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Herz-Check nach COVID-19-Erkrankung

Handballer Juri Knorr und Kardiologe Dr. Klaus-Peter Mellwig vor dem MRT-Gerät im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen  (Foto: Marcel Mompour).  HDZ NRW
Handballer Juri Knorr und Kardiologe Dr. Klaus-Peter Mellwig vor dem MRT-Gerät im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen (Foto: Marcel Mompour). HDZ NRW

Nach überstandener COVID-19-Erkrankung und dem jüngsten Herz-Check im HDZ
NRW läuft bei Handballer Juri Knorr wieder alles in der Spur. Er will mit
zur Weltmeisterschaft.

Die Erleichterung ist Juri Knorr anzumerken, als Dr. Klaus-Peter Mellwig
grünes Licht gibt. „Alle Vor- und Laboruntersuchungen waren ja okay, es
gab eigentlich keine Hinweise darauf, dass die Infektion Schäden an meinem
Herzen verursacht haben könnte.“ Aber dann liegt man da über eine Stunde
lang in der Röhre und der Kopf schaltet sich ein. Was wäre, wenn doch…

Und natürlich wollten die Herzspezialisten am Herz- und Diabeteszentrum
NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, wie auch Trainer Frank Carstens und Frank
von Behren, Geschäftsführer Sport bei Handball-Bundesligist GWD Minden,
auf Nummer Sicher gehen. „Wir wissen einfach noch zu wenig über die
Spätfolgen der COVID-19-Erkrankung“, sagt Sportkardiologe Dr. Klaus-Peter
Mellwig, erfahrener Oberarzt der Uniklinik für Allgemeine und
Interventionelle Kardiologie/Angiologie unter der Leitung von Prof. Dr.
Volker Rudolph. Einer aktuellen Studie zufolge fanden sich nach
überstandener Erkrankung bei über 70 Prozent der Untersuchten
Auffälligkeiten am Herzen, bei über 60 Prozent sogar Hinweise auf eine
Herzmuskelentzündung. Für Leistungssportler wie den 20-jährigen GWD-
Spielmacher Juri Knorr, Nachwuchstalent im Kader der Deutschen
Nationalmannschaft, würde eine solche Diagnose die rote Karte bedeuten.
Aus wäre der Traum von der Handball-WM.

Aber gut. Jetzt darf weitergeträumt werden. Mit der MRT-Untersuchung
seines Herzens ist man am HDZ NRW sogar noch über die entsprechenden
Empfehlungen des Verbands hinausgegangen. Die Magnetresonanztomographie,
die hier im Institut für Radiologie und Molekulare Bildgebung bei Prof.
Dr. Wolfgang Burchert durchgeführt wurde, hat das Herz von Juri Knorr in
magnetischen Wechselfeldern aufgenommen, in Schnittbildern errechnet und
dreidimensional dargestellt. Das ist aufwändig und dauert leider etwas
länger, nicht zuletzt, weil Juri einen Ruhepuls von nur 46 Schlägen hat.

Dr. Andreas Peterschröder begutachtet insbesondere die Herzwände und sucht
nach Hinweisen auf einen akuten Infekt. Und findet in der Herzfunktion
laut MRT am Ende bestätigt, was Dr. Mellwig bereits über Labor,
Ultraschall, Funktions- und Leistungstest diagnostiziert hat: „Juri Knorr
zeigt aktuell keine Folgeschäden nach COVID-19.“

Die Sportkardiologie am Herz- und Diabeteszentrum NRW hat eine lange
Tradition. Um gebündelt Erfahrungen zu den Auswirkungen der Pandemie auf
den Leistungssport zu sammeln, beteiligen sich die Mediziner am Aufbau
eines bundesweiten Registers, das an der Universität Tübingen in
Kooperation mit dem NRW-Leistungssportzentrum über Prof. Dr. Claus
Reinsberger von der Universität Paderborn erstellt wird. „Das HDZ NRW
macht dabei als lizensiertes Untersuchungszentrum des Landessportbunds
mit“, berichtet Dr. Mellwig.

