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Neue Studie zur Chancengleichheit in der Hämatologie und Onkologie

Die Hämatologie und Onkologie ist eines der innova­tivsten Fachgebiete in
der gesamten Medizin und damit auf die Gewinnung von exzellent
ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten angewiesen. Darüber hinaus wird durch
den demografischen Wandel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine
wachsende Anzahl von Patientinnen und Patienten mit Blut- und
Krebserkrankungen auf einem hohen medizinischen Niveau zu versorgen sein.
Doch wie ist es mit Blick auf die Chancengleichheit von Ärztinnen und
Ärzten im Bereich der Hämatologie und Onkologie bestellt?

Dieser Frage hat sich eine unter den Mitgliedern der DGHO Deutsche
Gesell­schaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. sowie der
österrei­chischen und den schweizerischen Fachgesellschaften durchgeführte
Umfrage gewidmet. Die Ergebnisse wurden nun im 19. Band der
Gesundheits­politischen Schriftenreihe der DGHO veröffentlicht.

Chancengleichheit: für das Fachgebiet unabdingbar

Bereits seit Ende der 90er Jahre machen Frauen mehr als die Hälfte der
Medizin­studierenden in Deutschland aus – inzwischen sind es etwa 64
Prozent. Doch während es immer mehr hochqualifizierte Ärztinnen gibt, sind
Frauenkarrieren in Spitzenpositionen noch eher selten. Dieses Phänomen des
‚Verlustes von Ärztinnen‘ im Rahmen beruflicher Karrieren wurde in
verschiedenen Untersu­chungen beschrieben. Dass sich sowohl die gesamte
Medizin als auch die Hämatologie diesen Verlust nicht leisten kann und auf
exzellent ausgebildete Ärztinnen angewiesen ist, machte Prof. Dr. med.
Hermann Einsele, Geschäfts­führender Vorsitzender der DGHO und Direktor
der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Würzburg, deutlich.
„Als Fachgesellschaft haben wir uns bereits 2015 in Form eines Bandes der
Gesundheitspolitischen Schriftenreihe intensiv mit dem Thema der Förderung
von Ärztinnen auseinandergesetzt und diesen Diskussionsprozess mit den
Positionspapieren ‚Gegenwart und Zukunft der Medizinischen Onkologie‘ und
‚Paritätische Positionierung von Frauen in der Hämatologie und
Medizinischen Onkologie‘ in den Jahren 2018 und 2019 fortge­führt. Dabei
haben wir immer betont, dass es ein zentraler Baustein unserer
Zukunftsarbeit sein muss, exzellent ausgebildete Ärztinnen sowohl für die
Hämato­logie und Onkologie zu gewinnen als auch Rahmenbedingungen zu
schaffen, die Karrieremöglichkeiten in unserem Fachgebiet eröffnen. Zur
Wahrheit gehört aber auch, dass wir mit der Chancengleichheit noch nicht
da angekommen sind, wo wir hinwollen. In diesem Zusammenhang war es Ziel
der durchgeführten Umfrage, ein realistisches Bild der Chancengleichheit
zu erhalten.“

Chancengleichheit: Wo stehen wir?

Diese Motivation zur Studie bestätigt Prof. Dr. med. Diana Lüftner, 1.
Vorsitzende des DGHO-Arbeitskreises ‚Frauen in der Hämatologie und
Onkologie‘ und Chef­ärztin an der Immanuel Klinik Märkische Schweiz.
„Obwohl in den Jahren 2015, 2018 und 2019, in denen die DGHO einen Band
ihrer Gesundheitspolitischen Schriftenreihe und ihre Positionspapiere
veröffentlicht hat, die eingeschränkte Chancengleichheit von Ärztinnen
gegenüber Ärzten zweifelsfrei existierte, gab es seinerzeit wenig
verfügbare – und vor allem belastbare – Zahlen. Dabei hat sich das Fehlen
dieser Daten auch in den Folgejahren nicht wesentlich geändert. Das hat
uns zu den Fragen geführt: Welche karriereförderlichen und -hinderlichen
Faktoren gibt es heute? Und wie steht es konkret um die Chancengleichheit
in der Hämato­logie und Onkologie?“

