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ZKO, Musik für stürmische Zeiten, 21. Mai 2017, Schauspielhaus Pfauen, Zürich, besucht von Irène Hubschmid und Ruth Schiesser

 

Zürcher Kammerorchester

Programm und Besetzung:
Ignaz Pleyel Sinfonie D-Dur Ben. 126
Ignaz Pleyel Flötenkonzert C-Dur Ben. 106
Wolfgang Amadeus Mozart Andante C-Dur für Flöte und Orchester KV 315
Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonie Nr. 28 C-Dur KV 200
Emmanuel Pahud Flöte
Willi Zimmermann Konzertmeister
Zürcher Kammerorchester

Rezension:

Mit Emmanuel Pahud und seiner Flöte war das Konzert ein Genuss auf hohem Niveau. Begleitet wurde der weltbekannte Solist durch das nicht weniger bekannte Zürcher Kammerorchester.

Zur Einführung begrüsste der Direktor Michael Bühler die Zuhörer und hielt eine Abschiedsansprache für die langjährige ZKO-Geigerin Sandra Goldberg, die seit 1985, dem gleichen Jahr, in welchem Michail Gorbatschow als Generalsekretär der KPdSU gewählt wurde, zum Ensemble gehörte und überreichte ihr mit nochmaligem Dank einen Blumenstrauss.

Emmanuel Pahud Revolution (c) Warner Classics- Fabien Monthubert

Dann zum Konzert mit dem Komponisten Ignaz Pleyel (Oesterreicher/Franzose) (1757-1831), einem Zeitgenossen von W.A. Mozart. Gespielt wurde die Sinfonie in D-Dur Ben 126 für Orchester. Ein melodiöser Auftakt und ein musikalischer Dialog mit prägnanten und teilweise rassigen Passagen, dann wieder abgelöst durch rhythmisch eher dezentere Töne. Eine tonale Kontrastkomposition, dies unterstrichen durch die Bläsereinsätze. Es war zeitweise Mozart ähnlich, da sich der Musikstil ebenso vital, inhaltsreich und wohlwollend präsentierte.

In der Folge kam Emmanuel Pahud (Schweizer, *1970 in Genf) mit seiner goldenen Querflöte und entzückte die Zuhörer mit dem Flötenkonzert C-Dur Ben 106, ebenfalls von Ignaz Pleyel. Pahud pflegt seit über 20 Jahren den Kontakt zum ZKO, obwohl er momentan mehrheitlich in Berlin tätig ist. Der Komponist Pleyel galt als Genie im Windschatten und es ist lohnenswert, diese Musik wieder vermehrt in die Konzertprogramme aufzunehmen. Diese  Verdrängung geschah durch den hohen Bekanntheitsgrad von Beethoven und Mozart. Emmanuel Pahud spielte die Komposition sehr virtuos, mit seiner vollen Konzentration äussert überzeugend, würdig und überragend. Sein verlängerter Atem, wie er sein Musizieren mit Flöte selbst nennt, brachten die Töne klar und meisterhaft zum Ausdruck. Da der Komponist ein Gegner der Revolution war, erläuterte Pahud: Musik ist eine Vision dessen, was sich die Menschen erhoffen. Zu Pleyels Zeit waren dies “Ruhe und klare Form” im ganzen seinerzeitigen Weltgeschehen.

Nach der Pause hielt Michael Bühler eine zweite Ansprache und kam mit einer  roten Schachtel auf die Bühne. Verlost wurde der Gönnerpreis. Die Glücksfee war Sandra Goldberg. Die Gewinnerperson selbst war nicht anwesend, wird sich aber sicher auch nachträglich freuen.

Emmanuel Pahud (c) Warner Classics-Fabien Monthubert

Anschliessend spielte der Solist das Konzert für Flöte und Orchester von W.A. Mozart. Ein ebenso erstklassiges, zauberhaftes, wie hochstehendes  Musikerlebnis. Einerseits mit grosser Intuition hingebungsvoll dargeboten und andererseits die Mozartkomposition reell, elegant und meisterhaft präsentiert. Dies bestätigt die These “Beim Hören von Mozart wird einem nie öde” und wir Musikkenner erfreuen uns immer wieder, dieses fantastische Stück durch qualifizierte Interpreten zu geniessen.

