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Das Luftschiff Komödie einer Sommernacht, Première, 9. Juni 2015, besucht und rezensiert von Irène Hubschmid

Das Luftschiff, eine amüsante SommernachtskomödieDas Luftschiff, eine amüsante Sommernachtskomödie

Auf Tribschen/LU findet im Moment ein Freilicht-Spektakel ganz besonderer Art statt. Die Aufführung „Das Luftschiff“, ein gelungenes Theaterstück des Schweizer Autors Thomas Hürlimann.

Der sensationelle Theaterabend beschäftigt über 150 Leute, darunter viele freiwillige Helfer auf und hinter der Bühne.

Regie: Livio Andreina, der das Stück sehr felliniesk inszeniert. Die 32 Laiendarsteller, mit einer Ausnahme (Osi Zimmermann als jodelende und Örgeli spielende Geiss, ein Bravourstück!) legten sich alle talentiert und mit grossem Engagement ins Zeugs.

Für die Ausstattung der Belle Epoque und zeitgenössische Mode zeigt sich Anna Maria Glaudemans verantwortlich. Die Musik komponierte Albin Brun passend zum Klamauk artigen Dialektschauspiel.

In der Geschichte „Das Luftschiff“ lässt Thomas Hürlimann einen vergessenen Hotelier und Visionär wiederauferstehen. Franz Josef Bucher (1834-1906), dem die Zentralschweiz, die Bürgenstock-Hotels, das Palace-Hotel in der Stadt Luzern und der Stanserhorn-Bahn verdankt. Allesamt auch heute noch beliebte Touristenorte.  

Das Phantom“Bucher“, interpretiert von Pius Bucher, der keinen Text hatte: nichts als das Wort subito sagte. Damit feuerte er seine damalige Belegschaft an. Von der Gesellschaft belächelt und beneidet, das Schicksal aller Visionäre, denen immer Steine in den Weg gelegt werden, verschuldete er sich enorm. So wie die Wirtschaft (auch heute noch) funktioniert, wenn sie Projekte auf Pump finanziert.

Nicht zu vergessen der Sargtoni, der Schreiner. Eine zentrale Figur, die uns die Belle Epoque von 1906 zurückführt, der seine Chance witterte, als aus Kairo das Telegramm eintraf von Buchers Tod. Bucher flüchtete nämlich vor den Finanzhaien und baute in Kairo das Hotel Semiramis. Der Sarg Toni (Hanes Eggermann) mit seinem begabten Assistenten führen mit sonoren Stimmen den Dialog durch den ganzen Abend. Sie haben ihre liebe Mühe mit der 12jährigen Lisett, (Effi Zihlmann). Eine Jugendliche aus unserer Zeit. Das Luftschiff-Stück handelt jeweils parallel auch in der aktuellen Zeit, weil die Zentralschweiz heuer 200 Jahre Tourismus-Jubiläum feiert.

Bucher wollte hoch hinaus, deshalb schwebte ihm das Luftschiff vor, eine Art Zeppelin.

Der Abend ist voller vergnüglicher Überraschungen. Ein bisschen melancholisch, weil so manch einer sich ertappt fühlt, eine Zeitreise mit durchaus aktuellem Bezug, da der Tourismus in der Zentralschweiz wieder im Aufbruch/Wandel ist ( man bedenke nur grad die aktuellen Projekte einer Investmentgruppe aus Katar auf dem legendären Bürgenstock), der sich grad vis à vis der Spielstätte „Tribschen“ befindet.

Kleine Fotodiashow ( Copyright Ingo Höhn) der Produktion:

fotogalerien.wordpress.com/2015/06/13/das-luftschiff-komodie-einer-sommernacht-premiere-9-juni-2015-besucht-und-rezensiert-von-irene-hubschmid/

Text: www.irenehubschmid.ch 

Fotos: http://www.freilichtspiele-luzern.ch/web/pages/2015/das-theater/das-theater.php Ingo Höhn

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Luzerner Theater: Dancemakers Series #6 Choreografien aus dem Tanzensemble, besucht von Gabriela Bucher - Liechti

Dancemakers Series #6 Choreografien aus dem TanzensembleBesetzung:

Cecilia Castellari, Chiara Dal Borgo, Samuel Déniz Falcón, Rachel P. Fallon, Chuck Jones, Rachel Lawrence, Iacopo Loliva, Salome Martins, Marco Rizzi, Aurélie Robichon, Anton Rosenberg, Eduardo Zúñiga

 

Rezension:

Es ist zur Tradition geworden, dass sich die Tänzerinnen und Tänzer des Tanzensembles «Tanz Luzerner Theater» am Ende der Saison selber choreografisch ausdrücken können. «Dancemakers» heisst die Serie und dient, wie es das Programm erklärt, als «experimentelle Plattform, der keine Grenzen gesetzt sein sollen.»

