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Lucerne Festival an Otern: Gedenkkonzert für Pierre Boulez, 20. März 2016, besucht von Gabriela Bucher – Liechti

Alumni-Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMYBesetzung und Programm:

Alumni-Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY

Matthias Pintscher  Dirigent

Yeree Suh  Sopran

Pierre Boulez (1925–2016)
Don aus Pli selon pli. Portrait de Mallarmé für Sopran und Orchester

Gedenkansprache von Wolfgang Rihm

Alban Berg (1885–1935)
Drei Orchesterstücke op. 6

Igor Strawinsky (1882–1971)
Le sacre du printemps

Pierre Boulez (1925–2016)
Mémoriale (… explosante-fixe … Originel) für Flöte und acht Instrumente

Rezension:

Mit einem Gedenkkonzert im Rahmen des Oster-Festivals erinnerte LUCERNE FESTIVAL an Pierre Boulez. Der französische Komponist und Dirigent, der am 5. Januar 2016 verstarb, hatte das Festival geprägt wie kaum ein anderer.

Pierre Boulez, wie man ihn kannte

 

Ein Programmheft ganz in Schwarz, ein Kondolenzbuch im Foyer und viel Französisch waren erste Merkmale des Gedenkkonzerts vom letzten Sonntag. Über Hundert ehemalige Musiker der Lucerne Festival Academy (gegründet 2002 von Pierre Boulez und Michael Häfliger) waren aus aller Welt angereist, um für diesen Auftritt ein Orchester zu bilden, das Alumni-Orchester der Lucerne Festival Academy. Dirigent war Matthias Pintscher, seit Beginn dieses Jahres dessen «principal conductor».

Wolfgang Rihm gedenkt Pierre Boulez

 

«Alumni» komme von Ernähren, erklärte Wolfang Rihm in seiner Gedenkansprache. Die jungen Musiker seien von Boulez «ernährt» und auf den Weg gebracht worden. Er erinnerte sich in seiner Hommage an einen generösen, einfachen, zugewandten und zugänglichen Menschen, welcher immer im richtigen Moment mit den richtigen Worten zu motivieren gewusst habe, die Möglichkeiten genutzt und gegeben habe, um Dinge zu ermöglichen und Weichen für die Zukunft gestellt habe..

Das Konzert begann mit «Don» aus «Pli selon Pli» von Boulez, einem Stück mit kleiner Streicher-, aber grosser Bläserbesetzung, acht Schlagzeugen und zusätzlichen Instrumenten wie Mandoline, Gitarren, Celeste und Sopran. Nach einem scharfen Anfangs-Akkord kommt das Stück aber leise und fast leichtfüssig daher, das Orchester scheint teilweise die Töne einzeln in den Saal zu setzen, Ansätze von Melodien schälen sich heraus, einzelne Instrumente positionieren sich kurz, um sich wieder mit dem Ganzen zu vereinen. Die Sopranistin Yeree Suh überzeugte in den gesungenen, gesprochenen, gehauchten Passagen mit ihrer glockenklaren Stimme, die sie perfekt zu modulieren wusste.

Alban Berg hatte seine Drei Orchesterstücke op. 6 als Geschenk für Arnold Schönberg gedacht. Mit knappen, präzisen Gesten führte Matthias Pintscher durch dieses Werk mit Passagen brachialer Gewalt, tänzerischen Motiven und aufblitzenden Walzertempis. Auch im nachfolgenden Sacre du printemps von Stravinsky überzeugten Dirigent und Orchester vollends. Die Spannung wurde durchwegs gehalten, auch in den leisen, beinahe elegischen Passagen, denen wiederum rhythmisch gehämmerte Takte folgten, ein riesiger Klangteppich, dämonisch-dynamisch, im zweiten Satz dann mystisch verhalten.

Wolfgang Rihm und Matthias Pintscher während der Genreralprobe

 

Als letztes Stück und als letzte Hommage an Boulez folgte „Mémoriale (…explosante-fixe…originel) ein elegant-französisch wirkendes Werk für Flöte und acht Instrumente, welches Erinnerungen an Debussy aufkommen liess. Solist Yi Wie Angus Lee überzeugte mit seiner Virtuosität, scheinbar mühelos erzeugte er flirrend zarte Töne auf seinem Instrument, diskret begleitet und getragen vom Ensemble der 8 Musiker.

