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Teatro alla Scala Mailand, Ernani, Giuseppe Verdi, 25. Oktober 2018, besucht von Léonard Wüst

Szenenfoto Ernani
Szenenfoto Ernani und Elvira

Produktion und Besetzung:

Conductor Ádám Fischer Staging Sven-Eric Bechtolf Sets and costumes Julian Crouch Lighting Designer Marco Filibeck

Ernani Francesco Meli, Elvira Ailyn Pérez, Don Carlo Simone Piazzola, Don Ruy Michele Pertusi

Rezension:

Adam Fisher, Dirigent
Adam Fisher, Dirigent

Wie schon zwei Tage vorher, vor dem Besuch der Mozart Oper, genossen wir auch an diesem frühen Abend, vor dem Besuch der Derniere von „Ernani“ an der Scala, ein dem Ereignis angemessenes Nachtessen in einem Restaurant in der nahe des Teatro alla Scala gelegenen Galleria Vittorio Emanuele II. Verdis Frühwerk, das Libretto schrieb Francesco Maria Piave, beruhend auf dem Werk des französischen Schriftstellers Victor Hugo, wurde am 9. März 1844 im Teatro „La Fenice“ in Venedig uraufgeführt. Die Oper spielt in den Bergen von Aragonien, im Schloss von Don Ruy Gomez de Silva, in Aachen und in Saragossa im Jahr 1519.

Eine etwas eindimensionale Inszenierung

Farbenprächtiges Spektakel auf der Bühne des Teatro alla Scala
Farbenprächtiges Spektakel auf der Bühne des Teatro alla Scala

Die Inszenierung des deutschen Regisseurs Sven-Eric Bechtolf (Er war in den Festspielsommern 2015 und 2016 verantwortlich für die künstlerische Gesamtplanung der Salzburger Festspiele) fokussierte sich auf die Liebeshändel, bleibt dafür aber in der politischen Aussage des Stücks eindimensional. Die Schar der Adligen zeigt dem jungen Herrscher schon in der kurzen Ouvertüre, wie er die Schritte in die Zukunft gehen muss, aber sonst spielt die Machtpolitik des späteren Kaisers keine große Rolle, im Gegenteil: Er döst im 4. Akt auf seinem Thron, eliminiert, zumindest im Kampf um die Schöne. Als der neugewählte Kaiser vor dem Sarg Karls des Großen auf die drei erlösenden Kanonenschüsse, die seine Wahl zum Kaiser verkünden sollen wartet und der Ermordung durch Ernani nur knapp entgeht, haben die toten Kaiser und Könige, die weiß gewandet aus der Gruft steigen, denn auch eher dekorativen Charakter.

Don Ruy Gomez de Silva, Don Carlo,Elvira, Ernani
Don Ruy Gomez de Silva, Don Carlo,Elvira, Ernani

Der fatale Schwur, der eine teuflische Note ins Ränkespiel der balzenden Herren bringt und mit dem der edle Revolutionär Ernani Zeit gewinnt, um seine Familienrache an König Carlo zu vollstrecken, bleibt so das einzige dramatische Element im zweiten Teil der Oper: Auf dem Sarg des Großen Karl feiern Ernani und seine geliebte Elvira ihr Glück, das jäh zerrissen wird durch de Silvas Forderung, dem geleisteten Schwur Folge zu leisten und sich selbst zu töten. Dabei tritt Elviras Onkel und ehemalige Verlobter auf wie einst Mozarts Komtur, und Verdi zeigt sich als Meister emotional explodierender Schlussszenen.