Die Grenzen sind denn auch fliessend zwischen Tanz und Schauspiel, zwischen Experiment und Vertrautem in den 7 Choreografien, welche im Südpol in Luzern gezeigt  wurden. Es wird viel experimentiert, teilweise auch etwas provoziert. Es sind ganz unterschiedliche Geschichten, mit Video-Einspielungen, gesprochenen Einlagen, Geräusch-Teppichen, es sind Solis und Stücke fürs ganze Ensemble, ein kleines Feuerwerk an Uraufführungen.  In «Five» verarbeitet Cecilia Castellari – übrigens die einzige Frau, welche an diesem Abend eine Choreografie präsentiert – eine Art Kindheits-Wahntraum, in welchem sie, gefangen in einem Meer von Plüschtieren, in die Babyphase zurückfällt. «Skipping over Damaged Area» von Anton Rosenberg ist ein witziger Tanz mit und ums Sofa, Chuck Jones lässt Salome Martins in «Psalomoi» den Song «AA  XXX» von Peaches interpretieren in einem Ballett für Hände und Arme, die Beine bleiben für einmal mehr  dekoratives Element, ein spezieller Ansatz in einem Tanzstück,  vielleicht eine Art Wunschtraum am Ende einer langen Saison? «Pawn of his Own» dagegen wieder vertrautes Terrain, hier zeigen die Tänzer das, wofür man sie immer wieder bewundern konnte in der vergangenen Saison: Eine verspielte Leichtigkeit in komplexen Bewegungen und Hebungen, dies gepaart mit Harmonie, Präzision und Poesie.  «I Noticed»  von Samuel Denis Falcon  stellt die zusätzliche Herausforderung an die Tänzerinnen und Tänzer, während des Tanzens auch zu sprechen. Falcon spielt mit dem Licht, setzt die Tänzer so in Szene, dass ein Eindruck von Kühle entsteht, von einer Art Entfremdung, einem Nicht-ganz-da sein und kreiert wunderschöne Skulpturen-Bilder. Iacopo Loliva interpretiert sein Stück «Red, White, One, Water and Salt, Two, Touch, Voice, Three, Throat, Secrets, Wrist, Shoulder, Heads, Hands, Love» gleich selber. Verstörend, hart, direkt, mit Videoinstallationen,  teilweise mehr Schauspiel als Tanz. Den Abschluss machte «Khora» von Davidson Farias, ein Stück fürs ganze Ensemble, ebenfalls eine spezielle Herausforderung, 12 Tänzer auf der kleinen Bühne des Südpol so einzusetzen, dass die Bewegungen und Schritte nicht eingeschränkt wirken. Mit den archaisch anmutenden Kostümen ergab sich ein wunderschönes Abschlussbild.

Das Spannende an diesen «Dancemaker Series» ist, dass man die Tänzerinnen und Tänzer, welche man eine Saison lang in diversen Stücken erlebt und bewundert hat, sozusagen auf privater Basis antrifft, dass man einen kleinen Einblick in ihr Denken, in ihre Visionen des modernen Tanzes bekommt, davon, was für sie auch Tanz sein kann: Eine Interaktion von Video-Installationen, gesprochenem Wort, Geräuschkulissen. Da dürfen auch mal Plüschtiere fliegen und übermässig hohe Stöckelschuhe und Lackleder getragen werden, oder auch gar nichts. Durch die Nähe der Tänzer auf der kleinen Bühne scheint es, als wäre man für einen kurzen Moment, für einen Tanzabend, bei ihnen eingeladen um mit ihnen zu feiern: Das Ende der Saison, für einige der Anfang von etwas Neuem, fürs Publikum die Vorfreude auf die nächste Spielzeit mit einer faszinierenden Truppe.

