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Neue Sporttherapie für krebskranke Kinder am Uniklinikum

In der Kinderonkologie bringt eine Sporttherapeutin die kleinen
Patientinnen und Patienten in Bewegung. // Mit der Benefizregatta „Rudern
gegen Krebs“ soll dieses Angebot dauerhaft etabliert werden. // Noch gibt
es freie Plätze in den Wettkampfbooten, die am 8. Juni 2024 auf der Elbe
an den Start gehen.

Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind für alle Beteiligten
eine große Herausforderung – vor allem für die kleinen Patientinnen und
Patienten selbst. Um ihnen die Zeit während der Therapie zu erleichtern
und sie von Schmerzen und Langeweile abzulenken, gibt es für sie in der
Kinderonkologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden ein
neues Therapieangebot. Kinder und Jugendliche bekommen regelmäßig Besuch
von einer Sporttherapeutin. Sie ergänzt das Angebot an Kunst- und
Musiktherapien, die vom Sonnenstrahl e.V. unterstützt werden. Mithilfe von
Spenden soll nun auch die Sport- und Bewegungstherapie dauerhaft etabliert
werden. Dafür findet am 8. Juni 2024 am Blasewitzer Elbufer in Dresden
eine Ruder-Regatta für den guten Zweck statt. Ein Teil des Erlöses fließt
in die neue Sporttherapie.

Krebs im Kindes- und Jugendalter wird vergleichsweise selten
diagnostiziert. In Deutschland entsprechen die jährlich rund 2.250
Neuerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen weniger als einem halben
Prozent der Gesamtzahl der Krebsfälle. Dennoch trifft es die Familien
hart, wenn diese Diagnose für ihr Kind im Raum steht. Plötzlich
beherrschen Sorgen den Alltag, Eltern und Kind sind mit vielen
Untersuchungen und mitunter langwierigen Behandlungen konfrontiert, nicht
selten verbringen die Kleinen lange Zeit im Krankenhaus. Am
Universitätsklinikum Dresden sind die kleinen Patientinnen und Patienten
in den besten Händen: Dank modernster Therapien, wie beispielsweise die
Bestrahlung des Tumors mit Protonen, hochqualifizierten Kinderonkologinnen
und -onkologen und einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen
verschiedenen Fachbereichen werden immer mehr Kinder mit Krebs erfolgreich
behandelt. In der Kinderonkologie im Haus 65 können zwölf Kinder und
Jugendliche stationär versorgt werden. Eine Übernachtungsmöglichkeit für
Mama oder Papa ermöglicht das Zusammenbleiben der Familien. Weitere fünf
bis sechs Plätze bietet die Tagesklinik, in der die Jungen und Mädchen
Chemotherapien verabreicht bekommen oder anderweitig behandelt werden.

Regelmäßig sind auch Lotta und Emily in der Tagesklinik der
Kinderonkologie am Uniklinikum. Die beiden, mittlerweile befreundeten
Mädchen strahlen, als die Tür ihres Zimmers aufgeht und Sabine Barde
erscheint. Sie ist die neue Sporttherapeutin in der Kinderonkologie und
seit September 2023 in der Tagesklinik und auf Station im Einsatz, um den
kranken Kindern Bewegung, Abwechslung und vor allem Ablenkung in den
Krankenhaus-Alltag zu bringen. Finanziert wird die Drittmittelstelle vom
Sonnenstrahl e.V., der diese Kosten wiederum über Spenden abdeckt. Es ist
nur eines von zahlreichen Projekten, die der Dresdner Verein für
krebskranke Kinder und Jugendliche auf die Beine stellt. „Wir sind sehr
froh, dass wir Sabine Barde für diese so wichtige Arbeit gewinnen
konnten“, sagt Falk Noack vom Sonnenstrahl e.V., der sich maßgeblich um
die Sporttherapie bemüht. „Der Bedarf ist groß und wir möchten dieses
Angebot gern mit weiteren Mitarbeitenden ausbauen.“ Ziel sei es, dass die
Krankenkassen einen Teil der Kosten für die Sporttherapie übernehmen, sagt
Falk Noack. Schon länger bietet der Verein auch die Möglichkeit für Kunst-
und Musiktherapien – die Sporttherapie ist inzwischen sehr beliebt.

