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Auto/Motor

Feldversuch untersucht Potenzial von Elektrofahrzeugen für Bereitstellung von Regelreserve

Das Potenzial von Elektrofahrzeugen zur Bereitstellung von Regelreserve im
Stromnetz soll in einem groß angelegten Feldversuch untersucht werden.
Bereits im Herbst 2020 hatten zehn E-Auto-Fahrer einen ersten Labortest
unterstützt, der unter wissenschaftlicher Begleitung des Fraunhofer-
Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE bereits
vielversprechend verlaufen war. Nun soll sich ein Feldtest mit über 100
Elektrofahrzeugen in der TransnetBW-Regelzone Baden-Württemberg
anschließen.

Im Herbst 2020 hatten zehn E-Auto-Fahrer einen ersten Labortest
unterstützt, der unter wissenschaftlicher Begleitung des Fraunhofer-
Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) bereits
vielversprechend verlaufen war. Dabei demonstrierte das niederländische
Unternehmen Jedlix erfolgreich seine Smart-Charging-Plattform und steuerte
den Ladeprozess der Fahrzeuge. In kleinem Maßstab zeigte der Test, wie
Elektrofahrzeuge auf simulierte Regelreserveabrufe eines
Übertragungsnetzbetreibers reagieren. Auch unerwartete Ereignisse, etwa
die Unterbrechung des Ladevorganges eines Fahrzeuges, konnten durch
intelligente Steuerung und den Einsatz von Ersatz-Fahrzeugen in Echtzeit
ausgeglichen werden.

»Bereits im Kleinen konnten unsere gemeinsamen Untersuchungen der
Labortests die technischen Möglichkeiten und Potenziale der Elektromobile
für die Stabilisierung des Netzes zeigen«, so Alexander Dreher,
Produktmanager Energiemanagementsysteme am Fraunhofer IEE. »Der nächste
große Schritt, ist die Skalierung der durchgeführten Tests und Befähigung
vieler Elektromobile im Pool Regelreserve bereitzustellen«.

Fahrer von Elektrofahrzeugen in Baden-Württemberg, die ihre Fahrzeuge
zuhause laden, sind nun eingeladen, an einem Feldtest mit über 100
Elektrofahrzeugen in der TransnetBW-Regelzone Baden-Württemberg
teilzunehmen. Die E-Autos werden über einen Zeitraum von rund drei Monaten
als virtuelles Kraftwerk zusammengeschaltet. Dabei soll untersucht werden,
inwiefern sich verteilte und an variablen Standorten angeschlossene
Elektrofahrzeuge zur Bereitstellung von Regelreserve für das Stromnetz
eignen. Momentan werden diese Reserven in erster Linie von großen und
mittelgroßen Kraftwerken bereitgestellt.

»Wir analysieren sehr genau, wie sich Elektrofahrzeuge für die
Stabilisierung des Netzes nutzen lassen. Sie haben das Potential, in
Zukunft Regelreserveleistung zur Verfügung zu stellen und so einen Beitrag
zu einer sicheren Stromversorgung zu leisten«, erklärt Kay Wiedemann,
Projektleiter bei TransnetBW.

Der Feldversuch soll auch zeigen, wie die Integration von Elektroautos in
den deutschen Markt für Regelreserve möglich wäre. Darüber hinaus lassen
sich regulatorische und technische Herausforderungen identifizieren, die
einer Teilnahme von Elektrofahrzeugen am Regelreservemarkt derzeit
entgegenstehen und mögliche Lösungen entwickeln, damit diese einen Beitrag
zu einem ausgeglichenen Energiesystem leisten können.