Text: www.gabrielabucher.ch

 

Alle Fotos: www.luzernertheater.ch Ingo Höhn http://dphoto.ch

 

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Salzburger Schlosskonzert, Marmorsaal im Schloss Mirabell vom 2. Juni 2015, besucht von Léonard Wüst

Schloss Mirabell SalzburgBesetzung und Programm:

Duo  Luz LESKOWITZ, Violine und Luca TONCIAN, Klavier

W.A. MOZART Sonate für Klavier und Violine in B-Dur, KV 454,  F. SCHUBERT Sonate für Violine und Klavier in A-Dur, op. 162, D 574,  C. FRANCK  Sonate für Violine und Klavier in A-Dur

 

 

Grundinformationen über die Protagonisten dieses Konzertes:

Luz Leskowitz, ViolineLuz Leskowitz (*1943), Violine, war u.a. Schüler von Yehudi Menuhin, ist Gründer und Leiter der Salzburger Solisten und Leiter der Salzburger Schlosskonzerte. Er spielt auf einer Ex-Prihoda Stradivarius aus dem Jahre 1707. Luca Toncian, Klavier wurde 1989 in Klausenburg, Siebenbürgen geboren und hat u.a. schon mit den Berliner Philharmonikern konzertiert. An der Qualität der Künstler kann man schon in etwa den Stellenwert der Schlosskonzerte einordnen.

Rezension:

Im wunderschönen Marmorsaal waren leider nur ungefähr 40 Personen anwesend, darunter je etwa zur Hälfte junge asiatische Touristen und gestandene Konzertgänger aller Altersstufen und aus aller Herren Länder.

Eigentlich logisch, dass in der Mozartstadt als erstes etwas von diesem genialen Komponisten programmiert war. Leskovitz hatte Mozart`s Violinsonate KV 454 gewählt und das erwies sich als perfekt zur Demonstration der Harmonie zwischen dem jungen, manchmal etwas übereifrigen Toncian und dem ausgereiften, sensiblen Violinisten. Dienten das Largo, Allegro und das Andante zur Sensibilisierung der Sinne, fanden ebendiese mit dem furiosen finalen Allegretto freudvolle Erlösung.

Dann in dieser wahrhaft romantischen Umgebung die Sonate für Violine und Klavier des Romantikers Schubert, fast dacht ich zu viel der Romantik, wurde aber durch die subtilen meisterlichen Violinläufe im Allegro moderato und das wahrhaft scherzende Scherzo eines Besseren belehrt. Weitergeführt auch im anschliessenden Andantino, vollendet aber schlussendlich doch durch das melancholische und trotzdem in lebensbejahendem Engagement dargebotene Allegro vivace.

Das auf ganz besondere Art berührte Publikum verabschiedete die Künstler mit grossem Applaus in die Pause.

Luca Toncian, KlavierIm 2. Konzertteil kam für mich musikalisches Neuland, mit der Sonate für Violine und Klavier A-Dur von César Franck erlebte ich eine Live Premiere, hatte ich diese doch bisher ausschliesslich ab Tonträgern gehört. Beim Studieren des Programms vor Konzertbeginn hatte ich noch erstaunt zur Kenntnis genommen, dass gleich zwei der total 3 vorgetragenen Sonaten in A-Dur geschrieben sind. Schnell war aber klar, dass dies aufgrund der Verschiedenheit der Werke, nicht von Bedeutung war und sich besonders der junge Pianist in Franck`s Meisterstück sehr wohl fühlte, ausserordentlich im perlenden Allegro ausdrucksstark ausgelebt. Auch hier fanden sich die beiden Musiker wieder im Recitativa. Fantasia, bevor mit dem brillant vorgetragenen Allegretto poco mosso (da hatte Toncian sich längst vom Übereifer verabschiedet), der absolute Höhepunkt dieses aussergewöhnlichen Konzerterlebnisses folgte. Für mich der optimale Auftakt in „meine“ persönlichen Salzburger Festspiele in dieser ersten Juniwoche 2015.

