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Unterschätztes Risiko: Bluthochdruck bei Kindern

Rechtzeitig entdeckt, kann Bluthochdruck bei Kindern erfolgreich behandelt
werden. Wie frühzeitiges Eingreifen schwere Folgen für Herz und Gefäße
verhindern kann, erläutert der Kinderherzspezialist Prof. Dr. Robert Dalla
Pozza im aktuellen herzblatt-Sonderdruck der Deutschen Herzstiftung

Bluthochdruck gilt als stiller Killer. Still, weil er unbemerkt schweren
Schaden anrichten kann. Herz, Hirn, Nieren und Augen sowie Gefäße kann er
massiv schädigen, wenn er über Jahre unentdeckt und unbehandelt bleibt.
„Von großer gesundheitlicher Bedeutung für die einzelnen Patienten ist die
Tatsache, dass der Bluthochdruck im Kindesalter das Blutdruckniveau des
Erwachsenen bestimmt“, erklärt Prof. Dr. med. Robert Dalla Pozza,
leitender Oberarzt der Abteilung für Kinderkardiologie und pädiatrische
Intensivmedizin im LMU Klinikum München, Campus Großhadern. Den
Bluthochdruck frühzeitig zu erkennen und mögliche Ursachen zu klären, sei
deshalb besonders wichtig, um mit Hilfe der Therapie vor den Folgen des
hohen Blutdrucks schützen zu können, betont der Kinderherzspezialist und
Mitautor des herzblatt-Sonderdrucks „Arterieller Bluthochdruck im
Kindesalter: eine unterschätzte Gefahr“ der Deutschen Herzstiftung und
ihrer Kinderherzstiftung. Dieser kann kostenfrei per Telefon angefordert
werden unter 069 955128-400 oder per Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
(1). Die Volkskrankheit Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) betrifft in
Deutschland nach Expertenschätzungen 20-30 Millionen Erwachsene (Infos:
www.herzstiftung.de/bluthochdruck). Von den Kindern und Jugendlichen in
Deutschland leiden rund zwei bis drei Prozent unter Bluthochdruck, das
sind etwa 400.000 Betroffene. Bei Bluthochdruck wird das Blut dauerhaft
mit zu viel Druck auf die Gefäßwände durch den Körper gepumpt. Die
dauerhafte Gefäßbelastung und sich daraus entwickelnde arteriosklerotische
Gefäßveränderungen (Gefäßverkalkung) erhöhen die Gefahr für Herz-
Kreislauf-Erkrankungen im Erwachsenenalter wie Herzinfarkt, Schlaganfall
oder Nierenversagen, wenn der hohe Blutdruck unentdeckt und unbehandelt
bleibt.

Risiken erkennen und minimieren: frühzeitiger Blutdruck-Check
Insbesondere Übergewicht/Adipositas, chronische Nierenerkrankungen sowie
die Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Psychopharmaka), Rauchen und
Drogenmissbrauch sind die häufigsten Risikofaktoren für den primären
Bluthochdruck im Kindes- und Jugendalter. Primär, „weil keine andere
sekundäre Ursache bekannt ist und dieser primäre, arterielle Bluthochdruck
aus dem Zusammenspiel vieler vererblicher Faktoren und Umwelteinflüssen
wie falsche Ernährung, Stress oder Übergewicht resultiert“, erläutert
Prof. Dalla Pozza.
Um die Gefahr für Herz und Gefäße rechtzeitig einzudämmen und die bereits
genannten Spätschäden (Arteriosklerose) und Komplikationen im
Erwachsenenalter frühzeitig zu verhindern, rät der Kinderkardiologe
bereits im Kleinkindalter den Blutdruck regelmäßig zu beobachten. „Eine
Blutdruckmessung sollte bei jedem Kind ab dem vierten Lebensjahr
stattfinden. Bei Kindern mit Risikofaktoren für Bluthochdruck sollte sie
bereits ab dem dritten Lebensjahr durchgeführt werden.“ Besonders bei den
rund 8.700 Kindern, die mit einem angeborenen Herzfehler jährlich in
Deutschland zur Welt kommen und außerdem mit Gefäßdefekten wie
Hauptschlagaderverengung (Aortenisthmusstenose) geboren werden, muss
sorgfältig darauf geachtet werden, dass der Blutdruck im unbedenklichen
Bereich liegt. Das gilt auch für frühgeborene Kinder, die nach der Geburt
intensivmedizinisch behandelt worden sind.

