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Aus dem Leben gerissen: Plötzlicher Herztod bei jungen Menschen – wie davor schützen?

Junge Herzen retten: Für mehr Aufklärung und Forschung zu den Ursachen des
plötzlichen Herztods bei jungen Menschen starten die Herzstiftung, das
Zentrum für plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome in
Frankfurt und die Sportmedizin Saarbrücken die Initiative „Gemeinsam gegen
den plötzlichen Herztod“

Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache außerhalb von
Krankenhäusern. Jedes Jahr sterben in Deutschland über 65.000 Menschen
daran. Bei einem Großteil der Betroffenen bestand eine langjährige
Erkrankung der Herzkranzgefäße, die koronare Herzkrankheit (KHK). „Das hat
den Effekt, dass der plötzliche Herztod und seine Ursachen von vielen
Menschen eher als ein Problem des Alters wahrgenommen werden, weil die KHK
als Risikokrankheit für den plötzlichen Herztod meistens erst bei älteren
Menschen konkret in Erscheinung tritt. Aber nicht für alle Betroffenen des
plötzlichen Herztods ist das der Fall“, berichtet Herzspezialist Prof. Dr.
med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
„Auch junge sportliche Menschen unter 40 Jahren erleiden, wenn auch
selten, einen plötzlichen Herztod. Plötzlich und unerwartet kommt es bei
ihnen meist ohne die bekannten vorherigen Warnzeichen zum Herzstillstand“,
warnt Voigtländer. Das führte etwa der prominente Fall des dänischen
Profifußballers Christian Eriksen vor Augen. Dieser bekam während der EM
2021 auf dem Rasen einen plötzlichen Herztod, den er dank schneller
professioneller Reanimation überlebt hat. „Wir sehen für diese junge
Risikogruppe dringlichen Aufklärungsbedarf, etwa zu den ganz spezifischen
Ursachen, die hier einen plötzlichen Herztod bedingen können“, betont der
Kardiologe und Intensivmediziner.
Das Aufklären der Bevölkerung und ein besseres Verständnis der Ursachen
des plötzlichen Herztods bei jungen Menschen durch mehr Forschung stehen
daher im Fokus der neuen Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen
Herztod“. Die Deutsche Herzstiftung, das Zentrum für plötzlichen Herztod
und familiäre Arrhythmiesyndrome am Universitätsklinikum Frankfurt am Main
und das Institut für Sport- und Präventivmedizin der Universität des
Saarlandes starten diese Initiative gemeinsam unter anderem mit
Informationen für betroffene Familien und Interessierte unter
https://herzstiftung.de/junge-herzen-retten

Plötzlich und unerwartet sterben 1.000 bis 2.000 junge Menschen pro Jahr
In etwa 40 Prozent der Fälle sind die Betroffenen eines plötzlichen
Herztodes im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Im Alter von 1 bis 40 Jahren
rechnen Experten mit jährlich 1.000 bis 2.000 Todesfällen durch
plötzlichen Herztod in Deutschland – bei hoher Dunkelziffer. Im Sport
liegt die Häufigkeit bei 1 bis 2 Todesfällen pro 100.000 Sporttreibenden
pro Jahr. Ursachen des Herztodes im jungen Alter sind meistens angeborene
Herzfehler, Veränderungen der Herzkranzgefäße (Koronaranomalien),
Herzmuskelentzündung (Myokarditis) und vor allem genetisch bedingte
Herzerkrankungen. Aber auch Drogenkonsum (z. B. Kokain, Amphetamine) zählt
zu den Ursachen in diesem Lebensabschnitt. „Dass auch junge Menschen dem
plötzlichen Herztod – wenn auch selten – zum Opfer fallen können, wissen
viele nicht. Der plötzliche Herztod bei jungen, scheinbar gesunden
Menschen scheint meistens das erste Anzeichen der zugrundeliegenden
Erkrankung zu sein, weil die genannten Herzerkrankungen lange ohne
eindeutige Beschwerden verlaufen können“, erklärt Prof. Dr. Silke
Kauferstein, Leiterin des Zentrums für plötzlichen Herztod und familiäre
Arrhythmiesyndrome am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums
Frankfurt am Main. „Aufgrund der erblichen Komponente dieser
lebensgefährlichen Herzereignisse müssen wir potenzielle Risikogruppen in
der Bevölkerung für diese Thematik sensibilisieren.“