Die vom Verein zur Förderung der Weiterbildung in der Hämatologie und
Onkologie e. V. (WBHO) geförderte und unter den Mitgliedern der DGHO, der
Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie
(OeGHO), der Schwei­zerischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie
(SGMO) und der Schweizeri­schen Gesellschaft für Hämatologie (SGH)
durchgeführte Umfrage hatte nun eben genau das zum Ziel: die Erhebung des
Status quo und unter anderem die Identifizie­rung von karrierehinderlichen
Faktoren. Dabei, so Maike Busson-Spielberger M. A., Leiterin des
Studienteams und Sprecherin der bukof Kommission Klinika, zeige sich bei
der durchgeführten Umfrage mit Blick auf den Bereich der Gleichstellung
ein nahezu unveränderter Stand gegenüber den Vorjahren. „Unsere
Untersuchung hat gezeigt, dass Arbeitsorganisation, Arbeitszeitmanagement
und Führungskultur die Karriereoptionen von Ärztinnen und teilweise auch
von Ärzten in der Hämatologie und Onkologie nicht in einem wünschenswerten
und ausreichenden Umfang unterstützen. Dabei stehen
Betreuungsmöglichkeiten für Kinder aller Altersstufen sowie für zu
pflegende Angehörige weiterhin auf der ‚Wunschliste‘ der Befragten.
Darüber hinaus fehlt es vielerorts noch an flexiblen
Teilzeitarbeitsmodellen. Vielfach gewünschte Teilzeitoptionen sowohl für
die Facharztweiterbildung als auch für Führungspositionen sind noch nicht
in einem ausreichenden Maße implementiert. Jobsharing und Topsharing
bleiben mithin Desiderata. Auch Diskriminierung auf­grund des Geschlechts
ist noch immer Teil des beruflichen Alltags von Ärztinnen. Für eine
nachhaltige Veränderung der Situation braucht es aus unserer Sicht sowohl
ein Umdenken in den Führungsstrukturen als auch ein Bündel an prakti­schen
Maßnahmen“, so Busson-Spielberger.

Chancengleichheit: Wo wollen wir hin?

Dass es zur Realisierung von wirklicher Chancengleichheit tatsächlich ein
ganzes Bündel an Maßnahmen braucht, betonte auch Prof. Dr. med. Katja
Weisel, 2. Vor­sitzende des DGHO-Arbeitskreises ‚Frauen in der Hämatologie
und Onkologie‘ und stellvertretende Direktorin des Universitären Cancer
Center Hamburg (UCCH). „Mit der Studie konnten wir nun – basierend auf den
Antworten der Befragten – Kernaspekte herausarbeiten, die unserer Meinung
nach für die Herstellung von Chancengleichheit wichtig sind. Zu den
Maßnahmen gehören aus unserer Sicht: die Bereitstellung eines aktuellen
und transparenten Gendercontrollings, die Steigerung des Frauenanteils in
den wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften und ihren Gremien,
Fortbildungsangebote für Ärztinnen zu Netzwerken, Gremien und kollegialer
Beratung, Frauen-Mentoring-Programme, verbindliche Rückkehrverein­barungen
für Ärztinnen und Ärzte, die Elternzeit antreten, diskriminierungsfreie
Neuformulierung der Weiterbildungsordnung mit Teilzeitoptionen,
Etablierung von Teilzeitoptionen für leitende ärztliche und
wissenschaftliche Tätigkeiten, Fort­bildungsangebote für Führungskräfte zu
zeitgemäßem Arbeitszeit- und Arbeits­organisationsmanagement,
Fortbildungsangebote zur Sensibilisierung gegenüber Alltagssexismus und
die Beachtung des Gebots zur öffentlichen Ausschreibung freier Stellen,
insbesondere freier oder freiwerdender oberärztlicher Stellen.“

In diesem Zusammenhang machte Prof. Dr. med. Maike de Wit, Mitglied im
Vorstand der DGHO und Chefärztin der Klinik für Innere Medizin –
Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Vivantes Klinikum Neukölln
und dem Auguste-Viktoria-Klinikum, deutlich, dass es sich bei den
Veränderungen von gewachsenen Strukturen immer um längere Prozesse
handele. „Wir können nicht alles von heute auf morgen verändern, aber wir
können Impulse geben und damit sowohl auf institutioneller als auch auf
kollegialer Ebene zu Diskussionen anregen. Und diese Diskussionen wiederum
können dann Ausgangspunkt für wirkliche Veränderungen sein.“