In der Folge intonierte das Orchester die Sinfonie Nr. 28 von Mozart.  Lebhafter und sonorer Auftakt. Die Titel der einzelnen Sätze wurden durch das Orchester schlicht perfekt umgesetzt, ja präzise, engagiert und freudvoll vermittelt, dem man aufmerksam lauschte. Das Publikum applaudierte langanhaltend stürmisch, sodass Konzertmeister Willi Zimmermann sich noch zu einer Zugabe überzeugen liess, dies nochmals mit Mozart.

Erfüllt verliessen die Zuhörer den Zuschauerraum, dankbar erfreut für den inhaltsreichen Musikabend sowie für den, anschliessend durch die Sponsoren offerierten Apéro.

Text: www.irenehubschmid.ch  und Ruth Schiesser

Fotos: Wikipedia und  www.zko.ch/#aktuelles-head

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Luzerner Theater, In 80 Tagen um die Welt Ein Brass-Musical nach Jules Verne, 24. Mai 2017Première besucht von Léonard Wüst

Luzerner Theater, In 80 Tagen um die Welt, Foto Ingo Höhn

Produktionsteam und Besetzung: Inszenierung: Martin Berger Bühne: Florian Barth Kostüme: Sabine Hartzsch Licht: Marc Hostettler Einstudierung Chor: Mark Daver Dramaturgie: Brigitte Heusinger Video-Design: Daniel M.G. Weiss

Mit: Robert Maszl (Phileas Fogg), Jason Cox (Passepartout), Sarah Alexandra Hudarew (Aouda), Yves Wüthrich (Dr. Fix) Chor des LT, Lucerne Brass Ensemble

Rezension:

Das LT begibt sich auf Weltreise – frei nach Jules Verne: Professor Phileas Fogg baut an einer Zeitmaschine – doch die Fachwelt lacht ihn nur aus, bezeichnet ihn gar als Hinterwäldler! Ein Vorwurf, den Fogg nicht auf sich sitzen lassen kann. Wutentbrannt wettet er, mit seinem Assistenten Passepartout in achtzig Tagen um die Welt und durch die Zeit zu reisen und mit massenhaft Beweisfotos und Filmmaterial zurückzukehren. Als er feststellen muss, dass seine Maschine tatsächlich nicht funktioniert, ist guter Rat teuer. Zum Glück gibt es seinen gerissenen Assistenten, der ihn retten kann! Passepartout braucht dafür nur eine Kamera und eine gehörige Portion Aberwitz. Denn: Da haben wir den Suez-Kanal – Fogg und Passepartout posieren davor – aber Achtung, ähnelt er nicht der Reuss? Und wie kommt der Pilatus in die Rocky Mountains. Erstaunlich. Doch eigentlich auch wieder nicht, denn auch hier zeigt es sich erneut: Luzern ist einfach international! Alles beginnt schon vor der Aufführung. Da flanieren zwei uniformierte, Ray Ban bebrillte Guards durchs Foyer, Handschellen an ihren Gurten befestigt. Da die beiden aber weder als Polizisten, noch als Security Angehörige angeschrieben sind, sondern  unbeschriftete schwarze Overalls tragen, rätselt man, was die hier wollen. Einige neugierig mutige wagen sogar, sie anzusprechen, um in Erfahrung zu bringen, welche Funktion ihnen obliegt. Aber nichts Genaues erfährt man nicht. Auch einige charmante, rot gekleidete Damen tauchen plötzlich auf und versuchen, die Besucher auf einen, in Luzern stattfindenden Erfinderkongress aufmerksam zu machen. Informationen zu eben diesem sind im Foyer genügend zu finden. Dies in Form von Plakaten mit Foto und Biografien von Erfindern, Flyern mit aufgeführtem Tagesprogramm, Referenten usw. Im Verlauf der anschliessenden Aufführung auf der Bühne wird einem, als diese Figuren auf der Szene auftauchen klar, dass dies bereits Teil der Produktion war. Diese startet nämlich mit der Eröffnung dieses Erfinderkongresses durch Professor Dr. Fix, der dann diese wertvolle, deshalb von den beiden Guards auf die Bühne gebrachte „Carl Roman Abt Medaille“ für die Erfindung des Jahres, einer digital gesteuerten mechanischen Uhr, an Frau Dr. Aouda überreichen will. Dies, so Fix, sei das erste Mal, dass diese Ehre einer Frau zuteilwerde. Dies ruft aber Phileas Fogg und dessen Begleiter Passepartout auf den Plan, die den Preis für sich reklamieren, hätten sie doch, mit der Konstruktion ihrer Zeitmaschine, eine weit bedeutendere Erfindung gemacht. Dagegen wehrt sich natürlich die Geehrte und das richtige Theater kann beginnen. Dieses spielt sich dann, gekonnt inszeniert, auf verschiedenen Ebenen ab. Auf der Bühne mit der Brass Band, relativ wenig Requisiten und vornehmlich Prof. Dr. Fix, hinter einem Vorhang agieren die übrigen Darsteller, werden dabei gefilmt. Diese Sequenzen werden über eine bühnenhohe Leinwand zugespielt. So erleben wir die furiose Reise um die Welt im roten Ballon. Die beginnt in London, führt uns ins Rom in der Zeit Julius Caesars (brillant gespielt von Passepartout Jason Cox). Erheiternde Dialoge auf Lateinisch zwischen den beiden Weltenbummlern, bis sie, so Fogg, mit ihrem Latein am Ende waren. Fehlen durfte natürlich nicht ein Kampf im Kolosseum, der Gladiatorenarena, diesen bestritt Gladiator Phileas Fogg (Robert Maszl in Höchstform) zeitgemäss in der filmischen Kulisse der „Swissporarena“ gegen das Maskottchen des FC Luzern, den Luzerner Löwen. Dann gings weiter, Richtung Mailand oder Madrid (frei nach Lothar (Loddar) Matthäus Hauptsache Italien), gelandet sind sie aber in einer arabischen Nacht, mit Bauchtanz und allem was dazu gehört.