Und Kaderathlet Juri Knorr darf Hoffnung schöpfen. Am 21. Dezember wird
der Deutsche Handballbund wohl mitteilen, welche 20 Spieler letztlich mit
zur WM nach Ägypten fahren. Nach der Absage von Patrick Wiencek und Fabian
Wiede sowie den verletzungsbedingten Ausfällen von Franz Semper und Tim
Suton würde der 20-jährige Youngster alles geben, um zum Shooting-Star der
WM zu werden. Noch dazu mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, vorerst
immun gegen das SARS-CoV-2-Virus zu sein. Diesen Nachweis über vorhandene
Antikörper hätte er dann sogar schriftlich im Gepäck.

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Quellen:
Valentina O. Puntmann, MD, PhD et al. Outcomes of Cardiovascular Magnetic
Resonance Imaging in Patients Recently Recovered From Coronavirus Disease
2019 (COVID-19), JAMA Cardiol. 2020;5(11):1265-1273.
doi:10.1001/jamacardio.2020.3557.

Dermot Phelan, MD, PhD et al. Screening of Potential Cardiac Involvement
in Competitive Athletes Recovering From COVID-19. An Expert Consensus
Statement. ISSN 1936-878X. doi.org/10.1016/j.jcmg.2020.10.005.

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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen (Universitätsklinik der Ruhr-
Universität Bochum) mit 35.000 Patienten pro Jahr, davon 14.600 in
stationärer Behandlung, zu den größten und modernsten Zentren seiner Art
in Europa.

Die Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie/Angiologie des
HDZ NRW unter der Leitung von Prof. Dr. med. Volker Rudolph ist
spezialisiert auf die Behandlung der Koronaren Herzkrankheit,
Herzklappenfehler, Herzmuskelerkrankungen und entzündliche
Herzerkrankungen. In der Klinik werden jährlich mehr als 5.000
kathetergestützte Verfahren durchgeführt. Modernste diagnostische und
bildgebende Verfahren sowie alle modernen Kathetertechniken sichern die
bestmögliche und schonende medizinische Versorgung der Patienten. Die
Klinik ist Europäisches und Nationales Exzellenz-Zentrum zur
Bluthochdruckbehandlung, anerkanntes Brustschmerzzentrum (CPU – Chest Pain
Unit) sowie als überregionales Zentrum zur Versorgung Erwachsener mit
angeborenem Herzfehler (EMAH) zertifiziert.

Das Universitäts-Institut für Radiologie, Nuklearmedizin und molekulare
Bildgebung unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Burchert versorgt die
Patienten mit bildgebender Diagnostik. Ambulant werden im
nuklearmedizinischen Bereich außerdem Tumor- und Schilddrüsenerkrankungen
behandelt. Die diagnostischen Leistungen werden von einem
interdisziplinären Ärzteteam mit modernsten Untersuchungsmethoden
(SPECT/CT, PET/CT, MRT, Röntgen, Gammakameras) erbracht. Wichtige Arbeits-
und Forschungsschwerpunkte sind der Strahlenschutz und die Reduktion der
Strahlenexposition. Das Institut stellt seine Expertise auch anderen
Kliniken zur Verfügung. In Westfalen und darüber hinaus in Norddeutschland
versorgt es täglich Kliniken und Praxen mit kurzlebigen
Radiopharmazeutika.

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DGG: erhöhte Thromboseneigung durch COVID-19 – Prävention nicht außer Acht lassen

Eine Covid-19-Erkrankung zieht neben den Atemwege auch das Blutgefäßsystem
stark in Mitleidenschaft. Covid-19-Patienten zeigen eine verstärkte
Blutgerinnung und häufiger auch Entzündungen der Blutgefäße. So kann es zu
schwerwiegenden Komplikationen mit potenziell tödlichem Ausgang wie
Thrombosen, Lungenembolien, Schlaganfällen oder Durchblutungsstörungen in
den Armen oder Beinen kommen. Von einer prophylaktischen Therapie mit
Aspirin, wie sie nach einer US-amerikanischen Studie diskutiert wurde (1),
raten Experten der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und
Gefäßmedizin e.V. (DGG) allerdings ab.