Mit einem kurzen Moment der Stille zollte Pintscher Pierre Boulez ein letztes Mal Respekt, der ganze Saal folgte ihm in ebenso andächtiger Stille. Ein eindrücklicher Moment, ein unvergessliches Konzerterlebnis

Kleine Fotodiashow von Priska Ketterer Lucerne Festival:

fotogalerien.wordpress.com/2016/03/21/gedenkkonzert-fuer-pierre-boulez-alumni-orchester-der-lucerne-festival-academy-matthias-pintscher-yeree-suh-20-maerz-2016/

Text: www.gabrielabucher.ch

Fotos: www.lucernefestival.ch/de/

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Lucerne Festival Ostern 2016: Chorkonzert 3 Le Concert des Nations, 18. März, besucht von Léonard Wüst

La Capella Reial de CatalunyaBesetzung und Programm:

La Capella Reial de Catalunya, Jordi Savall  Dirigent

Hanna Bayodi-Hirt  Sopran, Marta Mathéu  Sopran

Romina Basso  Mezzosopran, Cyril Auvity  Tenor, Konstantin Wolff  Bass

Marc-Antoine Charpentier (1643–1704) Te Deum H 146

Georg Friedrich Händel (1685–1759) Jubilate Deo D-Dur HWV 279

Antonio Vivaldi (1678–1741) Magnificat G-Dur RV 610

Johann Sebastian Bach (1685–1750) Magnificat D-Dur BWV 243

Tönendes Gotteslob aus vier Ländern lässt Jordi Savall zum Abschluss seiner Luzerner Residenz erklingen: in grosser Besetzung, mit seinem Orchester Le Concert des Nations und seinem Vokalensemble La Capella Reial de Catalunya. Frankreich ist mit Charpentiers unverwüstlichem Te Deum vertreten, dessen schmissiges Prélude als Eurovisionshymne Karriere gemacht hat. Händel wiederum komponierte sein Jubilate Deo 1713 zur Londoner Feier des Friedens von Utrecht. Im zweiten Teil stellt Savall dann zwei grundverschiedene Magnificat-Vertonungen einander gegenüber: Der Italiener Antonio Vivaldi hat den Lobgesang, mit dem die Jungfrau Maria auf die Verkündigung der Geburt Christi antwortet, knapp gefasst, aber dramatisch zugespitzt. Der Leipziger Thomaskantor Johann Sebastian Bach dagegen feiert in seiner berühmten Adaption ein barockes Fest, mit triumphierenden Trompetenklängen und einem verzückten Engelschor – als sängen die himmlischen Heerscharen.

Rezension:

Jordi Savall i Bernadet, Dirigent

 

Jordi Savall i Bernadet (1941*) ist nicht nur Musikwissenschaftler, Dirigent und Experte im Bereich der historischen Aufführungspraxis, sondern auch ein weltberühmter Gambist, der auch eigene Kompositionen zur Aufführung bringt. Ebenso ist er, zusammen mit seiner im Jahre 2011 verstorbenen Frau, Sopranistin Montserrat Figueras, Gründer der Capella Reial de Catalunya (1987) und der Formation “Le Concert des Nations“ (1989). Er ist am Lucerne Festival an Ostern 2016 präsent als «Artist-in-Residence»: mit einem weltmusikalisch inspirierten «Dialog der Seelen», einem Solorezital mit der Viola da Gamba und einem barocken Chorkonzert.

