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Neue Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma speziell für Fachärztinnen und -ärzte veröffentlicht

Es gibt ab sofort eine verbesserte Entscheidungshilfe für eine gezielte,
moderne Asthma-Therapie, die auch relevante Themen wie Berufswahl und
digitale Unterstützungssysteme neu berücksichtigt: Die jetzt
veröffentlichte und umfassend überarbeitete S2k-Leitlinie „Fachärztliche
Diagnostik und Therapie von Asthma“ richtet sich in erster Linie an
pneumologisch tätige Fachärztinnen und -ärzte und wird heute im Rahmen des
Pneumologie-Kongresses in Düsseldorf präsentiert. Auf Basis neuester
wissenschaftlicher Erkenntnisse wurden bestehende Kapitel der letzten
Leitlinien-Fassung aus dem Jahr 2017 umfassend ergänzt und überarbeitet,
etwa zum Einsatz von Biomarkern in der Asthma-Diagnostik oder zur
Anwendung von Biologika in der Asthma-Therapie. Die aktualisierten
Empfehlungen ergänzen die nationale Versorgungsleitlinie Asthma in
sinnvoller Weise: „Während die S3-Leitlinie aus dem Jahr 2020 für die
allgemeine Asthma-Versorgung in der Breite gedacht ist, richtet sich
unsere neue S2k-Leitlinie durch ihre Detailtiefe insbesondere an die
Bedürfnisse pneumologisch tätiger Fachärztinnen und Fachärzte“, erklärt
Leitlinien-Koordinator Professor Marek Lommatzsch, leitender Oberarzt der
Abteilung Pneumologie an der Universitätsmedizin Rostock. Federführende
Fachgesellschaft dieser Arbeit ist die Deutschen Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), elf weitere (Fach-)Gesellschaften
aus Deutschland und Österreich waren an der intensiven Überarbeitung
beteiligt.

Gleich zu Beginn der Leitlinie – auch das ist neu – werden explizit zwei
wichtige Punkte hervorgehoben. Der erste Punkt bezieht sich auf den
Paradigmenwechsel in der Asthma-Therapie. „Vor einigen Jahren noch galt
noch das Paradigma der Symptom-Bekämpfung: Wenn ein Patient bestimmte
Symptome hatte, wurden Medikamente zur Symptomlinderung eingesetzt. Das
hat sich fundamental geändert. In der modernen Asthma-Therapie gilt das
Paradigma der Symptomprävention: Das heißt, wir können mit den modernen
Medikamenten verhindern, dass überhaupt erst Symptome entstehen. In der
breiten ärztlichen Versorgung ist dieser Paradigmenwechsel teilweise
leider noch nicht angekommen, hier wird Asthma oft immer noch allein mit
Bedarfsmedikamenten behandelt, welche die zugrundeliegende
Atemwegsentzündung nicht nachhaltig verringern“, so Lommatzsch. Damit im
Zusammenhang steht die zweite wichtige Neuerung der Leitlinie: die
erstmalige Benennung der sogenannten Asthma-Remission als Therapieziel.
Das bedeutet: Mithilfe verschiedener Medikamente, die möglichst
nebenwirkungsarm und nachhaltig die Atemwegsentzündung verhindern, wird
die Asthma-Erkrankung langfristig „schlafen gelegt“, also in Remission
gebracht. „Zuvor gab es nur das Therapieziel der kurzfristigen Asthma-
Kontrolle. Dieses Ziel wird durch die Asthma-Remission ergänzt. An den
Therapiezielen orientiert sich individuell die Auswahl der Medikamente“,
erklärt Lommatzsch.