Luzerner Brassensemble

Die Reise immer untermalt mit den passenden Melodien der Brass Band (von James Bond Thema bis zu der Hauptmelodie aus Indiana Jones). Die Reise ging weiter im Orient Express inklusive Verführungsversuche von Fogg durch eine aufgetakelte blonde russische Edelnutte (auch hier Jason Fox sehr wandelbar). Der Zug raste zwar auf eine defekten Viadukt zu, stürzte aber auf wundersame Weise nicht ab, sodass der „around the world trip“ weitergehen konnte ins nächste Abenteuer in der Mongolei im Zeitalter von Dschingis Khan, Fogg wurde auch hier von weiblichen Groupies umworben, landete schliesslich in Ulan Bator in einem Edelpuff, wurde nach Strich und Faden verwöhnt, gekrönt vom finalen Säbeltanz (Aram Chatschaturjan), hervorragend auch hier die Luzerner Brass Band. Dann gings weiter, diesmal in Begleitung von Dr. Aouda zum „Rumble in the Jungle“, aber nicht nach Zaire, sondern Indien im Jahr 1873, wo Witwen, zusammen mit ihren verstorbenen Männern verbrannt werden. Unglücklicherweise landete auch die Erfinderin Aouda auf dem Scheiterhaufen, dazu intonierten die Musiker „Ring of fire“, gesungen von Fogg und Passepartout, dies jetzt aber auf der Bühne. Nun überschnitten sich alle Ebenen, spielte sich alles gleichzeitig überall ab und wir landeten schliesslich in Spanien 1550 nach Christus. Professor Fix und die zwei Guards legten eine kesse Sohle aufs Parkett, bevor sich, hinter dem Vorhang Aouda und Passepartout in  Urbania, dem Zukunftsland des Jahres 2300 wiederfanden. Aus diesem wollten die anderen sie wieder in die Gegenwart zurückholen, was sich aber als fast unmöglich erwies. Fix (der überragende Yves Wüthrich) machte sich auf eine aberwitzige Jagd nach Aouda, Fogg und Passepartout, filmisch festgehalten führte diese durch fast alle Räumlichkeiten des Theaters, den Theaterplatz, vorbei an verdutzten Passanten, retour durch das Treppenhaus, atemlos zurück auf die Bühne, belohnt mit langem Szenenapplaus des begeisterten Publikums. Diverse „Einblender“ (u.a. die Vernaschung von Dr. Fix durch die russische Edelnutte in der Theaterküche), das Wiedersehen in einem Raum mit allen, von Jason Cox verkörperten Figuren (Julius Caesar, Dschingis Khan usw.), trieb die Satire auf die Spitze, machte einem auch den technisch enormen Aufwand bewusst. Alle waren dann auf dem Set versammelt, ausser der Professor, der sich fürchterlich aufregte, weil er scheinbar gefangen, im Hintergrund an die Wand projiziert war. Fogg und Passepartout gesellten sich dann visuell zu ihm, packten ihn und schleuderten ihn durch den papierenen Vorhang auf die Bühne zum grandiosen Finale mit allen Protagonisten, bei dem sie „That`s Life“ sangen und tanzten, bejubelt vom begeisterten Auditorium. Hier zeigte sich auch die einzige weibliche Hauptdarstellerin, Sarah Alexandra Hudarew als Frau Dr. Aouda, ihren männlichen Mitperformern mehr als gewachsen und endlich kamen auch all die schönen Stimmen richtig zur Geltung, begleitet von den topmotivierten Musikern der Brass Band. Zum Abschluss gab es noch einen silbernen „Lozärner Fötzeliregen“ und sehr viel stürmischen langanhaltenden Applaus, der auch noch das Team im Hintergrund auf die Bühne brachte.