Das kann auch Sabine Barde bestätigen, die mit der zehnjährigen Lotta und
der zwölfjährigen Emily die Tischtenniskellen schwingt. Anstatt eines
Balles schwebt ein Luftballon durch die Luft, denn die beiden Mädchen
können während ihrer Chemotherapie die Betten nicht verlassen. „Ich mache
viel mit den Kindern in ihrem Zimmer“, sagt Sabine Barde. Die studierte
Sportwissenschaftlerin ist auch auf engstem Raum sehr kreativ, lässt sich
Wortspiele mit Bewegungseinheiten einfallen oder spielt Fußball auf dem
Flur, wenn es der Zustand des Kindes erlaubt. Zweimal wöchentlich möchte
sie sich gern mit jedem ihrer Patientinnen und Patienten beschäftigen.
„Täglich wäre es natürlich noch besser.“ Neben der Ablenkung, die Sabine
Barde den Kindern mit ihren Spielen bringt, hat die Bewegung natürlich
auch einen gesundheitlichen Effekt, der mittels Studien längst
nachgewiesen ist. Körperliche Aktivitäten mindern Nebenwirkungen, regen
die Verdauung an, halten die Kinder für die alltäglichen Verrichtungen
fit. „Ein ganz wichtiger Aspekt dabei: Die Kinder dürfen mitbestimmen, was
wir machen. In einer Zeit der Hilflosigkeit, die sie in ihren Familien oft
erleben, ist das eine Erfahrung, die Kraft und Selbstvertrauen gibt und
das Selbstwertgefühl stärkt.“ Ob Bälle, Balancierstrecken,
Federballschläger oder Schaumstoffschwerter zum Wut herauslassen – all
diese Utensilien, die Sabine Barde einsetzt, werden ebenfalls mittels
Spenden finanziert.

Ein wichtiges und inzwischen zur Tradition gewordenes Event zum Sammeln
von Spenden für derartige Patientenprojekte steht im Juni an: Die
Benefizregatta „Rudern gegen Krebs“. Nachdem die Veranstaltung am
Blasewitzer Elbufer zunächst coronabedingt pausieren musste und 2022 die
zehnjährige Jubiläumsregatta stattfand, stehen in diesem Jahr die Teams
der Mannschaftsboote erneut in den Startlöchern und trainieren fleißig für
den großen Tag am 8. Juni 2024.

Erlös der Regatta kommt onkologischen Patientinnen und Patienten zugute

Gemeinsam mit dem Sächsischen Elbe-Regattaverein (SERV) stellt das
Uniklinikum die Ruder-Regatta für den guten Zweck als Partner der Stiftung
Leben mit Krebs zum elften Mal auf die Beine. In bester Tradition starten
Patientinnen und Patienten, Ärzteschaft, Pflegepersonal und Mitarbeitende
des Uniklinikums Dresden, aber auch Rudersportlerinnen und -sportler sowie
Ruderneulinge regional ansässiger Unternehmen bei dem Wettbewerb. Sie alle
stellen – als Einsteigerinnen und Einsteiger oder aber bereits mit
Expertise ausgestattet – ihr großartiges Engagement unter Beweis und
setzen so durch ihren Einsatz ein starkes Zeichen gegen Krebs.

„Mit den Spenden aus der Regatta ‚Rudern gegen Krebs‘ konnten wir in den
vergangenen Jahren wegweisende Projekte initiieren, um frühzeitig und
gezielt die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Da dieser Aspekt
nur in geringem Umfang als Krankenhausleistung finanzierbar ist, spielen
die Spenden aus der Benefiz-Regatta eine entscheidende Rolle. Deshalb ist
das Engagement der Spenderinnen und Spendern sowie von allen, die dieses
außergewöhnliche Ereignis organisatorisch unterstützen, so wichtig“, sagt
Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Uniklinikum Dresden.
Noch sind Plätze in den Ruderbooten frei: Wer an der Regatta am 8. Juni
2024 teilnehmen möchte, kann sich jetzt für das Mannschaftserlebnis auf
dem Wasser anmelden. Die Dresdner Rudervereine bereiten jeden
Teilnehmenden – auch ohne Ruderkenntnisse – qualifiziert auf diesen
Wettkampf vor. Am Veranstaltungstag erwarten die Sportlerinnen und
Sportler sowie die Besuchenden spannende Wettkämpfe auf dem Wasser und ein
unterhaltsames sowie informatives Rahmenprogramm an Land.