Blutdruck messen bei Kindern: Worauf sollte man achten?
Um den Blutdruck bei Kindern richtig zu messen, gibt es ein paar wichtige
Punkte zu beachten:
- Die Blutdruckmessung sollte am rechten Oberarm nach einer etwa
fünfminütigen Ruhepause erfolgen.
- Die Messungen sollten dreimal wiederholt werden.
- Bei älteren Kindern sollte im Sitzen, bei Säuglingen und kleineren
Kindern im Liegen gemessen werden.
- Die Größe der Manschette korrekt wählen: Der aufblasbare Teil sollte gut
am Arm anliegen, gegebenenfalls eine Kindermanschette wählen.
- Die Messung sollte man noch zweimal im Abstand von ein bis zwei Minuten
wiederholen: Wiederholungsmessungen fallen meist niedriger aus. Den
Mittelwert der letzten beiden Messungen notieren.
- Messungen mit vollautomatischen, sogenannten oszillometrischen Geräten,
sind mittlerweile auch bei Kindern üblich.
- Weiterhin gilt die auskultatorische Messung, also die manuelle
Blutdruckmessung mit Hilfe eines Stethoskops, als Goldstandard.
- Die Messwerte sollten mit den entsprechenden Normwerten, die für Kinder
ab einem Jahr zur Verfügung stehen, verglichen werden.

Um die Diagnose Bluthochdruck zu sichern beziehungsweise den Erfolg einer
Behandlung zu prüfen, sollte auch bei Kindern eine 24-Stunden-
Langzeitblutdruckmessung erfolgen. „Eine Bestätigung der Diagnose muss von
einem Facharzt durch mehrere Blutdruckmessungen im Abstand von einigen
Tagen bis Wochen erfolgen“, betont der Kinderkardiologe Prof. Dalla Pozza.
Steht die Diagnose arterieller Bluthochdruck fest, folgen u.a.
Ultraschalluntersuchungen von Herz und Nieren. Beim Augenarzt gibt eine
Spiegelung des Augenhintergrunds Auskunft über Gefäßveränderungen (Gefahr
der Arteriosklerose). Je jünger ein Kind ist, desto wahrscheinlicher ist
ein sekundärer Bluthochdruck. Im Säuglingsalter handelt es sich immer um
einen sekundären Bluthochdruck, wobei angeborene Nieren- und
Herzerkrankungen als Ursachen im Vordergrund stehen. „Bei älteren Kindern
ist ein primärer Bluthochdruck wahrscheinlicher. Dabei handelt es sich in
vielen Fällen um eine familiär gehäuft vorkommende arterielle Hypertonie
ohne erkennbare Ursache“, erklärt Prof. Dalla Pozza.