Der 19. Band der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO
„Ergeb­nisse der Umfrage zur Erfassung der Parität von Ärztinnen in
Führungsposi­tionen und Gremien in Deutschland, Österreich und der
Schweiz“ kann heruntergeladen werden unter:
https://www.dgho.de/publikationen/schriftenreihen/frauenfoerderung

Über die DGHO

Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie
e. V. besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.800 Mitglieder,
die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer
Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und
Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der
Wissensdatenbank, mit der Durch­führung von Fachtagungen und
Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesund­heitspolitischen Engagement
fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versor­gung von Patientinnen
und Patienten im Fachgebiet. In mehr als 30 Themen-zentrierten
Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die Weiterentwicklung
der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie.
Informationen unter: https://www.dgho.de

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Ausgrenzung entgegenwirken: Wie Demenzerkrankte in der Langzeitpflege besser sozial integriert werden

Das Leben in einer Langzeitpflegeeinrichtung kann demenzerkrankte ältere
Menschen vor große Herausforderungen stellen: Ihr Alltag wird
reglementiert und kontrolliert durch Fachpersonal. Oft können sie nicht
mehr an wichtigen Aktivitäten innerhalb und außerhalb ihrer Einrichtung
teilnehmen. Dadurch erfahren sie soziale Ausgrenzung auf vielfältige Weise
– in den vergangenen Jahren sogar verstärkt durch die Auswirkungen der
Corona-Pandemie. Der Psychologe Professor Feliciano Villar von der
Universität Barcelona setzt sich mit seiner Forschungsarbeit dafür ein,
die Teilhabe dieser Menschen am sozialen und gesellschaftlichen Leben zu
verbessern.

„Wir müssen unsere Erwartungen an die Art der Pflege, die wir hier für
akzeptabel halten, überdenken. Nur so können wir die Situation auch
positiv ändern“, sagt er. Mit welchen konkreten Maßnahmen auf
unterschiedlichen Ebenen das gelingen kann, präsentiert Villar in seiner
Keynote-Lecture beim gemeinsamen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft
für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und
Geriatrie (DGGG), der vom 12. bis 15. September in Frankfurt am Main
stattfindet.

Villar unterscheidet drei Ebenen, in denen die Aktivitäten von
Demenzerkrankten in der Langzeitpflege verbessert, beziehungsweise
gefördert werden könnten: Selfcare, Teilhabe und Entscheidungsfindung bei
Aktivitäten innerhalb der Einrichtung sowie Bürgerbeteiligung in der
Gemeinschaft. „Demenzerkrankte sollen in die Lage versetzt werden können,
mehr Kontrolle über Aktivitäten zu haben, die ihre Selbstpflege
betreffen“, unterstreicht der Psychologe. Dafür wird er unter anderem ein
positives Beispiel aus seiner Forschung anführen, bei dem Menschen mit
Demenz bei ärztlichen Gesprächen über ihre weitere Behandlung mit
involviert wurden. „Das hat auch enorme Auswirkungen auf die Sichtweise
des Personals“, ergänzt er. Auch bei der Teilhabe an Aktivitäten in den
Pflegeeinrichtungen sieht Professor Villar Potenzial. So könnten
betroffene Bewohner oder Bewohnerinnen zum Beispiel mehr bei der
Gestaltung von Veranstaltungen wie Konzerten involviert werden, indem auch
ihre Präferenzen und Wünsche mitberücksichtigt werden.

Warum Demenzerkrankte auch mehr Bürgerrechte wahrnehmen sollten

„Pflegebedürftigen mit Demenz sollten die gleichen Bürgerrechte
zugestanden werden, zum Beispiel sollten sie ihr Recht zu wählen
wahrnehmen können“, sagt Villar. Auch die Mitgliedschaft in Organisationen
oder Verbänden außerhalb der Pflegeeinrichtung sollte gefördert werden, um
individuellen Interessen nachgehen zu können. „Diese dritte Ebene der
bürgerlichen Teilhabe ist sicherlich am schwierigsten umzusetzen. Ich
glaube aber, dass Verbesserungen auf den ersten beiden Ebenen der Teilhabe
auch den Weg dorthin vereinfachen, weil die Betroffenen dadurch
selbstständiger und selbstbewusster werden, um auch außerhalb ihrer
Einrichtung aktiv zu werden.“ Um diese Maßnahmen umzusetzen, bedarf es
natürlich auch struktureller Veränderungen: zum Beispiel kleinere
Langzeitpflegeeinrichtungen, die eine personenzentriertere Pflege
unterstützen.