Online-Anmeldung: www.rudern-gegen-krebs.de/regatta/2024/dresden-2024/

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Mit Cholesterin-Screening dem Herzinfarkt und Schlaganfall vorbeugen: Novartis und die Charité erarbeiten neues Versorgungskonzept

  • Neues Präventionsmodell soll in Kooperation mit dem Friede Springer – Cardiovascular Prevention Center an der Charité in Berlin umgesetzt werden
  • Standardisiertes Screening und Behandlungspfade zur wirksamen und langanhaltenden Reduzierung des LDL-Cholesterinwertes, um Herz-Kreislauf-Ereignisse zu vermeiden
  • Ziel ist die Entwicklung eines bundesweit skalierbaren Modells, um die Lebenserwartung in Deutschland zu steigern
  • Impulspapier des Bundesministeriums für Gesundheit unterstützt Maßnahmen der Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Nürnberg und Berlin, 19. April 2024 – Novartis und die Charité – Universitätsmedizin Berlin („Charité“) entwickeln gemeinsam ein populationsbezogenes Versorgungskonzept zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Die Umsetzung des Konzepts ist in Zusammenarbeit mit dem Friede Springer – Cardiovascular Prevention Center („FS-CPC“) im Rahmen einer Pilotphase am Standort Benjamin Franklin geplant. Mit dem Projekt sollen Personen mit unkontrolliert hohen LDL-Cholesterin-Werten identifiziert und durch geeignete Maßnahmen auf den Zielwert gebracht werden. Durch ein standardisiertes Screening könnte dieser Hauptrisikofaktor frühzeitig erkannt werden, um entsprechende Behandlungs- und Aufklärungsmaßnahmen einzuleiten. Ziel des gemeinsamen Projekts ist es, das Modell anschließend bundesweit zu skalieren, um die Lebenserwartung in Deutschland zu steigern.

 

Präventionskonzept soll unnötige Todesfälle vermeiden

„Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind noch immer die führende Todesursache in Deutschland. Dabei wären mehr als 50 Prozent der Herzinfarkte, die ich behandle, durch eine frühzeitige Prävention vermeidbar gewesen,“ erklärte Prof. Dr. Ulf Landmesser, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin | CBF und Direktor des Friede Springer – Cardiovascular Prevention Center (FS-CPC). „Es steckt also ein enormes Potenzial darin, die Herzgesundheit mit innovativen Präventionsmodellen massiv zu verbessern. Für unser aktuelles Konzept holen wir Experten aus Klinik, Versorgung und Industrie an einen Tisch, um die Behandlungsergebnisse für unsere Patient*innen zu optimieren.“

 

„Die Ursachen und Risiken von Herz-Kreislauf-Erkrankungen kennen wir zum allergrößten Teil: Das sind etwa hohe Cholesterin- und Lipoproteinwerte, wie zum Beispiel Lp(a), hoher Blutdruck und ein ungesunder Lebenswandel“, fügte Prof. Dr. med. Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Seniorprofessorin Charité – Universitätsmedizin Berlin und Stv. Direktorin des FS-CPC hinzu. „Wir widmen uns in unserer Arbeit besonders den genetisch determinierten Risikofaktoren wie beispielsweise einem hohen Cholesterinwert. In unserem Pilotprojekt wollen wir zeigen, dass Patient*innen ihre LDL-C-Werte langanhaltend reduzieren können, wenn wir diesen hereditären Anteil der Risikofaktoren in einem möglichst frühen Stadium entdecken und so rechtzeitig intervenieren können, um Herzinfarkten vorzubeugen.“

 

‚Test, Treat, Track‘, damit Patient*innen schneller die für sie passende Therapie erhalten

Zentrales Element des Konzepts ist ein standardisiertes Testen von Patient*innen auf kardiovaskuläre Risikofaktoren. Dieses Screening („Test“) soll auf der bereits bestehenden Infrastruktur des Klinikums aufbauen, indem ohnehin genommene Blutproben zusätzlich auf den LDL-Cholesterin-Wert überprüft werden sollen. Bei einem entsprechenden Befund erhalten identifizierte Patient*innen unmittelbar eine Therapie. Wenn sie ein hohes kardiovaskuläres Risiko nach ESC/EAS-Leitlinie (2019) aufweisen, ist geplant, dass sie umgehend an die Lipidambulanz überwiesen werden („Treat“). Dort könnte zusätzlich auch eine Aufklärung mit digitalen Mitteln erfolgen. In einer regelmäßigen Nachbeobachtung soll überprüft werden, ob die Patient*innen ihre LDL-C-Zielwerte erreichen („Track“). Bei Bedarf wäre so eine Anpassung der Behandlung möglich.

