Die Daten der Straßendatenbank der Stadt Dortmund zur Bewertung der 19000 erfassten Straßenabschnitte auf einer Gesamtlänge von 1.800 Kilometern Straßen im Stadtgebiet wurden neu digital eingespielt und sind jetzt auf dem aktuellen Stand, so dass sie vergleichbar sind mit den Auswertungen der Datenbank zur Straßenzustandserfassung aus den Jahren 2003 und 2009. Das erneute Erfassen der Daten war nötig geworden, weil sich deutliche Unterschiede gezeigt hatten in dem nach Schulnoten bewerteten Zustand der Dortmunder Straßen zwischen 2009 und 2014.
Diskrepanz zwischen Straßenzustand 2009 und 2014
Die Diskrepanz zwischen den Zustandsbewertungen der Dortmunder Straßen zwischen 2009 und 2014 hat eine kurzfristige Überprüfung durch das Tiefbauamt erforderlich gemacht. Dabei hat das Tiefbauamt in einem ersten Schritt festgestellt, dass bei der Datenberechnung 2014 der Parameter „Fahrdynamik“ entfallen war, so dass sich die Benotung einzelner Straßen deutlich zum Positiven verändert hat.
Da die Veränderungen in ihrer Gesamtheit nicht allein aufgrund des Parameters „Fahrdynamik“ erklärt werden konnten, hat die Verwaltung nach weiteren Ursachen der sich widersprechenden Datenlagen geforscht.
Zum Verständnis des Ergebnisses ist die Erläuterung der computergestützten Straßendatenbank des Tiefbauamtes grundlegend:
Visuelle Prüfung und normierte Bewertung
Die Pflege des Datenbestandes erfolgt in regelmäßigen Abständen, nachdem Mitarbeiter des Tiefbauamtes die Straßenoberflächen im Rahmen von Begehungen visuell geprüft haben. Der Datenbestand wird durch eine normierte Bewertung der Zustandsmerkmale (z.B. allgemeine Unebenheiten, Risse, Oberflächenschäden, Aufbrüche etc.) ausgewertet. Diese Auswertung wird in Zustandsnoten überführt.
Fünf Attribute ersetzen elf Parameter
Das Programm, das das Tiefbauamt für diese normierte Bewertung des Straßenzustandes nutzt, beruht auf den Vorgaben der Empfehlung für das Erhaltungsmanagement von Innerortsstraßen (E EMI) und wurde aufgestellt von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Dieses Programm gibt für die Bewertung des Straßenzustandes elf Parameter vor und berechnet daraus durch eine spezielle Formel die letztendliche Zustandsnote. Mit Einführung des Programms im Jahr 2003 hat das Tiefbauamt eine Änderung dieser Parameter, angepasst an seine Anforderungen, festgelegt. Um die Erfassung zu vereinfachen und den ohnehin enormen Aufwand der visuellen Erfassung des Straßenzustandes durch die Verkehrssicherheitskontrolleure zu verringern, hat das Tiefbauamt in dem Erhebungsbogen einige der relevanten Parameter zusammengefasst, um nur fünf Attribute (statt der elf vorgeschlagenen Parameter) des Straßenzustandes bewerten zu müssen. Diese Änderung von Gewichtungsparametern ist von der Forschungsgesellschaft explizit vorgesehen, um das Programm an die unterschiedlichen Bedürfnisse des jeweiligen Straßenbaulastträgers (Bundes, Land, Kommune) anzupassen.
Durch diese Änderung wird im Erfassungsbogen z.B. lediglich eine Note für die „Oberflächenschäden“ auf der Fahrbahnoberfläche vergeben („Oberflächenschäden“ werden zusammengefasst und stellen im Programm der Forschungsgesellschaft die Parameter „Offene Fugen“ und „Flickstellen“ dar). In der Folge wird durch diese eine Note, eine auf den Erhebungsbogen zugeschnittene Programmierung automatisch für zwei Parameter verwendet. Vereinfacht heißt dies im Programm: Ausmagerungen, Splittverlust, offene Fugen mit Note 3 = Flickstellen mit Note 3.
