründete West-Eastern Divan Orchestra die Bühne entern würde, sondern diente Regula Mühlemann und dem Präsidenten des Stiftungsrates des Stadttheaters Sursee ,Hans Ambühl, als Sitzunterlage für ihr Pausengespräch, welches dann, zum sichtlichen Vergnügen der Zuhörer, aber auch der beiden auf der Bühne selbst,  höchst amüsant und unterhaltend verlief. Jetzt erfuhren wir auch, wie die gefeierte Sopranistin mit der Surseer Bühne verbunden ist. Ihre Grossmutter Marlies Bucher, auch Sopranistin,  war ein gefeierter lokaler Bühnenstar der Sorser Operettenbühne. So spielte sie u.a.  bei der „Vogelhändler“ Inszenierung im Jahre 1946 die Kurfürstin und 1947 in „Der fidele Bauer“. Marlies Bucher als Annamirl, während ihr späterer Ehemann und folglich Grossvater von Regula Mühlemann, Franz  Schacher, den  Vinzenz gab. Und was sich, natürlich nach Wirrungen, damals auf der Bühne zusammenfand, tat es auch im realen Leben.

Dirigentin Isabelle Ruf zeigt ihren Mitmusikern wo und wie es lang geht
Dirigentin Isabelle Ruf zeigt ihren Mitmusikern wo und wie es lang geht

Zurück zum Gespräch:  Die beiden auf der Bühne warfen sich die Stichwörter und Pointen nur so zu, ein wahrhaftiges verbales Pingpongspiel auf hohem Niveau von grösstem Unterhaltungswert, trotzdem auch informativ. Beste Showtime auch in der Pause, was will man mehr!

Sehr Anspruchsvolles war auch im zweiten Konzertteil programmiert

Regula Mühlemann mit Olivia Allemann,rechts, auf der Bühne
Regula Mühlemann mit Olivia Allemann, rechts, auf der Bühne

Den Auftakt machte Regula Mühlemann mit „Als geblüht der Kirschbaum“ aus Carl Zellers „Vogelhändler“, also genau die Arie der Annemirl, die ihre Grossmutter vor 72 Jahren an gleichem Ort und Stelle gesungen hatte. Da kam nicht nur bei den Sorser Operettenurgesteinen Wehmut auf, auch andere haben manch Tränchen aus den Augenwinkeln gewischt, aber schlussendlich dann doch heftigst geklatscht. Das alles aber war beim darauf folgenden Auftritt eines wahren Operettenprinzen nur noch Makulatur.

Dann flog die „Fledermaus wieder auf der Bühne“

Die Surseer Operettengrössen übernahmen jetzt wieder den Lead, mit auch uns bekannten Melodien aus der Operetten Saison 2017. Also baten Serafin Heusser und Alexandre Beuchat „Kommt mit mir zum Souper“, während sich Olivia Allemann, Serafin Heusser und Regula Mühlemann danach beklagten: „So muss allein ich bleiben“, bevor ein Herr mit sehr hoher Stimme deklamieren würde: „Ich lade gern mir Gäste ein“.

Stefan Wieland in seiner Paraderolle als Prinz Orlofsky

Gelungen, Stefan Wieland ballt die Faust
Gelungen, Stefan Wieland ballt die Faust

Es scheint, als habe der Countertenor aus Luzern, mit der Rolle des Prinzen Orlofsky aus der „Fledermaus“, die er 2017 in der Surseer Operette innehatte, so etwas wie seine Paraderolle gefunden. Der quirlige Sänger schlüpft mit einer gehörigen Portion Schalk, Witz  und Einfühlungsvermögen in diese eigentliche „Hosenrolle“, die er mindestens so gut, wie eine ursprünglich von Strauss dafür vorgesehene Altistin, interpretiert, mit seiner einzigartigen  Stimme, die auch an der Hochschule Luzern geschult wurde. Jedes Mal, wenn er nur schon die Szene betritt, freut man sich auf ein paar aussergewöhnliche Minuten, für die er aber auch immer einen wahren Applaussturm ernten darf, was ihm wiederum stets ein breites Grinsen ins Gesicht zaubert.

