Welttag der Patientensicherheit: So sicher ist eine Herzoperation
Mit kalkulierter Vorbereitung und Ausführung wirken Herzspezialisten
möglichen Risiken und Nebenwirkungen eines Eingriffs entgegen – Neues
Video des HDZ NRW, Bad Oeynhausen, informiert
Von 1.000 Menschen müssen sich durchschnittlich zwei Personen einmal in
ihrem Leben einer herzchirurgischen Operation unterziehen. Rund 100.000
Herzoperationen sind es jährlich in Deutschland. Hinzu kommen etwa 900.000
von Kardiologen durchgeführte Herzkatheter-eingriffe pro Jahr. Trotz
dieser großen Routine und einer nachweislich guten flächendeckenden
Versorgung bleibt ein Eingriff am eigenen Herzen für die meisten Patienten
mit Ängsten verbunden. Ein Informationsfilm des Herz- und Diabeteszentrum
NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, stellt deshalb anlässlich des
Internationalen Tags der Patientensicherheit am 17. September vor, wie
sorgfältig das Vorgehen der Spezialisten vor, während und nach einer
Operation ist. Fest etablierte Sicherheitsstandards im HDZ NRW haben dazu
beitragen, dass das Sterblichkeitsrisiko in Bad Oeynhausen bei sämtlichen
Verfahren seit Jahren deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt.
„Als Faustregel gilt: Je größer die Erfahrung des interdisziplinären
Behandlungsteams, umso sicherer ist das Verfahren für die Patienten und
umso besser und langfristig gut fällt das Ergebnis aus“, sagt Prof. Dr.
Jan Gummert als Ärztlicher Direktor stellvertretend für Kliniken,
Institute und Abteilungen am HDZ NRW. „Eingespielte Abläufe in der
stationären Versorgung ebenso wie im OP-Saal sowie Teamarbeit der
verschiedensten Fachrichtungen und Ebenen sind enorm wichtig“, betont
Pflegedirektor Christian Siegling. Der Masterplan für Patientensicherheit
am HDZ NRW beruhe zudem wesentlich auf einem Therapiekonzept, das höchst
individuell auf die Schwere der Erkrankung sowie mögliche
Begleiterkrankungen und zusätzliche Risikofaktoren ausgerichtet sei. Dazu
gehöre selbstverständlich auch, dass Fragen nach Behandlungsrisiken nicht
erst mit Einleiten der Narkose gestellt werden, sondern eine entsprechende
Beurteilung bereits deutlich zuvor stattfinde.
Vor der Operation
Noch vor der stationären Aufnahme klärt eine Herzkonferenz zwischen
Kardiologen und Herzchirurgen die Voraussetzungen für den Eingriff. Je
nach Voruntersuchungsergebnissen legen die Spezialisten eine individuelle
Operationsstrategie fest. Eine Abstimmung mit der Hausarztpraxis ist
besonders ratsam, wenn bestimmte Medikamente eingenommen werden und die
Medikamentengabe vor der Operation umgestellt werden muss. Risikofaktoren
wie Karies und entzündete Zahnwurzeln, Einengungen der Halsschlagader,
eine beeinträchtigte Lungenfunktion oder Nikotingenuss können das
Operationsergebnis beeinträchtigen. Um die Gefahr von
Durchblutungsstörungen, bakteriellen Entzündungen oder eines Schlaganfalls
so gering wie möglich zu halten, können daher vorab noch weitere
Voruntersuchungen, zahnärztliche Behandlungen oder Medikamentengaben
notwendig sein. Eine häufige und schwerwiegende Komplikation vor allem bei
Patientinnen und Patienten über 65 Jahren ist das postoperative Delir.
Unter Federführung der Anästhesie und Herzchirurgie hat sich am HDZ NRW
ein strukturiertes, multiprofessionelles Delirmanagement bewährt, dass die
Delirhäufigkeit und -dauer reduziert und damit zu weniger bleibenden,
alltagsrelevanten kognitiven Störungen nach dem Krankenhausaufenthalt
führt. Um spezielle Fragen zur Narkose und OP-Vorbereitung zu besprechen,
bietet das Institut für Anästhesiologie und Schmerztherapie unter der
Leitung von Prof. Dr. Vera von Dossow neben einem üblichen
Aufklärungsgespräch auch Beratungstermine und Videosprechstunden vorab an.
