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Wie Frühgeborene von High Tech-Herzmedizin profitieren

"Piccolo"-Premiere am HDZ NRW: In Zusammenarbeit mit dem Klinikum Dortmund
gelingt Kinderherzspezialisten am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW),
Bad Oeynhausen, ein effektiver, höchst seltener Eingriff im Katheterlabor.

Ein Ungeborenes im Mutterleib wird von seiner Mutter mit sauerstoffreichem
Blut versorgt. Dazu leitet eine Verbindung zwischen der Hauptschlagader
(Aorta) und der Lungenschlagader, der sogenannte Ductus arteriosus, das
Blut weitgehend am Lungenkreislauf vorbei. Erst nach der Geburt, wenn sich
die Lungen entfalten und das Neugeborene zu atmen beginnt, schließt sich
der Ductus arteriosus in den ersten Lebenstagen. Bei Frühgeborenen kann es
allerdings zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen.

Das kleine Mädchen, das im Klinikum Dortmund viel zu früh in der 26.
Schwangerschaftswoche zur Welt kommt, heisst Anna und wiegt nur 830 Gramm.
Das Team der Neonatologie des Klinikum Dortmund stellt in den ersten
Lebenswochen das Überleben des Frühgeborenen sicher. Doch über den viel zu
großen offenen Ductus arteriosus fließt weiterhin sauerstoffreiches Blut
direkt in den Lungenkreislauf. Die Spezialisten wissen, dass der Ductus
verschlossen werden muss, damit die kleine Anna langfristig überleben
kann. Die Medikamente, die helfen können, den offenen Ductus arteriosus zu
verschliessen, wirken bei ihr leider nicht.  Daher nehmen die Ärzte
Kontakt zum Kinderherzzentrum in Bad Oeynhausen auf. Gemeinsam planen sie
einen außergewöhnlichen Eingriff, um das kleine Mädchen zu retten.

Vier Wochen nach der frühen Geburt in Dortmund landet ein Hubschrauber auf
dem Dach des Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW) in Bad Oeynhausen.
Das Frühgeborene wiegt jetzt immerhin 1.200 Gramm. Oberärztin Claudia
Schäfer und eine Intensivpflegefachkraft aus Dortmund begleiten es in das
Kinderherzkatheterlabor, wo Oberarzt PD Dr. Jochen Grohmann,  Professor
Dr. Stephan Schubert, Direktor der Kinderkardiologie, und ihr Team alle
Vorbereitungen für den höchst seltenen, in Bad Oeynhausen erstmaligen
Eingriff getroffen haben. Auch ein herzchirurgisches Team unter der
Leitung von Prof. Univ. Dr. Eugen Sandica steht in Bereitschaft vor Ort.

Erst seit 2019 ist eine im Vergleich zu einer großen herzchirurgischen
Operation schonende Herzkathetertherapie zum Verschluss des Ductus
arteriosus bei so kleinen Kindern überhaupt möglich. Alle Organe bei
Frühgeborenen sind zart und zerbrechlich, schon kleine Veränderungen
können das Herz-Kreislaufsystem gefährden. Erfahrene Kinderkardiologen wie
Schubert haben etwa 30 bis 40 Verfahren dieser Art bei Kindern bis zu
einem Gewicht von 3000 Gramm erfolgreich durchgeführt, einige wenige bei
noch kleineren, zwischen 1000 und 2000 Gramm leichten Frühgeborenen.