Fazit: eine sehr gelungene, auch sehr anspruchsvolle Inszenierung, präsentiert mit viel Spielfreude, grossem Sprachwitz von einem bis in die Fingerspitzen motovierten Team, auf und hinter der Bühne.

Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Höhn:

fotogalerien.wordpress.com/2017/05/23/luzerner-theater-in-80-tagen-um-die-welt-ein-brass-musical-nach-jules-verne/

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: www.luzernertheater.ch

www.lucernebrassensemble.ch/

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Veronika Gut – ein Probenbesuch beim Landschaftstheater Ballenberg von Gabriela Bucher – Liechti

Veronika Gut – Landschaftstheater Ballenberg

Das Landschaftstheater Ballenberg inszeniert dieses Jahr einen spannenden historischen Stoff. «Veronika Gut – Aufruhr in Nidwalden» erzählt die Geschichte einer mutigen und umstrittenen Frau, die vor 200 Jahren der französischen Besatzung die Stirn bot und dafür einen hohen Preis bezahlte

Ein wunderschöner Vorsommerabend im Ballenberg, Besucher krabbeln immer noch wie Ameisen über die Gehwege. Ich spaziere mit der Marlise Fischer, der Regisseurin des diesjährigen Landschaftstheaters «Veronika Gut – Aufruhr in Nidwalden», Richtung Probeplatz «östliches Mittelland». Seit Anfang März laufen die Leseproben, seit 1. April die Proben hier vor Ort im Ballenberg. Es sei wichtig, möglichst früh damit anzufangen, um die Kondition der Schauspielerinnen und Schauspieler aufzubauen, erklärt Marlise.

Veronika Gut – Aufruhr in Nidwalden , Impression , Foto Gabriela Bucher – Liechti

Einerseits muss draussen sehr viel lauter gesprochen werden, das fordert die Stimme, dann sind da die langen Wege, die zurückgelegt werden müssen, das spezielle Terrain, wenn’s zum Beispiel geregnet hat, das alles bringe die Spieler an ihre Grenzen, das weiss sie aus eigener Erfahrung als Schauspielerin.

 