In der Klinik
Vom Tag der stationären Aufnahme an beginnt die systematische Vorbereitung
auf die Operation, bei der sämtliche Voruntersuchungen nochmals
begutachtet werden. Experten sprechen von einer sogenannten „Präoperativen
Risikostratifizierung und Überwachung“, die sich nach den Leitlinien der
Fachgesellschaften richten und zusammen mit einem an den Bedürfnissen der
Patienten orientierten Pflegekonzept insbesondere bei komplexen
Operationen und gebrechlichen Patienten einen besseren Behandlungserfolg
verspricht. Patienten, die unter hoher Anspannung oder einer psychischen
Erkrankung leiden, wird eine psychotherapeutische Mitversorgung angeboten.
Am Operationstag werden im Einleitungsraum die Vorbereitungen für die
Narkose getroffen. Dazu zählen eine kontinuierliche Blutdrucküberwachung
und die Überwachung der Sauerstoffsättigung im Blut. Während der gesamten
Operationszeit werden außerdem die Gehirnströme und die
Sauerstoffsättigung des Gehirns gemessen, um eine zu tiefe oder zu flache
Narkose zu vermeiden. Modernste Medizintechnik, spezielle Verfahren der
Herz-Kreislauf-Überwachung und sämtliche verfügbaren Medikamente sorgen zu
jedem Zeitpunkt im Operationssaal und anschließend auf der Intensivstation
für größtmögliche Behandlungssicherheit.
Beim Screening nach der Operation übernehmen Pflegende als feste
Bezugspersonen für Patienten und Angehörige die Verantwortung für den
weiteren Behandlungsprozess auf der Intensivstation. Das gilt insbesondere
für Delir-Risikopatienten. Intensivpflegekräfte überprüfen u.a. den
Schlaf-Wach-Rhythmus, die Kommunikationsfähigkeit und Re-Orientierung nach
dem Aufwachen aus der Narkose, so dass bei Auffälligkeiten Fachärzte oder
Psychologen aus dem interdisziplinären Team hinzugezogen werden können.
Zum Genesungsprozess auf der Intensivstation zählt auch, dass die
Patienten nach der Operation so früh wie möglich mobilisiert werden
können. Die Genesungsfortschritte werden in der klinischen Physiotherapie
dokumentiert.
Nach der Operation
„Patientinnen und Patienten fühlen sich sicher und gut aufgehoben, wenn
sie wahrnehmen, dass die verschiedensten Berufsgruppen, die sich im
Klinikum um sie kümmern, genau wissen, was sie tun, und ihr Handeln strikt
aufeinander abstimmen“, beschreibt Martin König, Patientenfürsprecher und
langjähriger Pflegedienstleiter das strukturierte Versorgungskonzept im
HDZ NRW. „Sich jederzeit nach der Entlassung bei Fragen oder zur Nachsorge
an die Operationsklinik wenden zu können, ist außerdem sehr wichtig.“
Diesen Masterplan rund um die sichere Herzoperation beschreibt das neue
Video, das in Zusammenarbeit mit dem Medizintechnik-Unternehmen Edwards
Lifesciences entstanden ist und anlässlich des weltweiten Jahrestags für
Patientensicherheit veröffentlicht wird. Es ist ab 17. September 2022 über
die Homepage des HDZ NRW aufzurufen.
www.hdz-nrw.de
Quellen: Leistungsstatistik DGTHG 2020, Focus 2021, Herzbericht 2020, HDZ
NRW: Behandlungsergebnisse nach Eingriffen am Herzen (2021)
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Als Spezialklinik zur Behandlung von Herz-, Kreislauf- und
Diabeteserkrankungen zählt das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-
Westfalen (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, mit 35.000 Patientinnen und Patienten
pro Jahr, davon 14.600 in stationärer Behandlung, zu den größten und
modernsten Zentren seiner Art in Europa. Es ist bekannt als Deutschlands
größtes Herztransplantationszentrum. Unter einem Dach arbeiten fünf
Universitätskliniken und Institute seit über 35 Jahren interdisziplinär
zusammen. Das HDZ NRW ist Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum.
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