Gesund leben: Ohne Medikamente Kinder vor Bluthochdruck schützen
Fast die Hälfte der Kinder in Deutschland bewegt sich zu wenig. „Mangelnde
Bewegung, erhöhte Kalorienzufuhr durch unbewusstes und unkontrolliertes
Snacken stellen ein Risiko für die Entwicklung einer Hypertonie dar“,
warnt Prof. Dalla Pozza. Laut einer Forsa-Umfrage im Mai 2022 (2) ist
jedes sechste Kind in Deutschland dicker geworden und fast ein Drittel der
Kinder isst mehr Süßes. Im Vergleich zu Kindern mit normalem Gewicht haben
fettleibige Kinder ein mehr als zehnfach erhöhtes Risiko für
Bluthochdruck, warnen Kinder- und Jugendmediziner (3).
Um den Blutdruck zu senken, eignen sich für Kinder ebenso wie für
Erwachsene Ausdauersportarten, die den Blutdruck stärker senken als
Krafttraining. Bei deutlich erhöhten Blutdruckwerten wird Patienten bis
zur Senkung der Blutdruckwerte von statischen Belastungen (z. B.
Mountainbiking, Krafttraining, Alpinskilauf, Rudern) abgeraten. Täglich 60
Minuten moderate bis intensive körperliche Aktivität werden zur Prävention
von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen.
Extrem zuckerhaltige Getränke, Drinks mit Koffeingehalt und Alkohol
steigern den Blutdruck ebenso wie Rauchen (auch passives der Eltern),
Drogen (z.B. Ecstasy, Kokain, Crack und Amphetamine) und sollten unbedingt
vermieden werden. Eine abwechslungsreiche Ernährung ist ebenfalls zur
Vorbeugung von Risikokrankheiten wie Bluthochdruck wichtig. Weg vom
Weißmehlbrötchen, hin zu herzgesunder abwechslungsreicher Ernährung. Auch
Kinder mögen knackiges Obst und Gemüse, richtige Vermittlung und Anleitung
vorausgesetzt. Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt daher die
Mittelmeerküche (https://herzstiftung.de/mediterrane-rezepte). Sie besteht
vorwiegend aus ballaststoff- und proteinreichen Lebensmitteln und ist
reich an frischem Gemüse und Obst, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten,
pflanzlichen Ölen, Nüssen, Fisch, Salaten und Kräutern. Reichen diese
Behandlungsmöglichkeiten nicht aus, empfehlen Mediziner zusätzlich eine
medikamentöse Therapie.

Blutdrucksenkung mit Medikamenten
Problem sind die noch nicht ausreichenden Studienergebnisse für Präparate
im Kindesalter, so dass auch sogenannte Off-Label-Produkte mit
ausführlicher Risiko-Nutzen-Aufklärung eingesetzt werden. Wegen ihrer
ungünstigen Nebenwirkungen werden Betablocker Kindern eher selten
verschrieben. Erstes Mittel der Wahl sind ACE Hemmer (Angiotensin-
Converting-Enzyme-Hemmer), die an Enzymen und Hormonen des RAAS (Renin-
Angiotensin-Aldosteron-System) ansetzen. Das RAAS besteht aus Enzymen und
Hormonen, die entscheidend mitwirken an der Regulation des Blutdrucks und
des Flüssigkeitshausaltes. Ähnlich blutdrucksenkend wie ACE-Hemmer und oft
besser verträglich sind AT1-Rezeptorblocker (hemmen u.a. die Bildung des
Hormons Angiotensin2, das Blutgefäße verengt und als Folge steigt der
Blutdruck). Lästige Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und
Wasseransammlungen in den Beinen haben Kalziumantagonisten. Sie zählen
dennoch zu den sehr wirksamen Präparaten zur Behandlung des gefährlichen
Bluthochdrucks.
(sh/wi)

Service-Tipps

Der Artikel „Arterieller Bluthochdruck im Kindesalter: eine unterschätzte
Gefahr“ von Prof. Dr. Robert Dalla Pozza ist im gleichnamigen aktuellen
Sonderdruck von herzblatt, der Zeitschrift der Deutschen Herzstiftung zum
Leben mit angeborenem Herzfehler enthalten. Ein
Probeexemplar/Rezensionsexemplar dieses Sonderdrucks kann kostenfrei bei
der Kinderherzstiftung angefordert werden unter Tel. 069 955128-400 oder
per Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Der Artikel „Hoher Blutdruck schadet schon Kindern“ von Prof. Dr. Elke
Wühl in der Herzstiftungs-Broschüre „Bluthochdruck: Herz und Gefäße
schützen“ kann kostenfrei angefordert werden bei der Herzstiftung unter
Tel. 069 955128-400 oder per Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Online-Seminar: „Arterieller Bluthochdruck im Kindes- und Jugendalter“