Herr Bühler und die Tribüne

Heute stimmen die meteorologischen Gegebenheiten, das Terrain ebenfalls. Eher schwieriger ist es mit den Besuchern, die sich das Spektakel dieser Probe nicht entgehen lassen möchten und nicht verstehen, dass ihre Präsenz, ihre Kinderwägen und ihr Ein- und Ausgehen in den Häusern, die ja jetzt eigentlich geschlossen sind, stören könnten. Macht nichts, meint Marlise Fischer, wir fangen an. Auf ihrem kleinen Holzpodest mitten in der blühenden Wiese hat sie einen Tisch, zwei Regiestühle und zwei Sonnenschirme aufgestellt. Die Spieler für die heutige erste Probeszene sind da. Karin Wirthner, welche die Veronika spielt, erzählt noch vom Fotoshooting und dem Interview, welches sie soeben geführt hat. Melchior muss noch schnell die Decke und den Schmuck bereitlegen, einer muss noch auf die Toilette. Herr Bühler, wie der Requisiteur und Bühnenbildner Christof Bühler scherzhaft genannt wird, schreitet derweilen mit langen Schritten durch die Wiese und schlägt mit einer Axt Pflöcke ein. Er markiert den Standort der Zuschauertribüne, ein wichtiger Faktor, beeinflusst er doch die Ausrichtung der Schauspieler auf dem Terrain. Ab und zu bleibt er stehen, schaut sich um, kratzt sich auch mal den Rücken mit seiner Axt. Die Spieler, die nicht mitmachen in dieser Szene, suchen sich etwas Schatten unter den Sonnenschirmen, eine strickt Babysöckchen, eine isst einen Apfel, einer geht seinen Text durch, einer versucht, mit einem Grashalm zu pfeifen und ein junges Mädchen hat ein Schulheft aufgeschlagen.

 

Chalen-Dorlis Liegeplatz

Veronika hat ihre Haube angezogen, das Chalen-Dorli (Silvia Jost) holt ihren Heubündel, Franzli fragt noch schnell nach ihrem Stichwort, dann gehen alle auf „Position 4.1.“ und die Regieassistentin ruft: «Achtung, es geht los». Hans kommt die Strasse runtergerannt, Ludwig Kayser schreit ihm hintennach, was einige Besucher, welche neu dazugekommen sind, ziemlich zu erschrecken scheint. Aber langsam pendelt sich alles ein, die letzten Schaulustigen gehen auf Abstand und nach Hause, die Szene läuft, und sie läuft gut. Marlise gibt mit leiser Stimme Anweisungen an die Assistentin Mirjam Berger «Hans muss weniger weit rennen» «Franzli muss schneller reagieren» «Chalen-Dorli“ muss vor dem Baum liegen» aber alles in allem ist sie zufrieden. Sie versammelt die Truppe beim Brunnen, gibt ihre Bemerkungen weiter, beantwortet Fragen. Man hört zu, nickt, witzelt, lacht und es geht in die zweite Runde. Ein Auto fährt vorbei, Grillen zirpen, ein Hahn kräht, eine Amsel singt und man hört das Wasser rauschen bei der Mühle. „Chalen-Dorli“ liegt nun am richtigen Ort, Franzli reagiert früher und spontaner, Hans rennt weniger weit. Und man wird sich bewusst, wie unglaublich viele kleine Details berücksichtigt werden müssen, damit eine Szene dichter und authentisch wird. Oder wie viele Schattierungen ein einziger Satz haben kann, und was die Tonart, in welcher er wiedergegeben wird, ausmacht, oder wie unterschiedlich eine Aussage sein kann, je nachdem, wie ein Gegenstand gehalten wird.

 

Inzwischen ist auch Toni zur Probe gestossen, «grad richtig zum Verprügeln», meint Marlise. Die Szene hat’s dann auch in sich: Wenn Hans auf den Feldweg fällt und Toni – zwar mit einem Schaumstoff-Stock – auf ihn einschlägt, zuckt man unwillkürlich zusammen, das wirkt alles sehr echt und ziemlich heftig.  Hans windet sich auf dem Boden, Staub wirbelt auf, seine Kleider werden grau und schmutzig und man hört das knirschende Geräusch der Schuhe auf dem steinigen Weg. Landschaftstheater eben.

 

Veronika Gut – Aufruhr in Nidwalden , Impression , Foto Markus Flück

Die Probe läuft richtig gut, die Regisseurin ist zufrieden, die Abendsonne taucht alles in ein wunderbares Licht. Die Spieler scheinen richtig Spass zu haben, eine eingeschworene Gesellschaft. Friedli hat belegte Brote gebracht, es gibt eine kurze Pause, beim Brunnen am langen Tisch wird gelacht, diskutiert, ein Aussenstehender könnte es für eine Szene aus dem Stück halten.

 

Veronika Gut – Aufruhr in Nidwalden , Impression , Foto Markus Flück

Bis Ende Monat sollen alle Szenen einmal ganz durchgearbeitet sein, dann fängt alles von vorne an, dann wird verfeinert, gefeilt, perfektioniert bis zur Premiere am 5. Juli. Dass heute alle ein bisschen länger bleiben müssen, stört keinen. Wie könnte es auch, mit dieser Kulisse, bei diesem Wetter, bei dieser Stimmung!