Trailer: César Franck Sonata Allegretto poco mosso 4°mov. Maristella e Mario Patuzzi

www.youtube.com/watch?v=ctPKsqh5_0o

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos:

https://www.salzburger-schlosskonzerte.at/de/index.htm

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Migros Kulturprozent Classic Tournee VI: London Symphony Orchestra, Interpreten Daniel Harding (Leitung), Janine Jansen (Violine), Kulturcasino Bern, 31. Mai 2015, besucht von Paul Ott/Paul Lascaux

London Symphony OrchestraKonzertprogramm:

Edward Rushton
«I nearly went, there»
Uraufführung, Kompositionsauftrag Migros-Kulturprozent-Classics
Felix Mendelssohn Bartholdy
Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 5 cis-Moll

Interpreten:

London Symphony Orchestra

Daniel Harding (Leitung)
Janine Jansen (Violine)

Rezension:

Eine Fee mit Bodenhaftung und Stradivari

Das vierte Konzert von Migros-Kulturprozent-Classics in Bern brachte ein abwechslungsreiches Programm, das aber auch einen klaren Durchhaltewillen erforderte. Dies nicht nur wegen der musikalischen Komplexität, sondern auch wegen der beinahe unerträglichen Hitze im ausverkauften Kultur Casino Bern. Daniel Harding dirigierte das London Symphony Orchestra  auf der Reise durch 200 Jahre Musikgeschichte.

Daniel Harding, DirigentDas Konzert begann mit der Uraufführung von Edward Rushtons „I nearly went, there“, entstanden als Kompositionsauftrag von Migros-Kulturprozent-Classics. Das Stück referierte auf  Mahlers 5. Sinfonie, was erst nach der Pause wirklich bildhaft wurde. Der Ausgangspunkt für Rushton sei – dies das Programmheft – „die bekannte Anekdote, Mahler habe den überbordenden Schlagzeugpart der Sinfonie auf  Bitten seiner jungen Frau Alma zurückgestutzt“. Alma Mahler jedenfalls sass nicht im Berner Konzert, denn hier war gar nichts zurückgestutzt. Rushton beginnt mit massivem Einsatz musikalischer Gewalt, beschäftigt das ganze Orchester, fordert das Publikum. „Erfrischend“, nennt es mein fachkundiger Kollege.

Janine Jansen, Solistin ViolineDas Mittelstück des Konzerts bildet das „Konzert für Violine und Orchester, e-Moll op. 64“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy, gespielt von Janine Jensen auf der Barrère, einer Stradivari aus dem Jahr 1727. Auch in der Klassik spielt ja die Optik eine immer grössere Rolle vor allem bei der Vermarktung junger Solist/innen. Dem begegnet man mit einer gewissen Zurückhaltung und der Angst vor einer braven, akademischen Interpretation. Nichts von alledem bei Janine Jensen. Ihr Spiel begeistert von den ersten Tönen an durch das facettenreiche und feinfühlige Beherrschen des Instruments. Immer mit beiden Beinen standfest auf dem Boden, entlockte sie ihrer Violine feenhafte Klänge, die im Dialog mit dem gut aufgelegten Orchester durch die Themen des Konzerts führten. Der begeisterte Applaus trug dem Publikum eine kurze Solozugabe von Janine Jansen ein.

Nach der Pause führte Daniel Harding das London Symphony Orchestra in eine 75minütige Langversion von Gustav Mahlers „Sinfonie Nr. 5 cis-Moll“, die dieser zwischen 1901 und 1903 komponierte. Wie erratische Blöcke stehen sich die fünf Sätze gegenüber, scheinbar zusammenhanglos. Der Chronist hingegen empfand diese Sinfonie als äusserst abwechslungsreich und stimulierend. Schwierig allerdings zu beurteilen, wie weit die Interpretation durch den Dirigenten ging. Der anfängliche Trauermarsch jedenfalls kam seltsam fragmentarisch daher, als ob man nicht gemessenen, sondern hüpfenden Schrittes unterwegs wäre. Das Adagietto im vierten Satz wiederum wurde derart behäbig intoniert, dass es beinahe den Herzschlag verlangsamte.

Zwischendrin hingegen begeisterte das knapp 20minütige Scherzo mit einer Fülle von Themen und Rhythmen, die auf volkstümliche Tänze zurückgreifen und mit ihnen spielen. Im fünften Satz, dem Rondo, befürchtet man eine Übertreibung wiederholter und vereinfachender Motive, insbesondere wenn mindestens drei Mal zum Finale angesetzt wird, bevor einen das Orchester mit Getöse in die Nacht verabschiedet. Andernorts wurde dies als übertriebene Lautstärke bemängelt, den Chronisten hat es euphorisiert und für die nächsten Stunden wach gehalten. Ein eindrückliches Klangerlebnis hallte noch lange nach.

Text: Paul Ott/Paul Lascaux:www.literatur.li

Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/de/Home

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