Minimalinvasiv und vorwiegend unter Ultraschall- und minimaler
Röntgenkontrolle führen Grohmann und Schubert den schmalen Katheter über
eine Leistenvene bis zum kleinen Kinderherzen vor, wo sich ein winziges
Nitinol-Schirmchen im Ductus entfaltet und die offene Verbindung schließt.
„Bei der Platzierung dieses „Piccolo“-Schirmchens können
Millimeterbruchteile über den Erfolg entscheiden“, sagt Schubert.
„Entsprechend hoch war die Anspannung und Konzentration im
Herzkatheterlabor, das verlangt auch einem so routinierten Team wie
unserem einiges ab.“

Die Überwachung im Herzkatheterlabor bestätigt nach dem knapp
zweistündigen Verfahren, dass der Eingriff erfolgreich ist. „Wir mussten
sicherstellen, dass das kleine Schirmchen in seiner Position fest
verankert ist, keine daneben liegenden Gefäße einengt und die Herz-
Kreislauf-Situation nach dem Verfahren stabil bleibt“, erläutert Schubert.
Etwa drei Stunden bleibt das kleine Mädchen deshalb noch vor Ort auf der
Kinderherzintensivstation in Bad Oeynhausen. Dann wird es noch am gleichen
Abend wieder zurück auf die Frühgeborenen-Station geflogen, wo das
Dortmunder Team und seine erleichterten Eltern warten.

„Das war schon eine sehr außergewöhnliche und beeindruckende
Zusammenarbeit“, fasst Professor Schubert die „Piccolo“-Premiere des HDZ
NRW und Klinikum Dortmund zusammen. „In diesen Tagen erreicht unsere
gemeinsame Patientin ihren ursprünglich errechneten Geburtstermin. Es ist
schön zu hören, dass sie eine gute Lebensperspektive hat. Das freut uns
riesig und sollte betroffenen Eltern Mut machen. Auch bei einem sehr
frühen und schwierigen Start ins Leben können wir Kindern mit angeborenem
Herzfehler heute in den allermeisten Fällen gut helfen.“ Ähnliche
Transporte herzkranker Kinder könnten zudem zukünftig vielleicht auch
vermieden werden, - indem Interventionen dieser Art in Kooperation mit
anderen Häusern auch vor Ort in der Geburts- und Kinderklinik durchgeführt
werden können.

Hintergrundinformation:

Ein offener Ductus arteriosus (DA) ist einer der häufigsten angeborenen
Herzfehler bei Frühgeborenen und macht bis zu 10 Prozent aller angeborenen
Herzfehler aus. Frühgeborene sind öfter von einem persistierenden Ductus
arteriosus Botalli (PDA) betroffen als andere Neugeborene. Der PDA führt
dann zu einer vermehrten Lungendurchblutung und damit wiederum zur
Verschlechterung der Atmung – ein Teufelskreis. Die chirurgische Ligatur
des PDA ist eine herkömmliche Form des Verschlusses, wenn er sich durch
Medikamente nicht verkleinert oder verschliesst. Durch den
Herzkathetereingriff erfolgt der Verschluss schonender und damit
minimalinvasiv durch das Leistengefäß. Damit erspart man den Frühgeborenen
die Eröffnung des Brustkorbes.

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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, mit 36.000 Patientinnen und Patienten
pro Jahr, davon 14.800 in stationärer Behandlung, zu den größten und
modernsten Zentren seiner Art in Europa.

Das Kinderherzzentrum und Zentrum für angeborene Herzfehler des HDZ NRW
wird von Prof. Dr. Stephan Schubert, Direktor der Klinik für
Kinderkardiologie und angeborene Herzfehler, und Prof. Univ. (assoc) Dr.
Eugen Sandica, Direktor der Klinik für Kinderherzchirurgie und angeborene
Herzfehler, gemeinsam geleitet. Es zählt zu den international führenden
Kliniken zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit angeborenem
Herzfehler und ist zertifiziertes Zentrum für die Behandlung von
Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH). Zur ausgewiesenen
Expertise des Zentrums zählt die Therapie des gesamten Spektrums von
angeborenen Herzfehlbildungen im Neugeborenen-, Kindes-, Jugend- und
Erwachsenenalter. Jährlich werden hier über 1.000 Patienten mit
herausragenden Ergebnissen auch im internationalen Vergleich stationär
sowie 4.500 bis 5.000 Patienten ambulant betreut.