Regula Mühlemann als Unschuld vom Lande

Natürlich ist sie das nicht, sondern spielte und sang sie nur zu ihrem finalen Solo durch die Johann Strauss Melodie, die vor dem grossen Finale noch das Programmheft zierte. Diese Aufgabe löste sie natürlich glänzend, mit einer Lockerheit und Sicherheit, die man sonst von ihr gewohnt ist. Routiniert, deswegen aber nicht minder engagiert erlebten wir so „unseren“, fast ein bisschen hausgemachten Weltstar, der nach dem äusserst gelungenen Debut an der „Scala“, nun auch dasselbe an der „Scaletta“ absolviert hat.

Auch das Champagnerfinale fehlte nicht

Isabelle Ruf präsentiert stolz ihre grossartigen Weltklassesolisten
Isabelle Ruf präsentiert stolz ihre grossartigen Weltklassesolisten

Dann erfasste uns noch das berauschende Finale, wir befanden uns mitten „Im Feuerstrom der Reben“. Das Schlussbouquet, wieder dargebracht vom Gesamtensemble, versetzte das begeisterte Auditorium definitiv in Champagnerlaune, die sich schlussendlich von stürmischem Applaus, gewürzt mit Bravorufen, zu einer nicht enden wollenden stehenden Ovation entwickelte.

Toll, wir waren wiklicht gut
Toll, geschafft , wir waren wiklicht gut

Äusserst bewundernswert auch die Leistung von Isabelle Ruf mit ihrem Orchester, das ja nicht annähernd die personelle Grösse eines Opernorchesters hat, sondern eher die eines Kammerorchesters. Umso erstaunlicher, dass der tonale Teppich trotzdem genügend dicht ausgelegt war, auf dem die Sänger ihre Können demonstrieren konnten. Ich gestehe, ehrlich erstaunt gewesen zu sein, dass trotz überschaubarer Grösse des Surseer Hausorchesters,  Abstriche nur in quantitativer, nicht aber in qualitativer Hinsicht hingenommen werden mussten, so denn  Quantität überhaupt ein Kriterium gewesen sein sollte an einem überaus und in jeder Hinsicht gelungenen Abend, für den das Wort Weltklasse zurecht auf der Affiche stand. Gerne wieder einmal!

Ehrung für Regula Mühlemanns Gesangslehrerin und Mentorin Barbara Locher

Musiklehrerin Prof. Barbara Locher, links neben Regula Mühlemann von der Hochschule Musik Luzern freut sich über die Ehrung
Musiklehrerin Prof. Barbara Locher, links neben Regula Mühlemann von der Hochschule Musik Luzern freut sich über die Ehrung
Alois Koch laudatiert Barbara Locher
Alois Koch laudatiert Barbara Locher

Geehrt, laudatiert von Alois Koch musikalischer Experte, Professor und ehemaliger Rektor der Musikhochschule Luzern und Beirat Stadttheater Sursee, wurde am Schluss auch noch Mühlemanns Gesangslehrerin und Mentorin Prof. Barbara Locher von der Hochschule Musik Luzern. Dazu wurde die Geehrte auf die Bühne gebeten und gleichzeitig wurde verraten, dass sie ab sofort die Position als Beirätin am Stadttheater Sursee in Nachfolge ihres Laudators übernimmt.

Text: www.leonardwuest.ch Fotos:  Roberto Conciatori

Junge Weltklasse in Sursee, Szenefotos von Roberto Conciatori in Diashowform:/http://fotogalerien.wordpress.com/2019/06/15/stadttheater-sursee-junge-weltklasse-in-sursee-regula-muehlemann-and-friends-ein-musikalisches-rendez-vous-14-juni-2019-besucht-von-leonard-wuest/

https://www.stadttheater-sursee.ch/willkommen/de/home

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Freilichtspiele Luzern,Was ihr wollt – von Shakespeare / Hürlimannn, Premiére 11. Juni 2019, besucht von Gabriela Bucher – Liechti

Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann
Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann

Autoren William Shakespeare, Thomas Hürlimann
Regie & künstlerische Leitung  Barbara Schlumpf
Musik Christov Rolla
Bühne, Raum, Bild Niklaus Reinhard, Barbara Schlumpf, Anna Maria Glaudemans
Kostüme Tanja Liebermann, Yvonne Forster
Regieassistenz Rafael Gil
Bau, Infrastruktur, Organisation Othmar Rütti, Kurt Christen, Marianne Zwahlen
Produktionsleitung Die Waldstätter AG, Christoph Risi
Ensemble:

