Christian Baus als Richter Adam und Alina Vimbai Strähler als Eve
Ein Scherbenhaufen war die Grundlage für Kleist, ebenso für Regisseur Bram Jansen am Luzerner Theater, der aber irgendwie von einem Krug ausgeht, der noch intakt ist. Bei Kleist weist alles auf Richter Adam als Verursacher des zerbrochenen Krugs hin, Jansen beleuchtet aber jede Sichtweise. also je nachdem, wie die involvierten Personen die Szene gesehen haben, kommen fast alle als Täter in Frage. So entstehen, ganz im Usus zeitgenössischer Politiker, alternative Fakten. Die Erinnerungen der Menschen in der Video-Installation zu Beginn der Inszenierung von Kleists Komödie «Der zerbrochene Krug» in der Box des Luzerner Theaters sind so lückenhaft und ungenau, wie es bei Augenzeugen oft der Fall ist. Ein Lehrer, mehrere Teenager und ein Armeeangehöriger schubsen da beim Spiel mit den Fakten Krug um Krug von der Tischkante, mal absichtlich, mal aus Versehen.
Wahrheit, Lüge, bewusste Denunziation oder einfach nur Irrtum?
Jakob Leo Stark und Alina Vimbai Strähler
Wer hat Recht? Derjenige der sagt. das Glas ist halb voll, oder jener, der sagt: das Glas ist halb leer? Unsere subjektive Wahrnehmung lässt beide Wahrheiten zu, je nach Standpunkt (real visuell oder spirituell). Bewusst reduziertes Bühnenbild, das zu Beginn hauptsächlich aus einer fliessend drapierten Leinwand besteht auf die sämtliche vorgetragenen Standpunkte als Spielszenen projiziert werden. Später gesellen sich noch Fenster und Türen dazu, die auf Gabelstaplern parkiert, je nach Bedarf durch die Akteure umplatziert werden. Unpassend, gar unnötig störend die Musik, wenn man die psychedelischen Geräusche überhaupt als solche bezeichnen kann
Beispiel einer Wahrnehmung der Wahrheit:
Ceci n'est pas une pipe
Einen noch viel ausgeprägteren Ansicht, was Realität ist, hatte ausgerechnet ein Surrealist. Der Belgier René Magritte notierte unter einem seiner bekanntesten Bilder „La trahison des images“ (wörtlich: „Der Verrat der Bilder“), abgebildet ist eine Pfeife: „Ceci n’est pas une pipe.“, französisch für „Dies ist keine Pfeife.“). Der verbreitetsten Interpretation zufolge war es die Absicht Magrittes, zu demonstrieren, dass selbst die realistischste Abbildung eines Objekts nicht mit dem Objekt selbst identisch ist. Stattdessen hat man es bei dem Dargestellten mit einem Bild zu tun, nicht mit einer tatsächlichen Pfeife, die man stopfen oder rauchen könnte.
Einmal mehr ausgezeichnete Schauspieler/innen
Wiebke Kayser als Mutter Marthe
Die Schilderungen, wie der Krug zerbrochen sei, werden nachgespielt, mal aus der Sicht von Eve, mal aus derjenigen ihres Verlobten Ruprecht und nicht zuletzt die Schilderung von Eves Mutter Marthe, die ihre Version bei Richter Adam zu Protokoll gab und damit Ruprecht bezichtigte, der Übertäter zu sein. Jede Zeugenaussage, für sich genommen, klingt eigentlich plausibel, wenn man die Sichtweise des Beobachters berücksichtigt und nicht miteinrechnet, was die andern Zeugen gesagt haben. Beim Ur Kleist ist man sich schlüssig, dass nur Richter Adam der Täter sein kann.