Die wichtigsten Risikofaktoren für einen schweren oder gar tödlichen
Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion wurden bereits sehr früh im Verlauf der
Pandemie identifiziert: Ein fortgeschrittenes Alter, männliches
Geschlecht, Tabakkonsum, Bluthochdruck, Diabetes und starkes Übergewicht.
„Dieselben Risikofaktoren gelten auch für Gefäßerkrankungen“, sagt
Professor Dr. med. Markus Steinbauer, Chefarzt der Klinik für
Gefäßchirurgie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg und Präsident
der DGG 2021. Weil stationär aufgenommene oder gar intensivmedizinisch
betreute Covid-19-Patienten in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und damit
einen weiteren Risikofaktor für thromboembolische Ereignisse aufweisen,
profitieren sie besonders von Maßnahmen der Thromboseprophylaxe oder
antithrombotischen Therapie.

Eine im Oktober in der Zeitschrift „Anaesthesia & Analgesia“ publizierte
Studie, nach der niedrigdosiertes Aspirin den Covid-Verlauf bei Herz-
Kreislauf-Patienten positiv beeinflussen könne, sei jedoch vorsichtig zu
interpretieren: „Bei Patienten mit Gefäßerkrankungen erscheint ein Schutz
durch die gerinnungshemmende Wirkung von Aspirin plausibel“, so
Steinbauer. Gefäßgesunde Covid-19-Patienten vorbeugend mit Aspirin zu
behandeln, lasse sich mit der Studie allerdings nicht rechtfertigen und
berge aufgrund der erhöhten Blutungsgefahr sogar Risiken. Hierzu müssten
weitere randomisierte, kontrollierte und prospektiv angelegte Studien
aufgelegt werden.

In der gegenwärtigen Situation sieht die DGG außerdem die Gefahr, dass
über der – notwendigen – Diskussion um Corona-Schutzmaßnahmen und
-therapiemöglichkeiten andere Gesundheitsprobleme aus dem Blick geraten.
„Die Einschränkung der Mobilität und des sozialen Lebens schützt zwar vor
Infektionen, der Bewegungsmangel kann jedoch zugleich das Thromboserisiko
steigern“, mahnt Professor Dr. med. Dittmar Böckler, DGG-Präsident 2020
und Ärztlicher Direktor der Klinik für Gefäßchirurgie und Endovaskuläre
Chirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg. Sofern die infektiologische
Lage es zulasse, müsse daher auch über eine Verkürzung der bislang
14-tägigen Quarantäne für Infizierte und Kontaktpersonen nachgedacht
werden.

Auch andere Lebensstilfaktoren, die für das Herz-Kreislauf-Risiko
entscheidend sind, werden durch die Lockdown- und Quarantänebedingungen
beeinflusst. „Je nach beruflicher und sozialer Situation haben manche
Menschen während des ersten Lockdowns zu ungesünderem und üppigerem Essen
gegriffen, mehr Alkohol getrunken und ihren Tabakkonsum gesteigert“, so
Böckler. Auch und gerade in Pandemiezeiten müsse daher weiter über die
Bedeutung eines gesunden Lebensstils berichtet und aufgeklärt werden –
umso mehr, als es sich dabei um effektive und kostengünstige
Präventionsmaßnahmen handele, die das aktuell stark strapazierte
Gesundheitssystem entlasten könnten.

Hierbei könnten auch telemedizinische Methoden, Schrittzähler oder
Gesundheitsapps zum Einsatz kommen, mit denen sich Bewegungs- und
Übungsprogramme anleiten oder kontrollieren ließen. Neben den direkten
Gesundheitseffekten wirke sich die Herz-Kreislauf-Prävention nicht zuletzt
auch positiv auf den Verlauf der Corona-Pandemie aus: Je besser die
kardiovaskuläre Gesundheit der Bevölkerung sei, desto geringer sei auch
die Zahl der Covid-Risikopatienten.