Novartis und die Charité erarbeiten neues Versorgungskonzept. Von links nach rechts: Heinrich Moisa, Vorsitzender der Geschäftsführung von Novartis Deutschland; Prof. Dr. med. Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Seniorprofessorin Charité – Universitätsmedizin Berlin und Stv. Direktorin des Friede Springer – Cardiovascular Prevention Center (FS-CPC); Prof. Dr. Ulf Landmesser, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin | CBF und Direktor des FS-CPC

 

Gesundheitspolitische Initiative für verbesserte Präventionsstrategien

Die nach wie vor große Zahl der Betroffenen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland unterstreicht den hohen Bedarf an verbesserten Präventionsstrategien. Auch die Politik hat das erkannt und will sich Ansätzen widmen, wie vermeidbare Todesfälle reduziert und die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden können.

 

„In seinem Impulspapier zur Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen adressiert das Bundesministerium für Gesundheit die richtigen Handlungsfelder“, kommentierte Heinrich Moisa, Vorsitzender der Geschäftsführung von Novartis Deutschland. „Entscheidend ist, dass wir unsere Blickrichtung ändern und unsere Gesundheitssysteme viel stärker auf Vorsorge und frühzeitige Intervention ausrichten. Jedes Jahr sterben in Deutschland zu viele Menschen an vermeidbaren kardiovaskulären Ereignissen – das wollen wir ändern und vorangehen. Deshalb freuen wir uns, dass die Charité als wissenschaftlicher Pionier für die Prävention in der Herzgesundheit unsere Vision teilt: In starken Partnerschaften auf Augenhöhe können wir mehr bewirken, damit Menschen in Zukunft nicht nur länger, sondern auch gesünder und aktiver leben.“

 

„Auch aus klinischer Sicht begrüßen wir die aktuelle gesundheitspolitische Initiative zur Verbesserung der Herzgesundheit. Denn es ist nicht hinnehmbar, dass Männer und Frauen in Deutschland, verglichen mit anderen westlichen Nationen, eine geringere Lebenserwartung haben. Und mit 360.000 Todesfällen pro Jahr tragen kardiovaskuläre Erkrankungen wesentlich dazu bei“, fügte Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin hinzu. „Da es sich um ein bundesweites Problem handelt, wird ein systematischer und skalierbarer Ansatz benötigt. Nach einer erfolgreichen Pilotierung soll unser gemeinsames Versorgungskonzept daher schrittweise zunächst auf weitere Abteilungen und Standorte der Charité in Berlin ausgeweitet werden. Langfristig hoffen wir, dass auch andere Krankenhäuser den Ansatz übernehmen“.

 

Über Novartis

Novartis ist ein Unternehmen, das sich auf innovative Arzneimittel konzentriert. Jeden Tag arbeiten wir daran, Medizin neu zu denken, um das Leben der Menschen zu verbessern und zu verlängern, damit Patient*innen, medizinisches Fachpersonal und die Gesellschaft in der Lage sind, schwere Krankheiten zu bewältigen. Unsere Medikamente erreichen mehr als 250 Millionen Menschen weltweit. In Deutschland beschäftigt Novartis rund 2.600 Mitarbeitende an sechs Standorten

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Diabetes-Medikament kann womöglich Parkinson verlangsamen

Bei M. Parkinson kommt es zu pathologischen Proteinablagerungen im Gehirn,
zur fortschreitenden Neurodegeneration und Dopaminmangel. Bei den
Pathomechanismen spielen nach heutigem Wissen aber auch chronische
Inflammation, oxidativer Zellstress und Störungen des zellulären
Energiehaushaltes eine Rolle. An diesen Mechanismen setzt die
neuroprotektive Wirkung von manchen Diabetesmedikamenten an, insbesondere
der GLP-1-(„Glucagon-like Peptid-1“)-Rezeptoragonisten: In einer Studie
konnte die Substanz Lixisenatid die motorische Verschlechterung bei
Parkinson-Betroffenen signifikant verlangsamen. Das ist ein interessanter
Befund, zumal Diabetes mellitus ein Risikofaktor für M. Parkinson ist.