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DBU: Seilbahnen als umweltfreundliche Alternative zum Autoverkehr

Schwebend zum Ziel: Immer mehr Hoffnung ruht auf Seilbahnsystemen als umweltfreundliche Alternative im Stadtverkehr (hier ein Bild aus der Region Koblenz). Ein neues von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) fachlich und finanziell gefördertes Vorhaben untersucht eine solche Option. © Skyglide Event Deutschland GmbH
Schwebend zum Ziel: Immer mehr Hoffnung ruht auf Seilbahnsystemen als umweltfreundliche Alternative im Stadtverkehr (hier ein Bild aus der Region Koblenz). Ein neues von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) fachlich und finanziell gefördertes Vorhaben untersucht eine solche Option. © Skyglide Event Deutschland GmbH

Innenstädte leiden vielfach unter stockendem Verkehr und schlechter Luftqualität. Immer mehr Hoffnung ruht auf einer umweltfreundlichen Alternative im Stadtverkehr: Seilschwebebahnen als Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Das Ingenieurbüro „SSP Consult Beratende Ingenieure GmbH“ sowie das Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart entwickeln deshalb derzeit Methoden und Werkzeuge, um dieses neue Verkehrsmittel im urbanen Raum besser planen und entwerfen zu können. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das zweijährige Vorhaben fachlich und finanziell mit rund 300.700 Euro. 

Teil der Untersuchung ist auch, den Vergleich mit anderen Mobilitätsformen zu erleichtern. In vielen Stadtzentren sind die Verkehrswege ebenso wie öffentliche Verkehrsmittel überlastet. Staus und hohe Umweltbelastung, etwa durch Feinstaub-Stickoxide (NOx) und Lärm, sind die Folgen. „Wir brauchen Alternativen, um den Autoverkehr zu reduzieren und den ÖPNV zu ergänzen“, sagt DBU-Referatsleiterin für Architektur und Bauwesen, Sabine Djahanschah. 

Über den Dächern der Stadt

Eine Möglichkeit könnten Seilbahnsysteme sein, wie sie in Berggebieten oder bei großen Gartenbauveranstaltungen zum Einsatz kommen. „Im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln fehlen für deren Anwendung und Bewertung im Stadtraum jedoch bisher praktische Planungshilfen“, sagt Projektleiter Michael Welsch. Dabei hätten Seilschwebebahnen deutliche umweltrelevante Vorteile. Die Bauzeit sei kürzer, es müsse weniger Fläche versiegelt werden und der Material- und Ressourcenbedarf für Stützen und Stationen sei geringer als zum Beispiel bei Stadt- und S-Bahnen. Welsch: „Seilschwebebahnen sind sehr geräuscharm, zerschneiden kaum Natur- oder Bewegungsräume und bieten eine sehr gute CO2-Bilanz sowohl in der Herstellung als auch im Betrieb.“ 

Planungssicherheit für Kommunen

Mit Hilfe der nun zu entwickelnden Empfehlungen aus dem Förderprojekt soll Planungssicherheit für die kommunale Verwaltung und die lokale Politik entstehen. Das Ziel: möglichst bald Seilbahnsysteme als Ergänzung zum ÖPNV in deutschen Städten zu installieren. Projektleiter Welsch zu dem nun im zweijährigen Vorhaben zu entwickelnden Werkzeug: „Es soll die Bereiche Wirtschaftlichkeit, Umweltaspekte, Bevölkerungsakzeptanz und den gesamten Lebenszyklus betrachten.“ Dabei werden nach Welschs Worten unter anderem Indikatoren zum CO2-Fußabdruck, Lärm, Spiegelung und Schattenwurf und Flächenversiegelung einbezogen. Begleitet wird das DBU-Projekt durch einen Experten-Beirat aus Vertretern von Kommunen, Verbänden, Politik und Wissenschaft.

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Seilbahnen als umweltfreundliche Alternative zum Autoverkehr

DBU fördert Vorhaben zur Analyse künftiger Mobilitätsformen

Innenstädte leiden vielfach unter stockendem Verkehr und schlechter
Luftqualität. Immer mehr Hoffnung ruht auf einer umweltfreundlichen
Alternative im Stadtverkehr: Seilschwebebahnen als Ergänzung zum
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Das Ingenieurbüro „SSP Consult
Beratende Ingenieure GmbH“ sowie das Institut für Fördertechnik und
Logistik (IFT) der Universität Stuttgart entwickeln deshalb derzeit
Methoden und Werkzeuge, um dieses neue Verkehrsmittel im urbanen Raum
besser planen und entwerfen zu können. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt
(DBU) fördert das zweijährige Vorhaben fachlich und finanziell mit rund
300.700 Euro.