Den plötzlichen Herztod besser verstehen: Bundesweites Register für
Prävention
Am Zentrum für plötzlichen Herztod bauen Prof. Kauferstein und ihr Team
ein bundesweites Register für die Prävention plötzlicher Herztodesfälle
„RESCUED“ (REgister zur Prävention des Sudden/UnExpected Cardiac Death)
auf, ein Projekt, das auch von der Herzstiftung mit rund 100.000 Euro
gefördert wird (Infos: https://herzstiftung.de/junge-herzen-retten).
„Unser gemeinsames Ziel ist es, auf Basis der Register-Daten zu einem
besseren Verständnis der Ursachen des plötzlichen Herztods bei jungen
Menschen zu gelangen, um datenbasiert Risikofaktoren für plötzliche
Herztodesfälle zu erkennen und gezielte personalisierte
Präventionsstrategien entwickeln zu können“, erklärt der Herzstiftungs-
Vorsitzende Voigtländer die umfangreiche Förderung. Im Fokus der
Untersuchungen stehen insbesondere erbliche Genvarianten als Auslöser
bösartiger Herzrhythmusstörungen in den Herzkammern, die zum
Herzstillstand führen. Um plötzliche Herztodesfälle wissenschaftlich
auszuwerten, ist eine möglichst breit aufgestellte Datenbasis nötig. Daher
arbeitet das Frankfurter Zentrum mit anderen Registern zusammen, u. a. mit
dem Sudden Cardiac Death (SCD)-Register Deutschland unter der Leitung von
Prof. Dr. Tim Meyer, Ärztlicher Direktor des Instituts für Sport- und
Präventivmedizin der Universität des Saarlandes. Die Herzstiftung ist
Partner auch dieses SCD-Registers.

Familienangehörige als mögliche Risikopatienten: Gen-Untersuchung kann
schützen
Genvarianten zählen zu den häufigsten Ursachen des plötzlichen Herztods im
jungen Alter. Zugleich stellen sie einen großen Anteil an plötzlichen
Herztodesfällen, die trotz Obduktion ungeklärt bleiben: 40 Prozent der
Herztodesfälle bei den 1- bis 40-Jährigen. Diese Fälle werden auch „Sudden
Arrhythmic Death Syndrome“ (SADS) genannt. Hinter SDAS können sich
Genvarianten verbergen, die zu elektrischen Herzerkrankungen, so genannten
Inonenkanalerkrankungen, mit Potenzial für bösartige Herzrhythmusstörungen
wie Kammerflimmern führen. Dazu gehören zum Beispiel das Long-QT-Syndrom
(LQTS), das Brugada-Syndrom (BrS), die Katecholaminerge polymorphe
ventrikuläre Tachykardie (CPVT). Andere Genvarianten können aber auch zu
strukturellen Veränderungen des Herzmuskels (Kardiomyopathien) führen wie
beispielsweise der Arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie
(ARVC). Am Beispiel der Mainmetropole Frankfurt schätzen Experten die Zahl
der Patienten mit LQTS auf etwa. 300 und mit BrS auf 76 bis 230.
Bei ungeklärten plötzlichen Herztodesfällen in jungen Jahren, aber auch
bei anderen Todesumständen wie Tod im Schlaf oder plötzlichem Tod im
Wasser wird eine Untersuchung der Verstorbenen inklusive der postmortalen
Gendiagnostik empfohlen. Auch wird den betroffenen Familien in einer
eigens dafür eingerichteten Spezialambulanz angeboten, dass bei ihnen
selbst eine genetische und kardiologische Untersuchung im Hinblick auf ein
Risiko für einen plötzlichen Herztod erfolgt. Das Frankfurter Zentrum für
plötzlichen Herztod ist eine solche Anlaufstelle für Betroffene.
„Familienangehörige sind potenzielle Risikopatienten, weil diese
Herzerkrankungen häufig mit einem 50-prozentigen Risiko für Angehörige
ersten Grades einhergehen, selbst Träger der Genveränderung zu sein“,
erklärt die Molekularbiologin Kauferstein. Eine kardiologische
Untersuchung dieser Verwandten ersten Grades „kann daher Hinweise
erbringen, die zur Prävention des plötzlichen Herztodes oder von anderen
lebensbedrohlichen Herzereignissen beitragen“. Denn viele dieser
Erkrankungen sind gut behandelbar bzw. es gibt Vorsichtsmaßnahmen. Neben
Beratung, Diagnosestellung und gegebenenfalls Therapieentscheidungen
arbeitet das Frankfurter Zentrum mit Kardiologen und weiteren Spezialisten
zusammen, um diese frühen Todesfälle bestmöglich aufzuklären. „Je nach
Risikoprofil des Patienten geht es um bestimmte Maßnahmen wie das
Vermeiden bestimmter Medikamente oder bestimmter Sportarten, die
Rhythmusstörungen begünstigen, oder um eine Schrittmacher-Therapie mit
einem implantierbaren Defibrillator, der vor Kammerflimmern schützt“,
erklärt Kauferstein.

Auf Warnsignale für ein Herztod-Risiko in jungen Jahren achten
Es sind Fälle wie diese, die Angehörige und nahestehende Menschen der
verstorbenen Person mit Fassungslosigkeit hinterlassen: der
Vierzehnjährige, der noch quickfidel das Fußballtraining absolviert und
den die Eltern am Abend tot im Haus vorfinden. Oder der 19-Jährige, den
seine Freundin am Morgen nach dem Wecker klingeln im Bett röcheln hört und
dann kurz darauf leblos im Bett findet. Beide Todesereignisse haben
gemeinsam, dass keine vorherigen Warnsignale für den plötzlichen Herztod
bekannt waren.
„Allerdings sehen wir bei unseren detaillierten Untersuchungen von
plötzlichen Herztodesfällen durchaus Warnsignale, die man ärztlich
abklären sollte, die aber oftmals verkannt wurden“, bestätigt Prof.
Kauferstein. Auf die folgenden Warnsignale sollte man deshalb achten:
- Kurze Bewusstlosigkeiten (Synkopen), besonders bei spezifischen
Auslösern wie Stress, schriller Wecker, sportliche Belastung
- Krampfanfälle ohne eindeutig pathologische Befunde (z. B. Epilepsie)
einer Elektroenzephalographie (EEG)
- plötzliche ungeklärte Todesfälle in jungen Jahren in der Familie
- plötzlicher unerwarteter Tod im Wasser
- nicht erklärbarer Autounfall (auch bei bekannter Epilepsie)
- Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und/oder Herzschrittmacherpflichtigkeit
vor dem 50. Lebensjahr