Die Parkinson-Krankheit (PD) ist eine chronische neurodegenerative
Erkrankung, die mit fortschreitender motorischer Symptomatik und
Behinderungen einhergeht. Typische Symptome sind Ruhetremor, Rigor und
Hypokinese, hinzu kommen vegetative Symptome und in manchen Fällen auch
eine Demenz. Der Verlauf ist interindividuell sehr variabel. In
Deutschland leben aktuell ca. 300.000 Betroffene.

Histopathologisch kommt es zur Ablagerung von krankheitsspezifischen
Proteinaggregaten (α-Synuclein) in den Nervenzellen in bestimmten
Gehirnregionen sowie zum Nervenzelluntergang. Neben bekannten genetischen
Ursachen scheint auch eine Vielzahl von „Lifestyle-Faktoren“ oder
Umwelttoxinen eine Bedeutung für die Parkinsonentwicklung zu haben. Obwohl
die ursächlichen komplexen molekularen Pathomechanismen immer besser
erforscht und verstanden werden, ist die PD bisher noch nicht kausal
behandelbar. Die symptomatische medikamentöse Therapie (z. B. mit L-Dopa
und Dopaminagonisten) kann lediglich bis zu einem gewissen Grad den
entstehenden Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen. Daher wird nach
Therapieansätzen geforscht, die die Erkankung aufhalten oder zumindest den
Progress verlangsamen können. Dafür werden auch Medikamente, die für
andere Indikationen zugelassen sind, evaluiert – wie z. B. aktuell das
Diabetes-Medikament Lixisenatid. Es gehört zur Substanzklasse der GLP-1
-(Glucagon-like Peptid-1) Rezeptoragonisten (auch: GLP-1-Analoga), ebenso
wie das aus den Medien bekannte Semaglutid („Abnehmspritze“), das
gleichfalls primär als Antidiabetikun entwickelt wurde.

Nachdem man für Lixisenatid im Parkinson-Tiermodell neuroprotektive
Eigenschaften gezeigt hatte, wurde es in einer doppelblinden,
randomisierten, placebokontrollierten Phase-2-Studie [1] bei Menschen mit
PD im Frühstadium evaluiert. Eingeschlossen waren Betroffene, deren PD-
Diagnose maximal drei Jahre zurück lag, und die stabil auf Parkinson-
Medikamente eingestellt waren. Die Teilnehmenden erhielten ein Jahr lang
entweder täglich subkutan 20 μg Lixisenatid (n=78) oder Placebo (n=78),
gefolgt von einer zweimonatigen Auswaschphase. Der primäre Endpunkt waren
die MDS-UPDRS-Werte („Movement Disorder Society – Unified Parkinson's
Disease Rating Scale“ Teil III), deren initialer Score in beiden Gruppen
ca. 15 betrug (0-132 Punkte, höhere Werte bedeuten eine schwerere
motorische Behinderung). Zu den sekundären Endpunkten gehörten MDS-UPDRS-
Subscores und die Levodopa-Äquivalenzdosen.

Nach 12 Monaten betrugen die mittleren Scores in der Lixisenatid-Gruppe
-0,04 Punkte und in der Placebo-Gruppe +3,04 Punkte (Differenz 3,08;
p=0,007). Zwei Monate nach Beendigung der Studienmedikation lagen die
mittleren MDS-UPDRS-Scores in der ehemaligen Placebo-Gruppe bei 20,6 und
in der ehemaligen Lixisenatid-Gruppe bei 17,7. Bei den sekundären
Endpunkten gab es keine signifikanten Unterschiede. Typische
Nebenwirkungen von Lixisenatid waren Übelkeit (bei 46%) und Erbrechen (bei
13%).