Jakob Leo Stark und Verena Lercher
Wie Wiebke Kayser als Witwe Marthe, Eves Mutter, ihre Monologe runterrattert, Jakob Leo Stark mit vollem Körpereinsatz Ruprecht, den Verlobten von Eve gibt, Verena Lercher alles investigiert und laufend hinterfragt, Eve die naive Unschuld vom Lande markiert und Christian Baus fast unbeteiligt teilnahmslos stoisch die Prozedur über sich ergehen lässt. Eindrücklich in Mimik, Gestik und Didaktik.
Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Höhn, Luzerner Theater:
Das Grand Theatre de Genève zeigt die Opéra Comique «Fantasio» von Jacques Offenbach, ein Werk, welches bis anhin nur sehr selten aufgeführt worden ist, zu Unrecht, wie sich nun in Genf zeigt.
Fantastischer Fantasio
La princesse Elsbeth Melody Louledjian c Lionel Monnier
Zur Geschichte: Der junge Student Fantasio (Katija Dragojevic) übernimmt die Rolle des kürzlich verstorbenen Narren Saint Jean am Hofe des bayrischen Königs und will so der Prinzessin Elsbeth (eine wunderbar feenhafte Melody Louledjian) helfen, denn diese soll gegen ihren Willen den Prinzen von Mantua (Pierre Doyen) heiraten, um einen Krieg zwischen den beiden Ländern zu verhindern. Der Prinz zieht sich seinerseits die Kleider seines Dieners (Loïc Félix) an, eine übrigens umwerfende Szene, um herauszufinden, ob die Prinzessin ihn auch als Menschen liebt und nicht nur als Prinzen. Fantasio schafft es, die Heirat zu verhindern, aber auch den drohenden Krieg abzuwenden.
Fulminanter Einstieg ins Geschehen
Le prince de Mantoue Pierre Doyen c ClaireLeGoff
«Krieg» steht auf zwei Plakaten auf der Bühne des Grand Théâtre, eine Gruppe Menschen steht dicht und scheinbar etwas ratlos beieinander, es ist düster und schneit. Dann öffnet sich im Hintergrund, hinter der zweiten Bühnenebene, eine riesige Fotolinse, ein Mann kommt die grosse Treppe zwischen oberer und unterer Bühnenebene herunter und ersetzt die beiden Plakate. Jetzt steht «Frieden» drauf, darunter «Heirat». So beginnt «Fantasio» in Genf, meisterhaft inszeniert von Thomas Jolly, atmosphärisch schon so dicht, dass man bereits während der Ouvertüre mitten im Geschehen ist.
Ungewöhnliche Ein- und Ausblicke
Flamel Héloïse Mas
Die Fotolinse wird sich immer wieder öffnen und den Blick freigeben, mal auf ein Schloss, dann auf eine Häusersilhouette, einen Friedhof. Scherenschnittähnlich heben sich diese zusätzlichen Kulissen gegen den je nach Situation rot, weiss oder farbig erleuchteten Hintergrund. Das Bühnenbild (Thibaut Fack) ist eins der Highlights dieser Aufführung. Mobile Elemente werden immer wieder von drei Lakaien hereingeschoben, mal witzig (ein Teppich mit wedelnden Blumen) mal poetisch (der lichterbesetzte Balkon). Dazu kommen die magischen Lichteffekte (Antoine Travert und Philippe Berthomé). Da gibt’s unzählige kleine Lämpchen, Lichtergirlanden und kunstvoll eingesetzte Lichtkegel, die dem Raum eine ganz neue Proportion geben, eine andere Atmosphäre. Das verzaubert und erzeugt magische Momente, wie z.B. beim Duett zwischen Fantasio und der Prinzessin Elsbeth, zart und zerbrechlich im weissen Kleid auf dem blumenumrankten Balkon. Oder bei der Anprobe des Hochzeitskleides mit dem unendlich langen Schleier. Bei den Hochzeitsvorbereitungen ist alles in den Farben Weiss und Rosa gehalten, Ballongirlanden in Form eines riesigen Herzes werden aufgefahren und erinnern an eine gigantische Kindergeburtstagsparty. Auch der Klamauk fehlt nicht, überzeichnete Charakteren, witzige Aktionen. Die Inszenierung ist eine wahre Augenweide, oft passiert auf dieser Bühne so viel gleichzeitig, dass man nicht allem folgen kann.