Don Ruy Gomez und Don Carlo, König von Spanien
Don Ruy Gomez und Don Carlo, König von Spanien

Die Aufführung, trotzdem vom Feinsten:  Die US Amerikanerin Ailyn Pérez sang eine fein konturierte, höhen- und koloraturensichere Elvira, die es mit leichtem Sopran schaffte, auch im Tutti deutlich vernehmbar zu sein. Sie artikulierte differenziert und verließ sich im Ausdruck nicht allein auf ihr schönes Legato. Ebenso starker Auftritt von Simone Piazzola als Don Carlo, der mit seinem Bariton in der Masse der Stimmen nie verschwand. Sein Tenor-Kollege Francesco Meli liess die Titelrolle gelegentlich etwas ins sentimentale Schluchzen kippen. Der dunkle Bass von Michele Pertusi gab dem alten Don Ruy Gomez de Silva ein starkes Profil. Kleinere Rollen waren mit Daria Chernyi (Giovanna), Matteo Desole (Don Riccardo) und Alessandro Spina als Jago auch sehr gut besetzt. Ebenso den Ansprüchen mehr als gerecht werdend, der grosse, ausgezeichnete Chor des Hauses.

Sänger/innen als starke Schauspieler/innen

Franceso Meli als Ernani
Franceso Meli als Ernani

Alle Protagonisten verfügten nicht nur  über ausgezeichnete Stimmen, sondern agierten auch schauspielerisch auf sehr hohem Niveau. Dies, in den, von Kevin Pollard entworfenen, passenden Kostümen in der Kulisse des jeweils stimmigen Bühnenbildes von Julian Crouch.

Ganz starker Auftritt auch die Leitung des Orchesters durch den ungarischen Dirigenten Ádám Fischer, der sich nie in den Vordergrund spielte, sondern sein Ego dem Gesamten unterordnete. Dies in Harmonie mit dem, von Bruno Casoni geführten Chores des Teatro alla Scala

Impression der Scala innen
Impression der Scala innen

Das Auditorium honorierte die durchwegs überzeugenden Leistungen denn auch mit langanhaltendem Applaus.

Kleine Fotodiashow der Produktion:

fotogalerien.wordpress.com/2018/10/14/teatro-alla-scala-milano-ernani-giuseppe-verdi-25-oktober-2018-besucht-von-leonard-wuest/

Kurzer Trailer der Produktion:

youtu.be/eQpYouQvCcQ?t=1

Link auf „La finta giardiniera von W.A. Monzart an der Scala am 23. Oktober 2018

innerschweizonline.ch/wordpress/teatro-alla-scala-milano-la-finta-giardiniera-w-a-mozart-23-oktober-2018-besucht-von-leonard-wuest/

Link auf Stadtrivalenderby Inter Mailand vs. AC Mailand, Giuseppe-Meazza-Stadion Mailand, 21. Oktober 2018, besucht von Léonard Wüst

https://innerschweizonline.ch/wordpress/stadtrivalenderby-inter-mailand-vs-ac-mailand-giuseppe-meazza-stadion-mailand-21-oktober-2018-besucht-von-leonard-wuest/

Link auf Mailandstory Teil 2: Thelonious Sphere „T. S.“ Monk, Jr. Konzert, Leonardo3 Museum usw.

https://innerschweizonline.ch/wordpress/mailandstory-teil-2-thelonius-monk-konzert-leonardo3-museum-usw/

Fotos:

Esther Ottiger und Léonard Wüst und

Marco Brescia & Rudy Amisano von der Scala

http://www.teatroallascala.org/en/index.html

Text und Fotos : www.leonardwuest.ch

Homepages der andern Kolumnisten: annarybinski.ch  www.noemiefelber.ch

www.gabrielabucher.ch  Paul Ott:www.literatur.li

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Luzerner Theater, Roméo et Juliette Eine romantische Oper von Charles Gounod, Premiere, 2. November 2018, besucht von Léonard Wüst

Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn
Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn

Produktionsteam

Regisseur Vincent Huguet
Regisseur Vincent Huguet

Musikalische Leitung: Clemens Heil Inszenierung: Vincent Huguet Bühne: Aurélie Maestre Kostüme: Clémence Pernoud Licht: Bertrand Couderc Dramaturgie: Rebekka Meyer Choreinstudierung: Mark Daver

Besetzung:

Diego Silva (Roméo) Regula Mühlemann (Juliette) Sarah Alexandra Hudarew (Gertrude) Robert Maszl (Tybalt) Flurin Caduff (Graf Paris) Jason Cox (Graf Capulet) Martin Roth (Grégorio) Abigail Levis (Stéphano) Kihun Koh (Benvolio) Bernt Ola Volungholen (Mercutio) Vuyani Mlinde (Frèrè Laurent) Chor und Extrachor des LT Luzerner Sinfonieorchester