Wann: Mittwoch, 19. April 2023, Start 17:30 Uhr
Link: https://herzstiftung.de/live
Referent: Prof. Dr. med. Robert Dalla Pozza, stellv. Leiter der Abteilung
für Kinderkardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin des LMU Klinikum
München Campus Großhadern
Eine Anmeldung ist nicht nötig.

Der Vortrag des Kinderkardiologen richtet sich an interessierte Eltern,
Familien mit betroffenen Kindern mit/ohne angeborenem Herzfehler sowie an
betroffene Jugendliche. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen an
den Experten zu richten. Für die Teilnahme ist kein Einschalten von Kamera
und Mikrofon erforderlich. Fragen zu diesem Online-Seminar können vorab an
kinderherzstiftung@herzstiftung.de gesendet werden.

Schon gewusst? Die Kinderherzstiftung feiert 30-jähriges Jubiläum:
https://herzstiftung.de/30-jahre-khs

Bild- und Fotomaterial erhalten Sie auf Anfrage unter
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder per Tel. unter 069 955128-114

Quellen:
(1)     Dalla Pozza, R., Weil, J., Arterieller Bluthochdruck im
Kindesalter: eine unterschätzte Gefahr, Sonderdruck von herzblatt, der
Zeitschrift der Deutschen Herzstiftung zum Leben mit angeborenem
Herzfehler, Frankfurt a. M., 2023
(2)     Pressemeldung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (https
://adipositas-gesellschaft.de) „forsa-Umfrage zeigt Folgen der Corona-
Krise für Kinder: Gewichtszunahme, weniger Bewegung, mehr Süßwaren – Jedes
sechste Kind ist dicker geworden“ vom 31.05.2022 (abgerufen am 12.04.2023)
(3)     Wühl, E., Hoher Blutdruck schadet schon Kindern, in: Deutsche
Herzstiftung (Hg.), Bluthochdruck: Herz und Gefäße schützen, Frankfurt a.
M. 2021

Zusatz-Informationen für Redaktionen zum Thema Bluthochdruck bei Kindern:

Die Schweregrade des Bluthochdrucks
Mediziner unterscheiden beim arteriellen Bluthochdruck bei Kindern
bestimmte Schweregrade und teilen sie in sogenannte Perzentile
(Hundertstelwerte) ein. Diese Messwerte dienen als Vergleichsgröße.

- Hochnormaler Blutdruck: Werte über 90. Perzentile
Nur wenn zusätzliche Risikofaktoren wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
Diabetes mellitus oder chronische Nierenerkrankungen vorliegen, wird
empfohlen, den Blutdruck abzusenken. Zur Risikoverminderung sollten nicht
medikamentöse Maßnahmen ergriffen werden.
- Bluthochdruck Grad 1: Werte über 95. Perzentile
Eine Behandlung mit Medikamenten ist notwendig. Begleitet werden sollte
sie von nicht medikamentösen Maßnahmen zur Reduktion des Herz-Kreislauf-
Risikos.
- Bluthochdruck Grad 2: Werte über 99.Perzentile
Stationäre Behandlung und Überwachung sind erforderlich. Intensivbehandelt
werden muss, wenn weitere Symptome wie Herzschwäche, Schwindel oder
Benommenheit auftreten (Hypertensiver Notfall).