Sargtoni Nik Meyer Hexe Verena Stämpfli Meier
Zweite Hexe, DJ, Chorführerin Liselotte Schleiss
Dritte Hexe, Eistänzerin und DJ Soley Tobler
Vierte Hexe Liselotte Schleiss Orsino Arianit Shaqiri
Valentin, Orsinos Vertrauter Andrea Schneeberger
Fabian, Orsinos Page Samantha Aquilino
Höfling-1, Hofstaat / Balthasar / Curio Philip Hecht
Höfling-2, Hofstaat / Kaspar Bernhard Kesseli
Höfling-3, Hofstaat / Melchior Röbi Giger
Schneider Maria Holenstein Hecht
Viola / Cesario / Sebastian Jeanine Gut
Kapitän Delfin / Ente Flurin Cabalzar
Hirsch Trudi Wahlen Sir Andrew Aguecheek Wolfgang G. Kirisits
Toby Junker Guido Carlin Luise Junker Sabina Scherer
Gräfin Olivia Tina Frank Maria Diana Loup
Malvolio Uwe Peter Eisbär Maria Holenstein Hecht
Sebastian Samantha Aquilino Eistänzer Nils und Lilly Frank

Rezension:

Liebeschaos auf dem Eisfeld

Rotes Haus ewl Areal Spielstätte 2019
Rotes Haus ewl Areal Spielstätte 2019

Der Sommer will nicht so recht dieses Jahr, auch am vergangenen Dienstag, anlässlich der Premiere des Freilichtspiels «Was ihr wollt» hielt er sich bedeckt. Das ging aber schnell vergessen, umso mehr als man ja mit einem Eisfeld und einem bunten Haufen Schlittschuhfahrern konfrontiert wurde.

Traumhafte Möglichkeiten 

Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann
Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann

Thomas Hürlimanns Komödie nach William Shakespeare «Twelfth Night; or What You Will» beginnt an einem Sommerabend. Tobi Junker, ewl-Angestellter in Hawaii-Hemd, kurzen Hosen und Flip-Flops, will noch kurz was trinken nach seinem anstrengenden Bürotag und bevor er in die Fänge seiner Frau Luise gerät. Er trifft auf Sargtoni, der ist Pächter der Eisbahn, und auch noch ein bisschen mehr und der macht gerne «Nägel mit Köpfen». Und wie es langsam Abend wird über der Eisbahn im ewl-Areal, verwandelt sich alles in einen irren Traum, alles wird möglich, auch das Unmögliche. Damit spielt Hürlimann vortrefflich 90 Minuten lang, zusammen mit der Regisseurin Barbara Schlumpf und einem tollen Ensemble.

Wer ist wer

Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann
Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann

Wie bei Shakespeare wird auch bei Hürlimanns Bearbeitung übers Kreuz geliebt: die einen lieben jene, welche eigentlich andere lieben, alle lieben auch irgendwie die Gräfin Olivia. Zudem sind einige nicht wirklich die, die sie zu sein vorgeben. Zum Beispiel Viola, die nach einem Schiffbruch an Land gespült wird, das heisst, einer riesigen Muschel entsteigt, welche übers Eis daherkommt. Sie verwandelt sich zum Pagen Cesario, um einerseits in der Nähe ihres angebeteten Herzogen Orsino zu sein, andererseits soll sie aber auch bei der Gräfin für den Herzog werben. Diese verliebt sich aber in Cesario/Viola. Das Liebes-Durcheinander wird noch grösser, als der totgeglaubte Zwillingsbruder Violas, Sebastian, auftaucht und nun für Cesario gehalten wird. Das hilft nicht wirklich, oder nur insofern, als dass es noch mehr Verwechslungsszenen erlaubt.

Rasante Abgänge

Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann
Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann

Jeden Faden dieser Geschichte hier aufnehmen zu wollen, würde den Rahmen sprengen und wer seinen Shakespeare kennt, weiss, worum es geht und wohin. In Luzern geht’s aber nicht, da gleitet es, auf Kufen. Nicht alle sehen gleich sicher aus auf ihren Schlittschuhen, ein paar Abgänge sind ein bisschen gar rasant, ein paar Beine noch etwas wacklig und die heiligen drei Könige scheinen heilfroh zu sein, mal Stühle vor sich herschieben zu können, sozusagen als Geh- oder hier wohl eher Gleithilfen.

Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann
Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann

Das Liebeschaos ist gespickt mit schrägen Einlagen. Der Delphin, welcher Viola gerettet hat, mutiert zur Ente, verarbeitet diesen Prozess in einem hochphilosophischen Monolog und verliebt sich in den Hirsch. Dieser singt «es schneielet es gweihelet», die beiden finden sich, wie sich auch andere finden, auch solche, die sich nicht unbedingt gesucht haben. Kutschen fahren auf, der rote Teppich wird ausgelegt, eine Gondel wird hergeschleppt, Nebel kriecht über das Eisfeld, der Eisbär ebenfalls und ein paar Tannen kommen von links angefahren. Anfänglich mischen sich noch reale Krähen und Mauersegler lautstark ins Geschehen, dann legt sich die Nacht übers Eisfeld. Urkomisch und auch uralt sind die unsäglichen Schlager aus der Jukebox. Wenn man denkt, schlimmer geht’s nicht, dann gibt’s noch einen drauf. Von «Junge, komm bald wieder» über «aber dich gibt’s nur einmal für mich» bis zu «Ein Schiff wird kommen» folgt eine Schnulze nach der anderen und es überkommt einen etwas zwischen kaltem Grauen und Hühnerhaut!

Happy End für fast alle

Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann
Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann

Kurz, verwirrend und verwirrt zusammengefasst: Luise findet ihren Junker, beide werden ins Geschehen eingebunden, die drei Könige erzählen noch schnell die Weihnachtsgeschichte und erklären den Ursprung des Wortes «Halleluja», bevor sie sich wieder auf die Walz begeben. Der mutierte Delphin, d.h. die Ente kriegt ihren Hirsch mit dem Bürstengeweih, Olivia ihren Cesario, der ja eigentlich Sebastien ist und Viola schlussendlich dann doch noch ihren Herzog Orsino. Nur der Haushofmeister Malvolio bringts irgendwie zu nichts, ausser zu Lachern seitens des Publikums für seine tollpatschigen Aktionen. Und der Sargtoni, der wird sie alle irgendwann kriegen, wenn auch nicht an diesem nicht ganz lauen Sommerabend in Luzern.

Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann
Was ihr wollt, Szenenfoto von Emanuel Wallimann

Shakespeare hätte wohl seine helle Freude gehabt an Hürlimanns Version, am Wortwitz in Dialekt, Hochdeutsch und einigen Sprenkeln Englisch. Lockere Sprüche, und unverblümt-umgangsprachliche Ausdrücke verleihen dem Ganzen die nötige Würze und zudem einen familiären Charakter. Die Spieler meistern den Kraftakt von Schlittschuhlaufen und gleichzeitig spielen mit Bravour, auch wenn das Schlittschuhlaufen da und dort noch perfektioniert werden könnte. Aber Spielfreude zeigen sie alle, Profis und Laien. Das Publikum kam in den Genuss einer bunten Palette an herrlichen Bildern und bedankte sich dann auch mit langanhaltendem Applaus.

Text: www.gabrielabucher.ch Fotos:   https://www.freilichtspiele-luzern.ch/was-ihr-wollt.html

Kleine Fotodiashow der Produktion von Emanuel Wallimann:

fotogalerien.wordpress.com/2019/06/10/freilichtspiele-luzernwas-ihr-wollt-von-shakespeare-huerlimannn-premiere-11-juni-2019-besucht-von-gabriela-bucher-liechti/

 

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Grand Théâtre de Genève Un ballo in maschera, besucht von Gabriela Bucher – Liechti

Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi
Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi

Produktion und Besetzung:
Direction musicale  Pinchas Steinberg     Mise en scène   Giancarlo del Monaco
Décors   Richard Peduzzi     Costumes   Gian Maurizio Fercioni
Lumières   Caroline Champetier
Gustavo III   Ramón Vargas     Comte Anckarström   Franco Vassallo
Amelia   Irina Churilova     Ulrica   Judit Kutasi     Oscar   Kerstin Avemo
Comte Ribbing   Günes Gürle     Comte Horn   Grigory Shkarupa     Cristiano   Nicolas CarréUn serviteur d’Amelia   Georgi Sredkov     Le Ministre de la Justice   Nauzet Valerón

Chœur du Grand Théâtre de Genève
Direction Alan Woodbridge
Orchestre de la Suisse Romande

Rezension:

Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi
Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi

Auf den ersten Blick ist die Genfer Inszenierung des Maskenballs eine eher düstere Sache. Hohe verschiebbare Holzwände im ersten und letzten Akt, der Hochsitz der Wahrsagerin Ulrica wie ein Schiffswrack im neblig-mystischen Nachthimmel, ebenso der Galgenberg im zweiten Akt, wo Amelia das Kraut gegen ihre Liebesgefühle für den schwedischen König Gustav III holt. Auch die Ballszene hat so gar nichts Fröhlich-festliches an sich. Die drohende Gefahr ist von Anfang an spür- und sichtbar. Regisseur Giancarlo del Monaco bleibt dem Konzept des Minimalen und Düsteren treu, was schlussendlich auf den zweiten Blick auch etwas Bestechendes hat. Zudem lässt es der wunderbaren Musik Verdis den nötigen Platz.