Eindrückliches Ensemble
Direction musicale Gergely Madaras c Balazs Borocz
Auch musikalisch wird das Publikum auf höchstem Niveau verwöhnt. Ein hervorragendes Ensemble singt, spricht und spielt gleichzeitig, wobei die gesprochenen Passagen, bis auf eine Ausnahme (Fantasio), in perfektem Französisch vorgetragen werden. Da gibt es keine Brüche, die Handlung bleibt fliessend, das hilft, die eher dürftige Geschichte annähernd glaubhaft zu machen. Und dann ist da noch der Chor des Grand Théâtre, von einer unglaublichen Dichte, präsent, präzise in allen Schattierungen, stark, raumfüllend. Das Orchestre de la Suisse Romande unter Gergely Madaras überzeugt ebenfalls durchgehend, Flöten und Streicher schwelgen in den wunderbaren Motiven Offenbachs.
Facio Fernando Cuellar c Jess Hoffman
Ein höchst vergnüglicher, bereichernder Opernabend, der eine ganze Weile nachhallt mit seinen fantastischen Bildern und mehr als ein Besucher verliess das Theater, leise «pour un peu d’amour» vor sich hinsummend.
Mit seinem Fasnachtsmotto „Glöön“ hat der amtierende Heinivater Oliver Schnieper zusammen mit seiner Heinifamilie dazu beigetragen, dass Gross und Klein mit x-beliebigen, originellen Sujets die Soorser Fasnacht bereicherten. Das Fasnachtsmotto 2018 reiht sich nahtlos in die „einfach umzusetzenden“ Mottos ein und wird Soorsi eine Fasnacht bescheren an der sich Kinder, Familien, Freunde, Gruppen und Einzelmasken mit individuellen, tollen Sujets tummeln werden. Die Katze ist aus dem Sack, am Martinibot vom Freitag, 10. November gab Zunftmeister Peter Wyder das Motto „WÖUDE WÖUDE WESCHTE“ bekannt.
Heinifamilie mit Heinivater Oliver Schnieper, Heinimamme Ursi und den Heinigoofen Eugen und Rosa
Er schloss die Motto-Erklärung mit den Worten „welcher Zünftige sich hinter dem Motto verbirgt und somit unser Heinivater 2018 werden wird, bleibt bis zum Dreikönigsbot vom 6. Januar 2018 ein gut gehütetes Geheimnis. Wie an dieser Stelle üblich, begannen die ersten Mutmassungen unter den anwesenden Zünftigen, welcher Gleichgesinnte sich hinter dem Motto verbirgt.
Weiter wurden die Jahresrechnung sowie das Budget für das kommende Vereinsjahr beschlossen, über das Tätigkeitsprogramm des Fasnachtsjahres 2018 befunden, die Teilnahme am Städtlifescht 2018 besiegelt und Informationen aus den unterschiedlichen Komitees abgegeben. Doch was ist eine Fasnacht ohne neue Zunftgesellen. Auch hier kann für das folgende Jahr sozusagen aus dem Vollen geschöpft werden. Mit Pascal Bühler, Markus Reber, Martin Senn und Danny Uwiera stellen sich vier Gesellenanwärter für die Wahl ins „Probejahr“ als Geselle zur Verfügung. Sie werden am Dreikönigsbot zur Wahl aufgestellt. Ihnen steht der Austritt des ehemaligen Mitmeisters (MM) Tee Petersen gegenüber.