Reial. also königlich ist dieser ca. 25 köpfige Chor tatsächlich,

Begleitet vom ca. 20 köpfigen Orchester und unterstützt – ergänzt von den fünf Solist/innen. Stimmgewaltig, trotzdem fein abgestimmt und nuanciert intonierten die Vokalkünstler die vier programmierten Barockwerke, jedem Komponisten und dessen Eigenheiten mehr als gerecht werdend. Fulminant beginnend mit der Prélude des Te deum von Marc – Antoine Charpentier (jedem bekannt als Grundlage der Eurovisionsmelodie). Die gezierte Melodik der routiniert wohlgerundeten Streicher- und Trompetenlauten bringen den harmonischen Klang stilvoll zum Ausdruck. Während bei Charpentier auch noch eine gewisse Relation zu mittelalterlichen Klängen zu erahnen ist, steht die darauf folgende Musik Händels unverwechselbar klar barock in der Musikliteratur. Die Solisten fügten sich alternierend harmonisch in den Gesang der Capella Reial ein, ob solo, im Duett, Terzett oder Quartett. Wunderschöne Koloraturen der beiden Sopranistinnen wechselten mit dem klaren Tenor des französischen Barockspezialisten Cyril Auvity. Grossartig auch der deutsche Bassbariton Konstantin Wolff, schlicht Weltklasse Mezzosopran/Altistin Romina Basso. Ausser dem Tenor gaben alle andern Solisten mit diesem Konzert ihr Debut am Lucerne Festival. Der erste Konzertteil endete mit starkem, langanhaltendem Applaus des beeindruckt, ergriffenen Publikums.

 

 

 

 

 

Weiter ging es nach der Pause mit Vivaldis „Magnificat“, erstaunlicherweise orchestriert ohne Tenor und Blechbläser, was aber dem Vortrag nicht abträglich war, denn den restlichen Solisten bot sich dafür reichlich Gelegenheit zum Glänzen.

Dem knapp gefasst, aber dramatisch zugespitzten „Magnificat“ von Vivaldi stand zum Abschluss des Konzertes die Version von J.S. Bach als das barocke Fest, mit triumphierenden Trompetenklängen und einem verzückten Engelschor gegenüber. Beide Versionen überzeugten das sachkundige Auditorium im praktisch ausverkauften Konzertsaal. Die Protagonisten durften denn auch einen kräftigen, langanhaltenden Schlussapplaus entgegen nehmen für diesen einzigartigen Musikgenuss, Kirchenmusik auf allerhöchstem Niveau.

Trailer A. Vivaldi Magnificat in G minor RV 610, Jordi Savall

www.youtube.com/watch?v=DWoKahU0zGs

Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch

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Lucerne Festival an Ostern 2016: Sinfoniekonzert 1, W. A. Mozart Il re pastore 15. März, besucht von Léonard Wüst

Besetzung und Programm:

Les Arts Florissants, William Christie  Dirigent

Rolando Villazón  Alessandro, Martina Janková  Aminta

Regula Mühlemann  Elisa, Angela Brower  Tamiri, Emiliano Gonzalez Toro  Agenore

Les Arts Florissants, William Christie  DirigentWolfgang Amadé Mozart (1756–1791) Il re pastore KV 208. Serenata in zwei Akten Konzertante Aufführung in italienischer Sprache | Koproduktion mit U-Live

22 Bühnenwerke hat Wolfgang Amadé Mozart in seinem kurzen Leben komponiert – ins Opernrepertoire aber sind eigentlich nur die sogenannten sieben «grossen» Musikdramen eingegangen, vom Idomeneo bis zum Titus. Und die anderen 15? Sind sie nicht gut genug? Keineswegs, wie William Christie und sein fabelhaftes Ensemble Les Arts Florissants mit der Aufführung des Pastoralidylls Il re pastore beweisen werden. Mozart komponierte diese Serenata im Alter von 19 Jahren als Huldigung für den Salzburger Fürsterzbischof Colloredo. Dessen Pendant auf der Bühne ist kein Geringerer als Alexander der Grosse, gesungen von Startenor Rolando Villazón. Der legendäre Feldherr hat die phönizische Stadt Sidon von einem Tyrannen befreit und will nun wieder den rechtmässigen König in sein Amt einsetzen. Der aber ist der Hirte Aminta, der nichts von seiner Herkunft ahnt und viel lieber sein privates Glück mit der Schäferin Elisa geniessen will … Mozart nähert sich dieser Parabel mit doppelbödiger Ironie

Grundsätzliches zum Werk:

Metastasio_-_Il_re_pastore_-_Herissant_Vol.07_-_Paris_1780

 

Il re Pastore wurde nicht nur von Mozart, sondern auch von zahlreichen anderen bekannten Komponisten vertont, u.a. Giuseppe Bonno ,Christoph Willibald Gluck, Johann Adolph Hasse (für den Dresdner Hof von August III. Kurfürst von Sachsen). Mozart komponierte diese Serenata nach einem Opern-Libretto in drei Akten von Pietro Metastasio im Alter von 19 Jahren als Huldigung für den Salzburger Fürsterzbischof Colloredo zum Empfang von Erzherzog Maximilian Franz (etwa gleichaltrig wie Mozart), jüngster Sohn von Kaiserin Maria Theresia. Orchesterbesetzung

2 Flöten, 2 Oboen bzw. Englischhörner, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, Streicher, Pauken

Rezension:

Natürlich war man besonders gespannt auf den Auftritt, der inzwischen international gefeierten einheimischen Sopranistin Regula Mühlemann, die an der Luzerner Hochschule für Musik klassischen Gesang studiert und In der Spielzeit 2010/2011 dem Ensemble des Luzerner Theaters angehört hatte. Nach der Ouvertüre im typischen Mozart Sound betraten zuerst Martina Jankova (Aminta) und Regula Mühlemann (Elisa) die Szene und fesselten das Publikum sofort mit ihrem Gesang und der Darstellung als sorglos Liebende. Das Sorglose endete aber mit dem Auftauchen von Agenore, des Beraters von Alexander dem Grossen. Dieser klärte Aminta darüber auf, dass er, als legitimer Thronfolger, in Zukunft die Geschicke des nun befreiten Sidon leiten soll. Wenig begeistert, ergibt sich der Hirte Aminta darauf vorerst mal seinem Schicksal und begibt sich in das Zeltlager Alexanders, wo er über seine künftigen Pflichten als König unterrichtet werden soll. Über die Verbindung Amintas mit Elisa und von Agenore mit Tamiri (Tochter des früheren Tyrannen von Sidon Strato) nicht informiert, will er die Paare zum Wohle des Landes über Kreuz verheiraten, also Aminta mit Tamiri und Agenore mit Elisa. Während sich die Männer dem Entscheid Alexanders beugen wollen, protestieren die Damen aufs Heftigste und verteidigen ihre Liebe vehement, worauf Aminta klar macht, dass er in diesem Fall auf den Thron verzichten, seine Jugendliebe ehelichen und weiterhin als einfacher Hirte leben wolle. Dies besingt er denn auch mit einer der schönsten Liebesarien von W.A. Mozart „Làmerò, sarò costante“, in wunderbaren Zusammenspiel mit der Solo Violine. Beeindruckt ob so viel selbstloser Liebe, stimmt der Herrscher den ursprünglichen, also richtigen Verbindungen zu und preist das Sinnbild des „re pastore“, also des „Hirtenkönigs“ als Ideal des künftigen Staates.

Alle Akteure zeigten, nebst ihren unbestrittenen gesanglichen Fähigkeiten, auch beachtliches schauspielerisches Können. Rolando Villazon (Alessandro), verkörperte seinen Part mit Ironie und manchmal fast clownesk übertriebenem Witz, abgeklärt souverän, hat aber vor seiner krankheitsbedingten Auszeit mehr überzeugt als jetzt als leicht blässlicher Kavalierstenor. Emiliano Gonzalez Toro zeigte als „Agenore“ grosses komödiantisches Talent und beeindruckte mit perfektem Schmelz und Agilität. Alle Damen spielten und sangen mit sehr grossem Einfühlungsvermögen und Hingabe. Das begeisterte Publikum geizte nicht mit reichlich Szenenapplaus. Die Solisten wurden getragen von einem wunderbaren Orchester, diskret, aber zügig geführt von Dirigent William Christie, dem Villazon einen vergoldeten Lorbeerkranz auf den Kopf setzte. Gekrönt durch ein grandioses Finale, bei dem alle Akteure ihr aussergewöhnliches Können noch einmal demonstrieren konnten, beendete Christie dieses eindrückliche Konzert. Es folgte nicht endend wollender Applaus des begeisterten Auditoriums, der von den Akteuren sichtlich genossen wurde und sie nach langer Zeit motovierte, uns doch noch mit einer Zugabe zu erfreuen, bei der die Protagonisten scherzten, mit dem Publikum flirteten und einen Teil davon noch auf die Bühne baten.