„Wer beispielsweise ohne erkennbaren Grund einfach so auf dem Weg zum
Supermarkt in Ohnmacht fällt, sollte diesen Ohnmachtsanfall beim Arzt
abklären lassen“, betont Prof. Kauferstein im Herzstiftungs-Podcast zu
diesem Thema. Er ist zu hören unter https://herzstiftung.de/junge-herzen-
retten

Selten, aber auch bei jungen Sporttreibenden möglich: plötzlicher Herztod
beim Sport
Regelmäßiger Sport ist eine der effektivsten Maßnahmen, um das Herz lange
gesund und leistungsfähig zu halten. Doch plötzliche Herztodesfälle beim
Sport, so selten sie sich ereignen, können verunsichern. Je nach Studie
liegt die Häufigkeit des plötzlichen Herztods beim Sport bei 1 bis 2
Todesfällen pro 100.000 Sporttreibenden pro Jahr. Beim Sport beschleunigt
sich der Herzschlag deutlich – unproblematisch für ein gesundes Herz. Ist
es aber vorgeschädigt, kann die zugrundeliegende Sympathikusaktivierung
Kammerflimmern auslösen, das unbehandelt innerhalb kurzer Zeit zum Tod
führt. Bei den häufigsten Ursachen für plötzliche Herztodesfälle beim
Sport ist zu unterscheiden zwischen Sportlerinnen und Sportlern unter 35
Jahren und darüber.

Angeborene Herzfehler oder erblich bedingte Herzerkrankungen häufige
Ursache
In nahezu allen Fällen liegt dem plötzlichen Herztod beim Sport eine
unerkannte Herzerkrankung zugrunde. „Bei Sportlerinnen und Sportlern unter
35 Jahren sind nach aktuellen Untersuchungen die häufigsten Ursachen eine
vorzeitige koronare Herzkrankheit genetisch bedingte Arrhythmiesyndrome
wie SADS und eine Myokarditis“, berichtet Prof. Meyer, Mitglied im
Wissenschaftlichen Beirat der Herzstiftung. Während des Sports können
durch die hohe Belastung, die hohe Herzfrequenz und den erhöhten
Sauerstoffbedarf des Herzens die lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen
ausgelöst werden. „Verpflichtende sportmedizinische Untersuchungen können
das Risiko eines plötzlichen Herztodes bei Sportlern deutlich senken“,
betont Sportmediziner Prof. Meyer. „Auch junge Menschen ohne
diagnostizierte Herzerkrankung sollten, bevor sie aktiv Sport betreiben,
ihr Herz untersuchen lassen, wenn sie belastungsabhängige Beschwerden
spüren, ungeklärte Bewusstlosigkeiten hatten oder wenn nahe Angehörige an
Herzerkrankungen leiden.“ Junge Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
(EMAH) sollten – auch unabhängig von sportlicher Aktivität - ihr Herz
regelmäßig von einem EMAH-Spezialisten kontrollieren lassen.
Ab dem 35. bis 40. Lebensjahr, in dem Alter also, in dem auch das Risiko
für die Entwicklung einer KHK steigt, nimmt auch das Risiko für
plötzlichen Herztod zu. Bei Sportlern ab 35 Jahren ist dafür die KHK mit
etwa 80 Prozent mit Abstand häufigste Ursache. „Durch den beschleunigten
Herzschlag und den erhöhten Blutdruck während des Sports können Plaques
aus Blutfetten wie Cholesterin, Bindegewebe und Kalkablagerungen relevant
werden, an denen sich Blutgerinnsel bilden, die das Herzkranzgefäß
verschließen. Es kommt zum Herzinfarkt, der zu Kammerflimmern und
schließlich dem Herztod führen kann“, erklärt der Kardiologe Prof.
Voigtländer. Das Risiko für diese Todesfälle lässt sich ebenfalls durch
eine sportmedizinisch-kardiologische Untersuchung senken. Mit dem
Gemeinschaftsprojekt „Lebensretter sein: Fußballer lernen Wiederbelebung“
fördern die Herzstiftung und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) besonders bei
dieser Zielgruppe der Ü-Fußballer durch Schulungen die Bereitschaft zur
Laien-Reanimation und den korrekten Umgang mit der Notfallsituation eines
Herzstillstands.