Weitere Literatur
Lurbe, E. et al. (2009): Management of high blood pressure in children and
adolescents: recommendations of the European Society of Hypertension. doi:
10.1097/HJH.0b013e32832f4f6b

Flynn, J. T. et al. (2017): Clinical Practice Guideline for Screening and
Management of High Blood Pressure in Children and Ado- lescents. doi:
10.1542/peds.2017-1904

Perk, J. et al. (2012): European Guidelines on cardiovascular disease
prevention in clinical practice (version 2012): The Fifth Joint Task Force
of the European Society of Cardiology and Other Societies on
Cardiovascular Disease Prevention in Clinical Practice (constituted by
representatives of nine societies and by invited experts). doi:
10.1093/eurheartj/ehs092

  • Aufrufe: 70

Ärztliche Basisfertigkeiten trainieren

SkillsLab am Uniklinikum Jena von der Gesellschaft für Medizinische
Ausbildung zertifiziert

Spätestens im klinischen Teil des Studiums ist es für Medizinstudierende
soweit: Sie nehmen erstmals ihre spätere Rolle als Ärzte ein – und eigene
kleinere Untersuchungen vor. Um vorab ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es
ist, an echten Patienten Blut abzunehmen, ihr Ohr zu untersuchen oder
Erste Hilfe zu leisten, gibt es das sogenannte Skills Lab an der
Medizinischen Fakultät der Uni Jena. Hier können angehende Medizinerinnen
und Medizinern in einem geschützten Raum an lebensechten Modellen und mit
Schauspielpatienten ihre praktischen Basisfertigkeiten trainieren –
angeleitet von Tutorinnen und Tutoren, die selbst noch studieren. Auf
Augenhöhe, eng verflochten mit dem Lehrplan und in enger Verbindung mit
Ärztinnen und Ärzten am UKJ, die sich für die studentische Lehre als
klinische Partner engagieren. Dass das Lehrkonzept nicht nur die
Medizinstudierenden selbst begeistert, sondern auch objektiv
ausgezeichnete Qualitätskriterien erfüllt, zeigt die nun erfolgte
Zertifizierung durch den Ausschuss für praktische Fertigkeiten der
Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Dieser bescheinigt dem
SkillsLab Jena den Goldstandard in der simulationsbasierten Lehre.
Besonders überzeugt haben die Gutachter die Ausbildung der studentischen
Tutorinnen und Tutoren, die enge Einbettung ins Medizinstudium sowie die
interprofessionellen Lehrangebote.

Rund 50 studentische Tutorinnen und Tutoren betreuen im SkillsLab Jena
unterschiedliche Kurse, von Händedesinfektion über das Anlegen eines EKG
hin zum Angehörigengespräch, und schulen so die angehenden Ärztinnen und
Ärzte in Diagnostik, Therapie und Kommunikation. Angelehnt an die spätere
Ausbildung am Krankenbett auf Station bestehen die Kurse aus
Kleinstgruppen, in der Regel betreut ein Tutor sechs Studierende. Die
Tutoren selber werden auf ihre Rolle eingehend vorbereitet und sowohl
medizinisch als auch didaktisch geschult und eingearbeitet. Das
strukturierte Einarbeitungskonzept setzt dabei vor allem auf peer to peer
– Tutoren arbeiten künftige Tutoren ein –, aber auch auf die Vermittlung
didaktischer Fertigkeiten durch Pädagoginnen des SkillsLab sowie die enge
Zusammenarbeit mit den klinischen Partnern am UKJ. „Wir sind hier keine
Insel“, beschreibt es Urte Mille, Leiterin des SkillsLab. „Die Kursinhalte
am SkillsLab erarbeiten immer klinische Partner zusammen mit den Tutoren,
damit das, was den Studierenden hier vermittelt wird, auch den Lernzielen
entspricht.“ Die Fertigkeiten, welche die Tutoren den Studierenden im
SkillsLab beibringen, sind allesamt Basisfertigkeiten, beispielsweise
Blutabnehmen oder sich steril im OP einkleiden. Alle Kurse, die im
SkillsLab angeboten werden, sind vollständig ins Medizinstudium
eingebettet, also Pflicht- bzw. Wahlpflichtveranstaltungen. „Man muss
natürlich gut durchdenken: Was kann ein Student vermitteln und was sollte
einem Arzt vorbehalten sein“, sagt Mille. Spezielle Fertigkeiten lernen
die Studierenden dann später selbstverständlich im klinischen Kontext des
Studiums. Vom SkillsLab werden zukünftig neben den Studierenden der Human-
und Zahnmedizin auch Berufe profitieren. Schon jetzt gibt es Kurse für
Hebammenstudierenden der Ernst-Abbe-Hochschule oder die
Pflegeauszubildenden des UKJ, beispielsweise zu Geburt und Schwangerschaft
oder Deeskalation. Diese interprofessionellen Lehrangebote sollen
zukünftig im Sinne einer gemeinsamen Patientenversorgung erweitert werden.