Trailer IL RE PASTORE – MOZART Opernhaus Zürich

www.youtube.com/watch?v=H1VGVNGki78

LUCERNE FESTIVAL ZU OSTERN. Sinfoniekonzert 1 vom 15. März 2016. Les Arts Florissants unter der Leitung von William Christie. Rolando Villazón Alessandro, Martina Janková Aminta, Regula Mühlemann Elisa, Angela Brower Tamiri, Emiliano Gonzalez Toro Agenore. Copyright: LUCERNE FESTIVAL / Peter Fischli  LUCERNE FESTIVAL ZU OSTERN. Sinfoniekonzert 1 vom 15. März 2016. Les Arts Florissants unter der Leitung von William Christie. Rolando Villazón Alessandro, Martina Janková Aminta, Regula Mühlemann Elisa, Angela Brower Tamiri, Emiliano Gonzalez Toro Agenore. Copyright: LUCERNE FESTIVAL / Peter FischliText: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch

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Luzerner Theater Vincenzo Bellini`s „Norma“, Première, 12. März 2016, besucht von Léonard Wüst

Luzerner Theater Norma c Tanja Dorendorf / T+T FotografieProduktionsteam
Howard Arman Musikalische Leitung
Nadja Loschky Inszenierung
Daniela Kerck Bühne
Gabriele Jaenecke Kostüme
David Hedinger Licht
Mark Daver Choreinstudierung
Dr. Christian Kipper Dramaturgie

Besetzung

Morenike Fadayomi Norma, Flurin Caduff Oroveso, Carlo Jung-Heyk Cho Pollione, Marie-Luise Dressen Adalgisa, Annina Haug Clotilde, Robert Maszl Flavio


Melodramma in zwei Akten von Vincenzo Bellini
Text von Felice Romani, nach Alexandre Soumet
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Grundsätzliches:

Morenike Fadayomi, Norma, Sopran c Devon CassNorma ist eine tragische Oper in zwei Akten von Vincenzo Bellini. Das Libretto stammt von Felice Romani und beruht auf einem Drama von Louis Alexandre Soumet. Die Uraufführung fand 1831 in Mailand statt. Die Oper spielt in Gallien im ersten Jahrhundert vor Christus. Die Spieldauer beträgt etwa zweieinhalb Stunden.

Die Uraufführung am 26. Dezember 1831 am Teatro alla Scala in Mailand endete trotz der hervorragenden Besetzung mit Giuditta Pasta als Norma, Giulia Grisi als Adalgisa, Domenico Donzelli als Pollione und Vincenzo Negrini als Oroveso mit einem Fiasko. Auch die 1832 erfolgten Aufführungen in Neapel und Venedig brachten nicht den von Bellini erhofften Erfolg. Dieser zeichnete sich 1834 in einer Aufführung im Teatro San Carlo in Neapel mit Maria Malibran in der Titelpartie ab, und ab 1835 verbreitete sich das Werk an den italienischen Bühnen und auf der ganzen Welt.

Ensemblemitglied Jutta Maria Böhnert, für die Titelrolle vorgesehen, musste krankheitshalber durch Morenike Fadayomi von der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, umbesetzt werden.

Rezension:

Am Luzerner Theater kann man den Kampf der Gallier gegen die Römer, ohne Mitwirkung von Asterix oder Obelix geniessen, die geheimen Machenschaften der sagenhaften und mächtigen Druiden zu ergründen versuchen, das Drama um die Oberpriesterin Norma mit ihren zwei, ausgerechnet vom römischen Besatzer Pollione gezeugten Kinder miterleben. Dieser römische Statthalter hat sich nun eine jüngere Druidin angelacht, sowas untergräbt natürlich auch Norma’s Autorität, ist also absolut nicht tolerierbar. Die Fronten sind also relativ rasch klar abgesteckt in dieser, selbst für damaliges Verständnis, doch sehr dürftigen, einfach gestrickten Geschichte.