Gefahr durch Myokarditis: Bei Infektion ist Schonung angesagt
Sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Sportlern kann auch eine
unerkannte Herzmuskelentzündung (Myokarditis) zum plötzlichen Herztod
führen. Diese kann z. B.  nach einer vorangegangenen, meist viralen
Infektion (z. B. Parvovirus/SARS-CoV-2) auftreten. Eine aktuelle Studie
zeigt, dass fast alle jungen Sportler, die aufgrund einer Myokarditis
gestorben waren, vorher eine Infektion der oberen Atemwege durchgemacht
hatten. „Wir raten Sportlerinnen und Sportlern deshalb, sich bei einem
Infekt immer ausreichend zu schonen und das Training erst dann wieder
aufzunehmen, wenn sie wieder vollständig gesund sind und sich fit fühlen.“
Patienten mit einer gesicherten Myokarditis müssen sich mehrere Monate
konsequent schonen: viel Ruhe, keine körperliche Belastung, keinerlei
Sport oder Ausdauertraining. Dies gilt auch für schwere körperliche Arbeit
im Beruf. Sport ist erst wieder nach einer Karenzzeit von mindestens drei
bis sechs Monaten möglich, wenn sich die Herzfunktion komplett erholt hat
und der Sportkardiologe nach Untersuchungen grünes Licht gibt.
(wi)

Info-Service
Aufklärungskampagne der Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen
Herztod“
Zahlreiche Informationen für betroffene Familien, medizinische Fachkreise
und Interessierte bietet die Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen
Herztod“ der Deutschen Herzstiftung, des Zentrums für plötzlichen Herztod
und familiäre Arrhythmiesyndrome und der Sportmedizin Saarbrücken auf der
Landing Page unter https://herzstiftung.de/junge-herzen-retten

Herzstiftungs-Podcast über den plötzlichen Herztod bei jungen Menschen:
Der Podcast „Herzstillstand bei Teenagern – Schicksal oder vermeidbar?“
mit der Molekularbiologin und Rechtsmedizinerin Prof. Dr. Silke
Kauferstein (Universitätsklinikum Frankfurt am Main) ist abrufbar unter
https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/podcasts/herzstillstand-
teenager


Quellen:

- Bohm P et al., Sports-Related Sudden Cardiac Arrest in Germany, Can J
Cardiol. 2021 Jan; 37(1):105-112. doi: 10.1016/j.cjca.2020.03.021. Epub
2020 Mar 23.
- Bohm, Ph. et al.: Data from a nationwide registry on sports-related
sudden cardiac deaths in Germany, in: European Journal of Preventive
Cardiology 2016, Vol. 23(6), 649–656.
- Homepage des SCD-Register Deutschland: https://www.sportmedizin-
saarbruecken.de/de/forschung/aktuelle-projekte/sudden-cardiac-death-scd-
register-

Statements der Experten/-in

Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung
Kardiologe, Ärztlicher Direktor, Agaplesion Bethanien-Krankenhaus und
Cardioangiologisches Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt a. M.

Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache außerhalb von
Krankenhäusern. Jährlich sterben in Deutschland über 65.000 Menschen
daran. Die Bandbreite der Ursachen des plötzlichen Herztods ist komplex,
sie reicht insbesondere von der häufigsten Ursache, der koronare
Herzkrankheit (KHK), über Herzerkrankungen wie Herzschwäche und
Herzklappenerkrankungen bis hin zu angeborenen Herzfehlern und erblich
bedingten Herzerkrankungen. Weil der plötzliche Herztod in aller Regel
kein schicksalhaftes Ereignis ist, vor dem es kein Entkommen gibt, sondern
Komplikation einer - in den meisten Fällen – langjährigen Herzerkrankung,
müssen wir als Patientenorganisation für chronisch kranke Herz-Kreislauf-
Patienten und als Förderinstitution der Herz-Kreislauf-Forschung dauerhaft
in die Aufklärung, Forschung und Prävention dieser Krankheiten
investieren.

Im Kampf gegen die Sterblichkeit durch plötzlichen Herztod stellt deshalb
die Deutsche Herzstiftung rund eine Million Euro an
Sonderforschungsförderung für Forschungsvorhaben zum plötzlichen Herztod
im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung. Zusätzliche Fördermittel in Höhe
von rund 100.000 Euro stellt die Herzstiftung für das bundesweite Register
zur Prävention plötzlicher Herztodesfälle „RESCUED“ (REgister zur
Prävention des Sudden/UnExpected Cardiac Death) am Universitätsklinikum
Frankfurt am Main zur Verfügung. Ein weiterer wichtiger Baustein mit Fokus
auf die jungen Menschen mit Risiko für einen plötzlichen Herztod ist die
Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen Herztod“ mit der Herzstiftung,
dem Zentrum für plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome am
Universitätsklinikum Frankfurt am Main und dem Institut für Sport- und
Präventivmedizin der Universität des Saarlandes. Infos:
https://herzstiftung.de/junge-herzen-retten

Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Silke Kauferstein
Molekularbiologin und Leiterin des Zentrums für plötzlichen Herztod und
familiäre Arrhythmiesyndrome am Institut für Rechtsmedizin des
Universitätsklinikums Frankfurt am Main

Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache außerhalb von
Krankenhäusern. Jedes Jahr sterben in Deutschland über 65.000 Menschen
daran. Dass bei einem Großteil der Betroffenen eine langjährige Erkrankung
der Herzkranzgefäße, die koronare Herzkrankheit (KHK) bestand, darf nicht
darüber hinwegtäuschen, dass auch junge sportliche Menschen unter 40
Jahren - wenn auch selten - einen plötzlichen Herztod erleiden. Plötzlich
und unerwartet kommt es bei ihnen meist ohne die bekannten vorherigen
Warnzeichen zum Herzstillstand. Dass auch junge Menschen dem plötzlichen
Herztod zum Opfer fallen können, wissen viele nicht!