Die Parkinson-Erkrankung geht auf zellulärer Ebene mit Prozessen einher
wie chronische Entzündung, oxidativem Stress und Störungen im
Energiehaushalt (mitochondriale Dysfunktion). Die Wirkweise von
GLP-1-Analoga bei M. Parkinson könnte daher mit deren bekannten
Eigenschaften zusammenhängen, Entzündungen zu reduzieren und den
zellulären Energiestoffwechsel und so das neuronale Überleben zu
verbessern. An diesen Pathomechanismen scheinen übrigens auch andere
Antidiabetika anzugreifen, wie aktuelle tierexperimentelle Daten zeigen
(im einzelnen für Metformin [2], für Sitagliptin, einen
Dipeptidylpeptidase 4-(DPP-4)-Inhibitor [3], und für GIP „Glucose-
dependent insulinotropic polypeptide“ [4]).

Bei der Entstehung des Typ-2-Diabetes ist neben Adipositas und
Insulinresistenz ebenfalls eine chronische subklinische Inflammation von
Bedeutung. Interessanterweise zeigen epidemiologische Daten, dass Diabetes
mellitus ein Risikofaktor für Parkinson ist [5] und den Parkinson-Verlauf
verschlechtert [6]. Diabetes erhöhte in einer Studie das PD-Risiko um 34
%. In der GBD-Studie [7] steht der Diabetes mellitus an zehnter Stelle der
Risikofaktoren für neurologische Erkrankungen.

Bei der Progression der PD spielt nach aktuellem Wissenstand auch die
Ernährung eine Rolle. So werden z. B. durch die sogenannte mediterrane
Ernährung antiinflammatorische Mechanismen aktiviert [8]. Die mediterrane
Diät ist auch reich an mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren („PUFAs“
wie Eicosapentaensäure/EPA und Docosahexaensäure/DHA), enthalten z. B. in
Fisch und Nüssen. PUFAs schützen nicht nur das kardiovaskuläre System und
vor Krebserkrankungen, sondern weisen auch neuroprotektive Eigenschaften
auf [9].

„Dass Diabetes-Prävention auch eine Parkinson-Prävention zu sein scheint,
ist eine relativ neue Erkenntnis. Der Verlauf beider Erkrankungen lässt
sich durch eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung zusätzlich
günstig beeinflussen“, erklärt DGN-Präsident Prof. Dr. med. Lars
Timmermann.

[1] Meissner WG, Remy P, Giordana C et al. Trial of Lixisenatide in Early
Parkinson’s Disease. N Engl J Med 2024; 390: 1176-85 DOI:
10.1056/NEJMoa2312323
[2] Wang M, Tian T, Zhou H, Jiang SY, Jiao YY, Zhu Z, Xia J, Ma JH, Du RH.
Metformin normalizes mitochondrial function to delay astrocyte senescence
in a mouse model of Parkinson's disease through Mfn2-cGAS signaling. J
Neuroinflammation. 2024 Apr 2;21(1):81. doi: 10.1186/s12974-024-03072-0.
PMID: 38566081; PMCID: PMC10986112.
[3] Yu SJ, Wang Y, Shen H, Bae EK, Li Y, Sambamurti K, Tones MA, Zaleska
MM, Hoffer BJ, Greig NH. DPP-4 inhibitors sitagliptin and PF-00734,200
mitigate dopaminergic neurodegeneration, neuroinflammation and behavioral
impairment in the rat 6-OHDA model of Parkinson's disease. Geroscience.
2024 Apr 2. doi: 10.1007/s11357-024-01116-0. Epub ahead of print. PMID:
38563864.
[4] Li Y, Vaughan KL, Wang Y, Yu SJ, Bae EK, Tamargo IA, Kopp KO, Tweedie
D, Chiang CC, Schmidt KT, Lahiri DK, Tones MA, Zaleska MM, Hoffer BJ,
Mattison JA, Greig NH. Sitagliptin elevates plasma and CSF incretin levels
following oral administration to nonhuman primates: relevance for
neurodegenerative disorders. Geroscience. 2024 Mar 27. doi:
10.1007/s11357-024-01120-4. Epub ahead of print. PMID: 38532069.
[5] Manuello J, Min J, McCarthy P, Alfaro-Almagro F, Lee S, Smith S,
Elliott LT, Winkler AM, Douaud G. The effects of genetic and modifiable
risk factors on brain regions vulnerable to ageing and disease. Nat
Commun. 2024 Mar 27;15(1):2576. doi: 10.1038/s41467-024-46344-2. PMID:
38538590; PMCID: PMC10973379.
[6] Komici K, Femminella GD, Bencivenga L, Rengo G, Pagano G. Diabetes
Mellitus and Parkinson's Disease: A Systematic Review and Meta-Analyses. J
Parkinsons Dis. 2021;11(4):1585-1596. doi: 10.3233/JPD-212725. PMID:
34486987.
[7] GBD 2021 Causes of Death Collaborators. Global burden of 288 causes of
death and life expectancy decomposition in 204 countries and territories
and 811 subnational locations, 1990-2021: a systematic analysis for the
Global Burden of Disease Study 2021. Lancet. 2024 Apr
3:S0140-6736(24)00367-2. doi: 10.1016/S0140-6736(24)00367-2. Epub ahead of
print. PMID: 38582094.
[8] Gardener H, Caunca MR. Mediterranean Diet in Preventing
Neurodegenerative Diseases. Curr Nutr Rep. 2018 Mar;7(1):10-20. doi:
10.1007/s13668-018-0222-5. PMID: 29892785; PMCID: PMC7212497.
[9] Dyall SC. Long-chain omega-3 fatty acids and the brain: a review of
the independent and shared effects of EPA, DPA and DHA. Front Aging
Neurosci. 2015 Apr 21;7:52. doi: 10.3389/fnagi.2015.00052. PMID: 25954194;
PMCID: PMC4404917.