Teil der Untersuchung ist auch, den Vergleich mit anderen Mobilitätsformen
zu erleichtern. In vielen Stadtzentren sind die Verkehrswege ebenso wie
öffentliche Verkehrsmittel überlastet. Staus und hohe Umweltbelastung,
etwa durch Feinstaub-Stickoxide (NOx) und Lärm, sind die Folgen. „Wir
brauchen Alternativen, um den Autoverkehr zu reduzieren und den ÖPNV zu
ergänzen“, sagt DBU-Referatsleiterin für Architektur und Bauwesen, Sabine
Djahanschah.

Über den Dächern der Stadt

Eine Möglichkeit könnten Seilbahnsysteme sein, wie sie in Berggebieten
oder bei großen Gartenbauveranstaltungen zum Einsatz kommen. „Im Vergleich
zu anderen Verkehrsmitteln fehlen für deren Anwendung und Bewertung im
Stadtraum jedoch bisher praktische Planungshilfen“, sagt Projektleiter
Michael Welsch. Dabei hätten Seilschwebebahnen deutliche umweltrelevante
Vorteile. Die Bauzeit sei kürzer, es müsse weniger Fläche versiegelt
werden und der Material- und Ressourcenbedarf für Stützen und Stationen
sei geringer als zum Beispiel bei Stadt- und S-Bahnen. Welsch:
„Seilschwebebahnen sind sehr geräuscharm, zerschneiden kaum Natur- oder
Bewegungsräume und bieten eine sehr gute CO2-Bilanz sowohl in der
Herstellung als auch im Betrieb.“

Planungssicherheit für Kommunen

Mit Hilfe der nun zu entwickelnden Empfehlungen aus dem Förderprojekt soll
Planungssicherheit für die kommunale Verwaltung und die lokale Politik
entstehen. Das Ziel: möglichst bald Seilbahnsysteme als Ergänzung zum ÖPNV
in deutschen Städten zu installieren. Projektleiter Welsch zu dem nun im
zweijährigen Vorhaben zu entwickelnden Werkzeug: „Es soll die Bereiche
Wirtschaftlichkeit, Umweltaspekte, Bevölkerungsakzeptanz und den gesamten
Lebenszyklus betrachten.“ Dabei werden nach Welschs Worten unter anderem
Indikatoren zum CO2-Fußabdruck, Lärm, Spiegelung und Schattenwurf und
Flächenversiegelung einbezogen. Begleitet wird das DBU-Projekt durch einen
Experten-Beirat aus Vertretern von Kommunen, Verbänden, Politik und
Wissenschaft.

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Bessere Hybridautos: "Nicht nur diskutieren, sondern umsetzen" - Experteninterview mit Professor Hermann Koch-Gröber

HHN-Professor Koch-Gröber lehrt im Studiengang Automotive Systems Engineering. Sein Forschungsschwerpunkt sind die Antriebssysteme von Fahrzeugen.  HHN
HHN-Professor Koch-Gröber lehrt im Studiengang Automotive Systems Engineering. Sein Forschungsschwerpunkt sind die Antriebssysteme von Fahrzeugen. HHN

Professor Koch-Gröber lehrt im Studiengang
Automotive Systems Engineering. Sein Forschungsschwerpunkt sind die
Antriebssysteme von Fahrzeugen. Im Interview gibt er Antworten auf
wichtige Fragen zum vieldiskutierten Thema der "Plug-In-Hybrid Fahrzeuge".

Daneben stellt er das Hybrid-Konzept „100 hoch 3“ vor. Koch-Gröbers
Divise: "Wir haben die CO2-Emissionen rasch drastisch zu reduzieren, auch
im Verkehrsbereich. Wie wir dahin kommen, muss nicht nur diskutiert und
erforscht, sondern zeitnah umgesetzt werden."