Rezension:

Die Vorfreude war gross in Luzern, aber natürlich ebenso die Erwartungen. So wohnte denn auch „tout Lucerne“ der Premiere bei, die natürlich ausverkauft war. Was nach der Programmierung der Gounod Oper fast etwas nach „Mühlemann Gala“ roch, erwies sich anlässlich der Première als kompaktes Ganzes, agierten doch alle andern Beteiligten auf Augen- bzw. Stimmhöhe mit der weltweit gefeierten Lokalmatadorin.

Heimspiel für die weltweit gefeierte Sopranistin

Regula Muehlemann als Juliette Foto Marco Sieber
Regula Muehlemann als Juliette Foto Marco Sieber

Mühlemann „Back tot he roots“. Die Adligenswilerin kehrt als Juliette in Vincent Huguets Inszenierung von «Roméo et Juliette» auf die Theaterbühne ihrer Heimatstadt zurück, wo sie ihre ersten Bühnenerfahrungen sammelte. Diego Silva gibt in Luzern sein Rollendebüt als Roméo. «Brautnacht, süsse Nacht der Liebe! Das Schicksal hat unaufhörlich uns verbunden. Oh Lust zu leben, oh übermächtiger Zauber! Dein süsser Blick lässt mich erbeben, deine Stimme raubt die Sinne mir. Deine glühenden Küsse erschliessen mir den Himmel. Die Seele habe ich dir gegeben, dir, nur dir.» Wenn die Stimmen von Roméo und Juliette ineinander verschmelzen, ist das pures Glück und düstere Vorahnung zugleich: Zu Recht, denn der heranbrechende Tag wird ihr letzter sein. Charles Gounods 1867 in Paris uraufgeführte Oper über das Liebespaar schlechthin ist mit seinen rasanten Tanzmusiken, Kampfszenen, intimen Duetten und farbenreichen Koloratur- Arien eine der emotionalsten Bearbeitungen des Shakespeare’schen Stoffes überhaupt. In der Inszenierung von Vincent Huguet stehen die beiden jungen Liebenden für eineGeneration, die alten Hass vergessen und einander und das Leben lieben will. Dafür bringt der französische Regisseur ein Luzerner Liebespaar der ganz besonderen Art auf die Bühne des LT.

Regula Mühlemanns starke Präsenz als Juliette

Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn
Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn

Regula Mühlemann ist Juliette. Die gebürtige Luzernerin startete ihre Karriere in der Luzerner Kantorei, studierte an der Hochschule ihrer Heimatstadt und ist heute weltweit an allen bedeutenden Konzertsälen und Opernbühnen zu Hause. Diego Silva gab sein Debüt in «Roméo et Juliette» an der New Yorker Metropolitan Opera – dort als Tybalt. Sein Rollendebut als Roméo gibt er auf der Bühne des Luzerner Theater. Das Luzerner Sinfonieorchester stand unter dem souveränen, wohltuend zurückhaltenden Dirigat von Musikdirektor Clemens Heil.

Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn
Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn

Regula Mühlemann und Diego Silva sind nicht nur ein stimmlich, sondern auch darstellerisch passendes tragisches Liebespaar. Wunderbar wie sie sich in ihre Verliebtheit fallen lassen. Imponierend wie sicher und markant der mexikanische Tenor seine Partie mit Leben und vokaler Leidenschaft ausfüllt. Vom Liebesversprechen „Ah! Ne fuis pas encore“ bis zum Liebestod „Viens, fuyons au bout de monde“ ließen sich die beiden Sänger im Zentrum beherzt aufeinander ein. Aber nicht nur die Titelhelden überzeugen: Sarah Alexandra Hudarew als Juliettes gouvernantenhafte Amme und Robert Maszl als Scharfmacher Tybalt auf der Seite der Capulets. Bei den Montagues brilliert Abigail Lewis in der „Hosenrolle“ von Romeos Pagen Stéphano, während Bernt Ola Volungholen und Kihun Koh als Romeos rauflustige Freunde Mercutio und Benvolio mit ihrer Bühnenpräsenz punkten. Vuyani Mlinde ist der trinkfeste Pater Laurent, den Romeo als Verbündeten seiner Liebe erstmal auf Trab bringen muss. Bernt Ola Volungholen und Robert Maszl duellierten sich „Hollywood stuntreif“ bevor sie nacheinander, genauso bühnenreif, das Zeitliche segneten.