In etwa 40 Prozent der Fälle sind die Betroffenen eines plötzlichen
Herztodes im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Im Alter von eins bis 40
Jahren kommt es schätzungsweise zu jährlich 1.000 bis 2.000 Todesfällen
durch plötzlichen Herztod in Deutschland – bei hoher Dunkelziffer.
Ursachen des Herztodes im jungen Alter sind neben angeborenen Herzfehlern,
Veränderungen der Herzkranzgefäße (Koronaranomalien), Herzmuskelentzündung
(Myokarditis) vor allem genetisch bedingte Herzerkrankungen. Der
plötzliche Herztod bei jungen, scheinbar gesunden Menschen scheint oft das
erste Anzeichen der zugrundeliegenden Erkrankung zu sein, weil die
genannten Herzerkrankungen lange ohne eindeutige Beschwerden verlaufen
können. Allerdings zeigen sich doch in einem relevanten Teil dieser Fälle
Warnhinweise wie z.B. unklare Ohnmachtsanfälle, die oft verkannt wurden.

Aufgrund möglicher erblicher Komponenten als Grundlage dieser
lebensgefährlichen Herzereignisse müssen wir potenzielle Risikogruppen,
allen voran Angehörige die einen jungen Menschen in der Familie haben, der
einen plötzlichen Herztod erlitt, für diese Thematik sensibilisieren. Mit
der Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen Herztod“ machen wir auf
Informationsangebote für Betroffene sowie auf Spezialambulanzen mit
Diagnose-, Therapie-, und Präventionsangeboten wie das Zentrum für
plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome am Frankfurter
Universitätsklinikum unter https://herzstiftung.de/junge-herzen-retten
aufmerksam.

Prof. Dr. med. Tim Meyer
Ärztlicher Direktor des Instituts für Sport- und Präventivmedizin an der
Universität des Saarlandes und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der
Deutschen Herzstiftung.

Regelmäßiger Sport ist eine der effektivsten Maßnahmen, um das Herz lange
gesund und leistungsfähig zu halten. Plötzliche Herztodesfälle beim Sport,
so selten sie sich auch bei augenscheinlich ‚gesunden‘ und
leistungsfähigen Sportlern ereignen, sind ein tragisches Ereignis und
können verunsichern. Sie sollten Menschen aber keineswegs davon abhalten,
regelmäßig Sport zu treiben. In nahezu allen Fällen liegt dem plötzlichen
Herztod beim Sport eine unerkannte Herzerkrankung zugrunde.

Vor allem bei Freizeitsportlern höheren Alters und Wiedereinsteigern
erhöhen ungewohnt hohe Belastungsintensitäten das Risiko eines plötzlichen
Herztodes. Intensives Sporttreiben und insbesondere wenig kontrollierbarer
Wettkampfsport erhöht das Risiko eines plötzlichen Herztodes, weil hohe
körperliche Belastungen bei Menschen mit unerkannten Herzerkrankungen
gefährliche Herzrhythmusstörungen auslösen können. Präventive
sportmedizinische Untersuchungen können das Risiko eines plötzlichen
Herztodes bei Sportlern deutlich senken. Auch junge Menschen ohne
diagnostizierte Herzerkrankung sollten, bevor sie aktiv Sport betreiben,
ihr Herz untersuchen lassen, wenn sie belastungsabhängige Beschwerden
spüren, ungeklärte Bewusstlosigkeiten hatten oder wenn nahe Angehörige an
Herzerkrankungen leiden.

Ziel des SCD-Registers Deutschland ist es, die Größenordnung plötzlicher
Todesfälle sowie überlebter Herztodesfälle beim Sport abzuschätzen und
insbesondere deren Ursachen möglichst genau zu erfassen. Weitere Register
wie das von der Herzstiftung geförderte Frankfurter RESCUED-Register zur
Prävention von plötzlichen Herztodesfällen auch außerhalb des Sportsektors
sind von enormer Bedeutung, damit wir bestehende Screening- und
Präventionsmaßnahmen verbessern bzw. ergänzen können, um eine Abnahme
tragischer Einzelfälle zu erreichen.

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Spirituelle Begleitung zum Lebensende – Spiritual Care muss Teil der Palliativmedizin werden

chwerkranke und sterbende Menschen wünschen sich in Krankenhäusern,
Altenheimen und Hospizen, dass ihre spirituellen Bedürfnisse
berücksichtigt werden. In ihrem Versorgungsalltag spielen diese jedoch
kaum eine Rolle, obwohl Spiritualität als eine Säule der
Palliativversorgung definiert ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie
der Universität Witten/Herdecke im Auftrag der Diakonie Deutschland.
Deshalb fordert die Diakonie Deutschland, Spiritual Care fest in das
Curriculum der medizinischen und pflegerischen Berufe zu integrieren.