Professor Koch-Gröber, 2019 gab es erst 66.997 Plug-In-Hybrid Fahrzeuge in
Deutschland. Hype sieht anders aus, oder?

Auch ohne Hype können wir vorankommen. 2020 haben sich die
Zulassungszahlen von Plug-in Hybriden und auch von Batterie-elektrischen
Fahrzeugen mehr als verdoppelt — zuletzt auf über 15 Prozent Markanteil.
Dies wird von großzügiger staatlicher Förderung befeuert. Und mit besseren
Fahrzeugkonzepten sehe ich hohes Wachstumspotenzial.

Zurzeit gibt es mehrheitlich nur Plug-In-Hybrid Fahrzeuge mit extrem
leistungsstarken Motoren, die auch entsprechend teuer sind. Wird es hier
bald ein Umdenken und eine andere Motorisierung geben?

Die Nachfrage nach teuren Fahrzeugen ist existent. Es ist eine Illusion zu
erwarten, dass Hersteller dieses Marksegments in Zeiten des Klimawandels
dem nicht nachkommen. Gut gemachte Plug-in-Hybride mit ausreichend
elektrischer Reichweite können bei hohen Fahrzeugpreisen leichter
dargestellt werden. So kann die Klimawirkung von Luxusautos signifikant
reduziert werden, was bisherige Hybridfahrzeuge nur eingeschränkt leisten.
Wer sich jedoch um die aktuelle Herausforderung nicht schert und weiter
dem Luxus eines spritfressenden Autos frönt, muss monetär mehr beitragen,
damit der Staat in Zeiten des Klimawandels bei hohem Ressourceneinsatz für
individuelle Mobilität andere Emissionsminderungen effizient initiieren
kann.
Für Umwelt und Klima ist es vordringlich, die große Anzahl an Pkw der
Kompakt- und Mittelklasse zu erreichen. Dazu können verbesserte Plug-in-
Hybride maßgeblich beitragen, weil sie auf bestehenden Fahrzeugplattformen
und Produktionsanlagen mit Anpassungsentwicklungen dargestellt werden
können.

Sie stehen für das Hybrid-Konzept „100 hoch 3“. Sind das die verbesserten
Plug-in-Hybride?

Ja. 100 mal 100 mal 100 – das sind die Eckdaten für Autos der
Kompaktklasse. Gemeint ist damit zunächst eine ausreichende Reichweite von
realen 100 Kilometern. Damit können die meisten 80- bis 90 Prozent ihrer
Strecken rein elektrisch fahren. Viele argumentieren, dass nur eine
Minderheit regelmäßige Arbeitswege über 40 Kilometer hätte. Das ist eine
Fehleinschätzung, denn auf dem Arbeitsweg macht man oft Umwege zum Einkauf
oder holt die Kinder ab. Ebenso sind Reserven in der Batteriekapazität
notwendig, um für den Winter oder fordernde Strecken gerüstet zu sein. Die
zweite 100 betrifft die elektrische Antriebsleistung. Unser Ziel sind hier
mindestens 100 PS. Wenn man deutlich darunterbliebe, würde bei vielen
Beschleunigungsvorgängen, wofür die Motorleistung im Fahrzeug in erster
Linie eingesetzt wird, der Verbrenner einspringen. Das gilt es wegen der
CO2-Emissionen zu vermeiden. Die dritte 100 bedeutet, dass dann ein
Verbrennungsmotor mit 100 PS ausreicht. Damit können Fahrer*innen
komfortabel auf Autobahnen zwischen 120 und 180 km/h fahren; ob schneller
gefahren werden muss, kann der gesunde Menschenverstand entscheiden.

Wie stehen Sie zu bestehenden Batterie- Fahrzeugen?