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Rund eine Million Euro Förderung: Projekt zur Entwicklung einer neuartigen Gentherapie bei hochaggressiven Hirntumoren

Ein Konsortium der Onkologischen Spitzenzentren (Comprehensive Cancer
Center) in Dresden, Frankfurt-Marburg und Leipzig/Jena entwickelt eine
neuartige Gentherapie zur Behandlung eines besonders bösartigen
hirneigenen Tumors (Glioblastom). Ziel ist es, gleichzeitig ein Tumor-
unterdrückendes Gen (p53) in die Krebszellen einzuschleusen und
Mechanismen zu unterbinden, welche die Genfunktion blockieren können.
Hierfür entwickeln die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter
anderem ein neues Nanopartikel-Transportsystem.

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine
gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des
Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen
Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrums
Dresden-Rossendorf (HZDR).

Das von Forschenden der Hochschulmedizin Dresden und am Nationalen Centrum
für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) geleitete Projekt „NANO-REPLACE“
wird von der Deutschen Krebshilfe mit rund einer Million Euro gefördert.

Das Glioblastom ist der häufigste und bösartigste hirneigene Tumor bei
Erwachsenen. Betroffene haben auch mit modernster Therapie – in der Regel
eine neurochirurgische Entfernung des Tumors, gefolgt von Chemotherapie
und Strahlentherapie – nur eine mittlere Überlebenszeit von weniger als
zwei Jahren. Weitere Verbesserungen in der Behandlung werden dringend
benötigt.

Charakteristisch für Glioblastome ist ein Verlust der Funktion des
tumorunterdrückenden Proteins p53, häufig verbunden mit Mutationen im
p53-Gen, das den Bauplan für das Protein enthält. p53 kann so die
unkontrollierte Teilung geschädigter Zellen nicht mehr unterdrücken. Die
gentherapeutische Einschleusung des nicht-mutierten p53-Gens (Wildtyp)
gilt als vielversprechende Therapieoption. Allerdings ist seit längerem
bekannt, dass die in den Krebszellen vorhandene mutierte Genvariante das
intakte Gen über verschiedene Mechanismen blockieren kann. „Wir verfolgen
daher in einem neuartigen gentherapeutischen Ansatz das Ziel, gleichzeitig
das Wildtyp-Gen einzuschleusen und das mutierte Gen und weitere molekulare
Ziele zu blockieren. Dies soll letztendlich zum Absterben der
Glioblastomzellen führen und das Fortschreiten der Tumorerkrankung
hemmen“, sagt Prof. Achim Temme, Leiter der Neurochirurgischen Forschung
der Hochschulmedizin Dresden.

„Die therapeutischen Möglichkeiten für Glioblastom-Patientinnen und
-Patienten zu verbessern, ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir freuen uns,
dass drei der von uns geförderten Comprehensive Cancer Center ihre
Kompetenzen zur Entwicklung einer vielversprechenden Gentherapie bündeln“,
sagt Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.
„Dieses wichtige Forschungsprojekt unterstützen wir im Rahmen eines
gezielten Programmes, das das Ziel hat, Innovationen für die Krebsmedizin
zu entwickeln und die klinische und translationale Krebsforschung
voranzubringen. Neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung sollen durch
unsere Förderinitiative so schnell wie möglich den Patienten
zugutekommen.“