Kleine Revolution in der Diagnostik: Biomarker-Test als unverzichtbar
bezeichnet



Während sich bisherige Leitlinien in puncto Asthma-Diagnostik sehr stark
auf die Lungenfunktionsmessung fokussierten, werden in der vorliegenden
Leitlinie auch drei Biomarker als Diagnose-Tools in den Vordergrund
gerückt. Insbesondere dem sogenannten FeNO-Test, bei dem der Gehalt an
Stickstoffmonoxid (NO) in der ausgeatmeten Luft gemessen wird, kommt dabei
eine besondere Bedeutung zu. „Der Test ist mittlerweile so genau, dass
auch geringste Mengen NO sicher gemessen werden können – und das kann ein
wichtiger Indikator sein: Je höher der Stickstoffanteil in der
Ausatemluft, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient oder
die Patientin Asthma hat. Und desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit,
dass er oder sie auf bestimmte Symptom-präventive Medikamente anspricht“,
erklärt Lommatzsch. Dennoch wird der FeNO-Test in Deutschland bisher nicht
von den Krankenkassen finanziert und ist dementsprechend noch nicht weit
verbreitet in der Praxis. „Auf Basis der erdrückenden wissenschaftlichen
Evidenz haben wir die FeNO-Testung als unverzichtbaren Bestandteil der
fachärztlichen Diagnostik in dieser Leitlinie bezeichnet. Wir wollen mit
dieser klaren Positionierung auch politische Entscheidungsträger und
Kostenträger davon überzeugen, den Test für eine breitere Anwendung
zugänglich zu machen. Das ist schon eine kleine Revolution für eine
Leitlinie: einen Test als unverzichtbar zu bezeichnen, der von den
Krankenkassen bislang gar nicht bezahlt wird“, so Lommatzsch.

Neuheiten in der Therapie: Gezielter Einsatz von Biologika



Auch im Bereich Asthma-Therapie enthält die aktualisierte Leitlinie
zahlreiche Neuheiten und Überarbeitungen. Im Zusammenhang mit schwerem
Asthma etwa gibt es neben einer neuen Grafik zur Definitionsklärung auch
eine konkrete Handlungsanweisung zum Einsatz von sechs Biologika, also
Medikamenten aus biologischen Substanzen. „Die Kolleginnen und Kollegen
können so genau ableiten, für welchen Patienten oder welche Patientin sich
welches Biologikum individuell eignet und so ganz gezielt behandeln. Das
gab es vorher in dieser Form nicht“, erläutert der Pneumologe. Ein neues
Kapitel gibt es auch zum Umgang mit Nebennieren-Insuffizienz, einer
Nebenwirkung durch langjährige Therapie mit Prednisolon – einem
Medikament, das früher bei schwerem Asthma eingesetzt wurde.
Asthma im Kontext: Von Berufswahl über Schwangerschaft bis hin zu
Digitalisierung
Zu ganz unterschiedlichen und relevanten Themenfeldern, die Asthma
tangieren, wurden komplett neue Kapitel verfasst. Zum Beispiel ein
Kapitel, in dem es um die Berufswahl von Jugendlichen mit Asthma geht. Ein
weiteres neues Kapitel behandelt speziell die Situation von Schwangeren
mit Asthma. Ein anderes befasst sich mit Begleiterkrankungen, die den
Erfolg der Asthma-Therapie erheblich mit beeinflussen. Dabei wird auch das
Wechselspiel zwischen Asthma und Psyche thematisiert. Hinzugefügt hat das
Autorenteam um Professor Lommatzsch außerdem ein eigenes Kapitel zu
digitalen Unterstützungssystemen in der Diagnostik und Therapie von
Asthma. „Hier haben wir die Evidenz zusammengetragen, welche Bedeutung und
Wertigkeit Apps haben zur Selbstkontrolle, zum Monitoring oder zur
Kommunikation mit der Ärzteschaft“, erklärt er.

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Pneumologie-Forschungspreise über 20.000 Euro verliehen: Arbeiten zu Asthmatherapie und Atemnot ausgezeichnet