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Zur Person:
Professor Feliciano Villar ist Psychologe an der Universität Barcelona.
Seine Forschungs- und Lehrtätigkeit konzentriert sich seit vielen Jahren
auf die Psychologie des Alterns. Insbesondere befasst er sich mit den
Themen Generativität, Teilhabe und soziale Eingliederung älterer Menschen
sowie mit den Bereichen personenzentrierte Pflege, Rechte und
Humanisierung der Pflege für ältere Menschen, insbesondere für diejenigen,
die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Villar ist Generalkoordinator
des interuniversitären Masterstudiengangs Psychogerontologie, der
gleichzeitig an den Universitäten von Barcelona, Valencia, Santiago de
Compostela und Salamanca angeboten wird. Er ist Mitglied der Spanish
Society of Geriatrics and Gerontology.

Termin:
Prof. Feliciano Villar
Keynote-Lecture: Social inclusion and citizenship of people with dementia
living in institutions
Gerontologie- und Geriatrie-Kongress
Hörsaal 3, Westend-Campus, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Mittwoch, 14. September 2022
14:45 bis 15:30 Uhr

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Leistenschmerz: Woher kann er kommen, wie wird er untersucht?

on Leistenschmerzen betroffen sind vor allem Sportler, deren
Bewegungsablauf durch eher einseitige körperliche Belastungen mit
schnellen, wechselnden Bewegungen gekennzeichnet ist. Woher der
Leistenschmerz genau kommt und wie er diagnostiziert wird, dazu gibt es
einen Workshop mit Dr.med. Andreas Koch, Facharzt für
Chirurgie/Viszeralchirurgie aus Cottbus auf dem 13. Zeulenrodaer Kongress
für Orthopädie und Sportorthopädie.

Gerade bei Fußballspielern, die im Laufschritt tretende und drehende
Bewegungen ausführen, mit abrupten Richtungswechseln und kombiniert mit
kraftvollem Schießen des Balles, ist der akut einsetzende Leistenschmerz
häufig zu beobachten. Bei Mannschaftssportarten wie Rugby, Football, Eis-
und Feldhockey ist vermehrt ein durch Leistenschmerz bedingter Ausfall der
Spieler zu verzeichnen. Aber auch Tennisspieler und Marathonläufer sind
durch ihre besondere Belastung nicht selten betroffen. Bereits beim
einfachen Joggen konnte eine Belastung des Hüftgelenkes mit dem 8-Fachen
des eigenen Körpergewichts nachgewiesen werden, was sich unter sportlichen
Wettkampfbedingungen weiter erhöht.

Männer sind aufgrund ihrer Beckenkonfiguration häufiger von
Leistenschmerzen betroffen, als Frauen. Und auch im Freizeitsport treten
Leistenschmerzen durchaus auf, wenn sie sich bei den Profisportlern jedoch
durchaus häufiger zeigen.

Trotz der Häufigkeit von Leistenschmerzen bei Sportlern zeigt sich nach
wie vor eine große diagnostische Unsicherheit. Es fehlen klare
Begriffsdefinitionen, sodass eine Vermengung von Diagnosen wie weiche
Leiste, Sportlerleiste, Osteitis pubis, Pubalgia athletica etc. überwiegt.

Die breite Schwankung der Häufigkeit in der Diagnosestellung einer weichen
Leiste bei Sportlern mit Leistenschmerzen (zwischen 2 und 50  Prozent!)
spiegelt die diagnostische Unsicherheit wider.

Dabei ist die klare Differenzierung der zugrundeliegenden Pathologie
entscheidend, um unnötige Operationen zu vermeiden, dauerhaften Schäden
vorzubeugen und den Patienten einer zielgerichteten Therapie zuzuführen.