Zur Blockade des in den Tumorzellen vorhandenen mutierten Gens nutzen die
Forschenden einen speziellen Mechanismus zur Gen-Stilllegung, die so
genannte RNA-Interferenz (RNAi). Hierbei wird durch eine Bindung von
kurzen Ribonukleinsäure (RNA)-Stücken, sogenannte siRNAs, an die Erbgut-
übertragende messenger-RNA (mRNA) deren Ablesung in ein Protein
verhindert. Für die simultane Einschleusung eines für die Herstellung des
funktionsfähigen Proteins optimierten (Codon-optimierten) Wildtyp-p53-Gens
und der für die RNA-Interferenz nötigen RNA-Oligonukleotide (siRNAs)
entwickeln die Forschenden ein neues, nicht-virales Nanopartikel-
Transportsystem. „Oftmals werden Viren als Genfähren eingesetzt, die
jedoch neue Mutationen und andere Nebenwirkungen auslösen können und
technische Limitationen haben. Wir setzen hingegen auf nicht-virale,
biologisch gut verträgliche Trägermoleküle. Diese bilden Nanopartikel, mit
denen sich Gen und RNA gleichzeitig in die Tumorzelle einschleusen lassen
und die darüber hinaus Gewebe durchdringen können“, betont Prof. Achim
Aigner, Leiter der Selbständigen Abteilung für Klinische Pharmakologie im
Rudolf-Boehm-Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität
Leipzig. „Künftig könnte bei der Operation des Glioblastoms ein Zugang
gelegt werden, durch den dann die Gentherapie direkt am Ort des
Tumorwachstums appliziert wird“, erklärt Prof. Achim Temme.

Neben der Entwicklung des Transport-Systems liegt ein wichtiger Fokus des
Forschungsprojekts „NANO-REPLACE“ darin, die Effekte der neuartigen
Gentherapie umfassend im Labor zu analysieren. Die Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler arbeiten hierzu mit Kulturen und Mini-Tumoren aus
patienteneigenen Tumorzellen ebenso wie mit tumortragenden Mäusen. „Die
Anwendung dieser Trägermoleküle testen wir in Kombination mit einer
Blockade weiterer Zielproteine des Glioblastoms, welche die
Selbstverdauung zellulärer Bestandteile, die sogenannte Autophagie,
regeln. Diese Blockade soll verhindern, dass Tumorzellen dem
p53-induzierten Zelltod auf anderem Wege entkommen", erklärt Prof. Donat
Kögel, Gruppenleiter Experimentelle Neurochirurgie in der Klinik für
Neurochirurgie des Universitätsklinikum Frankfurt.

Außer dem NANO-REPLACE-Projekt war in der 9. Ausschreibung des
Förderschwerpunkts „Translationale Onkologie“ der Deutschen Krebshilfe
noch ein weiteres standortübergreifendes Projekt unter Dresdner
Federführung erfolgreich, das den Einsatz künstlicher Intelligenz für
Diagnose, Prognose und Therapievorhersage bei Darmkrebs untersucht. „Wir
freuen uns, dass unter Dresdner Leitung und durch die Förderung der
Deutschen Krebshilfe wichtige Impulse ausgehen, um die Therapie und
Diagnostik für Krebspatientinnen und -patienten weiter zu verbessern“,
sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des
Universitätsklinikums Dresden.

Fakten zum Projekt:
•       Projektlaufzeit: 1. April 2023 bis 31. März 2026 (drei Jahre)
•       Konsortialpartner sind das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen
Dresden (NCT/UCC), das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen (UCT)
Frankfurt-Marburg und das Mitteldeutsche Krebszentrum (CCCG) Leipzig/Jena.
•       Das Projekt NANO-REPLACE („Genetische p53mut – Wildtyp-
Substitution: Entwicklung einer dualen Nanopartikel-basierten
Oligonukleotid-Therapie des Glioblastoms“) wird mit 955.015 Euro durch die
Deutsche Krebshilfe gefördert.

Zur Pressemitteilung steht ein Bild in druckfähiger Auflösung zur
Verfügung:
https://www.nct-dresden.de/fileadmin/media/nct-dresden/das-
nct/newsroom/pressemitteilungen/Glioblastomzellen.jpg

Bildunterschrift:
Frisch isolierte Glioblastomzellen eines Patienten in der Zellkultur
(400-fache Vergrößerung). © Prof. Temme, Uniklinikum Dresden.