Der mit 10.000 Euro dotierte Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft
für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) für die beste
grundlagenwissenschaftliche Arbeit geht in diesem Jahr an Dr. Bilal
Alashkar Alhamwe von der Philipps-Universität Marburg. Ausgezeichnet wird
er für zwei herausragende Publikationen, in denen er die Schutzfunktion
von Umweltbakterien bei Bronchialasthma sowie die Immuntoleranz von
regulatorischen T-Zellen untersucht, die beispielsweise das Entstehen von
chronischen Entzündungen und Autoimmunkrankheiten verhindern. Der
ebenfalls mit 10.000 Euro dotierte DGP-Forschungspreis für die klinische
Forschung geht an Privatdozent Dr. Jens Spiesshoefer und Binaya Regmi vom
RWTH Universitätsklinikum Aachen. In einem speziell entwickelten Labor
können sie die Physiologie der Atempumpe untersuchen, also das
Zusammenspiel von Atemzentrum, nervaler Weiterleitung des Atemantriebs,
der unterschiedlichen Atemmuskeln – und hier insbesondere des Zwerchfells
– sowie des knöchernen Thorax. Mit diesen Erkenntnissen ließe sich das
Symptom der Luftnot viel differenzierter darstellen. „Die Siegerarbeiten
zeichnen sich beide durch ihre hohe wissenschaftliche Relevanz aus und
eröffnen verbesserte Therapieansätze in der Pneumologie“, sagt Professor
Wolfram Windisch, stellvertretender DGP-Präsident und Sprecher der
Preisjury. Die beiden Forschungspreise fördern gezielt den
wissenschaftlichen Nachwuchs in der Pneumologie und wurden heute Abend im
Rahmen des aktuell stattfindenden Pneumologie-Kongresses mit rund 4.400
Teilnehmenden in Düsseldorf überreicht.

Der 35-jährige Gewinner des DGP-Forschungspreises für die
grundwissenschaftliche Forschung beschäftigt sich in seiner Arbeit vor
allem mit den komplizierten Veränderungen bei der epigenetischen
Umprogrammierung von Chromatin und der Darmmikrobiota. Dr. Bilal Alashkar
Alhamwe ist erst 2015 aus seiner Heimat Syrien nach Deutschland gekommen
und hat seitdem einen beeindruckenden Karriereweg eingeschlagen. So gewann
er zum Beispiel mehrere Posterpreise der Deutschen Gesellschaft für
Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) und der European Academy of
Allergy & Clinical Immunology (EAACI). In einem seiner beiden nun
ausgezeichneten Fachartikel beschreibt Alashkar Alhamwe den positiven
Einfluss von durch Darmbakterien produzierten Fettsäuren auf die vermehrte
Produktion von T-Zellen, die wiederum die allergische Immunreaktion
hemmen. In seiner zweiten Arbeit befasst er sich mit dem Einfluss von
Atemwegsinfektionen auf das Darmmikrobiom und die allergische
Immunreaktion. „Die Exposition gegenüber Umweltbakterien kann das
Immunsystem verbessern und Asthmasymptome bei betroffenen Patienten
potenziell reduzieren. Durch das Verständnis der Verbindung zwischen
epigenetischen Veränderungen und der Darmmikrobiota kann es möglich sein,
innovative Behandlungen gegen Asthma zu entwickeln“, erklärt der
Preisträger. Von der Jury heißt es: „Zwei herausragende Publikationen, die
in besonderer Weise dazu beitragen, grundlegende Mechanismen von
Lungenerkrankungen besser zu verstehen“, würdigt Professorin Antje Prasse,
Jurymitglied und gleichzeitig Vorsitzende der Programmkommission des DGP-
Kongresses, die ausgezeichneten Forschungsarbeiten.

„Meine Forschung insgesamt konzentriert sich auf das bessere Verständnis
der molekularen und zellulären Mechanismen, die Lungenkrankheiten zugrunde
liegen“, sagt der Preisträger Alashkar Alhamwe. „Aktuell untersuche ich,
wie sich bei vorliegenden Allergien bestimmte Zell-Komponenten auf das
Fortschreiten oder auch auf den Schutz gutartiger wie bösartiger Tumore
auswirken – insbesondere bei Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs“.

Forschungs-Duo trägt zu mehr Verständnis der Atemnot beim Post-COVID-
Syndrom bei