Quelle:

(1) Chow, J et al. Aspirin Use is Associated with Decreased Mechanical
Ventilation, ICU Admission, and In-Hospital Mortality in Hospitalized
Patients with COVID-19, Anesthesia & Analgesia: October 21, 2020 - Volume
Publish Ahead of Print - Issue - doi: 10.1213/ANE.0000000000005292

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COVID-19-Edition des «Wissenschaftsbarometer Schweiz»: Wissenschaft soll sich während Pandemie einbringen

Wie steht die Bevölkerung zu Wissenschaft und Forschung  UZH
Wie steht die Bevölkerung zu Wissenschaft und Forschung UZH

In der COVID-19-Pandemie vertraut die Schweizer Bevölkerung der
Wissenschaft. Sie möchte, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
ihre Expertise in Öffentlichkeit und Politik einbringen. Zudem ist sie
mehrheitlich der Meinung, dass politische Entscheidungen zum Umgang mit
der Pandemie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen sollten. Das
zeigt die COVID-19 Edition des «Wissenschaftsbarometer Schweiz», die am
Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IKMZ) der UZH
in Zusammenarbeit mit der Universität Münster durchgeführt wird.

Das Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in Wissenschaft und Forschung ist
während der Corona-Pandemie gestiegen. So geben 67 Prozent der Schweizer
Wohnbevölkerung an, ihr Vertrauen in die Wissenschaft sei «hoch» oder
«sehr hoch». 2019 und 2016 waren es 56 und 57 Prozent. Auch die Zustimmung
zur staatlichen Förderung von Wissenschaft ist nach wie vor hoch: Während
2019 73 Prozent «stark» oder «sehr stark» zustimmten, sehen dies Ende 2020
weiterhin 74 Prozent der Bevölkerung so. Das grundsätzliche Interesse an
Wissenschaft und Forschung ist ebenfalls gestiegen: 57 Prozent gaben 2019
an, «stark» bis «sehr stark» am Thema interessiert zu sein. Aktuell sind
es 60 Prozent.

«Ich freue ich mich über diesen Vertrauensbeweis gegenüber
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich teilweise sieben Tage
pro Woche für die Eindämmung von COVID-19 engagieren», sagt Claudia
Appenzeller, Generalsekretärin der Akademien der Wissenschaften Schweiz,
welche die Sonderbefragung ermöglicht haben.

Wissenschaftler vor Behörden, Politikern und Journalisten

Wenn es um die Corona-Pandemie geht, vertraut die Schweizer Bevölkerung
den Aussagen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. So liegen auf
einer Skala von 1 («überhaupt kein Vertrauen») bis 5 («sehr hohes
Vertrauen») Ärzte und medizinisches Personal und Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler mit Spitzenwerten von 4.1 und 3.9 deutlich vor Vertretern
von kantonalen Behörden und Bundesämtern (3.3), Politikerinnen und
Politikern (2.7) und Journalistinnen und Journalisten (2.6).

77 Prozent der Bevölkerung stimmen zudem «stark» oder «sehr stark» zu,
dass das Wissen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wichtig ist,
um die Verbreitung des Coronavirus in der Schweiz zu verlangsamen.
Entsprechend wünscht sich eine grosse Mehrheit von 72 Prozent («stark»
oder «sehr stark»), dass politische Entscheidungen im Umgang mit der
Pandemie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. «Vertrauen in und
Interesse an Wissenschaft sind in der Schweiz nicht nur anhaltend hoch,
sondern in Corona-Zeiten sogar noch gestiegen», sagt Prof. Mike S.
Schäfer, Universität Zürich, Co-Leiter des Wissenschaftsbarometer Schweiz
und der COVID-19-Edition. 63 Prozent der Bevölkerung wollen, dass
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich aktiv an politischen
Debatten über die Pandemie beteiligen. «Sie sollten dies jedoch mit
geeinter Stimme tun: Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung wissenschaftliche
Kontroversen durchaus für produktiv hält, geben gleichzeitig 65 Prozent
an, sie seien verunsichert, wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
sich öffentlich widersprechen.»

Die Schweizer Bevölkerung hat Verständnis für Kontroversen innerhalb der
Wissenschaft und bewertet die Kommunikation aus der Wissenschaft positiv.
Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent, «stark» oder «sehr stark»)
findet, dass Kontroversen zwischen Wissenschaftlern hilfreich sind, weil
sie dazu beitragen, dass sich richtige Forschungsergebnisse durchsetzen.
Nur 32 Prozent meinen, dass Wissenschaftler nicht verständlich über Corona
kommunizieren könnten.