Die diagnostische Abklärung von Sportlern mit Leistenschmerzen zeigt meist
einen typischen Verlauf. Vor allem bei akut einsetzenden Beschwerden wird
zunächst der betreuende Sportmediziner oder Sportorthopäde aufgesucht.
Eine entsprechend sorgfältige Abklärung fachspezifischer Ursachen ist
entscheidend. Zuerst erfolgt eine klinische Untersuchung und die
entsprechende Bildgebung, als Erstes Ultraschall. Dies ermöglicht den
Nachweis bzw. den Ausschluss knöcherner und gelenkbedingter
Schmerzursachen. Dabei ist eine fachübergreifende Konsultation
hinsichtlich der oft diffizilen Differenzialdiagnostik des
Leistenschmerzes sinnvoll und hilfreich.

Eine multidisziplinäre Abklärung ermöglicht bei unklaren Schmerzursachen
eine rasche Diagnosestellung und Einleitung einer gezielten Therapie. Die
primäre Aufgabe des Orthopäden liegt darin, muskuloskelettale Ursachen zu
erkennen bzw. auszuschließen. Dabei ist häufig eine weiterführende
Diagnostik (CT/MRT) notwendig, da viele orthopädische Ursachen von
Leistenschmerzen erst durch eine gezielte – auch apparative – Diagnostik
zu verifizieren sind. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da eine –immer
noch häufig übersehene – präarthrotische Deformität der Hüfte wie das
femoroacetabuläre Impingement zu einer irreversiblen Gelenkschädigung
führen kann.

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Was ist ein Pflegegutachter?

Pflegetätigkeit Symbolbild dominik lange unsplash
Pflegetätigkeit Symbolbild Dominik Lange unsplash

Wer eine Ausbildung im Pflegebereich absolviert hat, kann sich durch eine Weiterbildung zum Pflegegutachter ein neues Tätigkeitsfeld erschließen. Die Aufgabengebiete befinden sich überall, wo es um Bewertungen und pflegerische Überprüfungen geht. Tritt in der Familie ein Pflegefall ein, stellt die Pflegeversicherung in Form eines Pflegegrades Gelder zur Verfügung. In welcher Höhe diese bewilligt werden, hängt von der Einschätzung eines Pflegegutachters ab.

Nach einer Weiterbildung zum Pflegegutachter arbeiten diese Fachkräfte bei ambulanten Pflegediensten, in Pflegeeinrichtungen und auch in Krankenhäusern. In diesen Einsatzgebieten geht es um Qualitätsbewertungen für erbrachte Pflegeleistungen. Die Beurteilung, wie die medizinische und soziale Behandlung erfolgte, gehört ebenfalls zu den Aufgaben dieses Berufsbildes.

Pflegegutachter arbeiten auch in Beratungsstellen, in denen sich Pflegebedürftige und deren Angehörigen über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren können. Bei juristischen Streitfällen treten sie auch vor Gericht auf.
Die meisten Menschen kommen mit einem Pflegegutachter in Berührung, wenn sie für sich oder einen Angehörigen einen Pflegegrad beantragen wollen. Dieser ist Voraussetzung, um Leistungen von der Pflegekasse zu erhalten. Wer gepflegt werden muss, braucht Unterstützung durch einen Pflegedienst oder Familienangehörige. Beides kostet Geld und wird nur auf Antrag bereitgestellt.

Pflege kostet Geld


Mit einem zuerkannten Pflegegrad können Pflegedienste in Form von Sachleistungen die Betreuung der zu pflegenden Person übernehmen. Körperpflege, Hilfe bei Toilettengängen, Bereitstellung der Medikamente und die Übernahme von Aufgaben im Haushalt gehören zu den Tätigkeiten, die ein Pflegedienst anbietet. Entsprechend der Höhe des erteilten Pflegegrades stehen monatliche finanzielle Mittel zur Bezahlung dieser Betreuung bereit.

Übernehmen Angehörige die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen, braucht es ebenfalls Gelder zur Unterstützung. Oft treten die Angehörigen im Berufsleben kürzen, was zu finanziellen Einbußen führen kann. Wird das Familienmitglied im eigenen Heim betreut, bedeutet das zusätzliche Fahrten für die Angehörigen. Einkaufen, den Haushalt regeln, die Pflege eines Gartens und Freizeit mit dem Pflegebedürftigen verbringen - diese Dinge nehmen schnell sehr viel Zeit in Anspruch, die für die eigene Familie fehlt.