Die Attraktivität des Automobils ist seine Vielseitigkeit. Oft hören wir,
dass 80 Prozent aller Fahrten ohnehin unter 50 Kilometern blieben und
suggerieren, wir könnten doch prima mit heutigen batterieelektrischen
Fahrzeugen hinkommen. Der Trugschluss ist, dass viele weiterhin recht viel
Geld für ein Auto ausgeben, weil es genau diese 20 Prozent
“ungewöhnlicher“ Fahrten ermöglicht. Auch für mich haben batterie-
elektrische Fahrzeuge eine große Berechtigung, weil ein nicht kleiner
Marktanteil gut bedient wird: Zweit- und Drittfahrzeuge, innerstädtische
Dienstleistungen, wie mobile Pflege oder Auslieferungen. Daher kann ich
mir problemlos Markanteile von 30 bis 50 Prozent im Jahr 2030 vorstellen.
Am anderen Ende des Spektrums gibt es Nutzer*innen, die hohe Anteile an
Fernverkehr bestreiten, zum Beispiel im Außendienst. Bis auf Weiteres sehe
ich dieses kleinere Marktsegment mit einem modernen Diesel gut versorgt.
Denn viele können sich die hohen Preise eines langstreckentauglichen
Batterie-Fahrzeugs noch lange nicht leisten.

Bleiben wir bei Batterien. Die werden auch kritisch bewertet. Wie sieht
hier Status quo aus?

Es wird noch lange viel dafürsprechen, lieber dreimal so viele Autos als
verbesserte Plug-in-Hybride mit 20 kWh weitestgehend zu elektrifizieren,
statt große Kapazitäten von 60 kWh oder mehr in ein Batterieauto zu
verbauen. Ganz abgesehen von der Nachfrage im Fahrzeugmarkt sind
ökologischer- und sozialer Fußabdruck der Batterie-Produktion und
Rohstoffgewinnung heute nicht unkritisch, aber auch keineswegs ein
Totschlagargument. Wirtschaftliche Risiken werden aber schon offenkundig:
teilweise lange Lieferzeiten von Batterieautos, bei noch sehr begrenzten
Stückzahlen. Investoren werden positiv gestimmt durch den Abschluss
langfristiger Lieferverträge über Batterien. Die Autoindustrie hat
gegenüber Zulieferern selbst langjährig die unselige Praxis gepflegt,
bestehende Lieferverträge zu ignorieren und Preisnachlässe durchgedrückt.
Bei einem potenziell großen Nachfrageüberhang bei Batterien sehe ich das
große Risiko, dass wirtschaftliche Mechanismen die erwartete
Kostendegression eventuell sogar umkehren könnten. Deswegen spricht für
mich viel dafür, bei der Geschwindigkeit der Transformation den Bogen
nicht zu überspannen.

Welche Hersteller sind an dem Thema dran und wann ist mit entsprechenden
Fahrzeugen auf dem Markt zu rechnen?

Fast alle Hersteller bieten inzwischen Plug-in-Hybride. Aber kaum ein
Fahrzeug bietet mehr elektrische Reichweite, als es der Gesetzgeber
verlangt, um gefördert zu werden. Ich sehe das als strategischen Fehler,
die Nutzerperspektive nicht höher zu priorisieren. Das Kostenargument
überzeugt mich nicht, denn es geht um ca. 8 kWh zusätzlicher Kapazität,
die heute kaum mehr als 1.000 Euro kosten dürfte. Beim VW ID3 hat die
ProS-Version eine um 32 kWh größte Batterie als das Basismodell. Ab 2022
muss eine 60 Kilometer Reichweite dargestellt werden, um förderfähig zu
sein. Die Entwicklung geht in die richtige Richtung, aber noch zu langsam.
Immerhin hat Audi jüngst angekündigt, dass das wichtige Mittelklassemodell
A4 ab 2022 als Plug-in-Hybrid tatsächlich 100 Kilometer Reichweite haben
soll, dann werden Wettbewerber wie Daimler und BMW nachziehen.
Wichtig ist es, die in der Stückzahl dominierenden Autos mit Frontquer-
Motoren rasch zu erreichen. VW hat da mit dem neuen Platzhirsch Golf 8
leider eine Chance vertan: das Modell e-hybrid hat nur einen 54 PS starken
Elektromotor. Die älteren erinnern sich an die gleiche Leistung des Golf 1
Diesel, der sich schon vor 40 Jahren nur mäßig dynamisch fuhr. Er wog 850
kg, der Golf 8 e-hybrid jedoch 1600 kg – also wird der Verbrenner viel zu
häufig eingesetzt werden! Ich bin zuversichtlich, dass im Zuge von
Modelpflegen die Angebote in unsere Richtung modifiziert werden.