Auch unter Personelles, fanden Ersatzwahlen für drei Mitglieder des Zunftrates statt:
MM Bruno Meyer übernimmt das Amt des Säckelmeisters von MM André Baumgartner
AHV (Altheinivater) Beat Felder übernimmt das Amt des Beirats von AHV Urs Troxler
MM Giovanni Guglielmo gibt das Amt des Stubenmeisters ab. Ein Nachfolger konnte per Martinibot 2017 nicht aufgestellt werden, sodass die Stubenkommission die Verfügbarkeit und Termine des Stubenmeisters sicherstellen wird.
Last but not least stellte MM Damian Sidler als Chef des Plakettenkomitees die Fasnachtsplakette 2018 vor. Die neue Plakette einer 3er-Serie wurde vom Soorser Maskengestalter Roger Stalder entworfen. Das erste Sujet zeigt „s’Ondertor“, die darauffolgende „s’Rothus“ und die letzte sodann „de Diebetorm“. Mit der Abbildung der drei historischen und prägnanten Gebäude in „unserem Soorsi“ ist es Roger Stalder gelungen, einen echten Bezug zur Stadt herzustellen. Insbesondere die Bevölkerung sowie alle Fasnachtsgewaltigen werden sich mit der Plakette und deren Sujets identifizieren und ein Stück echte Geschichte erwerben können. Die Plakette wird wie gewohnt in den drei bewährten Ausführungen der Heini-, Gold- und Silberplakette erhältlich sein.
Das diesjährige Martinibot hatte also wiederum viel zu bieten und war mit 63 teilnehmenden Zünftigen äusserst gut besucht. Zunftmeister Peter Wyder schliesst die Generalversammlung traditionell mit den Worten „Glück auf, Heinivater 2017. Glück auf, Zunft Heini von Uri Sursee“
Die taiwanesische Meisterin der Tastenzauberei Shih-Wei Huang
Programm:
Shih – Wei Huang interpretiert Chopin & ein musikalisches Surprise-Menü
Rezension:
Allgemeines über die Künstlerin
Shih Wei Huang erhielt das gleiche Stipendium wie Lang Lang und studierte gegen den Willen ihres Vaters Musik. Der hätte sie lieber als Ärztin oder Rechtsanwältin gesehen.
Shih Wei Huang
Shih-Wei Huang, *1988 in Taipei, absolvierte ihr Bachelor-Studium am renommierten Curtis Institute in Philadelphia & erreichte ihren Master an der Yale University. Sie gewann zahlreiche Auszeichnungen in den USA, Italien & Taiwan, u.a. 2001 & 2004 Steinway Young Artist Compet., 2011 52. Sorantin International Competition for Piano in Alaska sowie den Dorothy MacKenzie Artist Recognition Award in NY & 2012 bei der National Talent Bank. Sie erzielte erste Preise beim internationalen Tastatur-Wettbewerb in NY, beim CHIMEI Artist Award, bei den Young Star Series Künstlern in Taiwan & beim Internationalen Mauro Paulo Monopoli-Klavierwettbewerb. Die Taiwanesin begeistert als Solistin & Kammermusikerin. Ausserdem konzertiert sie mit dem National Taiwan Symphony Orchestra & als Mitglied des Philadelphia Orchestras. Diese hochbegabte Tastenkünstlerin hautnah zu erleben, ist magisch & unvergesslich. Im Moment belegt sie den Meisterkurs Klassik an der Hochschule für Musik in Luzern (HSLU). Nebst ihrer Muttersprache spricht sie ausgezeichnet englisch und deutsch. Ebenso kann man sich mit ihr in Mundart austauschen. Berührungsängste kennt sie keine, ist offen, freundlich und nett zu jedermann, unterhält sich am Rande des Auftritts mit den begeisterten Zuhörern, posiert geduldig und immer gut gelaunt für unzählige Erinnerungsfotos und Selfies.