Das Gewinner-Team des klinischen DGP-Forschungspreises, der 33-jährige
Pneumologe Privatdozent Dr. Jens Spiesshoefer und der 31-jährige
Pneumologe Binaya Regmi, kann in seinem Labor des RWTH
Universitätsklinikums Aachen (UKA) mittels hochmoderner Methoden gezielt
die Lungen und Atemmuskelfunktion messen. „Es ist Ziel unserer
Arbeitsgruppe, die Effekte von Beatmung auf die Atemmuskelfunktion und die
sich anschließende Luftnot – die sogenannte Dyspnoe – besser zu
untersuchen“, sagt Regmi, Erstautor der ausgezeichneten Arbeit. Bei
ungefähr zwei Dritteln der untersuchten Patienten war 15 Monate nach der
Entlassung aus dem Krankenhaus wegen einer COVID-19-Infektion eine
mittelschwere oder schwere Dyspnoe bei körperlicher Belastung vorhanden,
ohne dass Fehlentwicklungen der Lungen- oder Herzfunktion festgestellt
wurden. Unabhängig von der anfänglichen Schwere der Erkrankung und
unabhängig davon, ob die Akutbehandlung eine mechanische Beatmung umfasste
oder nicht, war bei den Post-COVID-19-Patienten der Zwerchfellmuskel
signifikant beeinträchtigt“, erläutert Spiesshoefer die Ergebnisse. Er ist
Senior-Autor der Studie sowie Leiter der Arbeitsgruppe Atemphysiologie und
Translationale Pneumologie nebst entsprechendem Labor innerhalb der Klinik
für Pneumologie und internistische Intensivmedizin am UKA.



Den Forschern zufolge ist die Identifizierung eines möglichen zugrunde
liegenden Mechanismus für Belastungsdyspnoe bei Patienten nach
COVID-19-Infektion klinisch hochrelevant. „Dies sind wichtige Erkenntnisse
von zentraler Bedeutung, die unmittelbar in der klinischen Praxis
Anwendung finden können. Erstens kann es für Patienten beruhigend sein,
eine mögliche Erklärung für die anhaltende Atemnot nach COVID-19 zu haben.
Zweitens hat sich das Atemmuskeltraining bei anderen Patientengruppen mit
Zwerchfellschwäche als wirksam erwiesen und stellt daher eine mögliche
therapeutische Intervention in diesem Umfeld dar“, würdigt
Juryvorsitzender Wolfram Windisch die Arbeit des Aachener Forschungsteams.

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Parkinson-Netzwerk soll Wissen vermitteln und Therapien verbessern helfen

800 bis 1000 Menschen erkranken jährlich in Ostwestfalen-Lippe an Morbus
Parkinson. Diese alarmierende Zahl nannte der Chefarzt der Klinik für
Neurologie und Neurogeriatrie am Klinikum Lippe, Professor Dr. med.
Christoph Redecker zu Beginn der Gründungsversammlung des Parkinson-Netz
Ostwestfalen-Lippe. Die Kick-off-Veranstaltung des neuen Netzwerkes fand
am 22.03.2023 im CENTRUM INDUSTRIAL IT (CIIT) auf dem Gelände des
Innovation Campus in Lemgo statt. Sie war gleichzeitig die erste
Veranstaltung im Rahmen des im vergangenen Jahr gegründeten
Zukunftszentrums Gesundheit Lippe.