 

Ich gehe zurück zum Ausgang, es ist jetzt überall ganz still, ein Eichhörnchen läuft vor mir über den Weg, eine Maus rennt ins Gebüsch. Das Postauto bringt mich durch eine unglaublich heile Welt hinunter nach Brienz, und ich merke erst, wie gefangen ich noch bin von der Stimmung des Theaters, der Kulisse, des Lichts, als ich in Brienz in den Interlaken-Luzern-Express steige, der bis auf den letzten Platz gefüllt ist mit Gruppen indischer, chinesischer und japanischer Touristen.

Kleine Fotodiashows der Proben zur Produktion von Markus Flück, Landschaftstheater Basllenberg und Gabriela Bucher – Liechti:

 

Text: www.gabrielabucher.ch  Fotos: fotogalerien.wordpress.com/2017/05/27/landschaftstheater-ballenbergveronika-gut-aufruhr-in-nidwalden-probenbesuch-von-gabriela-bucher-liechti/

Zusätzliche Infos über das Stück „Veronika Gut“ sowie Reservationen auf

www.landschaftstheater-ballenberg.ch

Der Vorverkauf ist eröffnet

Nähere Informationen und Ticketbestellung über:

landschaftstheater-ballenberg.ch/de/Willkommen

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Lucerne Concert Band & Les Sauterelles, KKL Luzern, 13. Mai 2017, besucht von Léonard Wüst

Lucerne Concert Band Les SauterellesBesetzung:

Gian Walker
, Leitung
Les Sauterelles
Lucerne Concert Band

 

Rezension:

Immerhin hab ich die „Swiss Beatles“, wie die „Sauterelles“ auch genannt wurden, Ende der 1960er Jahre noch zweimal live erlebt. Beide Konzerte an den damals „Beatabend“ genannten Events, einmal in Nottwil in einem alten, natürlich rauchgeschwängerten, nach viel Bier riechenden alten  Restaurantsaal, dann nochmals im altehrwürdigen Saal des Löwengarten in Luzern, zusammen mit der britischen Kultband  „Casey Jones and The Governors“. Im Gegensatz zu den „Sauterelles, existieren beide Lokale schon längere Zeit nicht mehr.