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Die Nutzung ist kostenlos. Das NCT/UCC Dresden gestattet die einmalige
Verwendung in Zusammenhang mit der Berichterstattung über das Thema der
Pressemitteilung. Bitte geben Sie als Bildnachweis an: „© Prof. Temme,
Uniklinikum Dresden“. Eine Weitergabe des Bildmaterials an Dritte ist nur
nach vorheriger Rücksprache mit der NCT/UCC-Pressestelle (Tel. 0351 458
5548, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.) gestattet. Eine Nutzung zu
kommerziellen Zwecken ist untersagt.

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Deutsche Leberstiftung zum Weltgesundheitstag: „Gesundheit für alle“ – und für jede Leber

Seit 1954 stellt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich am 7.
April mit dem Weltgesundheitstag ein vorrangiges Gesundheitsproblem in den
Fokus der Weltöffentlichkeit. "Gesundheit für alle" lautet das Thema des
Weltgesundheitstages am 7. April 2023, an dem die WHO unter dem Motto „75
years of improving public health“ auch ihren 75. Geburtstag begeht. Die
Deutsche Leberstiftung nimmt den Weltgesundheitstag und das WHO-Jubiläum
zum Anlass, auf den Anstieg von Lebererkrankungen in der gesamten
Bevölkerung und die Wichtigkeit frühzeitiger Diagnostik sowie gesunder
Ernährung und Bewegung hinzuweisen.

Obwohl die Leber ein lebenswichtiges Organ ist, wird ihre zentrale
Bedeutung für den Körper häufig unterschätzt. Als einziges inneres Organ
des menschlichen Körpers ist die Leber in der Lage, sich selbst zu
regenerieren – doch nur bis zu einem gewissen Grad der Schädigung. Wenn
sich ein Erwachsener oder ein Kind über einen längeren Zeitraum
unausgewogen ernährt und zu wenig bewegt, kann dies zu einer nicht-
alkoholischen Fettleber (NAFL) führen, die sich entzünden kann.

„Der Anteil an nicht-alkoholischen Fettleberentzündungen (NASH) steigt
permanent an. Verantwortlich dafür sind zumeist zu wenig Bewegung, falsche
Ernährung oder eine Störung des Stoffwechsels wie beispielsweise Diabetes
mellitus“, erläutert Prof. Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der
Deutschen Leberstiftung, und er warnt: „Die weiteren Folgen können dann
Leberzirrhose – also eine Vernarbung des Lebergewebes – und auch der
Leberzellkrebs (Hepatozelluläres Karzinom, HCC) sein.“

In Deutschland ist jeder vierte Bundesbürger über 40 bereits betroffen und
bereits jedes dritte übergewichtige Kind leidet an einer nicht-
alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD), Tendenz steigend: Schätzungen
gehen davon aus, dass im Jahr 2025 etwa 55 Millionen US-Amerikaner und
Europäer an einer nicht-alkoholischen Leberentzündung leiden. Wird diese
Entzündung chronisch, sind weitere Lebererkrankungen vorprogrammiert. Die
NASH führt zu einem erhöhten Risiko, einen Leberzellkrebs zu entwickeln.
Bei einer NASH, die bereits zu einer Gewebeveränderung durch pathologische
Vermehrung von Bindegewebszellen (Fibrose) geführt hat, ist das HCC-Risiko
stark erhöht. Ein HCC aufgrund einer NASH kann sich ohne Vorliegen einer
Zirrhose entwickeln.