Seit 2020 qualifiziert die Diakonie in einem Modellprojekt „Spirituelle
Begleitung am Lebensende (SpECi)“ Pflegefachkräfte im Bereich Spiritual
Care. 87 Prozent der befragten Patientinnen und Patienten fühlen sich
durch die in Spiritual Care geschulten Fachkräfte gut begleitet und 79
Prozent fühlen sich von diesen in ihren spirituellen Bedürfnissen
unterstützt, so das Ergebnis der wissenschaftlichen Begleitstudie, die
Univ.-Prof. Dr. med. Arndt Büssing, Professur für Lebensqualität,
Spiritualität und Coping an der Universität Witten/Herdecke, bei einer
Fachtagung am 25. Mai in Berlin vorstellt. Und auch die geschulten
Fachkräfte profitieren von dem 40 Stunden umfassenden Kurs: 85 Prozent
geben an, dass der Kurs sie sicherer gemacht hat, mit den spirituellen
Bedürfnissen von schwerkranken und sterbenden Patienten und Patientinnen
umzugehen und 85 Prozent von ihnen gehen auch deutlich häufiger als zuvor
auf diese Bedürfnisse ein. Und das, obwohl sie aufgrund der Pandemie-
bedingten Einschränkungen stark belastet waren. Trotzdem wünschen sich 87
Prozent der Fachkräfte mehr Zeit für Gespräche über spirituelle
Bedürfnisse. Erst wenn sich Team-Spirit entwickelt, dann ist auch die
Arbeitszufriedenheit von Pflegefachkräften trotz der Belastung im Job
höher. „Bis heute fehlen für Spiritual Care angemessene Zeit- und
Personal-Ressourcen. Und dieser Mangel lässt die Ideale derjenigen
ausbrennen, die bereits jetzt schon am Limit arbeiten“, sagt Prof. Arndt
Büssing.

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Gerade in einer immer
vielfältiger werdenden Gesellschaft mit immer diverser werdenden
Vorstellungen von einem guten Lebensende bekommt die spirituelle
Begleitung eine immer wichtigere Rolle. Um diesen Wunsch professionell
umsetzen zu können, muss Spiritual Care einen festen Platz im Curriculum
der medizinischen und pflegerischen Berufe bekommen und – analog zur
Körperpflege – von den Kostenträgern finanziert werden. Darüber hinaus
braucht es mehr Räume, die eine vertrauliche Kommunikation ermöglichen,
insbesondere dort, wo Patientinnen und Patienten in Mehrbettzimmern
untergebracht sind.“

Hintergrund
Schwerkranke und sterbende Menschen auch spirituell gut zu begleiten ist
das Kernanliegen des 2020 gegründeten Modellprojekts „Spirituelle
Begleitung am Lebensende (SpECi)“. Seitdem wurden rund 91 Pflegefachkräfte
aus diakonischen Einrichtungen in einem 40 Stunden umfassenden
Qualifizierungsprogramm geschult. Die wissenschaftliche Begleitstudie
wurde von Univ.-Prof. Dr. med. Arndt Büssing, Professur für
Lebensqualität, Spiritualität und Coping, an der Universität
Witten/Herdecke, durchgeführt. In der Studie wurden alle 91
Kursteilnehmenden, 774 Patienten und Patientinnen und 356 Angehörige an
sieben teilnehmenden Standorten befragt. Die Kursteilnehmenden waren
Pflegefachkräfte, davon 58 Prozent aus Alten-/Pflegeheimen, zehn Prozent
Geriatrie, 16 Prozent Palliativstation, 12 Prozent Hospiz und vier Prozent
aus Krankenhäusern.

Weitere Infos: www.speci-deutschland.de
Fachtag Spiritual Care in Berlin: https://speci-deutschland.de/fachtag-in-
berlin-am-25-mai-2023/


Die Diakonie ist die soziale Arbeit der evangelischen Kirchen. Bundesweit
sind 599.770 hauptamtliche Mitarbeitende in rund 33.000 ambulanten und
stationären Diensten der Diakonie wie Pflegeheimen und Krankenhäusern,
Beratungsstellen und Sozialstationen mit 1,2 Millionen Betten/Plätzen
beschäftigt. Der evangelische Wohlfahrtsverband betreut und unterstützt
jährlich mehr als zehn Millionen Menschen. Etwa 700.000 freiwillig
Engagierte sind bundesweit in der Diakonie aktiv.

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Aufbaustart für neues Transfusions-Register Fachhochschule Dortmund leitet Verbundprojekt ReMeDi:Blut

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt rund 4,1 Millionen Euro für den Aufbau einer Forschungsdatenbank zur Verfügung, in der zu Bluttransfusionen medizinische Daten der Empfänger*innen zusammen mit Antigeneigenschaften der erhaltenen Blutprodukte registriert werden. Das Verbundprojekt ReMeDi:Blut soll helfen, den Umgang mit der wertvollen Ressource „Blut“ zu optimieren, und eine bestmögliche Versorgung unterstützen.