Sie haben jetzt mit Thomas Poreski, technologiepolitscher Sprecher der
Grünen-Landtagsfraktion, und Kai Burmeister, Gewerkschaftssekretär der IG
Metall Baden-Württemberg einen Lösungsvorschlag für zwei wichtige
gesellschaftliche Herausforderungen vorgestellt: Wie kann unser Klima
rasch wirksam geschützt und die zahlreichen Arbeitsplätze in der deutschen
Automobilindustrie gesichert werden? Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

Mit Thomas Poreski habe ich schon Anfang 2017 gut zusammengearbeitet und
ein Programm zur Nachqualifizierung von Dieselfahrzeugen erarbeitet, um
die damals noch weit verbreiteten überhöhten NO2-Immissionen zu
vermindern. Er hatte Kontakte zur IG Metall und Kai Burmeister hat sich
überzeugend eingebracht, den notwendigen Technologiewandel der
Antriebstechnik mit zu gestalten.

Sie stellen gemeinsam die These in den Raum, dass durch die Produktion von
Plug-In-Hybrid Fahrzeugen Arbeitsplätze gesichert werden können. Können
Sie uns diese These bitte erklären.

Ein großer Teil der Arbeitsplätze, die am Automobil hängen, sind in
Zulieferbetrieben verortet. Viele von diesen sind schon weit in der
Transformation einer elektrifizierten Antriebstechnik vorangekommen. Das
bedeutet hohe Vorleistungen in Entwicklung und Produktionsanlagen, die
auch in naher Zukunft nur begrenzt bisherige Umsätze sicherstellen können.
Dafür können zwar ggf. sinkende, aber im Volumen noch lange hohe
Stückzahlen an Komponenten von Verbrennungsmotoren die Transformation
tragen. Man braucht kein Wirtschaftsstudium für die Erkenntnis, dass bei
Krisen, welche die Substanz von Unternehmen tangieren, sehr schnell
Arbeitsplatzabbau auf die Agenda kommt. Übrigens sind nicht kleine Teile
unserer Arbeitsplätze in Entwicklungsgesellschaften oder bei
Dienstleistern zu Hause. Dort sind wechselnde Aufgabenstellungen Kern
ihrer Kompetenz, die sie in naher Zukunft auch für verbesserte
Hybridfahrzeuge einbringen dürften – wir können das!

Was fehlt Ihnen von der Politik zu diesem Thema?

Da gibt es viele Punkte: primär fehlt mir viel mehr Konsequenz, die
CO2-Emissionen rasch drastisch zu reduzieren, auch im Verkehrsbereich. Wie
wir dahin kommen, muss nicht nur diskutiert und erforscht, sondern zeitnah
umgesetzt werden. In der Politik werden aber leider viel zu engagiert
mittel- und langfristige Ziele diskutiert… zum Beispiel ob man 2034 die
Produktion von Verbrennungsmotoren verbieten sollte. Das ist für mich zu
billig, zu bequem, ganz nach dem Motto: bis dahin kann ja noch viel
passieren. Wenn wir bis 2030 40 Prozent (oder mehr) Reduktion der
Klimaemissionen im Verkehrssektor erreichen wollen, dann ist die
einfachste Leitlinie: ab sofort jedes Jahr vier Prozentpunkte weniger –
davon sind wir weit weg! Also muss der Staat viel konsequenter fördern und
fordern, auch wenn pauschale Argumente wie „Gängelung“ oder „Bürokratie“
aufkommen. Ohne Veränderungen im Verhalten der Menschen, bei denen ich
(mich eingeschlossen) „Trägheit“ – ohne Vorwurf— als recht prägend
wahrnehme, kommen wir nicht ausreichend voran. Drastische Einschnitte in
das Mobilitätsbedürfnis sind aber andererseits richtigerweise nicht
durchzusetzen.  Gerade als Ingenieur sage ich: alleine durch technische
Lösungen werden wir der Herausforderung nicht gerecht, aber intelligente
technische Lösungen können sehr helfen!