Zurückhaltung in den Gesten

Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi
Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi

Die tödliche Dreiecksgeschichte um den schwedischen König Gustav III, seinen besten Freund Graf Anckarström und dessen Frau Amelia nimmt ihren Lauf, unaufhaltsam, und eben, düster. Die Interaktionen zwischen den Protagonisten sind minimal, man wünschte sich ab und an etwas mehr Dramatik in den Gesten, etwas mehr Nähe zwischen Amelia und König Gustav, wenn sie sich allein auf dem Hügel treffen. Die angetönte Distanz mag Amelias Versuch darstellen, sich nicht von ihren Gefühlen für den König übermannen zu lassen. Trotzdem, diese räumliche Distanz verleiht den Charakteren etwas Statisches. Auch die Kostüme sind der Stimmung angepasst, mehrheitlich grau und schwarz, nur beim Ball tragen die Damen üppige cremefarbene Kleider.

Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi
Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi

Farbtupfer gibt’s lediglich zwei, und auch die minimal: Das rote Kleid der Puppe von Amelias Sohn und die rote Verzierung am Hemd des Königs, welche ihn dann auch an seinen Mörder verrät. Wo Del Monacos Konzept aber wirklich aufgeht ist in der letzten Szene. Wie sich da die ganze Gesellschaft in identischen Masken in einer schwarz-weiss Polonaise langsam über die Bühne schiebt, emotionslos und trotzdem beängstigend bedrohlich, das beeindruckt und bedrückt. Ebenso das allerletzte Bild mit dem sterbenden König, links Graf Anckaström, rechts der Page Oskar, beide in eingefrorener Pose, wie ein stummer Schrei, dahinter die ebenso bewegungslose Ballgesellschaft, ein Bild wie ein Gemälde.

Grossartiges Plateau

Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi
Un ballo in maschera, Szenenfoto von Carole Parodi

Durchwegs begeisternd sind die Stimmen. Franco Vassallo als Graf Anckarström stiehlt mit seinem samtenen Bariton dem berühmten mexikanischen Tenor Ramón Vargas als König Gustav III beinahe die Show. Vargas selber gibt einen überzeugenden Gustav III mit seinem schmelzenden und ausdrucksstarken Tenor. Irina Churilova ist eine stolze Amelia, verletzlich, verzweifelt, all die Emotionen bringt sie berückend auf den Punkt. Wunderbar wie ihre Stimme sich mit dem Cello verwebt im dritten Akt in der Arie «Morró, ma prima in grazia». Dagegen dunkel, kräftig und mit der nötigen verschwörerischen, beinahe gespenstischen Tiefe der Mezzo-Sopran von Judit Kutasi als Ulrica. Kerstin Avemo geht mit ihrem klaren, hellen Sopran und grosser Spielfreude ihre Rolle als Page Oscar an und wirkt ungemein lebendig und erfrischend in dieser düsteren Umgebung. Auch die beiden Verschwörer, Günes Gürle als Graf Ribbing und Grigory Shkarupa als Graf Horn überzeugen mit tragenden, sonoren Bässen.

Orchestre de la Suisse Romande
Orchestre de la Suisse Romande

Das Orchestre de la Suisse Romande unter Pinchas Steinberg nimmt sich den herrlichen Melodien von Verdi mit viel Verve an, begleitet teils zart und innig, dann wieder kräftig und schwungvoll, setzt sich aber nie in den Vordergrund.

Das Genfer Publikum zeigte sich begeistert, laute «bravo-, brava- und bravissimo-Rufe folgten meist den bekannten Arien und der Schlussapplaus fiel lange und herzlich aus.

Kleine Fotodiashow der Produktion  von Carole Parodi:

fotogalerien.wordpress.com/2019/06/10/grand-theatre-de-geneve-un-ballo-in-maschera-besucht-von-gabriela-bucher-liechti/

 

Text: www.gabrielabucher.ch  Fotos: www.geneveopera.ch

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