Carlo Jung-Heyk Cho, Pollione, TenorBelcanto (Schöngesang) im wahrsten Sinne des Wortes, grossartige Stimmen gepaart mit exzellenten schauspielerischen Leistungen, alles unterstützt von einem adäquaten Bühnenbild inklusive passenden Diaprojektionen. Instrumental wie immer grossartig, das von HowardMarie-Luise Dressen, Adalgisa, Mezzosopran Arman geleitete Luzerner Sinfonieorchester. Obwohl eher ein Melodram für die weiblichen Stimmen, behaupteten sich der Bassbariton Flurin Caduff als Oroveso und Tenor Carlo Jung-Heyk Cho als Pollione nachhaltig eindrücklich auf der Szene. Leider etwas überlaut, fast schreiend gegenüber Norma hingegen im ersten Duett war Adalgisa (Marie-Luise Dressen). Alles überstrahlt natürlich die sehr lange Cavatine „Casta Diva“ zu der sich Morenike Fadayomi scheinbar mühelos aufschwang. Die Schlüsselarie ist geprägt von unendlichen, elegisch grundierten Kantilenen. Übergrosse Adlerschwingen integriert am Druidenthron visualisieren die aussergewöhnliche gesellschaftliche Stellung der Priesterin Norma in der gallischen Gemeinschaft. Das Drama nimmt seinen Lauf und gipfelt in der fast halbstündigen Schlussszene und dem Tod von Norma und Pollione auf den Scheiterhaufen.

Flurin Caduff, Oroveso, Bassbariton Eine fast perfekte Adaption des Stoffes durch Regisseurin Nadja Loschky, wenn sie auf das Anzünden mittels eines Feuerzeuges und das Rauchen von Zigaretten durch Pollione und Flavio im ersten Akt und Verwendung einer Faustfeuerwaffe zur Bedrohung von Pollione durch Norma verzichtet hätte.

Nichtdestotrotz spendete das Premierenpublikum langanhaltenden, kräftigen Applaus, zu dem auch die Mitwirkenden im Hintergrund auf die Bühne gebeten wurden, wie auch der Dirigent Howard Arman. Annina Haug, Clotilde, MezzosopranTrotz mehrerer Vorhänge reichte es nicht ganz zu einer stehenden Ovation. Gespannt, wie die originalbesetzte Jutta Maria Böhnert nach ihrer Wiedergenesung den schwierigen Part meistern wird, hat doch ihr Ersatz, Morenike Fadayomi, die Messlatte sehr hoch gelegt.

Nachtrag:

Einzig Edita Gruberova sang Casta Diva in der von Bellini vorgegebenen Originaltonart. („So steht es bei Bellini, so muss ich es auch singen.“, Zitat Gruberova) Selbst eine Maria Callas intonierte die Arie einen Ganzton tiefer, wie es Bellini auf Drängen der „Erstnorma“ Giuditta Pasta transponiert hatte. Pasta monierte, dass der Part in der Originaltonart fast unmöglich zu singen, da viel zu anstrengend, sei. „Norma“ geht stimmlich so an die Substanz, dass zwischen den Vorstellungen normalerweise immer fünf Tage liegen. (Zitat Intendanz Münchner Nationaltheater)

Robert Maszl, Flavio, TenorKleine Fotodiashow der Produktion vonTanja Dorendorf / T+T Fotografie www.ttfoto.ch/ www.luzernertheater.ch und WikipediaHoward Arman, Dirigent

fotogalerien.wordpress.com/2016/03/11/luzerner-theater-norma-melodramma-in-zwei-akten-von-vincenzo-bellini-premiere-12-maerz-2016/

Trailer der Produktion:

youtu.be/6iRQwKxyMXA

Trailer Maria Callas, Norma – Casta Diva – Bellini

www.youtube.com/watch?v=B-9IvuEkreI

Text: leonardwuest.ch

Fotos: www.luzernertheater.ch Toni Suter/ T+T Fotografie

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