Eine erkrankte Leber gibt häufig keine Warnzeichen, da erst in einem
fortgeschrittenen Stadium deutliche Beschwerden auftreten. Über einen
langen Zeitraum bemerken die betroffenen Personen nur schwache und
unspezifische Symptome. Dazu gehören unter anderem Abgeschlagenheit,
Müdigkeit und Konzentrationsstörungen sowie ein Druckgefühl im rechten
Oberbauch. Wenn eine Lebererkrankung früh erkannt und entsprechend
behandelt wird, können drohende Spätfolgen wie Leberzirrhose und
Leberzellkrebs verhindert werden. Dazu Prof. Manns: „Erkrankungen der
Leber werden oft zu spät erkannt. Wir empfehlen deshalb eine Bestimmung
der Leberwerte im Blut und gegebenenfalls eine Ultraschalluntersuchung.
Besonders aussagekräftig für die Gesundheit der Leber sind dabei der GPT-,
GOT- und gGT-Wert. Seit Oktober 2021 ist auch das einmalige Screening auf
die Virusinfektionen Hepatitis B und C Teil der Gesundheitsuntersuchung ab
35 Jahren.“ Eine Untersuchung beim Hausarzt kann dabei helfen, nicht nur
Lebererkrankungen zu erkennen, sondern auch Diabetes mellitus sowie Herz-
und Gefäßkrankheiten.

Prof. Manns begrüßt die Entscheidung der WHO, den Fokus des
Weltgesundheitstages in diesem Jahr auf die Gesundheit aller Menschen zu
richten und äußert den Wunsch: „Ich hoffe, dass im Rahmen des diesjährigen
Weltgesundheitstages und darüber hinaus auch die Lebererkrankungen noch
mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Es ist Zeit, zum Handeln
zu motivieren, um die gesundheitlichen Herausforderungen von heute und
morgen, zu denen weltweit auch NAFLDs zählen, anzugehen. Auch eine bereits
geschädigte Leber kann in einem frühen Stadium der Verfettung durch einen
veränderten Lebensstil positiv beeinflusst werden. Die empfohlene Therapie
zielt in erster Linie auf eine Lebensstil-Veränderung mit einer
Ernährungsumstellung und mehr Bewegung ab. Dabei ist eine
abwechslungsreiche, gesunde Ernährung ausreichend. Aktuell kommen endlich
auch aus der Politik Stimmen, die eine Notwendigkeit von Maßnahmen zur
Eindämmung der NAFLD-Risikofaktoren Übergewicht und Adipositas
formulieren: Bundesernährungsminister Cem Özdemir verkündete im Februar
2023 seine Absicht, Junkfood-Werbung für Kinder nun tatsächlich in
Deutschland zu verbieten. Dies könnte ein erster Schritt sein, dem jedoch
weitere gezielte Strategien zur Förderung einer gesunden Ernährung und zur
Steigerung körperlicher Aktivität folgen müssen.“

Deutsche Leberstiftung
Die Deutsche Leberstiftung befasst sich mit der Leber, Lebererkrankungen
und ihren Behandlungen. Sie hat das Ziel, die Patientenversorgung durch
Forschungsförderung, Forschungsvernetzung und wissenschaftliche Projekte
zu verbessern. Mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit steigert die Stiftung
die öffentliche Wahrnehmung für Lebererkrankungen, damit diese früher
erkannt und geheilt werden können. Die Deutsche Leberstiftung bietet
außerdem Information und Beratung in medizinischen Fragen. Auf der Website
finden Sie umfangreiche Informationen sowie Bildmaterial für Betroffene,
Interessierte, Angehörige der Fachkreise und Medienvertreter: https://www
.deutsche-leberstiftung.de.

NEUERSCHEINUNG: „Das große Kochbuch für die Leber“ – 122 Rezepte mit allen
wichtigen Nährwertangaben; wichtige Küchentipps und Regeln für eine
lebergesunde Ernährung, September 2022. Das Buch ist im Buchhandel
erhältlich: ISBN 978-3-8426-3100-7 € 28,00 [D].
Weitere Informationen: https://www.deutsche-leberstiftung.de/Kochbuch-
Leber/
.

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Neuer Blog: Gesundheitsrecht ist gefragt

Anfang des Jahres 2023 ist der Gesundheitsrecht.blog gestartet, eine neue
Plattform für wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Themen aus
Gesundheits-, Medizinrecht und Medizinethik. Ins Leben gerufen wurde das
Format von Prof. Dr. Stefan Huster und den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Sozial- und
Gesundheitsrecht und Rechtsphilosophie sowie des Instituts für Sozial- und
Gesundheitsrecht der Ruhr-Universität Bochum.