Hommage an Renaissance Ikone Michelangelo

Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn
Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn

Die Situation, als Julia in einen todähnlichen Schlaf fällt, stellt Regisseur Vincent Huguet dar, wie eine Hommage an die „Pieta“ von Michelangelo Buonarotti. Das Bühnenbild recht düster gehalten, mit den vielen Statuen und Büsten, die Vergangenheit heraufbeschwörend, von der sich die beiden Liebenden verabschieden und die jahrzehntelange, zuweilen gar tödliche Feindschaft der beiden Clans der Capulets und Montagues beenden wollen. Dem steht, nebst der Tradition, auch noch die, von Julias Vater  vorbestimmte Hochzeit seiner Tochter mit deren Verehrer Paris diametral entgegen. Da sind die grossen Konflikte vorprogrammiert, das Drama nimmt unweigerlich seinen vorbestimmten Lauf.

Auch andere setzten Glanzpunkte

Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn
Romeo et Juliette Szenenfoto von Ingo Hoehn

In der Rolle des Vaters glänzt Jason Cox sowohl schauspielerisch wie gesanglich. Ebenso überzeugend Vuyani Mlinde als Frère Laurent.

Das Premierenpublikum geizte nicht mit Szenenapplaus, einige davon sogar garniert mit Bravorufen. Dieser Szenenapplaus fiel natürlich besonders gross aus, wenn Regula Mühlemann  in ihren Koloraturpassagen brillierte.

Trotz allem, das tragische Ende ist seit über 400 Jahren nicht abzuwenden, aber obwohl die beiden Liebenden durch gemeinsamen Suizid sterben, bleiben sie weiterhin unsterblich, noch ein bisschen mehr vielleicht, dank der in allen Belangen gelungenen Produktion am Luzerner Theater.

Der grosse Schlussapplaus mündete schlussendlich in eine „Standing Ovation“, an dem auch die Produktionsverantwortlichen teilhaben durften.

Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Hoehn:

fotogalerien.wordpress.com/2018/11/03/luzerner-theater-romeo-et-juliette-eine-romantische-oper-von-charles-gounod-premiere-2-november-2018-besucht-von-leonard-wuest/

Kurzer Trailer der Produktion:

https://www.luzernertheater.ch/romeoetjuliette

 

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:  Ingo Hoehn www.luzernertheater.ch

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Ein Buch trifft die Stimmung des Sees, von Willi Bürgi, Sursee

Buchhändler Samuel Budmiger gratuliert Marietheres Bürgi für die gelungene Vernissage.

Buchhändler Samuel Budmiger gratuliert Marietheres Bürgi für die gelungene Vernissage. 

In Sursee fand die Buchvernissage eines Werkes von Louis Gut statt, das der Autor in den 1920er Jahren zwar mit viel Fleiss komponiert hat, das er aber in ein Album legte, statt es zu veröffentlichen.

Im Rückblick erweist sich sein Bild des Sempachersees als stimmiges Dokument einer Zeit, die zwar die «Errungenschaften» der modernen Technik feierte, sich aber auch vor deren Entwicklung fürchtete.

Applaus für die LektorInnen Marietheres Bürgi und Rolf Winz (hinten).

Applaus für die LektorInnen Marietheres Bürgi und Rolf Winz (hinten).

Louis Gut (1886 – 1957) beschrieb damals den See im Stil der späten oder der neuen Romantik, liess aber immer wieder durchblicken, auf welchem Grat sich der Mensch bewegte. Die Zerstörungen und die Abartigkeit des Ersten Weltkrieges im Rücken, wagte er es nicht mehr, an eine heile Welt zu glauben, und fiel in seinen Gedichten immer wieder in die menschlichen Abgründe hinab.