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Blutvergiftung: Das muss man über diese Diagnose wissen

Expertenwissen der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Unfallchirurgie (DGOU) zum Thema Blutvergiftung (Sepsis)

Laut Medienberichten erlitt der Schauspieler Til Schweiger infolge einer
Verletzung am Unterschenkel eine Blutvergiftung (Sepsis). Eine Sepsis ist
häufig lebensbedrohlich. Ob man nach einer Sepsis vollständig geheilt ist,
was zu beachten ist oder ob gar es einen Rückfall geben kann, darüber
informieren Orthopäden und Unfallchirurgen.

Wissenswertes über die Diagnose Sepsis erläutert Experte Prof. Dr. Andreas
Seekamp, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Unfallchirurgie (DGOU), Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Unfallchirurgie (DGU) und Direktor der gemeinsamen Klinik für Orthopädie
und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein am Campus
Kiel.

1) Was gibt es nach einer frisch überstandenen Sepsis zu beachten?
„Man sollte sich weiterhin schonen und körperlich nicht anstrengen, also
keinen Sport, keine Flugreisen, sondern nur tägliche Verrichtungen
durchführen: Haushalt führen, einkaufen gehen und gegebenenfalls auch
wieder zur Arbeit gehen, wenn es sich nicht um körperliche Tätigkeiten
handelt. Das Immunsystem ist noch geschwächt, der Körper kann keinen
zusätzlichen Stress vertragen.“

2) Ist man dann wieder vollständig gesund oder gibt es die Gefahr eines
Rückfalls?
„Als vollständig gesund kann man sich erst nach etwa vier bis sechs Wochen
betrachten, ältere Menschen, etwa jenseits des 70sten Lebensjahres können
auch Monate benötigen. Bei körperlicher Überanstrengung gibt es durchaus
die Möglichkeit eines Rückfalls, vornehmlich dann, wenn das Immunsystem
noch geschwächt ist. In jedem Fall muss die Ursache der Sepsis vollständig
ausgeheilt sein, damit es nicht zu einer erneuten Keimverschleppung kommt.
Die nicht ausreichend therapierte und ausgeheilte Ursache stellt die
wesentliche Gefahr für einen Rückfall dar.“

3) Was sollte man besonders beachten?
„Neben körperlicher Schonung sind regelmäßige Blutuntersuchungen und
Kontrollen der ausgeheilten Ursache als Verlaufsbeobachtung wichtig. In
den Blutkontrollen sind die Entzündungsparameter zu kontrollieren und es
ist die gegebenenfalls anhaltende Zirkulation von Keimen im Blut
auszuschließen. Zudem müssen gleichzeitige Beeinträchtigungen von Organen,
wie beispielsweise Herz und Nieren, ausgeschlossen werden. Eine Sepsis
kann über die Blutzirkulation von Bakterien zu Herzklappenfehlern und
Nierenschäden führen.“