Der Erhebungsbogen zur visuellen Bewertung war bereits 2003 und 2009 im Einsatz und hat durch die speziell angefertigte Programmierung den gewünschten visuell dargestellten IST-Zustand in der Straßendatenbank erzeugt.
Änderung des Berechnungsmoduls
Durch ein grundlegendes Update der Software zwischen den Jahren 2009 und 2014 hat sich in dem Bewertungsprogramm eine Funktionsänderung im Berechnungsmodul für die Straßenzustandsnoten ergeben. Dabei werden Bewertungsparameter, die nicht erfasst werden, automatisch mit dem Wert 1,0 vorbelegt. Vor dem Update wurden diese „leeren Parameterwerte“ nicht bei der Berechnung der Schadenswerte berücksichtigt. Leider blieb diese Programmänderung beim Fachtest der Software unbemerkt.
In der Erfassungsmaske für den Erhebungsbogen hat das automatische Setzen zur Folge, dass im Programm für alle elf Parameter ein Wert eingetragen werden muss. Für jedes Attribut, das keinen Wert erhält, generiert das Programm automatisch die Bewertungsnote 1,0 - was so viel heißt wie: der Schaden ist nicht wahrnehmbar / der Zustand ist gut! Erhalten nur fünf von elf Attributen einen Wert, werden die übrigen sechs Attribute mit der Beurteilung 1,0 gespeichert. Dies verfälscht das Ergebnis des realen Zustandes.
Bei der Übertragung der Daten in die Straßendatenbank wurde die durch das Programmupdate eingeführte Änderung nicht berücksichtigt. Somit wurden bei der Berechnung die Ergebnisse verfälscht, bzw. fälschlicher Weise verbessert, da sechs von elf Parameter automatisch die Bewertungnote 1,0 erhielten. Dies hat zu der auffälligen Diskrepanz des bewerteten Straßenzustands 2009 und 2014 geführt. Diese Programmänderung, die zu unserem Bedauern erst jetzt ergründet werden konnte, wurde inzwischen bei der Datenübernahme berücksichtigt.
Ergänzende Faktoren
Neben dieser grundlegenden Ursache tragen in geringem Maße folgende Faktoren zur unstimmigen Straßenzustandserfassung bei:
Dem „Faktor Mensch“ ist geschuldet, dass der rein visuelle Blick des Verkehrssicherheitskontrolleurs auf den Straßenzustand bewertet wird. Darüber hinaus stellt diese Art der Erfassung durch Begehung und im ersten Schritt händische Bewertung einen enormen Aufwand dar.
Außerdem kann auch eine augenscheinlich schlechte Straße bei der Behebung einer größeren Schadstelle durch punktuelle Asphaltsanierung in der Datenbank als „gut“ dargestellt werden.
Zudem fand die aktuellste Erhebung im Jahr 2014 statt. Seitdem wurden schon wieder einige Straßen erneuert oder saniert, was eventuell in manchen Fällen noch nicht in der Datenbank berücksichtigt wurde.
Pilotprojekt zur digitalen Aufnahme des Straßenzustands
Das Zusammenspiel all dieser Faktoren hat vor allem deutlich gemacht, dass subjektive Erhebungen von 19000 Straßenabschnitten zu unterschiedlichen Bewertungen führen. Deshalb sollte eine Großstadt wie Dortmund mit 1800 km Straße eine solche Zustandsbewertung digital durchführen, um auf Jahre hinaus vergleichbare Ergebnisse zu erzielen.
Im Stadtbezirk Hombruch wurde der Straßenzustand daher in einem Pilotprojekt digital erfasst. Die Auswertung dieser Erfassung steht kurz bevor. Anschließend werden die vormals manuelle und nun digitale Aufnahme des Straßenzustandes verglichen. In der Folge wird geprüft und entschieden, in welcher Form ein digitales Verfahren für das gesamte Stadtgebiet zum Einsatz kommt.