Lucerne Concert BandDie Lucerne Concert Band, entstanden aus der Feldmusik Luzern, platzierte sich auf der Bühne im fast total ausverkauften Konzertsaal.  Wir wurden zuerst in die 1960er Jahre zurückversetzt, mittels Hörproben aus einer Tagesschausendung von 1964 (Eröffnung der EXPO 1964 in Lausanne) usw. Was sonst noch so los war damals, reportierte die Stimme des „Schnurri der Nation“ Bernard Thurnheer, der dann, zur Überraschung des Publikums, tatsächlich auf die Bühne trat und den Abend anmoderierte. Dies in seiner unnachahmlichen, charmanten Art. Beni Thurnheer c Blick onlineEs sollte also eine Zeitreise in die Musik der 1960er / 1970er Jahre werden, damals, als alles anfing mit der Popmusik auf der ganzen Welt mit u.a. den Beatles, Rolling Stones usw.  und den „Sauterelles“ in der Schweiz im Besonderen. Toni Vescoli gesellte sich zu Thurnheer und gemeinsam liess man etwas Musikhistorie Revue passieren. Hartes Brot mussten die jungen Musiker essen, nebenbei noch bürgerlichen Berufen nachgehen, leben von der Musik, ihr Traum, war noch weit entfernt. Sie bissen sich hartnäckig durch, in öfters wechselnden Besetzungen, mal mit mehr, aber meistens mit weniger Engagements. Ihr Musikstil, zuerst von den, von Toni Vescoli sehr verehrten „Shadows“ geprägt (Grösster Hit „Apache“ im Jahre 1960), hin zu Coverversionen der damals angesagtesten Gruppen, selbstredend u.a. den „Beatles“ und den „Rolling Stones“. Eine besondere Beziehung verband die Band auch mit „Casey Jones and the Governors“, mit denen man durch die Schweiz und mit den Kinks, mit denen man sogar  durch die Schweiz und Österreich tourte, dadurch auch im nahen Ausland bekannt wurde, was auch dort einige Engagements einbrachte. Ein ganz besonderes Erlebnis auch der Gig als Vorgruppe beim legendären Rolling Stones Konzert im Zürcher Hallenstadion am 14. April 1967. (NZZ online: Mit dabei war auch der Sänger Toni Vescoli. Mit den Sauterelles, der damals wohl bekanntesten Schweizer Band, war er erfolgreich im Vorprogramm aufgetreten. Vescoli: «Wir waren die einzige Vorgruppe, die für ihren Auftritt nichts bezahlen musste und nicht ausgepfiffen wurde»). Dann orientierte Beni national, dass die Sauterelles erst nach der Pause auftreten würden, der erste Teil des Konzertabends von der Lucerne Concert Band bestritten werde. Also betrat jetzt auch Dirigent Gian Walker die Bühne und startete mit einem Medley von ABBA Hits das Konzert. Querbeet von Dancing Queen, über Mamma mia, Fernando, The Winner takes it all bis zum finalen 1974 Eurovisionssieger Hammer „Waterloo“.  Viel gute Laune Musik also zum Einstimmen. was Moderator Beni zur folgenden kurzen Zwischenmoderation motivierte: Der am heutigen Abend ebenfalls stattfindende European Song Contest habe ja offensichtlich nicht mehr so die ganz grosse Bedeutung, das sei schon dadurch erwiesen, dass Ihr alle hier im KKL sein. Dann gings weiter im Programm mit dem bekannten Intro von „Smoke on the Water“, mündete schlussendlich in ein aussergewöhnliches  Deep Purple Medley, bei dem auch einige Orchestermusiker die Gelegenheit für ein kurzes Solo bekamen. Beginnend mit Posaune, über eine leicht schräge Saxophonimprovisation, führte Gian Walker schlussendlich in einem furiosen Finale wieder alles zusammen. Hier fügte Thurnheer noch die Anekdote ein, dass die Sauterelles bei einem Konzert in Bern, aufgrund einer Doppelbuchung nicht auftreten konnten, deshalb vom Veranstalter kurzfristig durch „Deep Purple“ ersetzt wurden. Dies aber gar nicht zur Freude des Publikums, für das die „Sauterelles“ die bessere und bekanntere Band war. Dann kündigte er den ultimativen „Sound of the 60ties“ an. Diesen startete die Band rasant mit „Surfin USA“ von den Beach Boys (1963) mit einem schönen Saxophonsolo ergänzt, bevor man auf einen gemütlicheren 6/8 Takt wechselte, eine in der Soulmusik oft gebräuchliche Rhythmusvariante (z. B. When a man loves a woman von Percy Sledge usw.) Hier setzte das Xylophon mit schönen Läufen Akzente, abgelöst durch die Posaune, die auch überführte in die Beatles Hymne „Hey Jude“, deren relativ simple Harmonien durch ein brillantes Gitarrensolo und schöne Bläsersätze veredelt wurden, sehr zum Wohlgefallen des gutgelaunten Publikums, das die Darbietung denn auch begeistert applaudierte. Beni kündigte zum Abschluss des ersten Konzertteils noch ein Medley der „Jackson Five“ an. Dieses beinhaltete  eine schöne Querflötensequenz, gefolgt von Saxophon und kurzer Schlagwerkeinlage, vom Dirigenten in ein furioses Finale geleitet. Das Auditorium feierte die Musiker ausgiebig mit begeisterten Applauskaskaden, entliess diese aber schlussendlich  doch noch in die wohlverdiente Pause. Ebenfalls anwesend andere Koryphäen der Schweizer Musikszene. So grüsste Country Legende Jeff Turner hier und dort Bekannte und Fans, schritt ein anderer mit weissem Pferdeschwanz und im Schottenrock majestätisch durch den Saal.