Andreas „Res“ Dolder erfüllte sich einen Herzenswunsch
Meylenstein Eventlocation
Dank guten Beziehungen, exzellenten Kontakten und seiner Hartnäckigkeit gelang es Andreas „Res“ Dolder, seinen Herzenswunsch, ein Konzert mit seiner Bekannten Shih Wei Huang für ihre immer zahlreicher werdenden Schweizerfans in einem intimeren Rahmen, abseits der grossen Konzerthallen, zu realisieren. Dies auch dank der Spontanität und Generosität seines Freundes Beat Meyerstein, dem er von dieser ausserordentlichen Pianistin erzählt hatte. Der hat, ohne zu zögern, seine elegante Location und zusätzlich das Catering zur Verfügung gestellt. So wurden denn die ca. 50 geladenen, ausgewählten Gäste äusserst herzlich willkommen geheissen im Foyer der Meylenstein Location an der Bellerivetrasse in Downtown Zürich. Die beiden Gastgeber und ihre Partnerinnen parlierten mit den nach und nach eintreffenden Freunden, Bekannten und andern Musikbegeisterten, stellten die Gäste einander vor, stimmten das gutgelaunte Publikum auf das folgende Konzert ein.
Das intime Konzert der Ausnahmekünstlerin
Meylenstein Eventlocation
Gastgeber „Res“ Dolder stellte die junge Pianistin kurz vor, erläuterte die Umstände seiner Bekanntschaft mit ihr (indischer Koch Event bei Lucette Achermann in Luzern), verwob das Ganze mit Zitaten von Igor Strawinsky, steigerte so geschickt zusätzlich die sonst schon grosse Spannung in Erwartung des Auftrittes. Das Werke, die aufgeführt würden, habe man zusammen abgesprochen, wobei die Künstlerin den Wunsch äusserte, die Strawinsky Komposition nach Beethoven, aber vor Chopin, zu spielen.
Dann bat er Shih Wei Huang, an den Konzertflügel. Diese erschien, gekleidet mit einem eleganten, langen schwarzen Abendkleid und griff sogleich energisch in die Tasten, setzte kraftvoll die Harmonien für den Auftakt in das Allegro von Beethovens Klaviersonate in C Moll. Dass sie auch sehr gefühlvoll einfühlsam kann, demonstrierte sie im darauf folgenden Adagio, besonders in den Intermezzi und den perlenden Läufen, ergänzte und schloss dann die Sonate mit dem schwungvollen, tänzelnden Rondo ab, das sie locker aus den Handgelenken schüttelte.
Besorgt, dass die Pianistin sich Knöpfe in die Finger spielt
Von links nach rechts Beat Meyerstein, Veranstalter, Suling Lin (Entdeckerin der Künstlerin), Dr. Res Dolder, Shih-Wei Huang, Lucette Achermann
Besonders bei den technisch unglaublich schwierigen Passagen in den drei Sätzen von Strawinskys „Petrouchka“ befürchtete ich ernsthaft, dass sie sich Knöpfe in die Finger spielt, vermochten doch meine Augen den flinken Fingern kaum zu folgen. (Strawinsky hatte diese Sätze extra für seinen Freund Arthur Rubinstein für das Pianoforte transkribiert, ist doch „Petrouchka“ eigentlich Ballettmusik, erläuterte Shih Wei, bevor sie das Werk in Angriff nahm). Mit der „Dance russe“ begann sie diese Trilogie fulminant mit einem Staccato von Strawinsky typischen Akkorden, besonders die rechtshändig untergriffigen, während die linke Hand de vier passenden Grundtöne dazu trällert. Etwas weniger expressiv ist der zweite Satz, dem das Geschehen in Petrouchkas Haus zugrunde liegt, bevor mit „La semaine grasse“, dem letzten Satz, wieder eine wahre Klangeruption folgt. Da fegt die Pianistin nochmals die Tastatur rauf und runter, reiht Lauf an Lauf, Staccato an Tremolo, lässt die Bässe düster stampfen, unterlegt mit Variationen im mittleren Spielbereich der 88 Tasten, setzt dann wieder perlende Läufe bis an den obersten Rand der Tastatur. Dies alles spielerisch leicht, völlig entspannt, als ob das die leichteste Sache der Welt wäre. Fasziniert, fast ungläubig lauscht das sachkundige Publikum diesem Musikgenuss den ich nur mit dem Prädikat „Weltklasse“ versehen kann. Wann hat man schon je die Gelegenheit, ausserhalb eines renommierten Konzertlokals, in einer passenden, stimmigen Location, solch ein Musikereignis zu erleben. Dementsprechend fiel dann auch der begeisterte Applaus der ca. 50 Personen aus, in etwa so laut wie in einem, mit ungefähr 1500 Leuten besetzten, „normalen“ Konzertsaal.