Bereits nach kurzer Zeit erfreut sich der Blog großer Beliebtheit, was
sich an den hohen Klickzahlen ablesen lässt, vor allem aber an den vielen
positiven Rückmeldungen und Nachfragen aus dem Kreis der Adressatinnen und
Adressaten. „Rechtsfragen rund um Gesundheit und Medizin entwickeln sich
sehr dynamisch, und sie wecken ein Interesse weit über die juristische
Fachdiskussion hinaus“, erläutert Initiator Stefan Huster. Nicht zuletzt
aufgrund der Corona-Pandemie haben die medizinrechtlichen und
medizinethischen Themen einen starken Popularitätsschub erfahren, so
Huster.

Aktuell und zitierfähig

„Die Pandemie hat aber auch gezeigt, wie wichtig schnelle, aktuelle
Informationen, Einordnungen und Expertisen sind – das lässt sich in den
Publikationszyklen von Büchern oder Fachzeitschriften kaum abdecken“,
erklärt Paul Bidmon, Redaktionsleiter des Blogs. Die Lösung der Bochumer
Forscher ist ein Format, das wöchentlich aktuell auf je ein diskutiertes
Thema eingehen kann, jeden Beitrag aber auch durch einen DOI (Digital
Object Identifier) und eine ISSN (International Standard Serial Number)
wissenschaftlich zitierfähig macht. Bei der Publikation der PDF-Dateien,
die aus den Blog-Beiträgen generiert werden, kooperieren die Juristen mit
dem Repositorium der Universitätsbibliothek. Das dortige Team um Silvia
van Beek stellt die downloadbaren Fassungen über einschlägige
Bibliotheksdatenbanken bereit. Die fachübergreifenden Beiträge stammen
sowohl von Bochumer Forscherinnen und Forschern als auch von Gästen aus
den Disziplinen Rechtswissenschaften, Philosophie und Medizin. Beiträge
aus dem Bereich der Gesundheitsökonomie sind bereits in Planung.

„Die Resonanz auf meinen Beitrag im Blog war erstaunlich groß. Vor allem,
wenn man bedenkt, wie jung das Format ist“, sagt Dr. Stefan Stadelhoff,
ein externer Autor, der schon für den Blog geschrieben hat. „Ich habe
zahlreiche Reaktionen, zum Beispiel in sozialen Netzwerken oder auch bei
Konferenzen bekommen. Zudem wurde der Beitrag sogar von dem bekannten
Branchendienst ‚Gerechte Gesundheit‘ zweitveröffentlicht.“ Stadelhoff ist
Syndikusrechtsanwalt in einem internationalen Pharmaunternehmen und hat
den Beitrag „Wieso ist besser nicht mehr gut genug? Fragen nach der
Neuordnung der Preisfindung bei Arzneimitteln in der GKV“ verfasst.

Inhaltlich greifen die Autorinnen und Autoren die aktuellen, strittigen
und auch politisch heiß diskutierten Themen auf. Da geht es beispielsweise
um die Frage, ob Nichtgeimpfte an den Kosten einer Covid-19-Erkrankung
beteiligt werden sollten, um einsamkeitsbedingten Alterssuizid, um eine
Reform des Embryonenschutzgesetzes oder um einen europäischen Raum für
Gesundheitsdaten auf dem Weg zu mehr Digitalisierung. Allein die Spanne
der Themen, die hier potenziell aufgegriffen werden können, stellt schon
sicher, dass dem Redaktionsteam von Gesundheitsrecht.blog nicht die
Beiträge ausgehen werden. Langfristiges Ziel soll es sein, erläutert Paul
Bidmon, dass das Blog-Format, das in manchen Rechtsdisziplinen wie dem
Verfassungsrecht längst Standard ist, auch im Gesundheitsrecht dauerhaft
etabliert wird.

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