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Forschung trifft Küche: Medizinisches Kochbuch zur wohl gesündesten Ernährung der Welt

Neuerscheinung im April: Das Buch „Mediterrane Ernährung“ verbindet
wissenschaftliche Erkenntnisse der Universität Hohenheim mit leckeren
Rezepten

Bunt, abwechslungsreich und gesund: Die mediterrane Küche gilt als
gesündeste Ernährung der Welt. Dass sie tatsächlich eine
gesundheitsfördernde Wirkung besitzt, haben Dr. Benjamin Seethaler und
Prof. Dr. Stephan C. Bischoff von der Universität Hohenheim in Stuttgart
in ihren Studien nachgewiesen. In einem populärwissenschaftlichen Ratgeber
erklären sie jetzt, welche vorbeugende und heilende Kraft die
Ernährungsweise hat – ebenso leicht verdaulich wie die wissenschaftlich
fundierten Rezepte im Buch.

Wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in der eigenen Küche umsetzen: Das
Buch „Mediterrane Ernährung“ ist der Auftakt der neuen Reihe Medical
Cooking vom TRIAS-Verlag, einem Thieme Tochter-Verlag. Im ersten Teil des
Buchs liefern Dr. Benjamin Seethaler und Prof. Dr. Stephan C. Bischoff vom
Fachgebiet Ernährungsmedizin & Prävention der Universität Hohenheim
wissenschaftliche Erkenntnisse zur mediterranen Ernährung. Im zweiten Teil
folgen 110 Rezepte, die von der Ökotrophologin Bettina Snowdon extra für
dieses Buch entwickelt wurden.

„Die Kombination ist ein wahres Erfolgsrezept“, so Prof. Bischoff. „Die
Leser:innen erfahren, wie sie ganz konkret etwas für ihre Gesundheit
machen können. Die mediterrane Ernährung schmeckt gut und ist einfach und
langfristig umzusetzen.“

Hohenheimer Forscher belegen die gesundheitlichen Vorteile der
mediterranen Ernährung

„In unseren Studien konnten wir nachweisen, dass eine mediterrane
Ernährung zu besseren Blutwerten und einer verbesserten Magen-Darm-
Gesundheit führt“, erklärt Dr. Benjamin Seethaler. Er hat die positiven
gesundheitlichen Effekte der Mittelmeerküche im Rahmen seiner Promotion in
Hohenheim erforscht. Die Erkenntnis: Eine mediterrane Ernährung schützt
aktiv vor Herzinfarkt, Arteriosklerose, Krebs und Diabetes.

Für das erste deutschsprachige populärwissenschaftliche Buch zu diesem
Thema haben die Wissenschaftler der Universität Hohenheim ihre
Erkenntnisse leicht verständlich aufbereitet: Sie geben einen spannenden
Einblick tief in den Körper und erklären, wie sich die Ernährung auf den
Blutdruck, den Fettstoffwechsel, die Blutgefäße und als Schutz vor
Krebsentstehung auswirkt.