Sie als Experte – Was ist Ihr konkreter Vorschlag?

Bei vielen neuen Fahrzeugen und ab Anfang 2021 ist bei allen die so
genannte OBFCM an Bord: damit kann über den Diagnosestecker der Verbrauch,
bei Hybriden auch die Nutzung elektrischer Energie, ausgelesen werden.
Mein Vorschlag ist, einmal im Jahr bei einer Prüfstelle einen Beleg zu
bekommen, für den ich eine signifikante Steuergutschrift erhalte, wenn ich
sparsam fahre beziehungsweise den Plug-in-Hybrid überwiegend elektrisch
nutze. Dafür können die Kfz-Steuern dann erhöht werden. Wer sich nicht um
die aktuelle Herausforderung schert und weiter dem Luxus eines
V8-betriebenen Autos frönt, muss monetär mehr beitragen; wer sich bewusst
bewegt, wird über einige hundert Euro Steuergutschrift belohnt. Das sollte
auch graduell geregelt werden: je weiter ich einen Referenzverbrauch
unterschreite, umso mehr Gutschrift erhalte ich. Politisch sollte auch ein
Programm aufgelegt werden, dass Dienstwagenfahrer vom Unternehmen Boni
erhalten. Viel diskutierte Instrumente, wie Abschmelzen der
Pendlerpauschale oder des Steuervorteils von Diesel, halte ich auch für
sinnvoll, so lange es nicht zu drastisch ist.  Und ein generelles
Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen würde
schnell einige Prozent CO2-Minderung im Verkehrssektor bringen und eine
dreistellige Anzahl vermiedener Verkehrstoten.

Zum Schluss noch die Bitte um einen Blick in die Zukunft. Wann werden wir
mehrheitlich reine E-Autos auf den Straßen dieser Welt sehen?

Nun, zunächst bin ich Prof, was jedoch nicht die Abkürzung für Prophet
ist. Aber klar lohnt sich die Frage zu diskutieren. Es muss jedoch sauber
getrennt werden, ob wir über Neufahrzeuge oder den Bestand sprechen. Bei
Neuzulassungen in Deutschland kann ich mir gut einen Anteil von 50 Prozent
an Batterieautos für 2030 vorstellen. „Autos auf den Straßen“ bezeichnet
aber den Bestand, von dem die jährlichen Neuzulassungen in Deutschland nur
etwa 8 Prozent betragen. Bei einem mittleren Alter der Pkw von ca. 9
Jahren werden wir auch 2035 noch große Anteile mit Verbrennern haben, denn
deren Verbot wäre eine Enteignung, die ich nicht erwarte.

Hinweis: Auf der HHN-Website unter <www.hs-heilbronn.de/hybridfahrzeuge>
finden Sie das Interview in gesamter Länge.

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Hochschule Heilbronn – Kompetenz in Technik, Wirtschaft und Informatik
Mit ca. 8.200 Studierenden ist die Hochschule Heilbronn eine der größten
Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg.
Ihr Kompetenz-Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Technik, Wirtschaft und
Informatik. An vier Standorten in Heilbronn, Heilbronn-Sontheim, Künzelsau
und Schwäbisch Hall
bietet die Hochschule mehr als 50 Bachelor- und Masterstudiengänge an. Die
Hochschule pflegt enge Kooperationen mit Unternehmen aus der Region und
ist dadurch in Lehre,
Forschung und Praxis sehr stark vernetzt.

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