„Parkinson-Patienten brauchen eine komplexe Versorgung“, erläuterte
Redecker. Das Gesundheitssystem in Deutschland sei aber nicht darauf
abgestimmt, dass alle gut miteinander zusammenarbeiten. Genau dies aber
soll mit dem neuen Netzwerk erreicht werden. Und das ist nach den
statistischen Erhebungen zu der Krankheit dringend notwendig, denn die
Entwicklung ist dynamisch, vor allem in Deutschland. Weltweit gibt es etwa
zehn Millionen Parkinson-Erkrankte, 400.000 von ihnen leben in
Deutschland, in OWL sind etwa 10.000 Menschen betroffen. „Im globalen
Vergleich liegt Deutschland damit relativ hoch und hat eine dreimal höhere
Dynamik als andere Länder“, ging Uwe Borchers, Geschäftsführer des
Zentrums für Innovation in der Gesundheitswirtschaft ebenfalls auf die
Zahlen ein. Sein Fazit: „Deutschland ist ein Hochrisikoland für Parkinson.
Das liegt vor allem an unserer Altersstruktur.“
All das mache eine Vernetzung aller Versorger:innen, die an der Therapie
eines an Morbus Parkinson Erkrankten beteiligt sind, notwendig. Denn
Parkinson sei nach wie vor leider nicht heilbar. Deshalb müsse mehr für
die Prävention, die Vernetzung und die intersektorale Kommunikation getan
werden, so Borchers, der auch die Schirmherrschaft für das neue Netzwerk
übernommen hat.
Insgesamt ist das ostwestfälische Netzwerk das fünfte in Deutschland.
Zweimal im Jahr werden künftig Ärzte und Ärztinnen, Apotheker:innen,
Physiotherapeut:innen, Ergotherapeut:innen, Logopäd:innen, Case-
Manager:innen, Neurlog:innen und weitere Fachkräfte Strategien,
Kommunikationsansätze und Wissenstransfer-Möglichkeiten austauschen. Bei
der Auftaktveranstaltung starteten sie dazu in drei unterschiedlichen
Workshops.
Professor Dr.-Ing. Volker Lohweg, Leiter des Instituts für industrielle
Informationstechnik (inIT) und Mitbegründer des neuen Netzwerkes,
erläuterte den Zusammenhang zwischen Medizin und Technik. Beide würden an
verschiedenen Stellen immer enger zusammenwachsen. „Das müssen wir zum
Nutzen der Patienten weiterentwickeln“, so Lohweg. So hat das Institut
bereits vor geraumer Zeit eine Parkinson-App entwickelt, mit der
Bewegungsstörungen genauso gespeichert werden können, wie Medikamentation
und verschiedene Therapieansätze.
Chefarzt Redecker erinnerte die etwa 100 Gäste daran, dass das Parkinson-
Syndrom neben der Bewegungsstörung zu vielen zusätzlichen Symptomen führen
könne. Während einige Patienten viele Jahre lang sehr gut mit der
Krankheit zurecht kämen, würde sich der Allgemeinzustand bei anderen
Patienten sehr schnell verschlechtern. „Jeder einzelne an einer Parkinson-
Therapie beteiligte Spezialist hat einen eigenen Blick darauf. Diese
Erkenntnisse zusammenzutragen wird auch den Blick des Arztes auf den
Patienten erweitern, den er sonst vielleicht nur maximal 30 Minuten im
Quartal zu Gesicht bekommt“, so Professor Dr. med. Redecker. So könne mit
dem Netzwerk auch die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden, so
der Chefarzt.
In drei Workshops diskutierten die Teilnehmer anschließend über
Versorgungsprobleme in OWL, darüber, was besser laufen sollte und wie sich
Ansatzpunkte für Verbesserungen finden lassen.

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Deutsche erkranken immer häufiger an Asthma, COPD oder Lungenkrebs: Heute erscheint das neue Weißbuch Lunge

Alarmierende Zahlen des heute erschienenen Weißbuchs Lunge: Alle vier
Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an den Folgen einer Lungen- oder
Atemwegserkrankung. Das Auftreten von Asthma hat in den vergangenen Jahren
um 17 Prozent zugenommen, das von chronisch obstruktiven
Lungenerkrankungen (COPD) um acht Prozent, von Lungenkrebs um 33 Prozent
und von Lungenembolien um 71 Prozent. Das sogenannte Schlafapnoe-Syndrom,
also verminderte Atmung oder Atemstillstände während des Schlafs,
verzeichnet sogar einen Anstieg von 92 Prozent.

„Erstmals war es uns möglich, eine deutschlandweite, homogene Datenbasis
von insgesamt 8,8 Millionen Versicherten für unsere epidemiologischen
Analysen zu verwenden. Dies erlaubt uns eine sehr verlässliche und
transparente Hochrechnung – mit der jetzt auch die Politik im Zuge der
aktuellen Krankenhausreform verlässlich arbeiten kann“, erklärt Professor
Winfried J. Randerath, einer der drei Autoren des Weißbuchs und
Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin (DGP). Das Weißbuch wird heute im Rahmen des Pneumologie-
Kongresses mit 4.400 Teilnehmenden in Düsseldorf erstmals der
Öffentlichkeit präsentiert. Es fasst – auch für Patientinnen und Patienten
– die aktuellen Eckpunkte der häufigsten Lungenerkrankungen in Deutschland
zusammen und erklärt in verständlicher Sprache die medizinischen
Hintergründe von den Symptomen über die notwendige Diagnostik bis hin zur
Therapie.