Die Liebe der Künstlerin zu technischen schwierigsten Herausforderungen
Shih-Wei Huang am Piano
Sie liebe grundsätzlich die technisch sehr schwierigen Kompositionen, die Herausforderung, fast unspielbare Partituren anzugehen, erklärte sie beim Small Talk nach dem Konzert. Dann, so mein Gedanke, freue ich mich schon auf das nächste Mal, vielleicht im Juni 2019 beim Solistenkonzert mit dem Luzerner Sinfonieorchester der HSLU im KKL in Luzern, wenn möglicherweise Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 D Moll im Programm gelistet sein wird. Shih Wei wird ihren Meisterkurs an der HSLU im Sommer 2019 abschliessen und anschliessend ihre Karriere richtig lancieren.
Mit der „Grande Polonaise brillante“ hatte sie das geeignete Werk ausgewählt, um das Feuer, das sie mit der „Petrouchka“ entfacht hatte, am Lodern zu halten. Wie für sie komponiert wirkten die beidhändig entgegensetzt verlaufenden Läufe mit den fulminanten Über – und Untergriffen, die der polnische Komponist in seine Partituren geschrieben hatte und mit denen er die Pariser Damenwelt in deren Salons entzückte und begeisterte. Entzückt und begeistert von der Darbietung der Taiwanesin waren in der Location Meylenberg nicht nur die Damen, sondern auch die Herren und zusammen feierte man die Protagonistin mit einer stehenden Ovation, die diese strahlend genoss. Der ihr überreichte Blumenstrauss musste sie dann aber umgehend wieder hergeben, da sie ihre Hände für die vehement geforderte Zugabe brauchte. Diese gewährte sie in Form der „Fantasie Impromptu“ von Fréderic Chopin und das kam einem Schaulaufen gleich und wurde wieder entsprechend honoriert, sodass Shih Wie nichts anderes übrig blieb, als sich erneut hin zu setzen und nochmals in die Tasten zu greifen. Den endgültigen Schlusspunkt setzte dann die Nationalchinesin mit der Interpretation der Filmmusik aus „Pirates of the Carribean“, demonstrierend, dass sie nicht nur das klassische Repertoire perfekt beherrscht. Ein erneuter Applausorkan war ihr sicher und beschloss das Konzert. Anschliessend bedankten sich die beiden Veranstalter nochmals bei der Künstlerin, bei den Anwesenden, die den Anlass grosszügig monetär unterstützt hatten, sodass Beat Meyerstein der sichtlich erfreuten Pianistin eine stattliche, reichlich verdiente Gage in einem Couvert überreichen konnte. Man kanns kaum glauben, aber Shih Wei Huang ist, als Absolventin des Meisterkurses an der HSLU, immer noch Studentin, natürlich mit dementsprechend kleinem Einkommen. Im Anschluss wurden die Gäste noch mit einem Apéro riche verwöhnt und unterhielten sich noch angeregt, pflegten bestehende Kontakte und knüpften neue. Fazit: ein tolles, weil einmaliges Erlebnis in aussergewöhnlich stimmigem Ambiente, Weltklasse hautnah, nicht abgehoben, dargereicht von einer sympathischen, bodenständig geerdeten Persönlichkeit, mit einer grossen Ausstrahlung. Das Ganze organisiert von zwei ebensolchen Gastgebern, genossen von eingeladenen Glückspilzen.