4) Warum ist eine Sepsis lebensgefährlich?
„Eine Sepsis ist lebensgefährlich, wenn durch die Einschwemmung von
Bakterien in die Blutbahn und die Organe das Immunsystem des Körpers
überfordert ist und mehrere Organsysteme durch den Keimbefall und die
daraus entstehenden Entzündungsreaktionen versagen. Menschen versterben in
der Sepsis an einem gleichzeitigen Versagen mehrerer Organe, selbst die
Intensivmedizin mag schwere Verläufe dann nicht mehr aufhalten. Ein
solcher schwerer Verlauf kann sich innerhalb von wenigen Stunden
entwickeln und mit dem Tod enden.“

5) Wie kann eine Sepsis bei einer Bagatellverletzung entstehen?
„Die Verschleppung von Keimen in die Blutbahn kann durch sehr kleine
Wunden, Bagatellverletzungen, entstehen. Auch kleine Bissverletzungen oder
Kratzspuren können die Ursache sein. Jeder noch so kleinen
Bagatellverletzung muss man daher seine Aufmerksamkeit schenken, jede
Wunde muss gesäubert werden, wobei schon reines Wasser dafür ausreicht.
Verhindert werden muss in jedem Fall die gleichzeitige Infektion der
Wunde. Ist eine Wunde infiziert und zeigt nach zwei Tagen keine
Heilungstendenz, haben sich bereits Keime in der Wunde festgesetzt, zu
diesem Zeitpunkt ist notfallmäßig medizinische Behandlung aufzusuchen.
Häufig wird dann eine chirurgische Intervention erforderlich, um das
infizierte Gewebe zu entfernen und die Wunde wieder in einen reinen
Zustand zu versetzen. Es folgt in der Regel eine offene Wundbehandlung mit
regelmäßiger Spülung der Wunde.“

6) Welche Anzeichen sprechen für eine Sepsis?
„Der Beginn einer Sepsis ist schwierig zu erkennen und wird häufig
verkannt. Klinische Symptome sind ein schneller Puls, gegebenenfalls
niedriger Blutdruck, erhöhte Atemfrequenz und eine zunehmende
Bewusstseinsstörung, beginnend mit Müdigkeit, sowie das Gefühl der
Abgeschlagenheit und ein vermehrtes Durstgefühl. Fieber tritt häufig erst
später auf, in jedem Fall spricht eine normale Körpertemperatur nicht
gegen eine Sepsis.“

7) Was muss bei Verdacht auf Sepsis sofort gemacht werden?
„Es muss möglichst rasch eine medizinische Behandlung erfolgen, am besten
Vorstellung in der Notaufnahme einer Klinik und zwar schon wenn nur zwei
der oben genannten Symptome wahrgenommen werden und eine
Bagatellverletzung vorliegt oder wenige Tage zuvor erinnerlich ist.“

8) Welche Rolle spielt die Tetanus-Impfung?
„Die Tetanus-Schutzimpfung ist ganz wichtig und muss im Zuge einer
Bagatellverletzung in jedem Fall überprüft werden. Bei Unsicherheiten über
den bestehenden Impfschutz muss der Impfschutz großzügig erneuert werden.
Die Impfung hilft aber nur gegen den auslösenden Keim des
Wundstarrkrampfes, eine Sepsis mit anderen Keimen lässt sich durch die
Tetanus-Schutzimpfung nicht verhindern.“

9) Wie kann man sich vor einer Sepsis schützen?
„Der beste Schutz gegen eine Sepsis ist der aufmerksame Umgang mit
jeglichen Bagatellverletzungen, dazu zählen im Übrigen auch
Sonnenbrandverletzungen mit Blasenbildung. Das Grundprinzip ist eine
primäre Säuberung, klares Wasser ist ausreichend, und eine saubere
mechanische Abdeckung bis die Wundflächen trocken sind und sich eine
Wundheilung einstellt. Frühe alarmierende Zeichen sind eine Rötung,
Überwärmung und zunehmende Schwellung um die Wunde herum. Schon dann
sollte man medizinische Hilfe aufsuchen. Ein "ist doch nicht so schlimm"
ist in dieser Situation nicht mehr angebracht.“

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