Eine Minderheit mit Hang zu kontroversen Ansichten

Die Ergebnisse der COVID-19-Edition des Wissenschaftsbarometers beleuchten
aber auch kritischere Haltungen zur Corona-Pandemie. Dabei zeigt sich,
dass 27 Prozent («stark» oder «sehr stark») finden, dass die Corona-
Pandemie zu einer grösseren Sache gemacht wird, als sie eigentlich ist. 21
Prozent glauben, dass die Zahl der Menschen, die an Corona sterben, von
den Behörden absichtlich übertrieben werde.

Extremere Ansichten sind seltener, aber vorhanden: 16 Prozent glauben,
dass mächtige Leute die Corona-Pandemie geplant hätten. 9 Prozent
bezweifeln, dass es Beweise für die Existenz des neuartigen Coronavirus
gebe. «Auch wenn die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung nicht an
Verschwörungstheorien in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie glaubt, gibt
es durchaus eine kleine Gruppe von Personen, die die wissenschaftlichen
Informationen zu Corona anzweifeln», erklärt Prof. Julia Metag,
Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Co-Leiterin des
Wissenschaftsbarometer Schweiz und der COVID-19-Edition.
«Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen dies bei ihrer
Kommunikation über die Pandemie berücksichtigen.»

Medienkonsum zu Corona wird vom Fernsehen dominiert

In den Jahren 2016 und 2019 waren Fernsehen und Internet die Orte, an
denen die Schweizer Bevölkerung am häufigsten mit Wissenschaft und
Forschung in Kontakt kam. In Zeiten der Pandemie ist es insbesondere das
Fernsehen, das als Informationsquelle zum Thema Corona genutzt wird.
Danach folgen Gespräche mit Verwandten, Bekannten und Freunden sowie das
Internet als Situationen bzw. Quellen, in denen man dem Thema häufig
begegnet.

Gemischte Gefühle zur Medienberichterstattung zu Corona

Das Wissenschaftsbarometer hat auch erhoben, wie die Schweizer Bevölkerung
die Medienberichterstattung zu Corona bewertet. Sie findet diese
insbesondere «ausführlich», «informativ» und «verständlich». 43 Prozent
der Bevölkerung empfindet die Berichterstattung aber auch als «nervig» und
«übertrieben».

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Angst vor Corona und Impfskepsis

Heidelberger Wissenschaftler führen Befragung zur Akzeptanz der Corona-
Maßnahmen in Deutschland durch

Obwohl das individuelle Risiko, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren
und an COVID-19 zu erkranken, aktuell deutlich höher eingeschätzt wird als
dies noch im Sommer der Fall war, ist die Impfbereitschaft weiterhin nicht
besonders stark ausgeprägt: Während in einer repräsentativen Erhebung
Mitte dieses Jahres knapp 55 Prozent der Befragten angaben, sich
wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich impfen zu lassen, lag die
Impfbereitschaft Ende November/Anfang Dezember nur noch bei 46 Prozent –
trotz steigender Infektionszahlen und der Aussicht, dass ein Impfstoff in
Kürze zur Verfügung stehen wird. In einer zweiten Online-Befragung haben
Wissenschaftler der Universität Heidelberg rund 1.100 Personen zu den
Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie sowie nach ihrem Vertrauen in
Staat, Wissenschaft und Medien befragt. Die Ergebnisse sind im Internet
abrufbar.

Die Befragung – wiederum in einer repräsentativen Stichprobe – wurde in
der Zeit vom 30. November bis zum 11. Dezember durchgeführt. Sie folgt
einer ersten Erhebung, bei der Ende Juni/Anfang Juli rund 1.300 Personen
in Deutschland befragt wurden. Beide Befragungen, deren Teilnehmer nicht
identisch waren, sind Teil eines interdisziplinären Projektes am
Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg, das sich dem Thema
„Gesellschaftliche Selbstermächtigung“ widmet. Dabei geht es um die
Bereitschaft, formelle oder informelle gesellschaftliche Regeln zu
missachten, weil sich die betreffenden Personen aus übergeordneten,
insbesondere moralischen Gründen nicht daran gebunden fühlen. Zu Ausmaß,
Gründen, Folgen und Maßnahmen forschen der Psychologe Prof. Dr. Peter
Kirsch, der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hanno Kube und der
Politikwissenschaftler Prof. Dr. Reimut Zohlnhöfer.