Toni Vescoli, Gitarre und GesangNach der Pause betraten dann die vier „Heugümper“, seit über 50 Jahren aktiv, die Bühne und starteten das Set mit einem Medley aus Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band, dem damals wegweisenden  Kultalbum der Beatles. Weiter mit bekannten Beatles Songs wie „Nowhere Man“, „Paperback Writer“ usw., gefolgt von „Mr. Tambourine Man“ aus der Feder von Bob Dylan. Dazwischen immer einige Anmerkungen von Toni Vescoli, über die Band, seine Mitmusiker, den Werdegang usw. 2012 feiern Les Sauterelles ihr 50-jähriges Jubiläum und veröffentlichen alle ihre alten Hits auf der Kompilation Yesterday. Als Beweis, dass die Band aber nicht von gestern ist, erscheint ein halbes Jahr später Today mit 17 neuen Songs. Auch erklärte der Bandleader, dass alle Mitglieder der Gruppe über sängerische Qualitäten verfügen und so liess er diese denn auch demonstrieren. Den Anfang machte der jüngste der Altrocker, Gitarrist Peter Glanzmann (*1951), gefolgt vom, mit Jahrgang 1941, ältesten, dem Bassisten Freddy Mangili. Dieser intonierte mit „Cadillac“ einen Song von Vince Taylor, der in den 1960er Jahren von vielen Bands gecovert wurde und eines der Highlights im damaligen Repertoire der „Sauterelles“ war. Dafür erntete Mangili einen grossen Sonderapplaus. Auch Schlagzeuger Düde Dürst (*1946) durfte seine gesanglichen Fähigkeiten noch demonstrieren, bevor man ein Medley der legendären "Kinks" zum Besten gab, frenetisch bejubelt vom hingerissenen Publikum eher reiferen Alters. Es folgte der erste Hit der Band, das rein instrumentale „Hongkong“, 1965 Nr. 1 in der Schweizer Hitparade, danach „Dream machine“ und diverse weitere Songs, die bei den Zuhörern emotionale Erinnerungen hervorriefen und begeisterten, was sich schlussendlich in einer stehenden Ovation äusserte. Beni Thurnheer, wieder auf die Bühne geeilt, versicherte, dass dies noch nicht das Ende der Fahnenstange sei. Als besondere Delikatesse, würden jetzt die „Sauterelles“ noch zusammen mit der Lucerne Concert Band ein paar Stücke spielen. Nachdem die Orchestermusiker ihre Plätze wieder eingenommen hatten, beorderte Beni auch noch den Dirigenten zurück auf die Bühne und schon gings los mit „Here we are again“. Mit „Heavenly Club“ aus dem Jahre 1968 durfte natürlich der grösste Hit der Kultband nicht fehlen, grossartig arrangiert für das gutgelaunte, ausgezeichnete Orchester, von Toni Vescoli (*1942) noch immer mit grosser Inbrunst gesungen. Da brachen alle Dämme, das Publikum feierte die Künstler mit einer „Standing Ovation“ und Bravorufen.

Düde Dürst, Schlagwerk und GesangDies animierte Beni Thurnheer, die Musiker für ihn als Zugabe noch die Hymne des 1960er Jahre schlechthin zu spielen: „All you need is love“ der Beatles aus dem Jahre 1967. Dem Wunsch entsprachen die Aufgeforderten, sehr zur Freude des Auditoriums, das jetzt schier aus dem Häuschen geriet, worauf eine erneute stehende Ovation losbrach und als weitere Zugabe nochmals „Heavenly Club“ gewährt wurde. Peter Glanzmann, Keyboard, Schlagwerk und GesangEin sehr gelungener Konzertabend, voll Nostalgie, längst vergessen geglaubte Erinnerungen wachrufend und der die hohen Erwartungen mehr als erfüllte.

Kleine Fotodiashow von Priska Ketterer:

fotogalerien.wordpress.com/2017/05/14/impressionen-von-lucerne-concert-band-les-sauterelles-kkl-luzern-13-mai-2017-besucht-von-leonard-wuest/

Freddy Mangili Bass und GesangCadillac:

www.youtube.com/watch?v=PP2R54Hr7m0

Sauterelles Hörproben:

www.sauterelles.ch/shop.php?o_id=1&a_id=5&album_id=1

Heavenly Club:

www.youtube.com/watch?v=ukwglcxgNAw

Veranstalter und Fotos. www.fml.ch/ & www.fml.ch/index.php/concertband

www.sauterelles.ch/index.php  www.vescoli.ch/

Text: www.leonardwuest.ch

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