Grundsätzlich nimmt die Häufigkeit der meisten Lungenerkrankungen zu,
teilweise stark. Und die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie sind zum
jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal genau abzuschätzen. Dies stellt nicht
nur die Pneumologie vor enorme Herausforderungen, sondern auch das gesamte
Gesundheits- und Versicherungswesen. Mit dem Weißbuch Lunge, das die
Deutsche Lungenstiftung (DLS) und die Deutsche Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) gemeinsam herausgeben, kann die
Tragweite von pneumologischen Erkrankungen klar verdeutlicht werden – und
dies bietet sowohl der Politik als auch dem Gesundheits- und
Versicherungswesen eine wichtige Entscheidungshilfe. „Diese transparenten
Zahlen gab es in dieser Form und diesem Umfang noch nicht. Sie erlauben
zum Beispiel auch eine bessere Kostenabschätzung für den stationären
Sektor. Und sie zeigen vor allem, dass es für die adäquate Behandlung von
Atemwegs- und Lungenerkrankungen noch viel mehr Finanzierung braucht“,
sagt Mitautor Professor Adrian Gillissen, Chefarzt der Medizinischen
Klinik III an den Kreiskliniken Reutlingen.

Bessere Datenqualität: Tuberkulose-Fälle gehen zurück – Niveau von
Mukoviszidose und Lungenentzündungen gleichbleibend

Auf relativ gleichbleibendem Niveau sind im Untersuchungszeitraum indes
die Fälle von Mukoviszidose und Lungenentzündung. Eine Abnahme um sechs
Prozent konnte bei der Tuberkulose festgestellt werden. Speziell für die
Tuberkulose konnte auf Daten des Robert Koch-Institutes zurückgegriffen
werden. In die umfassende Analyse des Weißbuchs Lunge wurden Daten der
Dekade von 2010 bis 2019 einbezogen, anonymisiert zur Verfügung gestellt
von der BARMER Ersatzkasse. Sie liefern verlässliche Zahlen darüber, wie
häufig die wichtigsten Erkrankungen von Atmungsorganen in Deutschland
auftreten – und wie sich deren Verbreitung entwickelt. Das Weißbuch Lunge
erscheint seit 1996, zuletzt 2014. „Die Qualität der Daten für die
vollständig überarbeitete Auflage des Weißbuches Lunge hat sich gegenüber
der Version von 2014 signifikant verbessert, weil noch mehr und
detailliertere Datenquellen verwendet werden konnten. Und diese
heterogenere Datenbasis belegt eindeutig, dass die meisten
Lungenerkrankungen häufiger auftreten“, ergänzt Randerath, Chefarzt und
ärztlicher Direktor des Krankenhauses Bethanien in Solingen und Direktor
des wissenschaftlichen Instituts für Pneumologie an der Universität zu
Köln.

Guter Ausgangspunkt für nächstes Weißbuch mit Pandemie-Auswirkungen

Um diesen neuen, großen Herausforderungen zu begegnen, ist auch eine
exzellente Forschung wichtig. In einem separaten Kapitel widmet sich das
Weißbuch Lunge explizit der pneumologischen Forschung, die sich in den
vergangenen Jahren erfolgreich weiterentwickelt hat. Mit Blick in die
Zukunft sagt Mitautor Professor Berthold Jany: „An diesem Weißbuch haben
wir zusammen mit unseren Kooperationspartnern über vier Jahre lang
gearbeitet, auch über die gesamte Corona-Zeit hinweg. Die Datenbasis für
diese Auflage haben wir bewusst mit dem Jahr 2019 beendet, denn mit dem
Start der SARS-CoV-2-Pandemie im Frühjahr 2020 ergeben sich sehr
wahrscheinlich noch einmal neue Entwicklungstendenzen, die den aktuellen
Trend verstärken könnten. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die
stationäre und ambulante Versorgung werden wir erst vollständig im
nächsten Weißbuch behandeln können. Die jetzt vorliegenden Zahlen bieten
dafür einen zuverlässigen Ausgangspunkt“, so der Mediziner, ehemaliger
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin.

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Jetzt anschauen: „Weißbuch Lunge 2023“
Autoren und Herausgeber: Professor Adrian Gillissen (Kreiskliniken
Reutlingen), Professor Berthold Jany (i. R., vormals Klinikum Würzburg-
Mitte) und Professor Winfried J. Randerath (Krankenhaus Bethanien
Solingen)

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