 

Das gerade gestartete Projekt läuft bis Ende März 2026. Geleitet und koordiniert wird es von Prof. Dr. Britta Böckmann vom Fachbereich Informatik der Fachhochschule Dortmund. „Perspektivisch wollen wir ein deutschlandweites Register aufbauen“, kündigt sie an. Forschende der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) wirken entscheidend mit. Das Projekt erfolgt in enger Kooperation mit dem Essener Institut für Transfusionsmedizin. Dorthin fließen knapp 3 Millionen Euro der Fördersumme, nach Dortmund rund 1,1 Millionen Euro.

 

Bluttransfusionen können Leben retten – sie optimal einzusetzen, ist sowohl medizinisch als auch ethisch geboten. Entscheidend ist, wie die jeweils beste Auswahl einer Blutkonserve für die Empfänger*innen gelingt. „Je besser das Blutprodukt zum Betroffenen passt und je mehr Kriterien wir vorab kennen, desto weniger Nebenwirkungen sind beispielsweise nach der Transfusion zu erwarten“, sagt Prof. Dr. Peter Horn, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum Essen. „Das neue Forschungsregister wird uns helfen, den Auswahlprozess zu verbessern.“

 

Bislang existiert in Deutschland kein zentrales Register, das systematisch klinische Daten zu erfolgten Bluttransfusionen zusammenführt. Ärzt*innen und Forschende haben momentan keine Möglichkeit, jene Faktoren umfassend zu analysieren, die das klinische Ergebnis einer Bluttransfusion beeinflussen. Mit dem geplanten Register soll das innerhalb der kommenden drei Jahre möglich werden – auch dank Künstlicher Intelligenz. Diese wird den Wissenschaftler*innen helfen, Spender*innen mit seltenen Blutgruppeneigenschaften zu identifizieren und Unverträglichkeiten zu verhindern.

 

Hintergrund:

  • Die Bezeichnung ReMeDi:Blut steht für „Register für medizinische Daten und Antigeneigenschaften von Blutprodukten“.
  • Das Verbundprojekt ist Teil der Fördermaßnahme „Medizintechnische Lösungen für eine digitale Gesundheitsversorgung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und eingebettet in das Aktionsfeld „Gesundheitswirtschaft im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung“.

 

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Reisesaison 2023: Bei der Urlaubsplanung an Reiseimpfungen denken – besonders chronisch Leberkranke sind gefährdet

Die Deutschen wollen wieder reisen wie vor der Corona-Pandemie: Nach
aktuellen Angaben der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR)
planen 70 Prozent der Bevölkerung, im Jahr 2023 zu verreisen.
Urlaubsreisen waren für die Befragten das Zweitwichtigste, nur
Lebensmittel erhielten eine höhere Platzierung. Gesundheit und Sport
rangieren hinter der Lust am Reisen. Den bevorstehenden Start in die
Feriensaison nehmen die Ausrichter des 24. Deutschen Lebertages am 20.
November 2023 zum Anlass, um im Vorfeld des bundesweiten Aktionstages an
die Bedeutung von Reiseimpfungen zu erinnern – besonders für chronisch
Leberkranke sind die Risiken groß.

Der Deutsche Lebertag wird von der Gastro-Liga e. V., der Deutschen
Leberhilfe e. V. und der Deutschen Leberstiftung ausgerichtet. Mit dem
diesjährigen Motto „Kennen Sie Ihre Leberwerte?“ weisen die Ausrichter auf
die Bedeutung der Leberwerte im Blut hin, die wichtige Hinweise auf den
Gesundheitszustand dieses lebenswichtigen Organs geben können.

Mehr als eine Million Menschenleben konnten in Europa durch die
COVID-19-Impfstoffe laut einem im April 2023 von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichten Bericht gerettet
werden. Mittlerweile ist die COVID-19-Pandemie unter anderem dank der
weltweit hohen Impfquoten in die endemische Phase übergegangen. Ende April
2023 hat die Ständige Impfkommission (STIKO) die COVID-19-Impfung in die
STIKO-Impfempfehlungen 2023 aufgenommen. Zu den aufgeführten
Risikogruppen, für die künftig eine jährliche Auffrischimpfung empfohlen
wird, zählen auch Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren
Krankheitsverlauf wie beispielsweise Leberkranke und immunsupprimierte
Menschen. Es gibt keine chronische Lebererkrankung und kein
Krankheitsstadium, welche gegen eine Impfung sprechen würden.

In einigen beliebten Urlaubsländern gibt es Gesundheitsrisiken durch
Virusinfektionen, die oftmals als ungewolltes und unbemerktes
Urlaubssouvenir von Urlaubern mit nach Hause gebracht werden. Gegen viele
dieser Virusinfektionen gibt es wirksame Schutzimpfungen.