Kompromissloser hielt er an der stillen Natur auf seinen Bildern fest. Zwar klingt auch da die labile Stimmung der Jahrhundertwende an, aber er drückt sie im Stil der Zeit (Böcklin und Segantini) aus. Seine Fotos vom stillen See sind unzweifelhaft von den Künstlern seiner Zeit beeinflusst und strahlen deren Kraft aus.

Guts Buch zum Sempachersee ist nun im neuen Kleinverlag «Edition Waldburga» erschienen. Es stiess bei der Präsentation in der Buchhandlung am Untertor in Sursee auf ein sehr positives Echo und rief Erinnerungen wach – an Zeiten, in denen die Schweizer Mittellandseen noch nicht unter dem heutigen Dichtestress standen. Die Seen spielten noch eine Hauptrolle im Gefüge der Landschaften. Heute versinken sie allzu leicht im Lichtermeer der zusammenhängenden Siedlungen an ihren Ufern. Dass man am Sempachersee diese Stille noch heute erahnen und erleben kann, macht ihn und wenige andere Seen noch immer zum Magneten für die Menschen.

Viele gespannte Zuhörerinnen und Zuhörer vor prachtvoller Buchkulisse

 Viele gespannte Zuhörerinnen und Zuhörer vor prachtvoller Buchkulisse

Louis Gut war bis in die zehner Jahre Bauer in Kaltbach bei Sursee und zog 1923 als Privatmann nach Sursee an den See. Hier konnte er endlich dem nachhangen, was seit Jahren seine Leidenschaft war, dem Dichten und Denken, wie er es bei den deutschen Klassikern zuhause gelernt hatte. An seinem neuen Ort erarbeitete er zunächst dieses lyrische und historische Porträt des Sees.

Louis Gut, Mein stiller See. Poetische Texte und Fotos aus den zwanziger Jahren. Edition Waldburga, Sursee, 84 Seiten. Fr. 20.-

Zu beziehen in der Buchhandlung oder direkt beim Verlag:

Edition Waldburga

Bellevueweg 2

6210 Sursee

Tel. 041 921 27 92, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., www.edition-waldburga.ch

 

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Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir KKL Luzern, 30. Oktober 2018, besucht von Léonard Wüst

Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir
Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir

Besetzung und Programm:

Orchestre Révolutionnaire et Romantique/Monteverdi Choir

Rezension:

Monteverdi Chor
Monteverdi Chor

Der Tod des von Verdi hochgeschätzten Dichters Alessandro Manzoni 1873 veranlassten Verdi, die Totenmesse zu vertonen. Die Uraufführung in der Kirche San Marco in Mailand am 22. Mai 1874 war ein Ereignis von nationaler Bedeutung. Verdis Kirchenmusik beeindruckte durch ihre opernhafte Grösse und Dramatik (besonders im «Dies irae»). Andere wieder, die Kirchenmusik als eher intime Musik verstehen, waren befremdet, wie Hans von Bülow, der im Requiem eine «Oper im Kirchengewande» sah. Im Requiem vertont Verdi eine einzige große Drohung, nämlich, dass der schwer sündenbeladene Mensch am „Tag des Zorns“ vor dem Jüngsten Gericht antreten muss, verängstigt um Gnade fleht, um der Hölle noch zu entgehen.

Niederschmetternde Wirkung der Interpretation durch Gardiner

Sir John Eliot Gardiner (Dirigent)
Sir John Eliot Gardiner (Dirigent)

Die Wirkung die der, im Jahre 1998 von Prinz Charles zum Sir geadelte John Eliot Gardiner erzielt, ist alles andere als ein angenehmes, gar unterhaltsames Hörvergnügen – sie ist verstörend brutal. Diese Interpretation will erschüttern, und sie tut es in jeder Sekunde. Bar allen Romantischen, konfrontiert der Komponist den Zuhörer mit der existentiellen Angst vor dem eigenen Tod.