Wenn der Pflegegutachter kommt


Wird es zunehmend schwierig, den Alltag aus eigener Kraft zu meistern, kann ein Pflegegrad beantragt werden. Der formlose Antrag wird von der Pflegekasse an den MDK oder MEDICPROOF weitergeleitet. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist für alle gesetzlich versicherten Antragsteller zuständig. Anträge von privat Versicherten werden vom Medizinischen Dienst der Privaten (MEDICPROOF) bearbeitet.

Ist der Antrag auf Erteilung einer Pflegestufe eingegangen, wird ein Pflegegutachter bestellt und der Antragsteller erhält einen Termin für die Begutachtung.

Seit der Pflegereform im Jahr 2017 werden anstelle von Pflegestufen fünf Pflegegrade vergeben. Um in dieses System eingestuft zu werden, macht sich ein Pflegegutachter vor Ort ein persönliches Bild von der pflegebedürftigen Person und ihrem Umfeld. Vor der Reform wurde eingeschätzt, welche Einschränkungen bei der pflegebedürftigen Person vorliegen. Heute steht die Selbstständigkeit des Menschen im Vordergrund und es wird beurteilt, in welcher Intensität der Betroffene seinen Alltag alleine bewerkstelligen kann.

Die Situation objektiv beurteilen


Die Begutachtung gliedert sich in mehrere Themengebiete, zu denen der Pflegegutachter verschiedene Fragen stellt. Es werden gesundheitliche Einschränkungen aufgenommen und es wird erörtert, inwieweit die tägliche Körperpflege ohne fremde Hilfe erfolgen kann. Mobilität und die Fähigkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gehören ebenso zum Fragenkatalog.

Außerdem kommt zur Sprache, in welcher psychischen Verfassung sich der pflegebedürftige Mensch befindet. Angehörige, die den Patienten betreuen, werden nach der Stundenzahl gefragt, in der sie sich um den Patienten kümmern.

Während des Gespräches notiert der Pflegegutachter alle wichtigen Informationen, die er später in konkrete Zahlenwerte umformuliert. Anhand dieser wird einer der fünf Pflegegrade vergeben, der mit Geldmitteln unterschiedlicher Höhe zusammenhängt.

Beratungsgespräche und Höherstufungen


Wurde ein Pflegegrad zuerkannt, bleibt es nicht bei einem einmaligen Besuch des Pflegegutachters. Verschlechtert sich der Zustand der pflegebedürftigen Person, braucht es eine intensivere Form der Betreuung. Dann sollte eine Einstufung in einen höheren Pflegegrad in Betracht gezogen werden.

Wurden die Pflegegrade 2 oder 3 erteilt, müssen Pflegebedürftige halbjährlich ein sogenanntes Beratungsgespräch wahrnehmen. In diesem Fall kommen Pflegegutachter erneut ins Haus, um die aktuelle Situation zu beurteilen und dem Pflegebedürftigen sowie seinen Angehörigen beratend zur Seite zu stehen. Dabei handelt es sich um verpflichtende Termine. Werden diese nicht wahrgenommen, kann es zur Kürzung des Pflegegeldes oder der Pflegesachleistungen kommen.

Wer den vierten oder fünften Pflegegrad besitzt, muss das Beratungsgespräch vierteljährlich wahrnehmen. Neben der Möglichkeit, weitere Unterstützung zu erhalten, geht es um die engmaschige Begutachtung des Gesundheitszustandes. Dieser kann sich in beide Richtungen entwickeln, was die Veränderung des Pflegegrades bedeutet. Hier sind Pflegegutachter angehalten, sofort zu reagieren, wenn sich die Dinge zum Besseren oder Schlechteren verändern.

Der Pflegegrad eins bildet die Ausnahme. Hier gibt es keine Verpflichtung zu einem Beratungsgespräch. Wer diesen Pflegegrad besitzt, darf auf eigenen Wunsch einmal pro Jahr kostenlos einen Beratungstermin bei einem Pflegegutachter wahrnehmen.

Fazit


Pflegegutachter verschaffen sich einen Überblick über die aktuelle Lebenssituation einer pflegebedürftigen Person und schätzen ein, welcher Pflegegrad zuerkannt wird. Das erfordert emotionale und fachliche Kompetenz, denn jedes Schicksal ist anders.

 

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