„Impfungen zählen zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven
Ma߬nah¬men, die uns in der Medizin zur Verfügung stehen. Neben den in
Deutschland empfohlenen Standardimpfungen gibt es weitere Schutzimpfungen,
die für Reisende ratsam sind. Wer einen Urlaub plant, sollte sich vor dem
Reiseantritt frühzeitig über eventuell nötige Vorsichtsmaßnahmen und
Impfungen informieren“, erklärt Prof. Dr. Michael P. Manns,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, und ergänzt seine
Impfempfehlung für Leberkranke und Lebertransplantierte unter
immunsuppressiver Therapie: „Für diese speziellen Patientengruppen ist ein
wirksamer Impfschutz – auch unabhängig von Reiseplänen – besonders
wichtig, weil mit einer deutlich erhöhten Anfälligkeit gegenüber
bakteriellen und viralen Infektionen gerechnet werden muss. Sie sollten
beispielsweise grundsätzlich gegen Hepatitis A und Hepatitis B geimpft
sein – so früh wie möglich.“

Die Hepatitis A tritt häufig in beliebten Urlaubsländern mit geringen
Hygienestandards auf wie beispielsweise im Mittelmeerraum, Südostasien,
Afrika, Mittel- und Südamerika sowie dem Vorderen Orient. Das
Hepatitis-A-Virus wird fäkal-oral übertragen, das heißt entweder über
direkten Kontakt mit Infizierten oder über verunreinigte Nahrungsmittel.
Häufig wissen Urlauber nicht, dass manchmal schon die Eiswürfel im Drink
oder das Menü mit frischen Muscheln eine Gefahrenquelle sein kann. Darüber
hinaus besteht bei bestimmten Praktiken die Gefahr einer Ansteckung bei
Sexualkontakten.

Auch gegen das Hepatitis-B-Virus schützt eine Impfung. Mit Kombinations-
Impfstoffen, die gegen Hepatitis A und B schützen, ist die Anzahl der
notwendigen Injektionen vermindert. Das Hepatitis-B-Virus (HBV) wird durch
Blut oder Körpersekrete übertragen. Zu den häufigsten Ansteckungsquellen
zählen unter anderem Kontakte mit der Gefahr kleinster Hautverletzungen.
Tätowierungen, Rasuren, Ohrlochstechen oder Piercings, die unter nicht
sterilen Bedingungen durchgeführt werden, können zu einer Ansteckung
führen. Auch beim ungeschützten Geschlechtsverkehr kann das
Hepatitis-B-Virus übertragen werden. Die Hepatitis B kann chronisch werden
und in der Folge zu Leberzirrhose und Leberzellkrebs führen. Weltweit gibt
es rund 296 Millionen Träger des Hepatitis-B-Virus. Wer gegen das HBV
geimpft ist, baut gleichzeitig einen Schutz gegen die Hepatitis delta auf,
da eine Hepatitis delta nur mit einer Hepatitis B entstehen kann.

Gegen ein weiteres Hepatitis-Virus steht bisher keine Schutzimpfung zur
Verfügung: Das Hepatitis-C-Virus (HCV) wird fast ausschließlich über Blut-
zu-Blut-Kontakte übertragen. Unsterile Tätowiernadeln, Piercings oder
Rasiermesser sind die Haupt-Infektionsquellen. In einigen Regionen Asiens
oder Afrikas tragen mehr als fünf Prozent der Bevölkerung das
Hepatitis-C-Virus in sich. Zur Behandlung dieser Virus-Variante gibt es
wirksame neue Medikamente, die direkt in den Vermehrungszyklus des Virus
eingreifen (sogenannte DAAs – Direct Acting Antiviral Agents). Damit kann
die chronische Hepatitis C seit einigen Jahren bei fast allen Patienten in
kurzer Zeit und nahezu ohne Nebenwirkungen geheilt werden.

Patienten mit Leberzirrhose und Lebertransplantierten sind unter anderem
auch Impfungen mit Totimpfstoffen gegen Gürtelrose, die Impfung gegen
Pneumokokken, die eine Lungenentzündung verursachen können, sowie die
jährliche Impfung gegen Grippe (Influenza) zu empfehlen. Die STIKO und die
Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale
Gesundheit e. V. (DTG) veröffentlichen stets die aktuellen
Reiseimpfempfehlungen auf der Website des Robert Koch-Institutes (RKI).
Vor einer Reise sollten stets der individuelle Impfstatus überprüft und
mögliche Impflücken geschlossen werden. Spezialisierte niedergelassene
Ärzte sowie Tropeninstitute und teilweise auch Gesundheitsämter stehen
dafür zur Verfügung. Die Internetseiten des Auswärtigen Amtes informieren
über aktuelle Ausbruchsgeschehen und Reisewarnungen.

Zusätzlich zu den Impfungen, mit denen man unerwünschte „Reisesouvenirs“
im Körper verhindern kann, rät Prof. Manns zur Vereinbarung eines Termins
für eine Vorsorgeuntersuchung: „Seit dem 1. Oktober 2021 kann im Rahmen
der Gesundheitsuntersuchungen, die gesetzliche Krankenkassen ihren
Versicherten ab einem Alter von 35 Jahren anbieten, einmalig auch das
Screening auf Hepatitis B und C in Anspruch genommen werden. Das soll dazu
beitragen, die hohe Dunkelziffer an unentdeckten Infektionen mit diesen
beiden Hepatitis-Viren zu verringern und Betroffenen eine möglichst
frühzeitige Behandlung anbieten zu können. Wird die Erkrankung zu spät
erkannt oder bleibt unbehandelt, kann sie in einer Leberzirrhose oder
einem Leberzellkrebs münden.“

Mehr Informationen zum 24. Deutschen Lebertag und alle bislang im Rahmen
des diesjährigen Deutschen Lebertages veröffentlichten Presseinformationen
finden Sie unter: http://www.lebertag.org.

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