Prädestiniertes Orchester für dieses Gewaltwerk

Ann Hallenberg (Mezzosopran)  Foto Oerjan Jakobsson
Ann Hallenberg (Mezzosopran) Foto Oerjan Jakobsson

Das Orchestre Révolutionnaire et Romantique bildet eine Einheit, wie es jedes große Orchester tut, wie es ja der Sinn eines Orchesters ist, doch an jedem Opernabend, in jedem Konzert, gibt es hier und da eine Schwäche, eine klitzekleine Unsauberkeit, die gerade gehört schon wieder vergessen ist. Einfach diese kleine Menschlichkeit, doch zumindest heute war hier alles perfekt, saß jeder Bogenstrich, jeder Ton, gab es keine Unstimmigkeit im Tempo zwischen Musikern und Sängern.

Gianluca Buratto (Bass)
Gianluca Buratto (Bass)

Dies gilt auch für den Monteverdi Chor, der nicht nach viele verschieden Stimmen klang, sondern einfach homogen. So wurden die a-capella gesungenen Passagen, so kurz sie auch sein mögen, zu einem zarten Genuss für die Ohren, gleich- bei dem Vergleich mit dem Lebensspender „Wasser“ zu bleiben,- einem sanften Sommerregen und die machtvollen, immer wiederkehrenden Fortissimo-Passagen besonders des „Dies irae“, aber auch des „Lacrimosa“oder noch mehr des doppelchörigen „Sanctus“ reißen den Zuhörer mit, wie mittlere bis hohe Sturmwellen. Es ist eben ein Markenzeichen Verdis, das nicht nur für sein kirchliches Werk gilt: Er ist ein Meister der Chöre.

Vier Solisten. Nicht mehr, nicht weniger als vier Teile eines vielteiligen Ganzen

Corinne Winters (Sopran)  Foto Fay Fox
Corinne Winters (Sopran) Foto Fay Fox

Doch er ist auch ein Meister der ausdrucksstarken Solostücke, Duette und Quartette für Solisten, die ihr Handwerk sowohl mit ihrer Stimme, als auch mit Seele und Herz ausüben. Und davon standen vier hervorragende auf der Bühne, platziert neben dem Dirigenten. Eigentlich unfair, den Bassisten besonders zu erwähnen, aber Gianlucca Buratto stach, nebst Mezzosopranistin Ann Hallenberg, besonders ins Ohr. So volltönend wie Burattos Bass so hell ist die Stimme des litauischen Tenors Edgaras Montvidas. Sein  „Ingemisco berührt, gerade auf Grund des hellen Timbres, dass eher den Eindruck eines Jünglings vermittelt der darum bittet, auf die „rechte Seite“ gestellt zu werden, als an einen sündigen Mann. Montvidas Stimme ist lyrisch und doch kraftvoll. Reif, voll und von einem ungewöhnlich großem Umfang ist die Stimme von Mezzosopranistin Ann Hallenberg. Ihre Stimme klingt ungewöhnlich, hat Widererkennungswert und sie harmoniert in Klang, Hingabe und im Ausdruck auf wunderbare Weise mit der amerikanischen Sopranistin Corinne Winters. In ihren gemeinsamen Passagen, dem „Recordare, wie dem „Agnus die scheinen sie wie zwei Wellen, die zu einer werden. Beide Künstlerinnen berühren auch einzeln mit ihrem Gesang, doch gemeinsam klingen sie vollkommen, atmen über weite Teile gar im Einklang. Winters Sopran ist von einer Reinheit, bei der sich in diesem christlichen Werk, das Adjektiv „engelsgleich“ geradezu aufdrängt. Sie führt ihre Stimme mit einer Leichtigkeit in kristallklare Höhen, doch weder die Tiefen, noch die Mittellagen scheinen ihr Schwierigkeiten zu bereiten. Ihre Emphase und Hingabe berührt spätestens bei ihrem letzten „Libera me“ so tief, dass es den Zuhörer wohlig fröstelt.

Edgaras Montvidas (Tenor)  Foto Rokas Darulis
Edgaras Montvidas (Tenor) Foto Rokas Darulis

Das Auditorium im praktisch vollbesetzten Konzertsaal zeigte sich denn auch begeistert von diesem Gesamtkunstwerk und belohnte die Protagonisten mit einer stehenden Ovation, was diese sichtlich erfreute.

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/  

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