Die Bereitschaft, mit Maske, Abstand und Kontaktbeschränkungen zur
Bekämpfung der Pandemie beizutragen, ist nach wie vor hoch: Im Sommer
gaben 82 Prozent der Befragten an, sich meistens oder immer an die Corona-
Regeln zu halten. Aktuell liegt dieser Wert nach Selbstauskunft der
befragten Personen annähernd gleich bei 83 Prozent. Allerdings ist die
Zufriedenheit mit den Maßnahmen seit dem Sommer deutlich gesunken.
Zufrieden oder sehr zufrieden sind damit nur noch 55 Prozent – gegenüber
68 Prozent in der Zeit Ende Juni/Anfang Juli. Im Gegenzug ist die
Unzufriedenheit von 23 Prozent auf fast 36 Prozent gestiegen. „Dies
scheint in erster Linie damit zusammenzuhängen, dass die Maßnahmen –
zumindest vor dem Beschluss eines neuerlichen Lockdowns – von fast der
Hälfte der Befragten, nämlich knapp 44 Prozent, als nicht ausreichend
betrachtet wurden. Dies war im Sommer nur bei 15 Prozent der von uns
befragten Personen der Fall“, berichtet Politikwissenschaftler Reimut
Zohlnhöfer.

Deutlich gestiegen ist die Sorge, selbst zu erkranken. Während dies im
Sommer 67 Prozent der – bis dahin nicht infizierten Befragten – für
unwahrscheinlich oder sogar sehr unwahrscheinlich hielten, sind es jetzt
aktuell knapp 49 Prozent, die die Gefahr einer Infektion als gering
einschätzen. Trotz dieser Zunahme des subjektiv wahrgenommenen
Infektionsrisikos ist die Impfbereitschaft substantiell gesunken, während
gleichzeitig die Zahl derjenigen stieg, die einer Impfung eher oder sehr
skeptisch gegenüberstehen. Gaben dies Ende Juni/Anfang Juli 24 Prozent der
befragten Personen an, sind es nunmehr 29 Prozent. Die Zahl der
Unentschlossenen hingegen ist mit seinerzeit 24 gegenüber aktuell 22
Prozent nahezu gleichgeblieben.

Eine Verbindung sehen die Wissenschaftler hier zu der Tendenz,
Verschwörungsideen zuzustimmen. Während die Bereitschaft, sich impfen zu
lassen, einen signifikanten Zusammenhang zum Vertrauen in die staatlichen
Institutionen, die Wissenschaft und die klassischen Medien sowie zur
Zufriedenheit mit der bisherigen Corona-Politik aufweist, ist die
Ablehnung mit einer erhöhten Verschwörungsmentalität assoziiert. „Dieser
Befund unserer Befragung bedeutet keineswegs, dass alle Impfskeptiker
tatsächlich auch Anhänger von Verschwörungstheorien sind. Dennoch ist es
beunruhigend zu sehen, dass diese Verbindung zwischen
Verschwörungsmentalität und Impfgegnerschaft seit dem Sommer nachweislich
zugenommen hat, ebenso wie die Zustimmung zu derartigen Ideen generell“,
sagt Peter Kirsch, Professor für Klinische Psychologie am Zentralinstitut
für Seelische Gesundheit in Mannheim. „Auch wenn wir hier keine kausalen
Zusammenhänge untersuchen können, steht doch zu befürchten, dass sich die
Bereitschaft, Verschwörungen für möglich zu halten, durch kontroverse
Debatten der vergangenen Monate weiter in der Bevölkerung ausbreitet.“

Im Rahmen ihres interdisziplinären Forschungsprojektes wollen die
Wissenschaftler auch analysieren, wie sich die Bereitschaft der Menschen
fördern lässt, sich an wichtige gesellschaftliche Regeln zu halten.
„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, wie wichtig es ist, das Vertrauen in
die staatlichen Institutionen, die Wissenschaft und die Medien zu pflegen
und zu fördern“, sagt Rechtswissenschaftler Hanno Kube. Die Forscher
werden in den kommenden Wochen und Monaten ihre Daten weiter auswerten, um
Ansatzpunkte für solche vertrauensfördernden Maßnahmen zu identifizieren.

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