„Mit dem Buch zeigen wir, dass man durch die Ernährung effektiv die eigene
Gesundheit verbessern kann“, betont der Arzt Prof. Bischoff. Für die
Praxis hält das Buch über 100 Rezepte bereit, die aus den
wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelt wurden. „Kurzfristige Diät-
und Ernährungstrends haben in aller Regel keinen gesundheitlichen
Mehrwert. Damit ein Ernährungs- und Lebensstil gesundheitsfördernd wirkt,
muss man langfristig am Ball bleiben. Aber wenn’s – wie bei der
mediterranen Ernährung - schmeckt, fällt das leicht“, so Bischoff.

Für jeden Geschmack etwas dabei: Leckere Rezepte für einen gesunden
Lebensstil

Ein Vorteil der mediterranen Küche: Sie ist so vielfältig, dass für jeden
etwas dabei ist. „Die mediterrane Ernährung hat viele unterschiedliche
Facetten und ist für Menschen jeden Alters, jeder sportlichen Aktivität
und jeder Ernährungsform geeignet“, sagt Dr. Seethaler. Welche
Lebensmittel zur mediterranen Ernährung gehören, listen die Forscher
übersichtlich im ersten Teil des Buchs auf. Mit Hilfe anschaulicher
Ernährungs-Pyramiden können sie die Leser:innen nach eigenem Geschmack
kombinieren – und direkt nachkochen.

Gefülltes Omelette, Paella oder Walnuss-Aufstrich: In engem Austausch mit
den Wissenschaftlern hat die Rezept-Entwicklerin Bettina Snowdon
praktische Gerichte für den Alltag kreiert. Dass die Rezepte schmecken,
kann Dr. Seethaler bestätigen: Er hat einige der Rezepte bereits selbst
getestet. „Wenn ich ein Rezept empfehlen darf, dann auf jeden Fall den
Bohnen-Walnuss-Aufstrich“, so der Forscher.

Ausblick: Man nehme Mikroalgen (statt Fisch)

Die Forschenden der Universität Hohenheim beschäftigt außerdem, wie man
die Ernährungsweise künftig noch nachhaltiger gestalten kann. Denn wegen
der gesunden Omega-3-Fettsäuren spielt Fisch eine wichtige Rolle in der
mediterranen Küche.

„Fische enthalten diese gesundheitsfördernden Fettsäuren, da sie sich zum
Teil von Mikroalgen ernähren, die eben diese enthalten“, erklärt Dr.
Seethaler. Die Überlegung der Forschenden ist nun: Können Menschen auch
direkt von den Mikroalgen profitieren, ohne Fisch „als Zwischenstation der
Omega-3-Fettsäuren“ zu verzehren?

„Aus ernährungsmedizinischer Sicht erscheint es sehr vernünftig, den
Speiseplan um Mikroalgen zu erweitern, die in kontrollierten Bedingungen
wachsen und dadurch praktisch frei von Schadstoffen sind. Aber vor allem
unter Nachhaltigkeits-Aspekten ist es Vorteilhafter, Algen in Aquakultur
zu züchten als Fische“, so die schnelle Antwort von Prof. Dr. Bischoff.

Auch zu diesem Thema wird es bald Neuigkeiten aus der Universität
Hohenheim geben.

Text: Hagenau

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Ultraschall bei Lungenembolie: Schnelle Therapieentscheidung am Krankenbett

Ultraschalluntersuchungen sind in Deutschland flächendeckend verfügbar,
sie sind kostengünstig und strahlenfrei. Zudem reicht ihre Aussagekraft
mittlerweile oft an die der wesentlich teureren CT- und MRT-Aufnahmen
heran. Dies findet nun auch zunehmend Eingang in die medizinischen
Leitlinien. Die gerade aktualisierte S2k-Leitlinie „Diagnostik und
Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie“ der Deutschen Gesellschaft
für Angiologie räumt dem Ultraschall jetzt eine wichtigere Rolle ein. Die
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) hat an
der Leitlinie mitgearbeitet und begrüßt die Änderung. So könnten wichtige
Therapieentscheidungen viel schneller getroffen werden.

Tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien sind häufige und oft auch
schwerwiegende Erkrankungen: Nach Herzinfarkt und Schlaganfall stehen sie
an dritter Stelle der Herz-Kreislauf bedingten Todesursachen. „Thrombosen
und Lungenembolien sind dabei Ausdruck desselben zugrundeliegenden
Krankheitsgeschehens“, sagt Dr. Wolfgang Blank, Internist und
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Klinikum am Steinenberg in Reutlingen,
der an der Überarbeitung der Leitlinie für die DEGUM mitgearbeitet hat.
Bei beiden Krankheitsbildern ist der Blutfluss in den Gefäßen durch
Thromben gestört.

Die Thrombenbildung beginnt meist in den tiefen Beinvenen, seltener in den
Arm- oder Beckenvenen. Verbleibt der Blutpfropf vor Ort, wächst weiter und
behindert den Blutfluss, kann es zu den typischen Beschwerden einer tiefen
Venenthrombose kommen: Die betroffene Extremität schmerzt, schwillt an,
ist warm und gerötet. Häufig wird die Venenthrombose vom Betroffenen nicht
bemerkt. Besonders gefährlich wird es dann, wenn sich das Blutgerinnsel
löst und mit dem Blutstrom in Richtung Lunge geschwemmt wird. Dann kommt
es zu einer Lungenembolie, bei der Teile des Lungengewebes von der
Blutversorgung abgeschnitten werden. Klinische Symptome sind plötzliche
Atemnot, Brustschmerz, Schwindel, Herzrasen und Blutdruckabfall bis zum
Herz-Kreislaufstillstand.

„Bei beiden Krankheitsbildern ist es von entscheidender Bedeutung, die
Diagnose rasch zu stellen und umgehend eine gerinnungshemmende Therapie
einzuleiten“, sagt Blank. Bei Verdacht auf eine Venenthrombose hat die
Ultraschalluntersuchung der großen Beinvenen bereits seit Langem einen
festen Platz im diagnostischen Ablauf. Wird eine Lungenembolie vermutet,
weicht die neue Leitlinie von der bisherigen ab. Sowohl bei stabilen als
auch bei instabilen Patientinnen und Patienten wird jetzt ein Triple-
Ultraschall (Venen, Herz, Lunge) empfohlen. Die am Patientenbett
durchgeführte Sonografie sei die wichtigste Entscheidungshilfe für die
initiale Einschätzung, heißt es dort. „Per Echokardiografie lässt sich
unter anderem schnell und sicher eine Dehnung der rechten Herzkammer
erkennen, die durch den Blutstau in den Lungengefäßen verursacht wird“,
erläutert Blank. Die aktualisierte Leitlinie trage nun der großen
Bedeutung Rechnung, die dem Ultraschall gerade in Situationen zukomme, in
denen ein CT nicht verfügbar sei – etwa bei Notfällen außerhalb der
Klinik, in der Notaufnahme oder auf der Intensivstation. Wenn medizinische
Gründe gegen einen CT-Einsatz sprechen, ist der Ultraschall unverzichtbar.
Das ist etwa bei Schwangeren der Fall, bei Menschen mit
Kontrastmittelallergie oder bei Niereninsuffizienz.

Auch wenn die Diagnose Lungenembolie bereits feststeht, lassen sich
mithilfe des Ultraschalls wertvolle zusätzliche Informationen gewinnen.
Sofern sich die Lungenembolie im CT nicht nachweisen lässt, kann die
Verdachtsdiagnose durch den sonografischen Nachweis einer Venenthrombose
erhärtet werden. Der Ultraschall liefert somit eine wichtige
Entscheidungsgrundlage für die Diagnose, die Wahl der Therapie und zur
Verlaufskontrolle.

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